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Regionalanästhesie unter Antikoagulation

Letzte Aktualisierung: 5.12.2023

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Regionalanästhesieverfahren bieten zahlreiche Vorteile, insb. bei einem erhöhten perioperativen Risiko aufgrund kardiovaskulärer oder pulmonaler Vorerkrankungen. Andererseits erfordern diese Vorerkrankungen häufig eine Antikoagulation, die das Blutungsrisiko bei einer Regionalanästhesie erhöht. Daher ist es unerlässlich, die Vorteile und Risiken einer Regionalanästhesie abzuwägen. Entscheidend für eine optimale perioperative Versorgung sind zudem die Auswahl des Regionalanästhesieverfahrens sowie die Einhaltung von Sicherheitsabständen zwischen Medikamenteneinnahme und Intervention.

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Risikoeinschätzung und Screeningtoggle arrow icon

Nutzen einer Regionalanästhesie [1][2][3]

Risiken einer Regionalanästhesie unter Antikoagulation

Der potenzielle Nutzen eines Regionalanästhesieverfahrens muss präoperativ gegen die möglichen Risiken abgewogen werden. Dabei sind sowohl das Risiko einer Blutung und deren Folgen als auch das Thromboembolierisiko bei Absetzen der Antikoagulation zu beachten.

Blutung

Thrombose oder Embolie bei Pausierung der Dauerantikoagulation

Bei hohem Thromboembolierisiko sollte von rückenmarksnahen Regionalanästhesieverfahren abgesehen und die Antikoagulation perioperativ fortgeführt werden!

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Rückenmarksnahe Regionalanästhesieverfahren unter Antikoagulationtoggle arrow icon

Allgemeines

Leitsätze für die klinische Praxis [1]

  1. Perioperative Thromboseprophylaxe möglichst erst postoperativ beginnen
    • Präoperative Gabe erhöht Blutungsrisiko und ist meist nicht überlegen
    • Ausnahme: Präoperativ eingeschränkte Mobilität
  2. Wirkstoffspezifische Sicherheitsabstände vor und nach Punktion/Katheterentfernung einhalten
    • Empfohlene Standardintervalle gelten nur bei normaler Nierenfunktion
    • Restaktivität des Wirkstoffs bietet gewissen Thromboseschutz bei reduziertem Blutungsrisiko
    • Kombination von Wirkstoffen erfordert spezielle zeitliche Abstände
    • Im Zweifel großzügige Indikationsstellung für eine erweiterte Gerinnungsdiagnostik
    • Zeitpunkt zum Wiederansetzen der Dauermedikation richtet sich nach „Aufsättigungszeit“
  3. Intraoperative Antikoagulation mit UFH nur unter ACT-Kontrolle durchführen
  4. Bei perioperativer Pausierung von DOAK kein antikoagulatorisches Bridging durchführen
  5. Bei hohem Thromboembolierisiko im Zweifel auf rückenmarksnahe Regionalanästhesie verzichten

Empfohlene Sicherheitsabstände bei rückenmarksnaher Regionalanästhesie unter Antikoagulation [1][3]

Empfohlene Sicherheitsabstände bei rückenmarksnaher Regionalanästhesie unter Antikoagulation
Wirkstoff HWZ bei normaler Nierenfunktion Vor Punktion/Katheterentfernung Nach Punktion/Katheterentfernung
UFH Prophylaktische Dosierung
  • 1,5–2 h
  • 4 h° bei ≤5.000 IE s.c. (Einzeldosis) und ≤15.000 IE/d (Tagesgesamtdosis)
  • 1 h bzw. 2 h nach blutiger Punktion
Therapeutische Dosierung
  • 2–3 h
  • 4–6 h (i.v.)° bzw. 8–12 h (s.c.)° bei ≥5.000 IE (Einzeldosis) oder ≥20.000 IE/d (Tagesgesamtdosis)
  • Zusätzliche aPTT-Kontrolle empfohlen
  • 8–12 h (i.v.)
  • 6–8 h (s.c.)
NMH (z.B. Clexane®, Fraxiparin®) Prophylaktische Dosierung
  • 4–6 h
  • 4 h
Therapeutische Dosierung
  • 4 h
Synthetisches Heparin (Fondaparinux, z.B. Arixtra®)
  • 17–21 h
  • 6–12 h

Danaparoid (z.B. Orgaran®)

  • 22–24 h
  • 44–48 h bei 750–1.250 IE s.c. 2–3×/d
  • 3–4 h
Natriumpentosanpolysulfat (z.B. Fibrezym®)
  • 24 h
  • 8 h
Bivalirudin (z.B. Angiox®)
  • 25 min
  • 4–8 h** bei 0,1–0,75 mg/kgKG i.v.
  • 8 h
Argatroban (z.B. Argatra®)
  • 35–45 min
  • 2 h**** bei prophylaktischer Dosierung und normaler Leberfunktion
  • Zusätzliche Kontrolle der aPTT bzw. ECT erforderlich
  • 5–7 h
Dabigatran (z.B. Pradaxa®) Prophylaktische Dosierung
  • 12–18 h
  • 7–8 h
Therapeutische Dosierung*
  • 48–72 h [6]
Rivaroxaban (z.B. Xarelto®) Prophylaktische Dosierung
  • 11–13 h
  • 4–6 h
Therapeutische Dosierung*
  • 48–72 h [6]
Apixaban (z.B. Eliquis®) Prophylaktische Dosierung
  • 10–15 h
  • 5 h
Therapeutische Dosierung*
  • 48–72 h [6]
Edoxaban (z.B. Lixiana®) Reduzierte Dosierung
  • 10–14 h
  • 6–7 h
Standarddosierung*
  • 48–72 h [6]
Vitamin-K-Antagonisten (Cumarine) (z.B. Marcumar® bzw. Coumadin®)
  • Mehrere Tage
  • Unmittelbar nach Katheterentfernung
Acetylsalicylsäure (z.B. Aspirin®)
  • Keine Pausierung*** bei ≤100 mg p.o. 1×/d
  • Unmittelbar nach Katheterentfernung
Clopidogrel (z.B. Iscover®, Plavix®)
  • 7–10 d
  • Unmittelbar nach Katheterentfernung
Ticlopidin (z.B. Tyklid®)
Prasugrel (z.B. Efient®)
Ticagrelor (z.B. Brilique®)
  • 7–8,5 h (Wirkstoff)
  • 5 d (aktiver Metabolit)
  • 5 d
  • 6 h
Cangrelor (z.B. Kengrexal®)
  • 3–6 min, aber Thrombozytenfunktion↓ bis 1 h
  • 1 h bei 30 μg/kgKG i.v. bzw. 4 μg/kgKG/min i.v.
  • 8–12 h
Glykoprotein-IIb/IIIa-Antagonisten
  • Kontraindikation
  • 8 h
Phosphodiesterase-Inhibitoren
  • 13–19 h (Dipyridamol), aber Thrombozytenfunktion↓ bis zu 10 d
  • 21 h (Cilostazol)
  • 5–6 h
Antiaggregatorische Prostaglandine
  • 30 min (Iloprost)
  • 2–6 min (Epoprostenol)
  • 2 h (Iloprost)
  • 12 min (Epoprostenol)
  • 8 h
Alternative Heilmittel
  • Keine Wartezeiten einzuhalten
Legende

* Individuelle Risiko-Nutzen-Analyse für das Absetzen von DOAKs erforderlich (siehe auch: Perioperativer Umgang mit DOAKs)

** Intervallanpassung bei Niereninsuffizienz erforderlich

*** Bei Kombination von ASS mit weiteren Antikoagulanzien (in prophylaktischer Dosierung) sollten diese 4–5 HWZ vor Punktion/Katheterentfernung pausiert werden.

**** Intervallanpassung bei eingeschränkter Leberfunktion erforderlich

° Bei Kombination von DOAKs und ASS bzw. Heparinen und ASS verlängern sich die Zeitabstände vor Punktion/Katheterentfernung auf 4–5 HWZ

Als Faustregel kann gelten: Der Sicherheitsabstand bei prophylaktischer Antikoagulation beträgt 2 Halbwertszeiten, der bei therapeutischer Antikoagulation 4–5 Halbwertszeiten! [7]

Bei eingeschränkter Nierenfunktion (Beurteilung anhand der Kreatinin-Clearance) verlängern sich die notwendigen Abstände zum Teil erheblich! [1]

Bei Kombination mit ASS 100 verlängern sich die Intervalle für DOAK und Heparine um ein Vielfaches! [7]

Eine akute HIT-II ist eine Kontraindikation für rückenmarksnahe Regionalanästhesie! [1]

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