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Pulmonale Hypertonie

Letzte Aktualisierung: 20.11.2024

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Der Begriff pulmonale Hypertonie (PH) fasst ein Spektrum von Erkrankungen zusammen, die den Blutdruck im Lungenkreislauf erhöhen. Definitionsgemäß besteht eine pulmonale Hypertonie, wenn der pulmonal-arterielle Mitteldruck in Ruhe dauerhaft über 20 mmHg liegt. Ätiologisch werden die seltene (z.B. idiopathische) pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH), die pulmonale Hypertonie durch bestehende Grunderkrankungen (z.B. Herz- oder Lungenerkrankungen) und die chronisch-thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) unterschieden.

Während die Erkrankung in frühen Stadien häufig asymptomatisch bleibt, können im Verlauf belastungsabhängige, unspezifische Symptome wie Dyspnoe, Schwäche, Zyanose oder Synkopen auftreten. Langfristig schädigt der erhöhte Druck im Lungenkreislauf das rechte Herz. Es kommt zu einer Hypertrophie und ggf. Dilatation des rechten Herzens (sog. Cor pulmonale), die unbehandelt i.d.R. zu einer Herzinsuffizienz führen. Diagnostisch ist die transthorakale Echokardiografie hilfreich, als Goldstandard gilt allerdings eine Rechtsherzkatheteruntersuchung zur Bestimmung hämodynamischer Parameter. Die Therapie richtet sich insb. nach der Art der pulmonalen Hypertonie: Zur Behandlung der PAH stehen gezielte Medikamente zur Drucksenkung zur Verfügung, die eine Stabilisierung auf gutem klinischen Niveau ermöglichen sollen. Eine Lungentransplantation sollte frühzeitig erwogen werden. Bei CTEPH ist die chirurgische pulmonale Endarteriektomie und lebenslange Antikoagulation die bevorzugte Therapie. Bei allen anderen Formen steht die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund.

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Definitiontoggle arrow icon

Die Definition der pulmonalen Hypertonie (PH) basiert auf hämodynamischen Parametern, die bei einer Rechtsherzkatheteruntersuchung bestimmt werden. Bei einem erhöhten pulmonal-arteriellen Mitteldruck sind insb. der pulmonale Kapillarverschlussdruck (PCWP; erlaubt eine Abschätzung des linksventrikulären end­dias­to­lischen Drucks) und der pulmonale Gefäßwiderstand (PVR) relevant. Anhand dieser Parameter gelingt die Unterscheidung zwischen einer präkapillären PH mit primär pulmonaler Ursache, zu der u.a. die „echte“ pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH) gehört, und einer postkapillären PH, der eine Linksherzerkrankung zugrunde liegt.

Pulmonale Hypertonie

Präkapilläre pulmonale Hypertonie

Postkapilläre pulmonale Hypertonie

Belastungsinduzierte pulmonale Hypertonie (EIPH )

  • Anstieg des Quotienten aus mPAP und HZV bei Belastung >3 mmHg/L/min gegenüber dem Ruhezustand

Unklassifizierte pulmonale Hypertonie

Cor pulmonale

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Epidemiologietoggle arrow icon

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Klassifikation der pulmonalen Hypertonie

Die Ätiologie der pulmonalen Hypertonie ist maßgeblich für ihre Behandlung und daher auch eng mit der Klassifikation des Krankheitsbildes verknüpft. Je nach Ätiologie und Pathophysiologie sowie klinischem Bild und hämodynamischen Parametern erfolgt eine Zuordnung zu einer von fünf Klassifikationsgruppen mit unterschiedlichen Behandlungsstrategien.

Gruppe 1: Pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH)

Gruppe 2: Pulmonale Hypertonie assoziiert mit Linksherzerkrankung

Gruppe 3: Pulmonale Hypertonie assoziiert mit Lungenerkrankungen und/oder Hypoxie

Gruppe 4: Pulmonale Hypertonie assoziiert mit pulmonalarterieller Obstruktion

Gruppe 5: Pulmonale Hypertonie mit unklarer und/oder multifaktorieller Genese

Eine pulmonale Hypertonie kann im Rahmen zahlreicher unterschiedlicher Erkrankungen auftreten. Die häufigsten Ursachen sind jedoch Herz- und Lungenerkrankungen!

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Pathophysiologietoggle arrow icon

Der idiopathischen pulmonal-arteriellen Hypertonie liegt eine progrediente Obliteration der kleinen und mittelgroßen Pulmonalarterien zugrunde, deren Ursache aber unbekannt ist. Andere Formen der pulmonalen Hypertonie haben bekannte Ursachen wie Erkrankungen der Lunge, des linken Herzens oder bspw. Thromboembolien (Klassifikation der pulmonalen Hypertonie).

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Symptomatiktoggle arrow icon

Die Symptome einer pulmonalen Hypertonie werden maßgeblich durch eine Dysfunktion des rechten Ventrikels geprägt, die sich jedoch nicht akut, sondern über längere Zeit entwickelt. Frühe Krankheitsstadien verlaufen daher i.d.R. asymptomatisch, bevor typischerweise zunächst belastungsabhängige Symptome auftreten.

Die pulmonale Hypertonie verläuft in frühen Krankheitsstadien i.d.R. asymptomatisch, bevor typischerweise zunächst belastungsabhängige Symptome auftreten. Die Symptome ggf. bestehender Grunderkrankungen können daher lange Zeit im Vordergrund stehen (bspw. COPD)!

Einteilung in WHO-Funktionsklassen der PAH

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Diagnostiktoggle arrow icon

Initiale Diagnostik

Sind sowohl EKG als auch NT-proBNP unauffällig, ist das Vorliegen einer pulmonalen Hypertonie unwahrscheinlich!

Weiterführende Diagnostik

Die Rechtsherzkatheteruntersuchung ist der Goldstandard zur Diagnose und Klassifizierung der pulmonalen Hypertonie und sollte in spezialisierten Zentren durchgeführt werden!

Insb. bei Personen mit stattgehabter Lungenembolie und persistierender oder neu aufgetretener Dyspnoe oder Leistungsminderung sollte an eine CTEPH/CTEPD gedacht werden!

Risikostratifizierung bei pulmonal-arterieller Hypertonie (PAH)

Initiale Risikostratifizierung (bei Diagnosestellung)

  • Umfangreiche Erhebung mit Einteilung in 3 Klassen zur Abschätzung der 1-Jahres-Letalität (Drei-Strata-Modell)
Risikostratifizierung bei Diagnosestellung einer pulmonal-arteriellen Hypertonie (Drei-Strata-Modell)
Parameter

Niedriges Risiko

Intermediäres Risiko

Hohes Risiko

Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz

Nein Nein Ja

Krankheitsprogression

Keine Langsam Schnell

Auftreten von Synkopen

Nie Gelegentlich Wiederholt
WHO-Funktionsklasse der PAH I und II III IV
Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest (in m) >440 165–440 <165
Spiroergometrie VO2max (in mL/min/kgKG)

>15

11–15 <11
Ve/VCO2 <36 36–44 >44
Biomarker BNP-Serumspiegel (in ng/L) <50 50–800 >800
NT-proBNP-Serumspiegel (in ng/L) <300 300–1.100 >1.100
Echokardiografie RA-Fläche (in cm2) <18 18–26 >26
TAPSE/sPAP (in mm/mmHg) >0,32 0,19–0,32 <0,19
Perikarderguss Nein Gering Ausgeprägt
Kardiale Magnetresonanztomografie Rechtsventrikuläre Ejektionsfraktion (RVEF; in %) >54 37–54 <37
Schlagvolumenindex (SVI; in mL/m2) >40 26–40 <26

Endsystolischer rechtsventrikulärer Volumenindex (RVESVi; in mL/m2)

<42 42–54 >54
Rechtsherzkatheter RA-Druck (RAP; in mmHg) <8 8–14 >14
Cardiac Index (CI; in L/min/m2) ≥2,5 2,0–2,4 <2,0
Schlagvolumenindex (SVI; in mL/m2)

>38

31–38 <31
Gemischt-venöse Sättigung (svO2) >65% 60–65% <60%

Risikostratifizierung im Verlauf

  • Vereinfachte Erhebung mit Einteilung in 4 Klassen (Vier-Strata-Modell)
Risikostratifizierung im Verlauf bei pulmonal-arterieller Hypertonie (Vier-Strata-Modell)
Parameter Niedriges Risiko (1 Punkt pro Parameter) Intermediäres Risiko Hohes Risiko (4 Punkte pro Parameter)
Intermediär-niedriges Risiko (2 Punkte pro Parameter) Intermediär-hohes Risiko (3 Punkte pro Parameter)
WHO-Funktionsklasse der PAH I oder II III IV
Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest (in m) >440 320–440 165–319 <165

Biomarker

BNP-Serumspiegel (in ng/L)

<50

50–199 200–800 >800
NT-proBNP-Serumspiegel (in ng/L) <300 300–649 650–1.100 >1.100
Das Risiko wird berechnet, indem die Summe aller Punkte durch die Anzahl der Variablen dividiert und auf die nächste ganze Zahl aufgerundet wird.
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Therapietoggle arrow icon

Allgemeine Maßnahmen

Empfehlungen bzgl. einer Schwangerschaft

Schwangerschaft und Entbindung stellen ein hohes Risiko für Patientinnen mit pulmonaler Hypertonie dar. Aufgrund der verbesserten Therapie der PH und zunehmenden Erfahrung im Umgang mit schwangeren PH-Patientinnen ist die früher extrem hohe Sterblichkeitsrate zurückgegangen, die maternale Mortalität liegt aber immer noch bei 11–25%. Eine eingehende Beratung zur Empfängnisverhütung und Aufklärung über die Risiken einer Schwangerschaft sind daher unerlässlich!

  • Bei gut eingestellten Patientinnen mit niedrigem Risikoprofil: Bei Eintritt einer Schwangerschaft sollte eine intensive Beratung und Behandlung in einem Zentrum durchgeführt werden, das Erfahrung im Management von Schwangeren mit PH hat
  • Bei schlecht eingestellten Patientinnen mit intermediärem bis hohem Risikoprofil: Bei Eintritt einer Schwangerschaft sollte eine intensive Beratung durchgeführt und aufgrund der sehr schlechten Prognose für Mutter und Kind auch ein Schwangerschaftsabbruch in Betracht gezogen werden

Pulmonal-arterielle Hypertonie [7]

  • Ziel: Stabilisierung der Erkrankung auf einem klinischen Niveau entsprechend PAH-WHO-Funktionsklasse I oder II, Heilung derzeit nicht möglich

Wirkstoffe zur gezielten Therapie der PAH

Folgende Wirkstoffe werden zur gezielten Therapie der PAH eingesetzt, insb. bei negativer Vasoreagibilitätsmessung. Bei positiver Vasoreagibilitätsmessung eignen sich hingegen primär Calciumantagonisten, die auch zur Behandlung vieler anderer Erkrankungen indiziert sind.

Die Wirkstoffe zur gezielten Therapie der PAH sind bisher nur bei einem mPAP von >25 mmHg und einem pulmonalen Gefäßwiderstand (PVR) von >3 Wood-Einheiten zugelassen. Zum Einsatz bei Personen mit einer PAH und niedrigeren Werten (mPAP 20–25 mmHg, PVR 2–3 Wood-Einheiten gemäß der Definition der ESC-Leitlinie 2022) liegen noch keine Daten vor!

Therapieschemata

Bei positiver Vasoreagibilitätsmessung

Bei negativer Vasoreagibilitätsmessung

Die medikamentöse Therapiestrategie wird anhand des individuellen Risikos festgelegt (siehe: Risikostratifizierung bei PAH).

Die gleichzeitige Gabe von PDE-5-Hemmern und dem Guanylatcyclase-Stimulator Riociguat ist aufgrund eines Hypotonierisikos kontraindiziert! Beide Wirkstoffklassen dürfen zudem nicht mit Nitraten kombiniert werden!

Pulmonale Hypertonie bei Lungen- oder Linksherzerkrankungen und multifaktorieller Genese

  • Keine Empfehlung für den Einsatz von gezielten PAH-Medikamenten!
  • Im Vordergrund steht die Therapie der Grunderkrankung

Chronisch-thromboembolische pulmonale Hypertonie

Eine gezielte Therapie ist i.d.R. nur bei pulmonal-arterieller Hypertonie (PAH) und chronisch-thromboembolischer pulmonaler Hypertonie (CTEPH) sinnvoll, bei den anderen Formen der pulmonalen Hypertonie steht die Therapie der Ursache im Vordergrund!

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Patienteninformationentoggle arrow icon

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Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Pulmonale Hypertonie

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

  • I27.-: Sonstige pulmonale Herzkrankheiten
    • I27.0: Primäre pulmonale Hypertonie
    • I27.1: Kyphoskoliotische Herzkrankheit
    • I27.2-: Sonstige näher bezeichnete sekundäre pulmonale Hypertonie
    • I27.8: Sonstige näher bezeichnete pulmonale Herzkrankheiten
      • Exklusive: Eisenmenger-Defekt (Q21.88)
    • I27.9: Pulmonale Herzkrankheit, nicht näher bezeichnet
      • Chronische kardiopulmonale Krankheit
      • Cor pulmonale (chronisch) o.n.A.
  • P29.-: Kardiovaskuläre Krankheiten mit Ursprung in der Perinatalperiode

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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