Zusammenfassung
Das primäre Ziel der Pathologie ist die diagnostische Einordnung krankhaft veränderter Gewebeverbände (Histologie) und die Beurteilung der Zellmorphologie (Zytologie). Neben der Obduktion ist die histo- und zytologische Untersuchung von vitalem Gewebe der größte Arbeitsbereich der Pathologie. Zur lichtmikroskopischen Untersuchung von Gewebe und Zellen bedarf es einer umfassenden Beurteilung, Aufarbeitung und Asservierung der Präparate. Neben der makroskopischen und mikroskopischen Untersuchung stellen neuere Verfahren auf zellulärer Ebene, die über die Pathologie hinausgehen, vor allem in der Forschung, Alternativen dar.
Dieses Kapitel gewährt einen Überblick über die gängigen pathologischen Untersuchungs- und Färbemethoden.
Präparatformen
Makroskopisch
Jedes Präparat wird:
- Vermessen und gewogen zur Bestimmung der Größe und des Gewichtes (z.B. vergrößertes Herz bei Kardiomegalie, vergrößerte Leber bei Hepatomegalie)
- Fotografiert
- Beschrieben bezüglich:
- Form (z.B. maligne Raumforderungen, die die physiologische Organform durchbrechen)
- Farbe (z.B. atypische Farbe mit Verdacht auf malignen Prozess; Nekrose )
- Struktur und Konsistenz (z.B. harte und höckrige Oberfläche bei Leberzirrhose)
- Geruch (z.B. Austritt von übel-riechendem, eitrigem Sekret als Zeichen einer bakteriellen Besiedelung beim Eröffnen von Zysten oder Abszesshöhlen)
Bei Tumoren wird zusätzlich auf die Eindringtiefe, Resektionsränder, Lymphknotenbefall und sichtbare Metastasierung geachtet!
Mikroskopisch
- Histopathologie (meist nur als „Histologie“ bezeichnet): Erfasst Veränderungen der Architektur des Gewebes. Beurteilt werden Zellverbände im Gewebe, die mittels folgender Verfahren gewonnen wurden:
- Stanzbiopsie (Stanze)
- Anwendung: Bspw. zur Abklärung einer tastbaren Verhärtung der Brust (Mammakarzinom), eines auffälligen Tastbefundes der Prostata (Prostatastanzbiopsie), von Raumforderungen in Leber, Niere oder Haut mittels Punktion
- Intraoperative Gewebeproben und OP-Präparate
- Anwendung: Bspw. Beurteilung eines Hysterektomie- oder Prostatektomie-Präparates (Prostatakarzinom)
- Endoskopische Abtragung oder Punktion
- Anwendung: Beurteilung von z.B. Biopsien aus Magenantrum und Pylorus (chronische Gastritis), Dünndarmbiopsie (Zöliakie), Kolonpolyp, Rektumschleimhautbiopsie bei Amyloidose
- Stanzbiopsie (Stanze)
- Zytopathologie (Zytologie): Erfasst Zellen und kleinere Zellverbände. Beurteilt werden vor allem zytoplasmatische und nukleäre Veränderungen.
- Je nach Abstammung und Gewinnung der Zellen/des Untersuchungsmaterials werden unterschieden:
- Exfoliativzytologie
- Abstrich
- Z.B. Zervix-Abstrich bei der gynäkologischen Vorsorgeuntersuchung
- Lavage
-
Sputum-Zytologie
- Z.B. bei Verdacht auf Pneumonie, Tuberkulose
- Erguss-Zytologie
- Z.B. zur Differenzialdiagnostik bei Pleuraerguss oder Aszites
-
Liquor-Zytologie
- Z.B. zum Nachweis und zur Differenzialdiagnostik bei Verdacht auf Meningitis
- Urin-Zytologie
- Z.B. bei Verdacht auf Urothelkarzinom
- Abklatschpräparate
- Z.B. zum Nachweis von Hauterkrankungen
- Abstrich
- Punktionszytologie
-
Feinnadelpunktion von Gewebe
- Z.B. Schilddrüsenkarzinom
-
Feinnadelpunktion von Gewebe
- Exfoliativzytologie
- Je nach Abstammung und Gewinnung der Zellen/des Untersuchungsmaterials werden unterschieden:
Die Zytologie untersucht Zellen, ist schnell gewonnen und weniger invasiv. Die Histologie untersucht Gewebe, ist invasiv, aber ermöglicht eine Beurteilung der lokalen Ausbreitung eines Tumors (T-Stadium)!
Fixierung
Jeder mikroskopischen Untersuchung geht eine Aufarbeitung und eine Asservierung von Zellen und Gewebe (Einbettungs- und Schneideverfahren) voran. Man unterscheidet:
- Bei einer Histopathologie
- Paraffinschnitt
- Durchführung: Fixation durch Alkylalkohol oder Formalin → Entwässerung des Präparats in einer aufsteigenden Alkoholreihe → Präparat mittels Xylol oder Toluol von Alkohol befreien → Präparat einbetten in erwärmtes, verflüssigtes Paraffin → Aushärten des Paraffinwachsblocks und Schneiden von 3–6 μm dicken Schnitten → Aufziehen auf einen Objektträger → Färbung (s.u.)
- Gefrierschnitte
- Durchführung: Präparat wird zügig tiefgefroren → Herstellung eines Gefrierschnitts von 5–7 μm Dicke in der Kühlkammer bei −18°C (Kryostat) inklusive Färbung und mikroskopischer Untersuchung
- Paraffinschnitt
- Bei einer Zytopathologie
- Ausstriche
- Durchführung: Ausstreichen der Zellen auf einen Objektträger → Fixierung mittels alkoholischer Lösungen (bspw. Fixier-Spray) → Färbung
- Ausstriche
Färbeverfahren
- Übersichtsfärbungen beurteilen
- Gewebearchitektur
- Ablagerungen (Amyloid, Kalk)
- Fremdgewebe
- Nekrosen
- Gewebereaktionen
- Beispiele
- Histopathologische Übersichtsfärbung: Hämatoxylin-Eosin (HE)
- Zytopathologische Übersichtsfärbung: Papanicolaou (Pap), Giemsa
- Spezialfärbungen zur spezifischen Anfärbung von:
- Zellbestandteilen (Zellkern, endoplasmatisches Retikulum etc.)
- Zellprodukten (z.B. Fibrin, α1-Antitrypsin, Glykogen)
- Gewebearten (Bindegewebe und Knochen, Muskulatur, Fett, Schleim etc.)
Färbung | Blau | Rot | Schwarz | Gelb | Grün | Anwendung | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Übersichtsfärbungen | Hämatoxylin-Eosin (H.E.-Färbung) |
| Standard der histopathologischen Übersichtsfärbung | ||||
Papanicolaou-Färbung (Pap-Färbung) |
|
| Standard der zytopathologischen Übersichtsfärbung: Zervixkarzinom, Dysplasien | ||||
Giemsa |
|
| Standard der zytopathologischen Übersichtsfärbung
| ||||
Spezialfärbungen | Pappenheim-Färbung (May-Grünwald-Giemsa,MGG) |
|
| ||||
Elastica-van Gieson (EvG) |
| ||||||
Goldner |
|
|
| ||||
Periodsäure-Schiff-Reaktion (PAS-Reaktion) |
| ||||||
Berliner Blau (Berliner-Blau-Reaktion) (Fe) | Eisen |
| |||||
Kongorot | Zellkern |
| |||||
Von Kossa | Kalk (Calcium-Phosphat) |
| |||||
Ziehl-Neelsen |
|
Beispiele
H.E.-Färbung
Giemsa-Färbung
Pappenheim-Färbung
Van Gieson-Färbung
PAS-Färbung
Berliner Blau
Kongorot
Spezielle Techniken der Pathologie und molekularbiologischen Forschung
- Durchflusszytometrie : Erfasst, quantifiziert und sortiert Einzelzellen oder zelluläre Strukturen mittels fluoreszierender Markierung und detektiert diese anhand des reflektierten Lichts, der Größe oder der Struktur
- Beispiele: Typisierung von Lymphozyten bei Leukämien und Lymphomen ; CD-34-Messung bei geplanter Stammzelltransplantation; CD-4-Zahl bei HIV
- Elektronenmikroskopie: Analysiert Organellen und zellulär angereicherte Substanzen in höherer Auflösung als das Lichtmikroskop
- Beispiele: Läsion am Glomerulum der Niere (nephrotisches Syndrom), Diagnostik von Myopathien
- Enzymhistochemie: Lokalisiert Enzyme in Schnitten und Ausstrichen. Mikroskopisch sichtbare Farbstoffe zeigen dabei die enzymatische Aktivität. Daher ist eine enzymhistochemische Untersuchung nur an frischem Gewebe oder Zellen möglich.
- Beispiel: Nachweis der Acetylcholinesterase-Aktivität bei Morbus Hirschsprung
- Immunhistologie: Antikörper ermöglichen es, Proteine, Polysaccharide u.ä. hochspezifisch nachzuweisen und damit Zellen genauer zu identifizieren. Die eingesetzten Antikörper erkennen diese Strukturen und machen somit Differenzierungsmarker, therapeutische Zielproteine, Erregerproteine oder Funktionsproteine sichtbar.
- Beispiele: Onkologisch charakteristische Expressionsmuster geben Hinweise auf den Primärtumor und auf mögliche therapeutische Zielproteine
- Leukozytenmarker, wie CD20 positive B-Lymphozyten → Tumordifferenzierung, Einsatz von Anti-CD20-Antikörpern (z.B. Rituximab)
- Tumormarker, wie PSA, CEA, Chromogranin A → I.d.R. Verlaufskontrolle diverser Malignome
- Ergänzende Verfahren: Western-Blot und ELISA
- Beispiele: Onkologisch charakteristische Expressionsmuster geben Hinweise auf den Primärtumor und auf mögliche therapeutische Zielproteine
- Molekularbiologische Methoden: Hybridisierungstechniken, DNA-Amplifikationstechniken, DNA-Sequenzanalyse-Verfahren und Microarrays untersuchen pathologische Veränderungen auf genetischer Ebene.
- Beispiele
- Microarray: Zur Identifikation tausender Gene innerhalb einer Gewebeprobe, um die RNA-Expressionsmuster verschiedener Tumoren zu erfassen
- DNA-Sequenzanalyse: Zur Analyse von Nukleinsäuresequenzen eines DNA-Stranges (z.B. die Basenterminationsmethode nach Sanger)
- DNA-Amplifikationstechniken: Bspw. PCR zum Nachweis eines bestimmten Virus
- Hybridisierungstechniken: Bspw. die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) zum Nachweis von Chromosomenaberrationen, welche im Karyogramm nicht erkannt wurden
- Beispiele