Zusammenfassung
Das lymphatische System setzt sich aus den lymphatischen Organen sowie dem Lymphgefäßsystem zusammen. Die lymphatischen Organe können nochmals in primäre und sekundäre lymphatische Organe unterteilt werden. In den primären lymphatischen Organen findet die Bildung, Entwicklung und Reifung der Immunzellen statt. Zu ihnen gehört das Knochenmark, das für die Blutzellbildung und Reifung der B-Lymphozyten verantwortlich ist, und der Thymus, in dem die Reifung der T-Lymphozyten abläuft. Die sekundären lymphatischen Organe stellen begrenzte Räume der Immunabwehr dar, in denen die reifen Lymphozyten Kontakt zu Antigenen aufnehmen und sich so zu Effektorzellen differenzieren. Zu ihnen gehört neben den Lymphknoten und dem Mukosa-assoziierten lymphatischen Gewebe auch die Milz, die zusätzlich für die Blutzellmauserung zuständig ist.
Beim Lymphgefäßsystem handelt es sich - neben dem Blutgefäßsystem - um ein zweites Transportsystem des Körpers. Es nimmt eine wichtige Rolle bei der Rückführung der interstitiellen Flüssigkeit in den Blutkreislauf, der Immunabwehr und im Nährstofftransport ein. Als immunologische Kontrollstationen sind die Lymphknoten in das Lymphgefäßsystem zwischengeschaltet. Auch klinisch ist das lymphatische System von großer Bedeutung, da es z.B. zu lymphatischen Metastasen im Rahmen von Tumorerkrankungen kommen kann.
Übrigens findest du auch eine Histo-Trainer-Folge zur Histologie der Lymph- und Blutgefäße im Abschnitt zum Lymphgefäßsystem sowie einen Histo-Trainer zu den lymphatischen Organen am Ende des Abschnitts zu den sekundären lymphatischen Organen.
Primäre lymphatische Organe
Als primäre lymphatische Organe bezeichnet man solche, in denen die Bildung und Reifung der Immunzellen stattfindet. Ziel ist die Produktion von immunkompetenten Lymphozyten, die in der Lage sind, Antigene zu erkennen und zu binden. Gegenüber den sekundären lymphatischen Organen nehmen die primären lymphatischen Organe daher eine übergeordnete Rolle ein; allerdings sind sie nicht an der direkten Immunabwehr beteiligt.
Zu den primären lymphatischen Organen zählen Knochenmark und Thymus.
Knochenmark
Das Knochenmark befindet sich als weiches Gewebe im Inneren aller Knochen. Es stellt das zentrale Organ der Hämatopoese dar. Daneben ist es aber auch für das Immunsystem ein wichtiger Ort. Als primäres lymphatisches Organ findet hier die Bildung der Immunzellen (Leukopoese) sowie die Reifung der B-Lymphozyten statt. Für detaillierte Informationen siehe: Knochenmark
Während die B-Zellen auch ihre Reifung im Knochenmark vollziehen, wandern die unreifen T-Lymphozyten zur Reifung in den Thymus aus!
Lymphozytenreifung: B-Lymphozyten - Knochenmark (Bone marrow), T-Lymphozyten - Thymus!
Thymus
Beim Thymus handelt es sich um ein recht kleines primäres lymphatisches Organ, das im oberen Mediastinum gelegen ist. Hier findet die Reifung der T-Vorläuferzellen zu reifen naiven T-Zellen statt.
Makroskopische Anatomie
Steckbrief
- Funktion: Primäres lymphatisches Organ (Reifung der T-Lymphozyten)
- Lage: Im oberen Mediastinum
- Form: Bilobulär
- Größe: Abhängig vom Lebensalter (größte Ausdehnung in der Pubertät; im Verlauf fortschreitende Involution)
- Gewicht: Pubertät: ca. 30g, Erwachsenenalter: ca. 18g
Aufbau und Form
Der Thymus ist ein lymphoepitheliales weiches Organ, das im Mediastinum liegt. Er weist eine bilobuläre Form mit zwei asymmetrischen Lappen (Lobi) auf, die kaudal spitz auslaufen. Umgeben wird der Thymus von einer bindegewebigen, zarten Kapsel, deren Ausläufer die Lappen in kleinere Läppchen (Lobuli) unterteilen.
- Capsula (= Kapsel): Gefäßführende zarte Kapsel aus Bindegewebe
- Lobi (= Lappen): Sind miteinander verbunden
- Lobus dexter: Rechter Lappen
- Lobus sinister: Linker Lappen
- Lobuli (= Läppchen): Ausläufer der bindegewebigen Kapsel bilden gefäßführende Septen, die die Lobi in kleinere Lobuli untergliedern
- Parenchym: Gliedert sich in eine dunklere, zellreiche Rinde (Kortex) und ein helleres, zellärmeres Mark (Medulla)
Altersinvolution des Thymus
Die Größe des Thymus verändert sich im Laufe des Lebens abhängig vom Lebensalter.
- Bis zur Pubertät: Maximale Ausdehnung des Organs (30g)
- Von Pubertät bis 5. Lebensdekade: Physiologische Rückbildung (= Altersinvolution) → Thymusgewebe durch Fettgewebe ersetzt
- Ab 5. Lebensdekade: Lediglich kleiner Rest Thymusgewebe bleibt bestehen → Differenzierung unreifer T-Zellen auch bis ins hohe Alter gewährleistet (18g)
Der Thymus ist ein Organ des Kindes- und Jugendalters, ein kleiner Rest bleibt allerdings bis ins hohe Alter bestehen!
Topografie
Der Thymus liegt im oberen Mediastinum und projiziert in das sog. "Thymusdreieck".
Topografie des Thymus | |
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Ventrale Begrenzung | |
Dorsale Begrenzung |
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Laterale Begrenzung |
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Gefäßversorgung und Innervation
Durch seine Lage im oberen Mediastinum wird der Thymus vor allem durch die kranialen mediastinalen Leitungsbahnen versorgt.
Gefäßversorgung | |
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Arteriell |
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Venös |
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Innervation | |
Sympathisch |
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Lymphabfluss | |
Lymphstationen |
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Mikroskopische Anatomie
Der Feinbau des Thymus ist durch die Gliederung des Parenchyms in Rinde und Mark gekennzeichnet. Während die Rinde von unreifen T-Lymphozyten (Thymozyten) dominiert wird, findet man im Mark vorwiegend Thymusepithel.
- Grundaufbau des Parenchyms : Spezialisiertes Thymusepithel, das ein dreidimensionales Netz für die eingelagerten reifenden T-Lymphozyten (Thymozyten) bildet
- Rinde (Kortex)
- Zellreich
- Vor allem dicht gepackte unreife T-Lymphozyten (Thymozyten)
- Mark (Medulla)
- Zellarm
- Vor allem Thymusepithel (nur wenige Lymphozyten)
- Rinde (Kortex)
- Zellulärer Feinbau
- Thymozyten
- Unreife T-Lymphozyten, die aus den blutbildenden Organen zum Thymus wandern und dort ausreifen
- Über die Blutgefäße des Marks verlassen die ausgereiften T-Lymphozyten den Thymus wieder
- Thymusepithel
- Liegt als geschlossene Schicht unter der Bindegewebskapsel, trennt den intrathymischen Raum von der bindegewebigen Kapsel und ihren Septen
- Über lange Ausläufer sind diese Zellen zu einem dreidimensionalen Netz verbunden
- Zelltypen: Das Thymusepithel besteht aus zwei verschiedenen Zelltypen
- Ammenzellen: Thymusepithelzellen, die in der äußeren Rinde liegen und die Thymozyten quasi umhüllen
- Hassall-Körperchen: Zwiebelschalenartig angeordnete eosinophile Epithelzellen im Mark, deren Funktion noch unklar ist
- Blut-Thymus-Schranke
- Die Blutgefäße treten über die Bindegewebssepten an der Mark-Rinden-Grenze ein
- Zur Abschirmung der Rinde gegenüber der im Blut zirkulierenden Antigene bilden die Epithelzellen in diesem Bereich eine Epithelscheide um die Blutgefäße
- Kapillarendothel und Epithelscheide werden gemeinsam als Blut-Thymus-Schranke bezeichnet .
- Zelltypen: Das Thymusepithel besteht aus zwei verschiedenen Zelltypen
- Thymozyten
Physiologischerweise gibt es im Thymus keine B-Lymphozyten!
Funktion
Der Thymus ist ein primäres lymphatisches Organ, das für die Reifung der T-Lymphozyten zu immunkompetenten, selbsttoleranten Zellen zuständig ist. Aus dem Knochenmark migrieren die unreifen Vorläuferzellen in den Thymus und verbleiben dort zunächst als Thymozyten in der Rinde. Von dort aus durchlaufen sie mehrere Reifungsschritte und gelangen ins Thymusmark. Bei über 90% der Thymozyten stellt sich im Laufe dieses Reifungsprozesses heraus, dass der T-Zell-Rezeptor nicht richtig funktioniert oder aber die Zellen autoreaktiv sind. Diese Zellen gehen durch Apoptose zugrunde. Die immunkompetenten, selbsttoleranten naiven T-Zellen verlassen das Thymusmark über die Blutbahn in Richtung sekundärer lymphatischer Organe. Nähere Informationen siehe: Reifung der T-Lymphozyten.
Rolle des Thymus bei Myasthenia gravis
Bei der Myasthenia gravis handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der Autoantikörper gegen die Acetylcholinrezeptoren der motorischen Endplatte gebildet werden. In der Folge kommt es bei den Patienten zu einer ausgeprägten Schwäche der Skelettmuskulatur, die je nach Ausprägung lebensbedrohlich werden kann. Bei 50-60% der Patienten ist der Thymus vergrößert oder es liegt ein Tumor des Thymus (Thymom) vor. Ursächlich für diesen Zusammenhang ist vermutlich, dass die Thymusepithelzellen Acetylcholin-ähnliche Antigene aufweisen, die die Ausbildung autoreaktiver Antikörper triggern könnten. Die operative Entfernung des Thymus (Thymektomie) bzw. des Thymoms bringt bei 50-80% der Patienten eine Besserung der Symptomatik bis hin zur Heilung. Der Grund hierfür ist bisher nicht eindeutig geklärt.
Entwicklung
Die Thymusanlage entwickelt sich aus dem Entoderm der dritten Schlundtasche .
- 9. Woche: Lymphatische Vorläuferzellen wandern aus den fetalen Blutbildungsorganen in das Thymusepithel ein und werden nun als Thymozyten bezeichnet
- 17. Woche: Thymus ist voll differenziert und gliedert sich in eine lymphozytenreiche Rinde und ein zellärmeres Mark
DiGeorge-Syndrom
Beim DiGeorge-Syndrom handelt es sich um eine genetische Erkrankung, bei der es durch eine Mikrodeletion zu einer Hemmungsfehlbildung der 3. und 4. Schlundtasche kommt. Neben einer Reihe weiterer Fehlbildungen folgt daraus im schlimmsten Falle das vollständige Fehlen des Thymus (Thymusaplasie). Aufgrund der dadurch bedingten Störung in der T-Zell-Reifung kommt es zu einer massiven Immundefizienz. Unter sterilen Bedingungen ist ein Überleben heutzutage möglich. Eine Thymustransplantation kann die Patienten ggf. heilen.
Sekundäre lymphatische Organe
Als sekundäre lymphatische Organe bezeichnet man solche, die von den reifen, aber naiven B- bzw. T-Lymphozyten auf der Suche nach einem passenden Antigen aufgesucht werden. In ihnen erfolgt die Antigenpräsentation und -erkennung sowie die darauffolgende Differenzierung der naiven Zellen zu Effektorzellen. Sekundär lymphatische Organe stellen also einen umschriebenen Raum der Immunabwehr dar, in dem die spezifische Immunabwehr eingeleitet wird.
Zu den sekundär lymphatischen Organen gehören:
Grundlagen der sekundär lymphatischen Organe
Funktion
Die sekundären lymphatischen Organe stellen einen umschrieben Ort der spezifischen Immunabwehr dar. In ihnen findet die Antigenpräsentation und -erkennung sowie die Differenzierung der naiven T- bzw. B-Lymphozyten zu Effektorzellen statt. Dies erfolgt grob in mehreren Schritten:
- Migration (Einwanderung) der Lymphozyten
- Reife, naive T- bzw. B-Zellen wandern nach dem Verlassen der primären lymphatischen Organe (Knochenmark bzw. Thymus) in den Blutkreislauf aus
- Von dort gelangen sie über die Blutbahn in die sekundären lymphatischen Organe
- Der Übertritt erfolgt, außer in der Milz, transendothelial über die hochendothelialen Venolen
- Antigenerkennung und Differenzierung zur Effektorzelle (Näheres siehe: Spezifisches Immunsystem)
- Emigration (Auswanderung) der differenzierten Effektorzellen: Über abführende Lymphgefäße verlassen die nun differenzierten reifen Effektorzellen die sekundären lymphatischen Organe, um zu den Infektionserregern zu gelangen und dort ihre spezifische Immunantwort auszuüben
Aufbau
Aufgrund der ähnlichen Funktion ist auch der Grundaufbau der sekundären lymphatischen Organe untereinander ähnlich.
- Grundgerüst: Retikuläres Bindegewebe mit fibroblastischen Retikulumzellen und retikulären Fasern
- Gliederung
- B-Zone: B-Lymphozyten der Lymphfollikel
- Die ankommenden B-Zellen ordnen sich in Form von Lymphfollikeln (primäre und sekundäre Lymphfollikel) um sog. follikuläre dendritische Zellen (FDZ) an
- Primärer Lymphfollikel: Kugelförmige Ansammlung naiver, ruhender B-Zellen, die noch keinen Antigenkontakt hatten
- Sekundärer Lymphfollikel: Bestehen aus zwei Anteilen und bilden sich nach Antigenkontakt
- Keimzentrum
- Aussehen: Helle Zone (innen)
- Innerhalb des hellen Keimzentrums lässt sich eine dunklere und eine hellere Region unterscheiden, in denen die unterschiedlichen Stadien der B-Zell-Differenzierung ablaufen (nähere Informationen siehe: Affinitätsreifung)
- Funktion: Ort der Proliferation und antigenabhängigen Differenzierung der aktivierten, spezialisierten B-Zellen nach Antigenkontakt
- Aussehen: Helle Zone (innen)
- Mantelzone
- Aussehen: Dunkle Zone (außen)
- Die inaktiven (naiven) B-Zellen werden durch die proliferierenden B-Lymphozyten an den Rand gedrängt und sind histologisch als dunklere Mantelzone erkennbar.
- Aussehen: Dunkle Zone (außen)
- Keimzentrum
- Die ankommenden B-Zellen ordnen sich in Form von Lymphfollikeln (primäre und sekundäre Lymphfollikel) um sog. follikuläre dendritische Zellen (FDZ) an
- T-Zone: Parafollikuläre T-Lymphozyten
- Die ankommenden T-Zellen gruppieren sich um sog. antigenpräsentierende interdigitierende dendritische Zellen (IDZ), um durch diese aktiviert zu werden.
- Hochendotheliale Venolen: Liegen parafollikulär in der T-Zone der sekundär lymphatischen Organe (Ausnahme: Milz hat keine hochendothelialen Venolen!) und dienen der Rezirkulation der Lymphozyten
- B-Zone: B-Lymphozyten der Lymphfollikel
Rezirkulation der Lymphozyten
Nach ihrer Reifung in den primären lymphatischen Organen wechseln die reifen, naiven Lymphozyten häufig zwischen Blutbahn und Peripherie hin und her. Dieser Vorgang läuft in mehreren Schritten ab.
- Verlassen der Blutbahn (Emigration)
- Meist verbleiben die Lymphozyten im Rahmen ihrer Wanderung nur ca. eine Stunde in der Blutbahn, bevor sie diese - um ein Zielorgan zu erreichen - wieder verlassen.
- Dies erfolgt je nach Zielorgan über unterschiedliche Wege und läuft grob in drei Schritten ab :
- "Rollen" der Leukozyten auf dem Endothel: Zytokin-vermittelte Aktivierung des Endothels löst die Expression von Zelladhäsionsmolekülen (Selektinen) auf der Endotheloberfläche aus
- Adhäsion der Leukozyten am Endothel: Unter dem Einfluss von Chemokinen kommt es zu einer Bindung zwischen den leukozytären Integrinen und endothelialen Adhäsionsmolekülen
- Leukodiapedese: Durchtritt der Leukozyten zwischen den Endothelzellen oder Durchschleusung durch die Endothelzellen
- Nicht-lymphatische Gewebe: Emigration über postkapilläre Venolen
- Lymphatische Gewebe: Emigration über spezialisierte postkapilläre Venolen (hochendotheliale Venolen)
- Aufenthalt im Gewebe
- Verlassen des Gewebes: Über die abführenden Lymphbahnen des Gewebes gelangen die Lymphozyten in die Hauptlymphstämme und erreichen über deren Mündung in den Venenwinkel die Blutbahn
Antigenzufuhr zu den sekundären lymphatischen Organen
Der unterschiedliche Bau der sekundären lymphatischen Organe lässt sich durch die verschiedenen Wege der Antigenzufuhr erklären.
- Lymphknoten: Antigenzufuhr über die Lymphe (Baumerkmal: zahlreiche lymphatische Vasa afferentia und ein ausgeprägtes Lymphsinussystem)
- Milz: Antigenzufuhr über den Blutkreislauf (Baumerkmal: blutgefüllte rote Pulpa)
- MALT-System: Antigenzufuhr durch das Oberflächenepithel (Baumerkmal: Follikel-assoziiertes Epithel)
Histo-Trainer Lymphatische Organe
Lymphgefäßsystem
Beim Lymphgefäßsystem handelt es sich - neben dem Blutgefäßsystem - um ein zweites Transportsystem des Körpers, das unterschiedliche Funktionen aufweist: Rückführung der interstitiellen Flüssigkeit in den Blutkreislauf, Immunabwehr und Nährstofftransport. Anders als beim Blutgefäßsystem handelt es sich beim Lymphgefäßsystem nicht um einen geschlossenen Kreislauf. Durch den blinden Beginn der Lymphkapillaren und ihren lückenhaften Wandbau können auch Stoffwechselprodukte sowie Mikroorganismen oder Fremdstoffe in die Lymphe gelangen. Als immunologische Kontrollstationen sind daher die Lymphknoten (sekundäre lymphatische Organe) in das Lymphgefäßsystem zwischengeschaltet.
Funktion
Das Lymphgefäßsystem besitzt im Wesentlichen drei Funktionen.
- Transportfunktion: Führt einen Teil der ultrafiltrierten interstitiellen Flüssigkeit in den Blutkreislauf zurück
- Abwehrfunktion
- Mikroorganismen und Fremdstoffe gelangen aufgrund des blinden Beginns und der hohen Durchlässigkeit der Lymphkapillaren leicht in das Lymphgefäßsystem
- Zufuhr dieser potenziellen Krankheitserreger zu den Lymphknotenstationen
- Lipidtransport
- Die im Darm als Chylomikronen aufgenommenen Fette gelangen über das lückenhafte Endothel der Lymphkapillaren ins Lymphgefäßsystem und werden so der Blutbahn zugeführt
- Die fettreiche Lymphe des Darms wird auch als Chylus bezeichnet .
Aufbau
Über die blind beginnenden Lymphkapillaren im Bereich des Interstitiums der Organe fließt die Lymphe in die größeren Lymphgefäße. Durch das Zusammenfließen mehrerer Lymphgefäße entstehen die großen Lymphstämme, in denen die Lymphe einer Körperregion gesammelt wird. Über zwei zentrale Lymphgänge, die in den linken und rechten Venenwinkel münden, wird sie dann dem Blutkreislauf wieder zugeführt.
- Lymphkapillaren: Erster und kleinster Abschnitt des Lymphgefäßsystems
- Funktion: Aufnahme der interstitiellen Flüssigkeit und gelöster Stoffe
- Ort: Im interstitiellen Bindegewebe der Organe bzw. der Dermis gelegen
- Aufbau: Blind beginnende Röhren, die zwischen den Blutkapillaren ein Netz bilden
- Wandbau
- Plattes lückenhaftes Endothel
- Fehlende bzw. durchlässige Basalmembran → Flüssigkeit des Interstitiums inklusive Proteinen, Fetten und evtl. Mikroorganismen kann leicht in das Lymphsystem aufgenommen werden
- Besonderheit: Lymphkapillaren fehlen im Knochenmark und im Knorpelgewebe
- Wandbau
- Lymphgefäße (Vasa lymphatica oder auch Lymphkollektor)
- Funktion: Transport der Lymphe zu den Lymphknotenstationen
- Aufbau: Der Aufbau eines Lymphgefäßes ähnelt dem einer Vene, nur mit deutlich dünneren Schichten
- Wandbau: Endothel mit Basallamina, dünne Muskelschicht und Adventitia
- Besonderheit: Wie die Venen besitzen Lymphgefäße Klappen, die den Transport der Lymphe erleichtern.
- Lymphstämme (Trunci lymphatici): Meist paarig angelegt und einzeln benannt
- Lymphgänge (Ductus lymphatici): Ductus thoracicus und Ductus lymphaticus dexter, die als letzter Abschnitt der Lymphstrombahn in den Venenwinkel münden
Auch Lymphgefäße besitzen Klappen, die den Transport der Lymphe erleichtern!
Histo-Trainer zu Lymph- und Blutgefäßen
Topografie
Das Lymphgefäßsystem kann in ein oberflächliches und ein tiefes System eingeteilt werden. Das oberflächliche Lymphsystem führt seine Lymphe über Perforansgefäße dem tiefen Gefäßsystem zu. Hierzu müssen diese die oberflächliche Körperfaszie durchbrechen. Besonders ausgeprägt besteht die Verbindung zwischen oberflächlichem und tiefem System im Bereich des seitlichen Halses , in der Axilla sowie in der Inguinalregion . Hier befinden sich besonders viele Lymphknoten, um potenzielle Pathogene vor dem Eintritt in das tiefe System möglichst effektiv zu filtern. Diese sollten bei der körperlichen Untersuchung immer mit untersucht werden, da sie Hinweise auf Infektionen geben können.
- Oberflächliches Lymphsystem
- Tiefes Lymphsystem
- Verlauf: Unterhalb der oberflächlichen Körperfaszie
- Drainierte Areale: Alle Organe, Muskeln, Nerven und Knochen
Übersicht über den Lymphabfluss
Der Lymphabfluss erfolgt von den kleinen, blind beginnenden Lymphkapillaren über die größeren Lymphsammelgefäße (Vasa lymphatica) in die meist paarig angelegten Lymphstämme. Von dort aus wird die Lymphe einer Körperregion den jeweiligen Lymphgängen (Ductus lymphaticus dexter und Ductus thoracicus) zugeführt. Als Hauptlymphgefäße münden diese im Venenwinkel in das venöse System des Blutkreislaufes. Antrieb für den Lymphfluss ist neben der autonom gesteuerten Kontraktion der Lymphgefäßmuskulatur auch die Muskelpumpe der Skelettmuskulatur und die arterielle Pulswelle. Im Brustbereich erleichtert auch die thorakale Druckveränderung im Rahmen der Atemexkursion den Lymphabfluss.
- Ductus thoracicus: Durch den Zusammenfluss der Trunci intestinales und Trunci lumbales beginnt der Ductus thoracicus als erweiterte Cisterna chyli im Abdomen und steigt dann als kräftiger Lymphstrang auf, bis er vor dem Ursprung der A. vertebralis (aus der A. subclavia) in den linken Venenwinkel mündet
- Drainiertes Gebiet: Sammlung der Lymphe der gesamten unteren Körperhälfte einschließlich der Bauch- und Beckenorgane, des linken Thorax inklusive Brustorgane, des linken Arms und der linken Kopfhälfte
- Lymphzuflüsse
- Trunci intestinales: Drainieren die Lymphe der unpaaren Bauchorgane (Milz, Leber, Gallenblase, Pankreas, Magen-Darm-Trakt außer Colon descendens, Sigmoid und von oral gelegenen Rektumanteilen)
- Wichtige Lymphknotenstationen
- Nll. coeliaci: Liegen um den Truncus coeliacus herum und drainieren Milz, Leber, Gallenblase, Pankreas und Magen
- Nll.mesenterici superiores: Liegen am Ursprung der A. mesenterica superior und drainieren Jejunum, Ileum, Colon ascendens und transversum
- Wichtige Lymphknotenstationen
- Trunci lumbales: Drainieren die Lymphe der paarigen Bauchorgane (Nieren, Nebennieren), aller Beckenorgane (inklusive Colon descendens, Sigmoid und oralen Rektumanteilen), Bauchwand, Beckenwand und der unteren Extremität
- Wichtige Lymphknotenstationen
- Nll. mesenterici inferiores: Liegen am Ursprung der A. mesenterica inferior und drainieren Colon descendens, Sigmoid und den oralen Rektumabschnitt
- Nll. iliaci communes: Liegen um die A. iliaca communis und drainieren die untere Extremität sowie die Beckenorgane
- Nll. lumbales dextri und sinistri:Liegen um die Aorta abdominalis und V. cava inferior und drainieren die Nieren inkl. der Nebennieren, die Ovarien inkl. der Adnexe und die Hoden inkl. der Nebenhoden
- Wichtige Lymphknotenstationen
- Truncus subclavius sinister: Drainiert die Lymphe des linken Arms
- Truncus jugularis sinister: Drainiert die Lymphe der linken Kopfhälfte und des linken Halses
- Truncus bronchomediastinalis sinister: Drainiert die Lymphe der linken Brustwand, der Thoraxorgane, des Diaphragmas, eines Teils der Leber(!), und des Mediastinums
- Kleinere unbenannte Lymphzuflüsse mit Lymphe aus dem Mediastinum und den Interkostalräumen
- Trunci intestinales: Drainieren die Lymphe der unpaaren Bauchorgane (Milz, Leber, Gallenblase, Pankreas, Magen-Darm-Trakt außer Colon descendens, Sigmoid und von oral gelegenen Rektumanteilen)
- Ductus lymphaticus dexter: Entsteht durch den Zusammenfluss aus Truncus subclavius dexter, Truncus jugularis dexter und Truncus bronchomediastinalis dexter und mündet als nur ca. 1cm langes Lymphgefäß in den rechten Venenwinkel
- Drainiertes Gebiet: Sammlung der Lymphe des rechten Thorax inkl. Brustorganen und des rechten Arms sowie die Lymphe der rechten Kopfhälfte
- Lymphzuflüsse
- Truncus subclavius dexter: Drainiert die Lymphe des rechten Armes
- Truncus jugularis dexter: Drainiert die Lymphe der rechten Kopfhälfte und des rechten Halses
- Truncus bronchomediastinalis dexter: Drainiert die Lymphe der rechten Brustwand, der Thoraxorgane, des Diaphragmas, eines Teils der Leber(!), und des Mediastinums
- Kleinere unbenannte Lymphzuflüsse mit Lymphe aus dem Mediastinum und den Interkostalräumen
Lymphe
Überblick
Als Lymphe wird jener Teil der interstitiellen Flüssigkeit bezeichnet, der über das Lymphsystem wieder dem Blutkreislauf zugeführt wird.
- Farbe: Weißgelbe Flüssigkeit, je nach Fett- und Proteingehalt klar oder trüb
- Menge: Ca. 2-3l pro Tag
- Bestandteile: Ähnelt der interstitiellen Flüssigkeit
- Proteine: Zahlreiche Plasmaproteine (v.a. nach Passage der Verdauungsorgane und der Leber hoher Proteinanteil)
- Lipide: Aufgrund der Lipidtransportfunktion ist der Gehalt nach Passage des Verdauungstraktes hoch
- Gerinnungsfaktoren und Fibrinogen: Gerinnungsfähigkeit ähnelt der des Blutes
- Zelluläre Bestandteile: Insbesondere Zellen des Immunsystems
Entstehung
- Filtration: Aus den Kapillaren des Blutgefäßsystems treten pro Tag mehrere Liter Flüssigkeit in das Interstitium über
- Zugrundeliegende Kräfte: Hydrostatischer Druck vs. kolloidosmotischer Druck
- Für nähere Informationen zur Filtratentstehung siehe: Effektiver Filtrationsdruck.
- Resorption: Von diesen ca. 20 Litern Filtrat gelangt das meiste über die Mikrozirkulation (kapilläre Endstrombahn) wieder in den Blutkreislauf zurück
- Lymphentstehung: Nur ca. 10% (2-3l pro Tag) fließen über die offen beginnenden Lymphkapillaren in die Lymphstrombahn und werden dann als Lymphe bezeichnet
- Aufgrund des lückenhaften Aufbaus der Lymphkapillaren können neben der interstitiellen Flüssigkeit auch gelöste Stoffwechselprodukte, Mikroorganismen oder Fremdkörper in das Lymphsystem aufgenommen werden.
Lymphödem
Ein Lymphödem kann bspw. infolge einer Lymphabflussstörung entstehen. Die Ursachen für eine solche Abflussstörung sind vielfältig. Am häufigsten kommt es durch eine Verengung oder das Fehlen von Lymphgefäßen im Rahmen von Tumoren, Operationen wie z.B. der Axilladissektion beim Mammakarzinom oder Bestrahlungstherapien zustande. Seltener ist eine angeborene Anlagestörung der Lymphgefäße oder eine Infektion ursächlich. Typischerweise sind die Extremitäten betroffen. Therapeutisch kann konservativ eine physikalische Entstauungstherapie oder eine Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund stehen. In selteneren Fällen ist auch ein operatives Vorgehen indiziert.
Wiederholungsfragen zum Kapitel Lymphatisches System
Primäre lymphatische Organe
Welche Organe zählen zu den primären lymphatischen Organen und was sind ihre Aufgaben?
In welchem anatomischen Raum befindet sich der Thymus und welche Arterie ist hauptsächlich für dessen Blutversorgung verantwortlich?
Wie ist der juvenile Thymus histologisch organisiert?
Sekundäre lymphatische Organe
Welche Organe zählen zu den sekundären lymphatischen Organen und nach welchen gemeinsamen histologischen Merkmalen sind diese aufgebaut?
Erkläre grob die Rezirkulation der Leukozyten! Welcher Abschnitt des Gefäßsystems ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung?
Lymphgefäßsystem
Mit welchen Gefäßen weisen die Lymphgefäße histologische Ähnlichkeiten auf und warum?
Beschreibe die Abfolge der Abschnitte des Lymphgefäßsystems von der Peripherie bis zum Venenwinkel!
Lymphe
Woraus besteht die Lymphe?
Eine Sammlung von allgemeineren und offeneren Fragen zu den verschiedenen prüfungsrelevanten Themen findest du im Kapitel Beispielfragen aus dem mündlichen Physikum.