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Chronische Nierenerkrankung

Letzte Aktualisierung: 22.1.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Als chronische Nierenerkrankung (veraltet: chronische Niereninsuffizienz) wird eine dauerhaft verringerte Nierenfunktion bezeichnet. Durch die spezielle Doppelfunktion der Niere als ausscheidendes und endokrin wirksames Organ sind dabei verschiedene Folgeerscheinungen zu beobachten: Einerseits kommt es durch Einschränkung der komplexen Filtrations- und Ausscheidungsfunktionen zur Störung des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushaltes. Andererseits führt die unzureichende Hormonproduktion der kranken Niere unter anderem zu Anämie (EPO-Mangel) oder Osteopathie (Calcitriolmangel u.a.).

Häufigste Ursache im Globalen Norden ist eine diabetische Nephropathie. Therapeutisch stehen neben der Behandlung zugrunde liegender Erkrankungen (z.B. Diabeteseinstellung) die Entlastung der Niere (Flüssigkeitszufuhr, Vermeidung von Noxen) und eine optimale Blutdruckeinstellung im Vordergrund. Zudem müssen Folgeerscheinungen der endo- und exokrinen Funktionsstörungen behandelt werden – z.B. durch medikamentöse Einflussnahme auf den pathologisch gestörten Calciumhaushalt oder eine Korrektur des Wasser- und Elektrolythaushaltes. Langfristig gelingt dies bei höhergradiger chronischer Nierenerkrankung nur durch ein Nierenersatzverfahren (Dialyse) oder eine Organtransplantation.

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Definitiontoggle arrow icon

  • Irreversible Abnahme der exkretorischen (glomerulären, tubulären ) und inkretorischen (endokrinen ) Nierenfunktion
  • Definiert als strukturelle oder funktionelle Auffälligkeit der Niere über mehr als 3 Monate mit Auswirkungen auf die Gesundheit
    • Auffälligkeiten und somit Kriterien zur Diagnosestellung können dabei bspw. pathologische Befunde im Urinsediment, in der Bildgebung oder Histologie oder eine GFR <60 mL/min/1,73 m2 sein
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Epidemiologietoggle arrow icon

  • In Deutschland gibt es >60.000 Dialysepatienten

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Häufigste Ursachen
Diabetische Nephropathie (= Glomerulosklerose Kimmelstiel-Wilson) mit ca. 30–40% häufigster Grund in Deutschland
Hypertensive Nephropathie ca. 20%
Glomerulonephritiden ca. 10–15% (häufigster Grund bei jungen Erwachsenen)
Polyzystische Nierenerkrankungen ca. 10%
Tubulo-interstitielle Nierenerkrankungen (rezidivierende Pyelonephritis, Analgetikanephropathie) ca. 10%

Weitere Ursachen: Vesikoureteraler Reflux, Nephrolithiasis, Amyloidose u.a.

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Symptomatiktoggle arrow icon

Exkretorisch

Überwässerung

Urämie

Elektrolyte und pH

Inkretorisch (endokrin)

  • Renale Anämie
    • Hauptursache: Erythropoetin-Mangel → Geringere Stimulation der Erythrozytensynthese bei „vorhandenen Substraten“ Normochrome, normozytäre Anämie
    • Weitere Ursachen: Verkürzte Überlebenszeit der Erythrozyten durch urämische Hämolyse; Blutverluste aufgrund urämischer Blutungsneigung; Hemmung der Erythropoese durch Urämietoxine u.a.
  • Renale Osteopathie

Durch die Hyperphosphat- und Hypokalzämie bei Mangel an Calcitriol kommt es zum sekundären Hyperparathyreoidismus und zur renalen Osteopathie!

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Stadientoggle arrow icon

Normalwerte der glomerulären Filtrationsrate (GFR)

Es gibt keine allgemein gültigen Normwerte für die GFR – sie ist abhängig von Alter, Geschlecht und Muskelmasse!

  • Methoden: Abschätzung der GFR mittels verschiedener Formeln
  • Normwerte nach Geschlecht (Erwachsene bis ca. 30 Jahre) [1]
    • Männer: Ca. 110 mL/min/1,73 m2
    • Frauen: Ca. 95 mL/min/1,73 m2
  • Abnahme mit steigendem Lebensalter
    • Nach dem 30. Lebensjahr durchschnittlicher Abfall von ca. 10 mL/min pro 10 Jahre

Stadieneinteilung nach KDIGO [2]

Die Stadieneinteilung der chronischen Nierenerkrankung erfolgt anhand der errechneten GFR und des Ausmaßes einer bestehenden Albuminurie.

Stadieneinteilung nach GFR

Stadien der GFR-Reduktion
Stadium Bezeichnung GFR (in mL/min/1,73 m2)
G1 GFR normal oder erhöht ≥90
G2 GFR leichtgradig reduziert 60–89
G3 GFR mittelgradig reduziert G3a: 45–59
G3b: 30–44
G4 GFR hochgradig reduziert 15–29
G5 Nierenversagen [3] <15

Stadieneinteilung nach Albuminurie

Stadien der Albuminurie (siehe auch: Proteinurie - Klassifikation)
Stadium Albuminurie (in mg/24 h)
A1 <30
A2 30–300
A3 >300

Zur Stadieneinteilung der chronischen Nierenerkrankung werden die Buchstaben- und Ziffernkombinationen von GFR-Reduktion und Albuminurie zusammengesetzt! Beispiel: Eine GFR von 50 mL/min/1,73 m2 und ein Albumin-Kreatinin-Quotient von 50 mg/g entsprechen dem Stadium G3aA2.

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Diagnostiktoggle arrow icon

Bei chronischer Nierenerkrankung ist neben der Überwachung der Kaliumwerte insb. auch die der Calcium- und Phosphatwerte wichtig!

Verlaufsuntersuchungen bei Risikopatienten sollen Kreatinin-Bestimmungen und Urinstatus beinhalten. (DGIM - Klug entscheiden in der Nephrologie)

Zur renalen und kardiovaskulären Risikoabschätzung soll bei Patienten mit chronischer Nierenkrankheit (CKD, GFR <60 mL/min) neben einer eGFR-Abschätzung eine quantitative Bestimmung der Proteinurie (zum Beispiel als Albumin-Kreatinin-Ratio im Spontan- oder Sammelurin) erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Nephrologie)

Bei Patienten mit chronischer Nierenkrankheit und einer GFR <45 mL/min (CKD-Stadium 3b oder höher) soll eine Bestimmung von Serum-Phosphat, iPTH und 25-OH-Vitamin D3 erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Nephrologie)

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Therapietoggle arrow icon

Allgemein

Der unbedachte Einsatz von NSAR bei Schmerzen kann eine bestehende chronische Nierenerkrankung verschlechtern!

Hohe orale Flüssigkeitsmengen sollen nicht eingesetzt werden, um die Nierenfunktion zu bessern oder „Nieren zu spülen“. (DGIM - Klug entscheiden in der Nephrologie)

Bei allen Patienten mit CKD und/oder unter immunsuppressiver Therapie soll regelmäßig der Impfstatus geprüft und Impfungen gemäß den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) aufgefrischt werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Nephrologie)

Speziell

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AMBOSS-Pflegewissen: Chronische Nierenkrankheittoggle arrow icon

Für Grundlagen der Anatomie und Physiologie siehe: Niere

Beobachten/Überwachen

Basismonitoring

Siehe: Chronische Nierenerkrankung - Symptome für die Ursachen der Symptome / Überwachungsschwerpunkte

Bei einem insulinpflichtigen Diabetes kann der Bedarf an extern zugeführtem Insulin bei Fortschreiten einer chronischen Nierenerkrankung sinken!

Überwachung weiterer Symptome und Nebenwirkungen

Bei abnehmender Urinausscheidung und Belastbarkeit, zunehmenden Ödemen und respiratorischen oder neurologischen Symptomen ist das ärztliche Personal zu informieren!

Medikamentöse Therapie

Pflege bei Therapie mit Diuretika

Mobilisation/Körperpflege

  • Körperpflege
    • Bei Dekompensation der chronischen Nierenerkrankung: Bedarfsgerechte Unterstützung bei der Grundpflege, ggf. im Bett
  • Mobilisation
    • Ausmaß der Aktivität angepasst an den Allgemeinzustand
    • Beachtung belastungsabhängiger Symptome wie Dyspnoe bei dekompensierter Nierenerkrankung und/oder Anämie
    • Bei ausgeprägter Osteoporose: Vorsichtige Positionierung und Mobilisation!

Prophylaxen

Ernährung

  • Kaliumarme Ernährung empfohlen
  • Natriumarme Ernährung nur bei Ödemen und/oder Hypertonie erforderlich
  • Ggf. Eiweißgehalt der Ernährung anpassen
  • Trinkmengenbeschränkung: Nur nach ärztlicher Anordnung
    • I.d.R. ausgeglichene Flüssigkeitszufuhr (etwa 2 L/Tag) zur Vermeidung einer Exsikkose oder Ödemen
    • Patient:innen hinsichtlich Trinkmengenbeschränkung und deren Notwendigkeit beraten
    • Tipps zum Umgang mit Trinkmengenbeschränkung
      • Flüssigkeitsmenge über den Tag verteilen
      • Getränke aus kleinen Gläsern trinken
      • In kleinen Schlücken trinken, Flüssigkeit länger im Mund behalten
      • Sehr zuckerhaltige, salzhaltige und scharfe Speisen meiden
      • Zuckerfreie Bonbons lutschen
      • Trockene Raumluft vermeiden

Beratung

  • Anleitung der Patient:innen zur Selbstbeobachtung
  • Ggf. Ernährungsberatung empfehlen
  • Beratung über Vorteile körperlicher Bewegung
  • Schmerzmitteleinnahme (auch von rezeptfreien Schmerzmitteln) nur nach ärztlicher Rücksprache
  • Psychische Unterstützung, insb. auf Ängste hinsichtlich einer drohenden Dialysepflichtigkeit eingehen
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AMBOSS-Pflegewissen: Dialysepflichtigkeittoggle arrow icon

Pflege von Patient:innen mit Dialyse-Shunt

Ein funktionierender Shunt ist Voraussetzung für die lebenswichtige Dialyse, seine sorgfältige Pflege daher sehr wichtig. Für Grundlagen zum Dialyse-Shunt siehe: Cimino-Shunt.

  • Um einen durchgehenden Blutfluss im Shunt zu gewährleisten: Am Shuntarm keine
  • Zur Infektionsprophylaxe: Am Shuntarm keine
    • Blutabnahmen
    • i.v. Zugänge
    • Injektionen
    • Tätigkeiten mit Verletzungsgefahr der Haut (bspw. Gartenarbeit)
  • Hautpflege am Shuntarm
    • Keine Hautpflegeprodukte verwenden, die die Haut verletzen können
    • Keine fettenden Pflegeprodukte am Dialysetag
    • Haut vor Sonneneinstrahlung schützen
  • Tägliche Kontrolle des Shunts: Durch ärztliches Personal, Pflegepersonal oder ggf. die Patient:innen selbst, auf
    • Pathologien
    • Physiologische Zeichen eines intakten Shunts
      • Pulswelle am Shunt tastbar
      • Bei Auskultation mit dem Stethoskop deutliches „Schwirren“ vernehmbar
  • Beratung
    • Patient:innen sollen nicht schwer heben und Sportarten mit Verletzungsrisiko des Arms vermeiden
    • Patient:innen aufklären, sich bei Veränderungen (bspw. Infektionszeichen) am Shunt sofort bei einem Arzt/einer Ärztin vorzustellen
    • Ist eine Shuntanlage geplant oder absehbar: Keine Blutabnahme aus den Venen der Unterarme zur Schonung der potenziellen Shuntgefäße

Dialyse

Die Dialyse wird in ambulanten Dialysepraxen oder in speziellen Bereichen eines Krankenhauses von hierfür ausgebildetem Personal durchgeführt. Zwischen den Dialysen werden stationäre Patient:innen i.d.R. auf den peripheren Stationen betreut. Ein Sonderfall ist die Dialyse auf der Intensivstation, die vor Ort durchgeführt wird. Die hier genannten Informationen beziehen sich auf dialysepflichtige Patient:innen, die auf peripheren Stationen oder ambulant betreut werden.

  • Kreislauf
  • Bewusstsein
    • Müdigkeit, insb. direkt nach der Dialyse
  • Hygiene
    • Erhöhte Infektanfälligkeit
      • Strenges Einhalten aller Hygienemaßnahmen bei Kontakt mit Patient:innen
      • Beratung der Patient:innen zum Verhalten im Alltag, um Infektionen zu vermeiden
  • Blutungsneigung
  • Allergische Reaktion
  • Psychische Belastung
    • Starke Einschränkung der Lebensqualität durch hohen Zeitaufwand
    • Hohe Belastung des (engen) Umfelds der Patient:innen
    • Trinkmengenbeschränkung und Umstellung der Ernährung werden häufig als belastend empfunden
    • Selbsthilfegruppen empfehlen
    • Ggf. zusätzliche Belastung durch Warten auf eine Spenderniere (siehe auch: Nierentransplantation)
  • Beratung
    • In Gesprächen auf die psychische Belastung eingehen
    • Angehörige anleiten, auf Symptome wie Bewusstseinsveränderungen zu achten
    • Urlaubsplanung
      • Urlaub sollte nur in Ländern mit einem guten Gesundheitssystem geplant werden
      • Viele Praxen und Dialysezentren bieten Feriendialysen an
      • Ein aktueller Entlassungsbrief oder ein gleichwertiges Schreiben sollte immer mitgeführt werden
      • Bei von Patient:innen selbstständig durchgeführter Dialyse muss der Transport des Materials eingeplant werden
      • Urlaub nicht in die heißen Jahreszeiten des Reiselandes legen
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Studientelegramme zum Thematoggle arrow icon

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Patienteninformationentoggle arrow icon

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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