Zusammenfassung
Das Raynaud-Syndrom ist von einer charakteristischen Symptomatik gekennzeichnet: Nach Kälteeinwirkung oder Stress kommt es zunächst zu einem Abblassen der Finger. Im Anschluss werden die Finger zyanotisch, bis sie nach einigen Minuten (spätestens nach einer Stunde) aufgrund der reaktiven Durchblutung erröten. Ätiologisch wird außer einem idiopathischen Auftreten (primäres Raynaud-Syndrom) auch eine Assoziation mit verschiedenen Systemerkrankungen (sekundäres Raynaud-Syndrom, z.B. bei Kollagenosen, Vaskulitiden, hämatologischen Erkrankungen) beobachtet. Therapeutisch stehen die Behandlung der Grunderkrankung sowie das Vermeiden auslösender Situationen im Fokus. Medikamentös kann auch die Gabe von Calciumantagonisten (z.B. Nifedipin, Diltiazem), durchblutungsfördernden Salben oder vasoaktiven Substanzen indiziert sein.
Ätiologie
- Primäres, idiopathisches Raynaud-Syndrom: Durch Vasospasmen, ohne organische Veränderungen der Gefäße
- Sekundäres Raynaud-Syndrom: Meist mit organischen Veränderungen im Bereich der Digitalarterien, häufig bedingt durch:
- Medikamente: Betablocker, Ergotamin, Bleomycin
- Trauma: Bspw. Arbeit mit vibrierenden Werkzeugen
- Hämatologische Erkrankungen mit Hyperviskosität des Blutes: Bspw. Polyzythämie, Thrombozytose, Paraproteinämien (Plasmozytom, Morbus Waldenström), Kryoglobulinämie, Kälteagglutinine
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit
- Vaskulitiden: Bspw. Thrombangiitis obliterans
- Kollagenosen: Bspw. Sklerodermie, systemischer Lupus erythematodes, Antiphospholipid-Syndrom, Mischkollagenose, Sjögren-Syndrom
Symptomatik
- Auslöser: Kälteeinwirkung oder Stress
- Symptome
- Dauer: Zwischen wenigen Minuten und einer Stunde
Diagnostik
- Ziele der Diagnostik
- Ausschluss/Nachweis eines sekundären Raynauds
- Beurteilung des Schweregrads
- Anamnese und klinische Untersuchung
- Anamnestisch liegt besonderer Fokus auf: Beginn der Symptomatik, Auslöser, zeitlichem Verlauf, Befallsmuster, Begleitsymptomen (Schmerzen, Parästhesien), Einschränkungen im Alltag
- Faustschlussprobe
- Allen-Test
- Akraler Kälteprovokationstest
- Mikroskopie
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Nagelfalz-Kapillarmikroskopie: Wichtiges diagnostisches Mittel zur Unterscheidung eines primären von einem sekundären Raynaud-Syndrom
- Primäres Raynaud-Syndrom → Kapillarmikroskopie unauffällig
- Sekundäres Raynaud-Syndrom → Kapillarmikroskopie auffällig
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Nagelfalz-Kapillarmikroskopie: Wichtiges diagnostisches Mittel zur Unterscheidung eines primären von einem sekundären Raynaud-Syndrom
- Labor
- Beim primären Raynaud-Syndrom meist unauffällig
- Bei Verdacht auf ein sekundäres Raynaud-Syndrom hingegen besonderer Fokus auf die Diagnostik auslösender Grunderkrankungen mit:
- Blutbild, Hämatokrit, Thrombozyten
- Plasmaviskosität
- Allgemeinen Entzündungsparametern (CRP, BSG)
- Ggf. Serologie mit Antikörperdiagnostik (Vaskulitiden, Kollagenosen, Kryoglobulinämie/Kälteagglutinine)
- Bildgebung
Diagnostische Hinweise | Primäres Raynaud-Syndrom | Sekundäres Raynaud-Syndrom |
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Klinik |
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Kapillarmikroskopie |
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Labor |
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Differenzialdiagnosen
- Akrozyanose
- Erythromelalgie: Plötzliche, sehr schmerzhafte Rötung, Überwärmung und Schwellung der Finger und Zehen.
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)
- Akuter arterieller Verschluss einer Extremität
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
- Allgemeinmaßnahmen
- Schutz vor Auslösern im Alltag: Nässe, Kälte , Arbeit mit vibrierenden Instrumenten
- Nikotinverzicht
- Ggf. Anpassung bestehender Vormedikation (Absetzen möglicher Anfallsauslöser: z.B. Betablocker, Ergotamine oder orale Kontrazeptiva)
- Behandlung der Grunderkrankung bei sekundärem Raynaud-Syndrom
- Medikamentöse Therapie
- Calciumantagonisten (z.B. Nifedipin, Diltiazem)
- Durchblutungsfördernde Externa (nitrathaltige Salben)
- Bei therapierefraktärem, schwerem Verlauf eines sekundären Raynaud-Syndroms (z.B. mit Fingerkuppennekrosen) → Ggf. Off-Label Therapieversuch mit vasoaktiven Substanzen: Prostanoide (Iloprost), PDE-5-Hemmer (Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil), Endothelinantagonisten (Bosentan)
Komplikationen
- Trophische Störungen
- Nekrosen
- Komplikationen der Grunderkrankung bei sekundärem Raynaud-Syndrom
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Meditricks
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Raynaud-Syndrom
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- I73.-: Sonstige periphere Gefäßkrankheiten
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.