Zusammenfassung
Bei der Akromegalie (altgr. = „vergrößerte Akren“; Akren sind die vom Rumpf entfernten Körperteile wie Extremitäten und Gesichtspartien) kommt es in Folge einer übermäßigen Sekretion von Wachstumshormon (growth hormone = GH) zu einer Vergrößerung der Akren und verschiedener Organe. Ursächlich ist zumeist ein GH-produzierender Tumor im Bereich des Hypophysenvorderlappens. Bei offenen Wachstumsfugen zeigt sich durch den Einfluss von GH klinisch eine Verlängerung der Körpergröße (Gigantismus). Beim Erwachsenen sind vorwiegend die Akren mit Änderung der Physiognomie betroffen. Nicht-sichtbare Effekte sind ein arterieller Hypertonus, eine pathologische Glucosetoleranz sowie tumorbedingte Sehstörungen. Diagnostisch werden die relevanten Hormone (GH und IGF-1) im Blut bestimmt, während mit einer kranialen Bildgebung (CT, MRT) die hypophysiale Tumorgröße eingeschätzt wird. Die Therapie der 1. Wahl besteht in der Entfernung des Tumors (operativ oder per Gamma-Knife). Bei Inoperabilität oder fehlendem primären Therapieerfolg kommen Medikamente zum Einsatz, die eine GH-Freisetzung/Wirkung hemmen.
Epidemiologie
- Häufigkeitsgipfel: 40.–50. Lebensjahr
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Ursächlich ist in den allermeisten Fällen ein Hypophysenvorderlappenadenom mit Überproduktion von Wachstumshormon (ca. 98%)
- Sehr seltene Ursachen (ca. 2%):
- Ektope Wachstumshormon-Produktion durch einen Pankreasinselzelltumor (GHRHom)
- Erhöhte GH-Releasing-Hormon-Produktion durch einen Hypothalamustumor oder paraneoplastisch (z.B. kleinzelliges Lungenkarzinom, medulläres Schilddrüsenkarzinom)
Pathophysiologie
Wachstumshormon (GH) wird im Hypophysenvorderlappen gebildet. Die Regulation der GH-Sekretion erfolgt über den Hypothalamus durch GH-Releasing Hormon (GHRH) (stimulierend) und Somatostatin (hemmend). Die periphere Wirkung von GH wird überwiegend über das in der Leber gebildete IGF-1 (Insulin-like Growth Factor 1) vermittelt. Über einen negativen Feedback-Mechanismus kommt es bei erhöhtem IGF-1 zur Hemmung der GH-Ausschüttung. Bei Akromegalie funktioniert dieser Feedback-Mechanismus nicht in ausreichendem Maße.
Symptomatik
- Sichtbare Veränderungen
- Vergrößerung des Schädels, der inneren Organe und der Akren
- Vergröberung der Gesichtszüge, kloßige (oder tiefere) Sprache durch Vergrößerung der Zunge und des Kehlkopfes
- Nicht-sichtbare Veränderungen
- Pathologische Glucosetoleranz, Diabetes mellitus
- Arterielle Hypertonie
- Sehstörungen (bitemporale Hemianopsie)
- Sekundäre Amenorrhö
- Kopf- und Gliederschmerzen
- Übermäßiges Schwitzen (Hyperhidrosis)
- Obstruktives Schlafapnoesyndrom
- Nervenkompressionssyndrome
- Isoliert auftretend, z.B. als Karpaltunnelsyndrom oder Sulcus-ulnaris-Syndrom
- Multifokale Nervenkompressionssyndrome im Sinne einer Polyneuropathie (Mononeuropathia multiplex)
Bei Manifestation einer Akromegalie vor Abschluss des Längenwachstums (Epiphysenfuge noch nicht geschlossen) kommt es zum Gigantismus mit einer Körperlänge von ≥2 m. Nach Epiphysenfugenschluss führt der GH-Überschuss zu Akro- und Viszeromegalie!
Diagnostik
Therapie
- Interventionelle Verfahren
- Mittel der 1. Wahl
- Operation
- Radiatio
- Mittel der 1. Wahl
- Medikation
- Hemmung der GH-Freisetzung/Wirkung bei Inoperabilität oder unzureichender Primärtherapie
- Dopaminagonisten (z.B. Bromocriptin)
- Somatostatin-Analoga (z.B. Octreotid)
- GH-Rezeptor-Antagonisten (z.B. Pegvisomant)
- Hemmung der GH-Freisetzung/Wirkung bei Inoperabilität oder unzureichender Primärtherapie
Nach operativer Therapie oder Radiatio besteht die Gefahr einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz!
Prognose
Unbehandelt kommt es zu einer Verkürzung der Lebenserwartung um ca. 10 Jahre (vorwiegend durch eine erhöhte Inzidenz von malignen Tumoren). Verbesserung der Prognose bei Reduktion des IGF-1.
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Akromegalie
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- E22.-: Überfunktion der Hypophyse
- E22.0: Akromegalie und hypophysärer Hochwuchs
- Arthropathie in Verbindung mit Akromegalie† (M14.5-*)
- Überproduktion von Somatotropin [Wachstumshormon]
- Exklusive: Erhöhte Sekretion von Somatotropin-Releasing-Hormon aus dem endokrinen Drüsenanteil des Pankreas (E16.8), Konstitutioneller Hochwuchs (E34.4)
- E22.0: Akromegalie und hypophysärer Hochwuchs
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.