Zusammenfassung
Bei Suizidgedanken oder Sorgen um Betroffene sei auf die von der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention gelisteten Hilfsangebote verwiesen, siehe Tipps & Links.
Erhängen, Erwürgen und Erdrosseln sind aus rechtsmedizinischer Sicht Folgen einer Strangulation (gewaltsames Abschnüren des Halses). Beim Tod durch Erhängen wird zwischen Erhängen im klassischen Sinne (Gleitknoten dorsal am Nacken) und atypischem Erhängen, bei dem der Gleitknoten nicht am Nacken, sondern seitlich oder submental liegt, unterschieden. Weiterhin müssen nach einem Erhängungstod Vitalitätszeichen beurteilt werden, um ein nachträgliches Umsetzen einer Leiche in die Erhängungsposition auszuschließen. Beim gewaltsamen Ersticken kann zwischen Erdrosseln (mithilfe eines Werkzeuges) und Erwürgen (mit den Händen) unterschieden werden, wobei ein Tod durch Erwürgen nur durch Fremdbeibringung möglich ist. Ein Tod durch Erdrosseln kann im Gegensatz dazu auch durch Selbstbeibringung erfolgen.
Typisches vs. atypisches Erhängen
Beim Tod durch Erhängen wird zwischen der typischen Form mit freiem Hängen (und Gleitknoten dorsal am Nacken) und der atypischen Form unterschieden, zu der alle anderen Varianten zählen (z.B. abgestütztes Hängen bei autoerotischen Unfällen).
Typisches Erhängen | Atypisches Erhängen | |
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Strangmarke |
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Körper |
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Gefäßunterbindung |
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Befunde |
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- Weitere Befunde, die sowohl bei typischem als auch bei atypischem Erhängen vorkommen
- Vitalitätszeichen
- Simon-Blutungen: Einblutungen in das Ligamentum longitudinale anterius und in die Bandscheiben der Lendenwirbelsäule
- Speichelabrinnspur am Mundwinkel
- Verletzung des Rückenmarks durch frakturbedingte Abscherung des Dens axis bei typischem Erhängen möglich (Bruch des Genicks)
- Ggf. Kehlkopffraktur (z.B. Schildknorpeloberhörnerfraktur) mit Blutungen in die Halsmuskulatur
- Zerrungsblutungen an den klavikulären Befestigungsstellen der Mm. sternocleidomastoidei
- Meist eintouriger Verlauf des Strangwerkzeugs
- Vitalitätszeichen
- Bewusstlosigkeit tritt sowohl beim typischen als auch beim atypischen Erhängen i.d.R. innerhalb weniger Sekunden ein
Bei V.a. vorsätzliche Selbstschädigung siehe: Suizidalität
Ersticken
Man unterscheidet zwischen innerer und äußerer Erstickung.
- Äußere Erstickung: Verminderter Sauerstoffgehalt in der Lunge durch Verlegung der Atemwege, Strangulation, sauerstoffarme Umgebung
- Innere Erstickung: Verminderter Sauerstoffgehalt im Blut durch verminderte Bindung an Hämoglobin bei Kohlenstoffmonoxidvergiftung oder Blockade der Atmungskette bei Zyanidvergiftung
Weiterhin unterscheidet man zwischen asphyktischem, hypoxischem und histotoxischem Ersticken.
- Asphyktisch: Kreislaufschwäche führt zu verminderter O2-Aufnahme und verminderter CO2-Abgabe
- Hypoxisch: Verminderte Oxygenierung des Bluts unterschiedlicher Ursachen mit vermehrter CO2-Abgabe
- Histotoxisch: Behinderung der Gewebeatmung oder des O2-Transports z.B. bei Zyanid- oder Kohlenstoffmonoxidvergiftung; dabei sind O2-Aufnahme und CO2-Abgabe normal
Stadien
- Dyspnoe (nach 60 s): CO2-Anstieg, Tachykardie
- Konvulsivisches Stadium (nach 90 s): O2-Abfall, Blutdruckanstieg, Bewusstseinsverlust, Bradykardie, Urinabgang
- Präterminale Atempause (nach 120 s): Apnoe, Vaguslähmung mit Tachykardie
- Terminale Schnappatmung (nach 150 s): Terminale Schnappatmung, Herzrhythmusstörungen
Sauerstoffmangel im Gehirn führt nach 2–3 Minuten zu irreversiblen Schäden und nach 8–10 Minuten zum Hirntod!
Gewaltsames Ersticken
Definitionen
- Erdrosseln: Werkzeugunterstützte Strangulation durch Zuziehen einer Schlinge
- Horizontale Drosselmarke
- Ggf. Kehlkopffraktur
- Erwürgen: Strangulation durch Kompression des Halses mit den Händen
- Ggf. Fingernagelspuren im Kehlkopfbereich
- Oronasale Okklusion: Gewaltsames Ersticken durch Zuhalten von Nase und Mund
- Direkte oronasale Okklusion: Hinweise sind Hämatome und Exkoriationen, die dem Tatwerkzeug bzw. der zuhaltenden Hand entsprechen
- Burking : Ersticken durch Behinderung der Thoraxexkursion (z.B. Sitzen auf dem Brustkorb) mit gleichzeitigem Zuhalten des Mundes und der Nase (z.B. mit einem Kissen)
Eine Erdrosselung kann sowohl Fremd- als auch Selbsthandlung sein! Erwürgen ist immer eine Fremdhandlung, ein Suizid ist auf diese Weise unmöglich!
Befunde
- Deutliche Stauungsblutungen
- Diverse Einblutungen (Augenlider, Mundschleimhaut) und Petechien durch venöse Abflussbehinderung bei erhaltener arterieller Blutversorgung ; ein ausgeprägter Befund spricht für einen langen Zeitraum der Gewalteinwirkung
- Dunsung des Gesichts
- Ggf. weitere Verletzungen der Haut und der Weichteile: Braune Hautvertrocknungen
- Tardieu-Flecken: Punktförmige Blutaustritte in Pleura und Herzbeutel, die wahrscheinlich aufgrund von Blutdrucksteigerungen im Rahmen des Erstickungsvorgangs entstehen (auch beim nicht-gewaltsamen Ersticken)
- Perthes-Druckstauung: Deutliche Stauungsblutungen an der Brust, am Hals und im Gesicht, die durch ein Ersticken bei Behinderung der Thoraxexkursion bei freien Atemwegen entstehen
Klinischer Hinweis: Auch wenn ein versuchtes gewaltsames Ersticken überlebt wird, besteht weiterhin Erstickungsgefahr! Infolge der Gewalteinwirkung kann es nämlich zu einer progredienten Schwellung der Atemwege im Kehlkopfbereich kommen!
Weitere Formen
- Autoerotische Unfälle: O2-Mangel wird künstlich als Stimulus für sexuelle Erregung provoziert. Erstickungsunfälle (durch atypisches Erhängen) sind dabei möglich.
- Bolustod: Beim Bolustod handelt es sich nicht um einen Tod durch Ersticken! Durch das Verschlucken und Hängenbleiben eines großvolumigen Fremdkörpers im Larynx kommt es zu einer starken Vagusreizung, die über eine Bradykardie zu einem plötzlichen reflektorischen Herz-Kreislauf-Stillstand führen kann.
Beim Bolustod handelt es sich nicht um einen Tod durch Ersticken!
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- T71: Erstickung
- Inklusive: Ersticken (durch Strangulation)
- Systemischer Sauerstoffmangel durch:
- mechanische Behinderung der Atmung
- niedrigen Sauerstoffgehalt der Umgebungsluft
- Systemischer Sauerstoffmangel durch:
- Exklusive: Asphyxie durch: Aspiration von Nahrungsmittel oder Fremdkörper (T17.‑); Kohlenmonoxid (T58); sonstige Gase, Dämpfe oder sonstiger Rauch (T59.‑); Atemnot beim Neugeborenen (P22.‑); Atemnotsyndrom des Erwachsenen (J80.‑); Sauerstoffmangel in großer Höhe (T70.2)
- Inklusive: Ersticken (durch Strangulation)
- X59.-!: Akzidentelle Exposition gegenüber sonstigen und nicht näher bezeichneten Faktoren
- X59.9!: Sonstiger und nicht näher bezeichneter Unfall
- Strangulierung
- X59.9!: Sonstiger und nicht näher bezeichneter Unfall
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.