Zusammenfassung
Die Augenheilkunde greift auf eine Vielzahl von Untersuchungstechniken und Tests zurück. Im Folgenden sind einige der gängigen Untersuchungsmethoden kurz dargestellt.
Untersuchung an der Spaltlampe
- Vorgehen: Betrachtung des Auges mit einem Mikroskop (auch als „stereoskopische“ Untersuchung der Augen bezeichnet, da ein räumliches Bild entsteht)
- Untersuchung mit Hilfe eines spaltförmigen Lichtstrahls variabler Breite
- Ca. 5-50-fache Vergrößerung
- Fluoreszenzgabe zur Beurteilung der Hornhaut und des Tränenfilms
- Untersuchung in medikamentös induzierter Mydriasis
- Ziel: Untersuchung des vorderen und hinteren Augenabschnitts
Ophthalmoskopie (Fundoskopie)
- Definition: Beurteilung des Augenhintergrundes, i.d.R. in medikamentös induzierter Mydriasis
- Formen
- Direkte Ophthalmoskopie
- Detaillierte Darstellung des zentralen Augenhintergrunds (Netzhautperipherie eher schlecht zu beurteilen)
- Bild aufrecht
- Indirekte Ophthalmoskopie
- Untersuchung des gesamten Augenhintergrunds einschließlich der Peripherie gut möglich
- Bild gespiegelt
- Direkte Ophthalmoskopie
Ektropionieren
- Definition: Umstülpung des Oberlides zur Beurteilung der tarsalen Bindehaut
- Indikation: Verdacht auf Fremdkörper unter dem Oberlid, Inspektion der Lidbindehaut bei Konjunktivitis
- Durchführung
- Der Patient sollte während der gesamten Untersuchung nach unten blicken
- Mit der rechten Hand des Untersuchers wird das Oberlid nach unten gezogen
- Mit der freien linken Hand übt der Untersucher nun mit einem Wattestäbchen oder einem Glasspatel ca. 3 mm oberhalb des Wimpernansatzes leichten Druck auf das Oberlid aus
- Gleichzeitig wird das Lid nun nach vorne und oben gezogen und so um das Wattestäbchen oder den Glasspatel gelegt (ektropioniert)
- Während das Oberlid mit der rechten Hand des Untersuchers weiter in ektropionierter Stellung gehalten wird, kann der Glasspatel oder das Wattestäbchen entfernt werden
- Nun können alle Bindehautabschnitte untersucht und ggf. vorhandene Fremdkörper entfernt werden
- Sobald das Oberlid losgelassen wird und der Patient nach oben blickt, kehrt das Lid in seine ursprüngliche Position zurück
Swinging-Flashlight-Test
- Beurteilung der Pupillenreaktion bei abwechselnder Beleuchtung beider Augen
- Gibt Hinweis auf Störungen der Afferenz von Retina oder Sehnerv
- Relativer afferenter Pupillendefekt (RAPD): Bei Beleuchtung des kranken Auges werden beide Pupillen nicht so eng wie bei Beleuchtung des gesunden Auges, da die Afferenz gestört, die Efferenz jedoch ungestört ist
Perimetrie
- Definition: Gesichtsfeldprüfung
- Grundprinzip
- Monokulare Testung
- Patient schaut geradeaus und fixiert einen Punkt
- Setzen von optischen Stimuli (z.B. sich bewegende Finger, Lichtpunkte) im (peripheren) Gesichtsfeld
- Patient gibt an, sobald er diese wahrnimmt → Rückschlüsse über Gesichtsfeldausfälle möglich
- Techniken
- Orientierende Untersuchung: Fingerperimetrie
- Detailliertere Untersuchungen: Bspw. Kinetische Perimetrie (Konturperimetrie nach Goldmann) oder Schwellenperimetrie (computergesteuerte statische Perimetrie)
- Befunde: siehe Gesichtsfeldausfall (Skotom)
Schirmer-Test
- Messung der Menge der Tränensekretion
- Schirmer I: Bestimmung der Reiz-Tränensekretion
- Durchführung: Ein Lackmuspapierstreifen wird abgeknickt in das Unterlid eingehängt, anschließend wird gemessen, welche Strecke nach einem bestimmten Zeitraum angefeuchtet ist
- Normwert: Anfeuchtung von mehr als 15mm innerhalb von 5min
- Schirmer II: Bestimmung der Basis-Tränensekretion
Break-Up-Time
- Mittels Break-up-time (BUT) kann Aufschluss über die Stabilität des Tränenfilms gewonnen werden. Dabei wird zunächst Fluoreszein ins Auge gegeben. Anschließend soll der Patient die Augen so lange wie möglich offen halten, während der Untersucher den Tränenfilm beobachtet. Bricht dieser innerhalb der ersten 10 Sekunden auf, ist der Test pathologisch.
Landolt-Ringe
- Subjektiver Test zur Bestimmung der Sehschärfe
- Landolt-Ringe: Kreise unterschiedlicher Größe, die eine Unterbrechung aufweisen → C-förmig
- Durchführung: Der Patient muss angeben, in welche Richtung die Öffnung des Kreises zeigt; je nachdem wie groß die gerade noch erkannten Ringe bzw. Öffnungen sind, kann auf die Sehschärfe rückgeschlossen werden.
Prüfung des Doppelbildschemas an der Tangententafel nach Harms (Harms-Wand)
- Diagnostik bei Strabismus
- Schielwinkel und Verkippung von Doppelbildern können in Abhängigkeit von der Kopfhaltung bestimmt werden
Abdecktests
- Ziel: Diagnose eines Strabismus
- Allgemeine Durchführung
- Ein Auge wird während möglichst konstanter Fixation abgedeckt [1]
- Einseitige Tests immer nacheinander auf beiden Seiten durchführen
- Einseitiger Abdecktest (Cover-Test)
- Ziel: Diagnose eines manifesten Strabismus
- Durchführung: Abdeckung eines Auges für 1–2 s mit Beobachtung des offenen (nicht abgedeckten) Auges [2]
- Beurteilung: Vorliegen und Richtung von Einstellbewegungen des offenen Auges
- Aufdecktest (Cover-uncover-Test)
- Ziel: Diagnose eines latenten Strabismus
- Durchführung: Beobachtung des zuvor abgedeckten Auges beim Wiederaufdecken [3]
- Beurteilung: Vorliegen einer Einstellbewegung des zuvor abgedeckten Auges [4]
- Alternierender Abdecktest
- Ziel: Diagnose eines latenten Strabismus
- Anwendung: Nach unauffälligem Abdeck- und Aufdecktest [5]
- Durchführung: Mehrfaches unmittelbar abwechselndes Abdecken beider Augen
- Beurteilung: Vorliegen und Richtung von Einstellbewegungen des jeweils zuvor abgedeckten Auges beim Wiederaufdecken [3]
- Für Strabismus-/Sehscreening im Kindesalter siehe auch: Sehscreening im Kindesalter
Fluoreszenz-Angiografie
- Definition: Darstellung der retinalen Gefäße nach intravenöser Injektion von Fluoreszein
- Indikation: Z.B. altersabhängige Makuladegeneration, diabetische Retinopathie, entzündliche Fundusveränderungen, Papillenödem, Gefäßverschlüsse
- Normalbefund: Die retinalen Gefäße stellen sich hell vor dem dunklen Pigmentepithel dar; Fluoreszein bleibt intravasal; Fovea erscheint dunkel
- Pathologische Befunde
- Hyperfluoreszenz: U.a. Folge von Leckagen aus retinalen Gefäßen (bspw. im Rahmen von Vaskulitiden), Neovaskularisationen
- Hypofluoreszenz: U.a. infolge von Gefäßverschlüssen
- Indozyaningrün-Angiografie: Durch höhere Proteinbindung geringere Leckage und längeres intravasales Verbleiben mit besserer Darstellung der tief liegenden Aderhautgefäße
Optische Kohärenztomografie (OCT)
Elektroretinogramm (ERG)
- Applikation von Lichtstimuli und mittels Elektroden Ableitung der von der Netzhaut gebildeten elektrischen Potenziale
- Durchführung vor allem bei retinalen Erkrankungen wie der Retinopathia pigmentosa
- Unterscheidung in Ganzfeld-Elektroretinografie (Untersuchung der gesamten Retina) und multifokale Elektroretinografie (punktuelle Untersuchung der Retina, insbesondere der Makula)
Elektrookulografie (EOG)
- Messung der Änderung des Ruhepotenzials der Netzhaut bei Augenbewegungen und in Abhängigkeit von der Beleuchtung
- Pathologische Befunde bei Erkrankungen des Pigmentepithels der Retina (z.B. vitelliforme Makuladegeneration und Resochin-Makulopathie)
- Aus den Potenzialen im hell- und dunkeladaptierten Zustand wird der sogenannte "Arden-Quotient" bestimmt
- Messung der Augenbewegungen
- Im Rahmen der Polysomnografie vor allem zur Identifizierung des REM-Schlafs
- Nystagmus-Diagnostik
- Diagnostik des Gleichgewichtsorgans
Ultraschalluntersuchung des Auges
- Vorgehen: Aufsetzen des Schallkopfes auf das (geschlossene oder geöffnete) Auge des Patienten, Aufbringen von Gel zur Reduktion von Artefakten
- Beurteilbare Strukturen
- Vorderer Augenabschnitt: Hornhaut, Vorder- und Hinterkammer sowie Linse, Sklera, Iris
- Glaskörper
- Hinterer Augenabschnitt: Sklera, Chorioidea und Retina
- Äußere Augenmuskeln
- Sehnerv
- Orbita (insb. auch Bereich hinter dem Augapfel)
- Beispiele für Indikationen
- Schlechte Einsehbarkeit des Auges, bspw. bei grauem Star
- Prozesse des Glaskörpers (bspw. Tumoren oder Fremdkörper) und des hinteren Augenabschnitts (bspw. Tumoren der Sklera und Chorioidea, Ablatio retinae)
- Ultraschallbiometrie: Längenmessung des Bulbus, Dickenbestimmung von Sklera und Chorioidea, Bestimmung der Dicke des N. opticus