Zusammenfassung
Die Thoraxdrainage liegt im Pleuraspalt der Lunge und leitet bei einem Pneumothorax Luft bzw. bei einem Pleuraerguss Flüssigkeit aus der Pleurahöhle ab. Es handelt sich um eine technisch komplexe Therapieform mit einer Vielzahl von Herausforderungen in der Pflege und Nachsorge.
- Siehe auch
Die Begriffe Thoraxdrainage und Pleuradrainage werden im Alltag häufig synonym verwendet; gemeint sind in den meisten Fällen Pleuradrainagen
Überwachung bei liegender Thoraxdrainage
Allgemeine Überwachung
- Atmung
- Atemfrequenz
- Atemtiefe, insb. Schonatmung
- Atemrhythmus
- Atemabhängige Schmerzen
- Atemgeräusche
- Atemnot
- Geräusche des Drainagesystems
- Siehe auch AMBOSS-Pflegewissen: Überwachen der Atmung
- Basismonitoring
- Herzfrequenz
- Blutdruck
- Temperatur
- Ggf. Pulsoxymetrie
- Haut: Auf Zyanose, Blässe, Hautemphysem achten
- Allgemeinzustand: Bspw. beim Atemtraining, bei der Mobilisation
- Flüssigkeitshaushalt: Nach ärztlicher Anordnung Flüssigkeitsbilanzierung durchführen
- Sekret in der Thoraxdrainage
- Menge
- Konsistenz
- Aussehen
- Siehe auch: Charakteristische Befunde verschiedener Pleuraerguss-Formen
- Sogstärke: Einstellung erfolgt nach ärztlicher Anordnung und Plan
- Initial häufig geringer Sog von 5 bis 15 cmH2O
- Im Verlauf meist zwischen 15 und 25 cmH2O
- Verband: Regelmäßiger Wechsel oder bei Bedarf nach hausinternen Standards
- Wunde: Im Rahmen des Verbandwechsels v.a. an der Einstichstelle achten auf
- Blutungen
- Lokale Entzündungszeichen
- Hämatome
- Hautemphysem
Beim Pneumothorax fördert die Pleuradrainage zunächst nur Luft. Nach vollständiger Entfaltung der Lunge wird jedoch durch den Fremdkörperreiz seröses Sekret gebildet und über die Drainage abgeleitet. Eine Menge von 100 bis 200 mL/Tag wirds allerdings i.d.R. nicht überschritten!
Überwachen im Hinblick auf Komplikationen nach Anlage
- Symptome eines Spannungspneumothorax
- Starke Ruhedyspnoe und Tachypnoe
- Kreislaufinstabilität: Tachykardie, Hypotonie
- Schocksymptomatik
- Zyanose, gestaute Halsvenen bis hin zur Einflussstauung
- Angst, Panik, Unruhe
- Ggf. Hustenreiz
- Ggf. plötzliche Schmerzen auf der betroffenen Seite
- Weitere Komplikationen: Siehe Komplikationen der Thoraxdrainage
- Informierung des ärztlichen Personals: Erfolgt i.d.R.
- Bei Verschlechterung der Atemsituation bzw. des Allgemeinzustandes
- Bei Zeichen einer Infektion oder eines Schocks
- Wenn die Drainage plötzlich neben Sekret auch Luft fördert
- Bei Hautemphysem
- Bei (veränderten) Schmerzen aufgrund der Drainage
- Bei Änderung der Menge oder des Aussehens des Sekrets
- Ggf. bei weiteren Veränderungen oder bei Unsicherheiten
Überwachung im Hinblick auf Dichtheit und Funktionsfähigkeit des Systems
- Regelmäßige Kontrollen
- Eintauchtiefe der Steigrohre: Ggf. anpassen
- Höhe des Wasserstands: Ggf. Wasser auffüllen
Vorgehen bei Unregelmäßigkeiten oder Problemen
- Leichtes Sprudeln im Wasserschloss der Saugkontrollflasche: Insb. bei Pneumothorax, älteren Systemen und Systemen mit Steigrohr normal
- Ggf. Hinweis auf eine undichte Schlauchverbindung zwischen Patient:in und Absaugsystem oder Luftleckage innerhalb der Pleurahöhle (Fistelbildung zwischen Lungengewebe und Pleuraspalt)
- Luftblasen im Wasserschloss und Schlauch: Kurz nach Anlage normal .
- Ggf. Hinweis auf undichtes System oder Luftleckage durch Fistelbildung
- Dichtheit des Systems überprüfen: Mit Plastikklemme Drainage kurz körpernah abklemmen
- Bei weiteren Luftblasen: Leckage im Schlauchsystem
- Bei keinen weiteren Luftblasen oder bei Nicht-Auffinden des Lecks: Ärztliches Personal informieren, Leckage wahrscheinlich in Pleurahöhle oder Punktionsstelle
- Ggf. Röntgenkontrolle, fortan regelmäßige Prüfung auf das Vorliegen einer Leckage und Dokumentation
- Atemsynchrone Schwankungen des Sekrets im Schlauch und im Wasserschloss: Normal
- Bei fehlenden Schwankungen: Drainageschlauch und System überprüfen, ggf. Lagewechsel oder Atemübungen durchführen
- Zunehmende Sekretmenge im Auffangbehälter: Normal, aber ggf. fraktionierte Ergussentlastung (Portionen <1–1,5 L/d) nach ärztlicher Anordnung
Pflegerische Schwerpunkte bei liegender Thoraxdrainage
Aufklärung der Patient:innen
- Über Sog und die dabei entstehenden Geräusche
- Über Situationen, in denen das Pflegepersonal gerufen werden sollte
- Bei Diskonnektion am Drainagesystem
- Bei neu auftretender bzw. sich verstärkender Luftnot
Hinweise zum Umgang mit Pleuradrainagen
- Hygienischer Umgang mit der Drainage
- Händedesinfektion und Tragen von Handschuhen vor jedem Anfassen der Drainage
- Drainagesystem darf nicht auf dem Boden liegen, sondern soll über ein Haltesystem ans Bett gehängt werden
- Kein Abklemmen der Drainage: Das Abklemmen einer Thoraxdrainage ist nur kurz und anlassbezogen zum Systemwechsel oder bei Dichtheitsprüfungen zulässig
- Längeres Abklemmen von Thoraxdrainagen wird nicht mehr empfohlen: Insb. bei folgenden Situationen besteht die Gefahr der Ausbildung eines Spannungspneumothorax
- Bei beatmeten Patient:innen
- Bei Luftleckage im Rahmen einer Fistelbildung und entsprechendem Einstrom von Luft in den Pleuraspalt
- Längeres Abklemmen von Thoraxdrainagen wird nicht mehr empfohlen: Insb. bei folgenden Situationen besteht die Gefahr der Ausbildung eines Spannungspneumothorax
- Mobilisieren des Drainageinhalts: Insb. bei Eiter und Blut
- Lagerung des Schlauchs und des Systems
- System am Bett unterhalb des Patientenniveaus befestigen, um Umkippen zu verhindern
- Kein Abknicken oder Durchhängen in Schlaufen des Schlauchs, ggf. Fixierung des Schlauchs am Patientenbett
- Insb. bei Unterbrechung des Sogs: System immer unter Patientenniveau lagern
- Notfallausrüstung: Zwei Plastikklemmen griffbereit, um die Drainage jederzeit abklemmen zu können
- Regelmäßige Röntgenkontrollen: Zur Dokumentation der Entfaltung der Lunge
Sollte die Pleuradrainage herausrutschen, muss die Einstichstelle sofort steril und luftdicht (mit Folie oder breiten Pflasterstreifen [„Dachziegelverband“]) verbunden und das ärztliche Personal informiert werden!
Mobilisation/Bewegung/Transport
- Sog abstellen: Nur nach ärztlicher Anordnung, Soganschluss am Drainagesystem nicht verschließen , ggf. akkubetriebenes Sogsystem nutzen
- Kein Abklemmen: Ein Abklemmen der Drainage zur Mobilisation ist nicht notwendig und unnötig gefährlich
- Vor Mobilisation: Drainagesystem vom Bett entfernen, Schlauchsysteme und Füllstände der Flaschen prüfen, ggf. Schmerzmittelgabe
- Mobilisationen: Insb. an die Bettkante, in den Stand vor dem Bett bzw. auf einen Stuhl neben dem Bett , ggf. unterstützende Hilfsmittel bereitstellen
- Gehwagen/Rollator
- Sauerstoffflasche
- Positionierung: Oberkörperhochlage, ggf. Arme mit Kissen unterstützen
- Positionierung bevorzugt auf die nicht betroffene Seite
Die Thoraxdrainage wird für den Patiententransport nicht abgeklemmt!
Körperpflege und Prophylaxen
Ggf. ist vor der Körperpflege und der Durchführung von Prophylaxen die Verabreichung von Schmerzmitteln und hustenstillenden Medikamenten sinnvoll, um eine bestmögliche Mitarbeit zu erzielen und die Patient:innen nicht mit vermeidbaren Schmerzen zu belasten.
- Körperpflege: Bedarfsgerechte Unterstützung
- Pneumonieprophylaxe: Insb. Atemübungen, ggf. sekretlösende Maßnahmen
- Bei desorientierten Patient:innen: Ggf. Drainage mit Vlies oder Kompressen großzügig abdecken
Wundversorgung
- Aseptischer Verbandswechsel: Nach hausinternen Standards
- Wechselintervall: I.d.R. täglich, ggf. nach hausinternen Standards
- Beobachtung der Einstichstelle: Blutungen/Hämatome, Infektionszeichen wie Schwellung und Rötung, Hautemphysem als Hinweis auf eine Komplikation
- Bei älteren Patient:innen: Auf Pergamenthaut achten
- Ggf. Hydrokolloidplatte und hautfreundliche Pflaster verwenden
Umgang mit Sekretauffangbeuteln
- Ablaufbeutel anbringen
- Vergewissern, dass die Klemme der liegenden Drainage geschlossen ist
- Verschluss der Drainage öffnen
- Nach hausinternen Standards: Endstück der Drainage und des Ablaufbeutels desinfizieren
- Die Endstücke der Drainage und des Ablaufbeutels verbinden
- Die Klemme an der Drainage und, wenn vorhanden, die Klemme am Ablaufbeutel öffnen
- Ablaufbeutel entfernen
- Klemme an der Drainage schließen
- Wenn vorhanden, Klemme am Abflussbeutel schließen; ansonsten den Schlauch mit zusätzlicher Klemme verschließen, damit keine Flüssigkeit aus dem Beutel laufen kann
- Beutel und Drainage diskonnektieren
- Ggf. nach hausinternen Standards: Endstück der Drainage desinfizieren
- Endstück der Drainage verschließen
- Hygienischer Umgang mit abgelassener Flüssigkeit über die Drainage
- Schlauch des Ablaufbeutels mit Klemme abklemmen
- Beutel von der Drainage entfernen, Schlauch des Ablaufbeutels abgeklemmt lassen
- Den Inhalt des Ablaufbeutels im Fäkalienraum in einen dafür vorgesehenen Ablauf entleeren
- Entleerter Beutel kann im Müll des Fäkalienraums entsorgt werden
Entfernen der Thoraxdrainage
- I.d.R. Durchführung durch Ärzt:innen: Pflegekraft assistiert und beruhigt ggf. die Patient:innen
- Liegedauer der Drainage
- Bei Pneumothorax: I.d.R. 3–8 Tage
- Bei Pleuraerguss, Hämatothorax, Pleuraempyem etc.: I.d.R. solange, bis geförderte Menge <250 mL/Tag beträgt, ca. 5–10 Tage
- Bei elektrischen Geräten: Nach erfassten Werten und Verlauf
- Abklemmen der Drainage: Nicht mehr empfohlen; kurze Abklemmphasen sollten zur Dichtheitsprüfung ausreichen
- Vor und nach Entfernen der Drainage: Röntgenkontrolle
- Positionierung der Patient:innen beim Entfernen der Drainage: Oberkörperhochlage oder 30°-Seitenlage mit erhöhtem Oberkörper
- Ablauf: Siehe Entfernung der Thoraxdrainage
- Pflegerische Nachsorge
- Sterilen, luftdichten Verband anlegen
- Kein Verbandswechsel für mind. 72 Stunden
- Beobachtung von außen im Hinblick auf Nachblutungen
- Engmaschiges Monitoring der Vitalparameter, insb. Atmung und spO2
- Beobachtung des Allgemeinbefindens, insb. im Hinblick auf einen (erneuten) Pneumothorax
- Ggf. Bettruhe nach ärztlicher Anordnung
- Sterilen, luftdichten Verband anlegen
Das versuchsweise Abklemmen der Thoraxdrainage wird wegen der Gefahr eines Spannungspneumothorax (bspw. bei bestehender Fistel zwischen Lunge und Pleuraraum) nicht mehr empfohlen!
Thoraxdrainagesysteme
Aufgrund der Vielzahl an verschiedenen Thoraxdrainagesystemen sollten in jedem Fall die Herstellerangaben beachtet und gelesen werden. Man sollte sich in jedes unbekannte System sorgfältig einweisen lassen!
Systeme
- Einflaschensystem
- Funktionsweise: Kein aktiver Sog, funktioniert durch Schwerkraft bzw. Druck im Pleuraspalt
- Lokalisation: System muss sich immer unterhalb der Patient:innen befinden
- Zu beachten: Steigrohr darf i.d.R. nur ca. 2 cm ins Wasser ragen
- Zweiflaschensystem
- Funktionsweise: Kein aktiver Sog, funktioniert durch Schwerkraft bzw. Druck im Pleuraspalt
- Lokalisation: System muss sich immer unterhalb der Patient:innen befinden
- Zu beachten: Keine Druckregulierung möglich
- Dreiflaschensystem
- Funktionsweise: Aktiver Sog
- Bei Flaschensystemen: Regulierung des Sogs über die Eintauchtiefe des Steigrohrs
- Bei Kammersystemen: Regulierung des Sogs über die Höhe des Wasserpegels und der Eindringtiefe des Schlauches in der Sogkontrollkammer bzw. Einstellung per Skala am Gerät
- Funktionsweise: Aktiver Sog
- Mehrkammer-/Einwegsystem
- Aufbau: Einmalsystem, meist mit drei Kammern und Sicherheitsventilen
- Vor Anwendung: Laut Herstellerangaben mit sterilem Aqua befüllen
- Anlage und erste Einstellung: Durch behandelnde Ärzt:innen
- Wechsel: Bei max. Füllmenge bzw. wenn das System umgefallen ist
- Zu beachten
- Drainage muss immer mit Dauersog verbunden sein
- Saugkontrollbehälter mit sterilem Aqua nur bei abgestelltem Sog auffüllen
- Elektrisch digitale Pleuradrainagesysteme
- Funktionsweise: Sog durch akkubetriebene Saugpumpe
- Vorteile: Größere Bewegungsfreiheit , Vereinfachte Bedienung durch Alarme und Anweisungen
- Nachteile: Höhere Anschaffungs- und Wartungskosten
- Heimlich-Ventil: Insb. in der Notfallversorgung oder bei Transport
Wechsel eines Thoraxdrainagesystems
- Drainage mit zwei Plastikklemmen in entgegengesetzter Richtung abklemmen
- Sog ausstellen
- Unterdruck über Belüftungsventil ablassen
- Systemwechsel
- Sog wieder einstellen
- Patient:innen informieren und Klemmen entfernen
Bei versehentlicher Diskonnektion des Schlauchsystems von der eigentlichen Drainage sollte ggf. nach hausinternen Standards das Ende der Drainage desinfiziert und ein neues System angeschlossen werden .