Zusammenfassung
Kollagenosen sind eine uneinheitlich definierte Gruppe rheumatischer Autoimmunerkrankungen, die das Bindegewebe betreffen und gehäuft bei Frauen auftreten. Sie gehen mit entzündlichen Veränderungen verschiedener Organsysteme einher (u.a. Haut, Gelenke, Muskeln, innere Organe oder Nervensystem) und zeichnen sich neben einer typischen Symptomkonstellation durch den Nachweis antinukleärer Antikörper (ANA) und/oder spezifischer Autoantikörper aus. Zu den Kollagenosen gehören u.a. der systemische Lupus erythematodes, die systemische Sklerose und das Sjögren-Syndrom.
Definition
- Kollagenosen (Connective Tissue Diseases ): Gruppe rheumatischer Autoimmunerkrankungen, die das Bindegewebe betreffen und mit entzündlichen Veränderungen verschiedener Organsysteme einhergehen
- Gemeinsame Symptome der Kollagenosen
- Allgemeinsymptome, z.B. Fieber, Gewichtsverlust
- Arthralgien, Mono- bis Polyarthritis
- Myalgien, Muskelschwäche
- Hautmanifestationen, z.B. Erytheme, Raynaud-Syndrom
- Neuritiden, psychiatrische Symptome
- Seltener: Nephritis, Pleuritis, Perikarditis
- Nachweis spezifischer Autoantikörper, siehe auch: Antinukleäre Antikörper
- Gemeinsame Symptome der Kollagenosen
Einteilung der Kollagenosen
Klassische Kollagenosen
- Lupus erythematodes
- Idiopathische inflammatorische Myopathien
- Systemische Sklerose
- Limitiert kutane systemische Sklerose (lcSSc)
- Diffus kutane systemische Sklerose (dcSSc)
- Systemische Sklerose sine Scleroderma
- Sjögren-Syndrom
Je nach Literatur werden auch die rheumatoide Arthritis, das Antiphospholipid-Syndrom, die Polymyalgia rheumatica sowie primäre und sekundäre Vaskulitiden zu den Kollagenosen gezählt.
Sonderformen
- Undifferenzierte Kollagenose (Undifferentiated connective Tissue Disease, UCTD)
- Overlap-Syndrome (Überlappungssyndrome) , bspw. [1][2]
- Mischkollagenose (Mixed connective Tissue Disease)
- Antisynthetase-Syndrom (Jo1-Syndrom)
Undifferenzierte Kollagenose
- Synonym: Undifferentiated connective Tissue Disease (UCTD)
- Definition [2][3]
- Klinische Merkmale einer oder mehrerer rheumatologischer Systemerkrankungen ohne Erfüllung klassischer Kriterien für eine spezifische Diagnose und
- Nachweis von ANA
- Epidemiologie: Insb. Frauen zwischen 30 und 40 Jahren [3]
- Klinisches Bild
- Arthralgien mit oder ohne Arthritis
- Raynaud-Syndrom
- Sicca-Syndrom
- Myalgien
- Unspezifische Exantheme
- Labordiagnostik: ANA positiv, i.d.R. ohne spezifische Autoantikörper, siehe: Rheumatologische Antikörperdiagnostik
- Therapie: Symptomatisch, z.B. NSAR
- Prognose [2]
- Selten Remission
- Ca. ⅓ der Betroffenen entwickeln im Verlauf eine klassifizierbare Kollagenose
Mischkollagenose
Allgemeines
- Synonyme: Mixed connective Tissue Disease (MCTD), veraltet: Sharp-Syndrom
- Definition [1][2][4][5]
- Typische Symptome mind. zweier rheumatologischer Erkrankungen und
- Nachweis von Anti-U1-RNP-Antikörpern
- Epidemiologie
- Verlauf
- I.d.R. mild
- Schlechtere Prognose bei pulmonaler Hypertonie (häufigste Todesursache!) oder ILD [1][2]
Die pulmonale Hypertonie ist die häufigste Todesursache! [2]
Klinisches Bild [1][2][3][4][5][6]
- Initial oft allgemeine Symptome: Insb. Abgeschlagenheit, Fieber
- Verschiedene Symptome anderer Kollagenosen, insb.
- (Schleim‑)Haut/Gefäße: Raynaud-Syndrom, Sklerodaktylie, geschwollene Hände und Finger (sog. „puffy fingers“), Sicca-Symptomatik
- Gelenke: Arthralgien, Synovitis, erosive Polyarthritis
- Muskeln: Myalgien und Muskelschwäche bis hin zu schwerer Myositis
- Gastrointestinaltrakt: Dysphagie, Refluxösophagitis
- Lunge: Dyspnoe, Husten, insb. pulmonale Hypertonie und/oder interstitielle Lungenparenchymerkrankung [2]
- Herz: Perikarditis
- Selten: Nierenbeteiligung oder neurologische Symptome
Diagnostik [1][2][3][4][5]
- Labordiagnostik
- Antikörper: ANA↑↑ und Anti-U1-RNP-Antikörper↑↑
- Entzündungswerte: Ggf. BSG↑, CRP↔︎, Komplementaktoren C3/C4↓
- Blutbild: Ggf. Anämie, Leukopenie
- Ggf. CK↑
- Ggf. Hypergammaglobulinämie
- Weitere Diagnostik: Ausschluss von Organbeteiligungen (insb. PAH, ILD) und je nach Symptomatik
- Kapillarmikroskopie
- Lungenfunktion mit DLCO-Messung [2]
- Röntgen der Hände und Vorfüße
- Röntgen bzw. CT des Thorax
- EKG, Echokardiografie
Therapie [1][4][6]
- Grundsätzlich: Kein evidenzbasiertes Vorgehen etabliert
- Medikamentöse Therapie
- Meist immunsuppressiver Ansatz
- Niedrig dosierte Glucocorticoide
- Hydroxychloroquin, Methotrexat, Azathioprin, Cyclosporin A, MMF, Rituximab
- Vorgehen orientiert an anderen rheumatologischen Erkrankungen, siehe auch:
- Meist immunsuppressiver Ansatz
Es gibt kein standardisiertes Vorgehen zur Diagnostik und Therapie der Mischkollagenose – es orientiert sich i.d.R. entsprechend den Symptomen an anderen Kollagenosen!
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Lupus erythematodes
Lupus erythematodes – Teil 1: Pathophysiologie
Lupus erythematodes – Teil 2: ACR/EULAR-Kriterien
Polymyositis und Dermatomyositis
Systemische Sklerose
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- M35.-: Sonstige Krankheiten mit Systembeteiligung des Bindegewebes
- Exklusive: Reaktive perforierende Kollagenose (L87.1)
- M35.0: Sicca-Syndrom [Sjögren-Syndrom]
- Sjögren-Syndrom mit: Keratokonjunktivitis† (H19.3*), Lungenbeteiligung† (J99.1*), Myopathie† (G73.7*), tubulointerstitieller Nierenkrankheit† (N16.4*)
- Exklusive: Trockenes Auge (H04.1)
- M35.1: Sonstige Overlap-Syndrome
- Mixed connective tissue disease [Sharp-Syndrom]
- Exklusive: Polyangiitis-Overlap-Syndrom (M30.8)
- M35.2: Behçet-Krankheit
- M35.3: Polymyalgia rheumatica
- Exklusive: Polymyalgia rheumatica mit Riesenzellarteriitis (M31.5)
- M35.4: Eosinophile Fasziitis
- M35.5: Multifokale Fibrosklerose
- M35.6: Rezidivierende Pannikulitis [Pfeifer-Weber-Christian-Krankheit]
- Exklusive: Pannikulitis: Lupus- (L93.2), o.n.A. (M79.3‑)
- M35.7: Hypermobilitäts-Syndrom
- Familiäre Bänderschwäche
- Exklusive: Bänderschwäche o.n.A. (M24.2‑), Ehlers-Danlos-Syndrom (Q79.6)
- M35.8: Sonstige näher bezeichnete Krankheiten mit Systembeteiligung des Bindegewebes
- M35.9: Krankheit mit Systembeteiligung des Bindegewebes, nicht näher bezeichnet
- Autoimmunkrankheit (systemisch) o.n.A., Kollagen- (Gefäß‑) Krankheit o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.