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Orale Antikoagulanzien

Letzte Aktualisierung: 20.3.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Zur oralen Antikoagulation können Vitamin-K-Antagonisten (VKA; Phenprocoumon und Warfarin) sowie direkte orale Antikoagulanzien (DOAK; Apixaban, Edoxaban, Rivaroxaban und Dabigatran) eingesetzt werden. Gemeinsame Indikation aller oralen Antikoagulanzien ist die Prophylaxe und Therapie thromboembolischer Ereignisse, bspw. im Rahmen von Vorhofflimmern, tiefer Venenthrombose oder Lungenarterienembolie.

VKA hemmen die Vitamin-K-abhängige Synthese bestimmter Gerinnungsfaktoren und führen so zu einer Antikoagulation, die i.d.R. mehrere Tage anhält. Vorteile sind u.a. die langjährige Erfahrung im Umgang mit diesen Substanzen und auch die Möglichkeit zur schnellen Wirkungsaufhebung. Nachteile sind neben einer schlechten Steuerbarkeit insb. die zahlreichen Interaktionen mit anderen Medikamenten.

DOAK wirken hingegen selektiv über eine direkte Hemmung von Faktor Xa (Apixaban, Edoxaban, Rivaroxaban) bzw. Thrombin (Dabigatran). Aufgrund kürzerer Halbwertszeiten und weniger Interaktionen sind sie im Vergleich zu den VKA deutlich besser steuerbar. Wichtigster Nachteil einer Therapie mit DOAK ist die fehlende Möglichkeit zum Therapiemonitoring, da ihre Wirkung in den gängigen Gerinnungstests nicht abgebildet wird.

Bei allen oralen Antikoagulanzien gilt es, die dosisabhängige Erhöhung des Blutungsrisikos im Sinne einer Nutzen-Risiko-Abwägung zu bedenken; insb. in Kombination mit weiteren gerinnungshemmenden Substanzen kann es zu lebensbedrohlichen Blutungen kommen.

Du möchtest dieses Kapitel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS-Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion „Tipps & Links“.

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Übersichttoggle arrow icon

Orale Antikoagulanzien: Übersicht
Wirkstoffe Wirkmechanismus Mittlere Halbwertszeit Vorteile Nachteile Weitere Hinweise zu Wirkstoff und Präparaten
Vitamin-K-Antagonisten (VKA)

Phenprocoumon

6,5 d
  • Geringe Therapiekosten
  • Wirkungsaufhebung möglich
    • Schnell (z.B. bei lebensbedrohlichen Blutungen): Bspw. mittels PPSB
    • Verzögert: Mittels Vitamin K
Warfarin 30–45 h
Direkte orale Antikoagulanzien (DOAK)
Direkte Faktor-Xa-Inhibitoren

Apixaban

  • Selektive direkte Hemmung von Faktor Xa
13 h
  • I.d.R. feste Tagesdosis
  • Keine routinemäßige Therapieüberwachung bzw. -steuerung notwendig
  • Im Vergleich zu einer Therapie mit VKA geringeres Risiko für ICB [2]
Edoxaban 11,5 h
Rivaroxaban 5–9 h
Direkte Thrombininhibitoren Dabigatran 13–18 h
Allgemeine Hinweise
Häufigste Indikationen
Wichtigste Nebenwirkung
  • Dosisabhängige Erhöhung des Blutungsrisikos (insb. bei Kombination mit weiteren gerinnungshemmenden Substanzen )
Wichtigste Kontraindikationen

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Nebenwirkungtoggle arrow icon

Vitamin-K-Antagonisten (VKA)

  • Dosisabhängige Erhöhung des Blutungsrisikos: Insb. in Kombination mit weiteren Substanzen, die das Blutungsrisiko erhöhen (z.B. ASS, Clopidogrel, Ticagrelor)
  • Erhöhtes Thromboembolierisiko bei Therapiebeginn: Synthese gerinnungshemmender Faktoren (insb. Protein C, Protein S) ebenfalls Vitamin-K-abhängig
    • Pathophysiologie: Gerinnungshemmende Faktoren Protein C und Protein S mit kürzerer HWZ (6–10 h) als gerinnungsfördernde Faktoren II, IX und X (2–4 d) Initial passager erhöhte Gerinnungsneigung

Cumarin-Nekrose [4][5][6][7]

Direkte orale Antikoagulanzien (DOAK)

Ein deutlich erhöhtes Blutungsrisiko ist die wichtigste gemeinsame Nebenwirkung aller Antikoagulanzien!

Es werden die wichtigsten Nebenwirkungen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Indikationtoggle arrow icon

INR-Zielwerte bei mechanischem Herzklappenersatz [8]

Prothesen-Thrombogenität

Patient:innenbezogene Risikofaktoren
Kein Risikofaktor ≥1 Risikofaktor
Niedrig 2,5 3,0
Intermediär 3,0 3,5
Hoch 3,5 4,0
  • Zusätzliche Indikationen für Rivaroxaban: KHK oder pAVK (in reduzierter Dosis und nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung)
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Kontraindikationtoggle arrow icon

Generelle Kontraindikationen für eine orale Antikoagulation

Ein erhöhtes Risiko für schwere Blutungskomplikationen ist immer eine (mind. relative) Kontraindikation für eine orale Antikoagulation!

Spezielle Kontraindikationen für orale Antikoagulanzien

Spezielle Kontraindikationen für orale Antikoagulanzien
Vitamin-K-Antagonisten

Phenprocoumon

Warfarin
Direkte Faktor-Xa-Inhibitoren

Apixaban

Edoxaban
Rivaroxaban
Direkte Thrombin-Inhibitor Dabigatran

Es werden die wichtigsten Kontraindikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Interaktiontoggle arrow icon

Vitamin-K-Antagonisten - Interaktionen

Direkte orale Antikoagulanzien – Interaktionen

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Therapieempfehlungentoggle arrow icon

Bridging (Antikoagulation)

Die Wirkung von Vitamin-K-Antagonisten hält über mehrere Tage an. Im Falle eines hohen Blutungsrisikos bei Operationen und Interventionen kann man deshalb erwägen, sie auf Heparin umzustellen (bevorzugt NMH). Dieses Vorgehen wird als „Bridging“ bezeichnet.

  • Ziel: Antikoagulatorische Wirkung besser steuern, Blutungs- und thromboembolische Komplikationen vermeiden
  • Durchführung
    • Cumaringabe unter engmaschigen Kontrollen des Quick-/INR-Wertes unterbrechen
    • Bei INR <2,0: Patient erhält (niedermolekulares) Heparin in therapeutischer Dosis
    • Aussetzen der Heparine direkt präoperativ
    • Wiederansetzen der Heparine direkt postoperativ
    • Wiedereinstellung auf Phenprocoumon: Überlappend Heparin verabreichen, bis Ziel-Quick-/INR-Wert erreicht ist

Das Wiedereinstellen auf Vitamin-K-Antagonisten hat zunächst einen gerinnungsfördernden Effekt – daher muss überlappend weiter heparinisiert werden, bis der INR-Zielbereich erreicht ist!

Kritik am Bridging-Konzept

In einer 2015 im New England Journal of Medicine publizierten Studie zeigte sich bei Patienten mit Vorhofflimmern, dass bei den meisten elektiven Eingriffen wahrscheinlich ein Verzicht auf das Bridging möglich ist, ohne dass thromboembolische Komplikationen zunehmen. Gleichzeitig waren Blutungskomplikationen in der Gruppe ohne Bridging signifikant seltener. [12][13]

Die Entscheidung für oder gegen ein Bridging bei antikoagulierten Patienten ist zwischen Hausarzt/Internist und Operateur nach individueller Risiko-Nutzen-Abwägung zu treffen! Bei Eingriffen mit geringem oder mittlerem Blutungsrisiko scheint es perioperativ vorteilhafter zu sein, die Antikoagulation ohne Bridging fortzuführen! [14][15]

Risiko-Nutzen-Abwägung beim Bridging

Antikoagulation und Blutungsrisiko bei Operationen und Interventionen

Blutungsrisiko Beispiele
  • Kaum gegebenes Blutungsrisiko
    • I.d.R. keine Unterbrechung einer Antikoagulation erforderlich
  • Kleine, oberflächliche chirurgische Eingriffe
  • Diagnostische Endoskopien
  • Ophthalmologische Eingriffe der vorderen Augenkammer: Katarakt-Operation, Glaukom-Interventionen
  • Einfache zahnmedizinische Prozeduren [16]
    • Zahnextraktion von 1–3 Zähnen
    • Parodontose-Sanierungsbehandlungen
    • Einbringen von Implantaten
  • Niedriges bis moderates Blutungsrisiko
    • Pausieren der Antikoagulation erwägen
    • Bridging bei hohem Thromboembolie-Risiko zu empfehlen (individuelle Abwägung erforderlich!)
  • Hohes Blutungsrisiko
    • Pausieren der oralen Antikoagulation empfohlen
    • Bei hohem Thromboembolie-Risiko ggf. Bridging notwendig
    • Immer interdisziplinäre Rücksprache

Perioperativer Umgang mit DOAK [17]

Zum Umgang mit DOAK im perioperativen Setting gibt es zahlreiche nationale Empfehlungen und klinikeigene Standards, welche es zu beachten gilt. Im Folgenden sind die Handlungsempfehlungen der EHRA dargestellt, welche einen einfach implementierbaren internationalen Standard ermöglichen sollen. Diese Empfehlungen enthalten den Verweis auf die Ergebnisse der PAUSE-Studie, welche 2018 jedoch noch nicht vorlagen und deshalb hier einzeln aufgeführt werden. Beide Handlungsempfehlungen beziehen sich auf Patienten mit elektiver OP-Indikation und Einnahme von DOAK bei Vorhofflimmern.

Empfehlungen der European Heart Rhythm Association (2018) [18]

  • Entscheidung über Ab- und Wiederansetzen der DOAK richtet sich nach
  • Bridging: Kurze Halbwertszeit (i.d.R. 12–24 h), daher kein Bridging empfohlen
  • Anpassung des empfohlenen Absetzintervalls: Abhängig vom individuellen Risiko für das Auftreten einer Blutung vs. Thromboembolie
  • Patienteninformation
    • Geplantes Datum des Eingriffs
    • Zeitpunkt der letzten DOAK-Einnahme vor dem Eingriff
  • Wiederbeginn der DOAK
    • Niedriges Blutungsrisiko: Am gleichen Tag möglich, sofern Eingriff unkompliziert verläuft (ca. 6–8 h nach Ende des Eingriffs)
    • Hohes Blutungsrisiko: Individuell nach OP-Verlauf und interdisziplinärer Rücksprache, zwischenzeitlich ggf. Thromboseprophylaxe (bspw. ca. 6–8 h nach Ende des Eingriffs perioperative Thromboseprophylaxe beginnen, 48–72 h nach Ende des Eingriffs DOAK wiederansetzen)
Empfehlungen bei normaler Nierenfunktion Intervall anpassen bei Niereninsuffizienz
Kaum gegebenes Blutungsrisiko
  • 12–24 h präoperativ letzte Dosis verabreichen
Niedriges Blutungsrisiko
  • ≥24 h präoperativ letzte Dosis verabreichen
  • Abhängig vom Eingriff auch kürzeres Intervall möglich, z.B. 12–24 h präoperativ letzte Dosis bei komplexeren zahnmedizinische Prozeduren [16]
Hohes Blutungsrisiko
  • ≥48 h präoperativ letzte Dosis verabreichen
  • Bei unklaren Fällen ggf. DOAK-Plasma-Konzentration messen

Bei gleichzeitiger Einnahme von Amiodaron, Verapamil oder Dronedaron: Intervall ggf. um 24 h verlängern!

Ergebnisse der PAUSE-Studie (Stand 2019) [17]

In der PAUSE-Studie wurde ein standardisiertes Vorgehen beim perioperativen Management von Patienten mit Einnahme von DOAK (Apixaban, Dabigatran, Rivaroxaban) untersucht. Das Protokoll richtete sich nach der Pharmakodynamik der DOAK, dem Blutungsrisiko bei Operationen und Interventionen und der Nierenfunktion.

  • Eingriffe mit niedrigem Blutungsrisiko: 24 h präoperativ letzte Dosis, Wiederansetzen 24 h nach dem Eingriff
  • Eingriffe mit hohem Blutungsrisiko: 48 h präoperativ letzte Dosis, Wiederansetzen 48 h nach dem Eingriff
  • Absetzintervall verlängert: Bei Einnahme von Dabigatran und GFR <50 mL/min
  • Ergebnis: Niedrige Rate an Blutungskomplikationen (1%) und thromboembolischen Komplikationen (0,5%)
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Vitamin-K-Antagonisten (Cumarine)

DOAK

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