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Prolaktinom

Letzte Aktualisierung: 17.3.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Das Prolaktinom ist ein benigner Hypophysenvorderlappentumor aus prolactinproduzierenden Zellen und das am häufigsten auftretende Hypophysenadenom. Infolge der vermehrten Prolactinsekretion kann es zu einer Galaktorrhö, Zyklusstörungen, einer erektilen Dysfunktion und Infertilität kommen. Ein verdrängendes Wachstum kann darüber hinaus mit Sehstörungen, Kopfschmerzen und einer potenziell lebensbedrohlichen Hypophysenvorderlappeninsuffizienz einhergehen.

Zur Diagnosestellung sind die Anamnese und die Bestimmung des Prolactinspiegels wegweisend. Erst wenn die zahlreichen Differenzialdiagnosen einer Hyperprolaktinämie ausgeschlossen wurden (bspw. Schwangerschaft, Einnahme prolaktinerger Medikamente), sollte eine MRT mit Zielaufnahme der Hypophyse erfolgen.

Die Therapie hängt von Adenomgröße, Symptomatik und weiteren individuellen Merkmalen ab. Meist wird medikamentös mit Dopaminagonisten behandelt, auch eine Tumorresektion ist möglich. In Ausnahmefällen kann zunächst abgewartet werden oder eine Bestrahlung erfolgen. Bei gleichzeitig bestehender Hypophysenvorderlappeninsuffizienz müssen eine sekundäre Nebenniereninsuffizienz und eine sekundäre Hypothyreose noch vor Beginn der Prolaktinomtherapie behandelt werden, um eine potenziell lebensgefährliche Addison-Krise oder ein Myxödemkoma zu verhindern!

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Definitiontoggle arrow icon

  • Prolaktinom: Benigner Hypophysenvorderlappentumor (Hypophysenadenom), bestehend aus prolactinproduzierenden (laktotrophen) Zellen → Dauerhafte, unphysiologische Prolactinsekretion → Hyperprolaktinämie
    • Mikroprolaktinom (70–90% der Fälle): Max. Tumordurchmesser <10 mm
      • Wachstumstendenz: Gering
      • Geschlechterverteilung: Frauen deutlich häufiger betroffen
    • Makroprolaktinom (10–30% der Fälle): Max. Tumordurchmesser ≥10 mm
      • Wachstumstendenz: Invasives Wachstum und Kompression umliegender Strukturen möglich
      • Geschlechterverteilung: Eher ausgeglichen
      • Sonderform „Giant prolactinoma“: Tumordurchmesser >40 mm
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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Häufigstes Hypophysenadenom: Ca. 50% aller Hypophysenadenome
  • Altersabhängige Geschlechterverteilung
    • 25–40 Jahre: > (etwa 5–10:1)
    • >50 Jahre: Verhältnis eher 1:1
  • Geschlechtsabhängige Tumorgröße
    • : In 90% der Fälle Mikroprolaktinome
    • : Häufiger Makroprolaktinome

Das Prolaktinom ist das häufigste Hypophysenadenom!

90% der Prolaktinome bei Frauen sind Mikroprolaktinome, die i.d.R. im Alter von 25–40 Jahren diagnostiziert werden! Prolaktinome bei Männern sind häufiger Makroprolaktinome und werden typischerweise im Alter >40 Jahren diagnostiziert.

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Pathophysiologietoggle arrow icon

Physiologische Prolactinsekretion

Pathologische Prolactinsekretion

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Symptomatiktoggle arrow icon

Hormonell bedingte Symptome (durch erhöhten Prolactinspiegel)

  • Auftreten: Bei Mikro- und Makroprolaktinomen möglich

Symptome und Folgen einer Hyperprolaktinämie (geschlechtsspezifisch)

Geschlecht Symptome

Symptome durch verdrängendes Tumorwachstum

Symptome durch verdrängendes Tumorwachstum treten hauptsächlich bei Makroprolaktinomen auf, hormonell bedingte Symptome hingegen auch bei Mikroprolaktinomen!

Ein Prolaktinom kann zu einer potenziell lebensbedrohlichen Hypophysenvorderlappeninsuffizienz führen, die nicht übersehen werden darf!

Weitere mögliche Folgen

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Diagnostiktoggle arrow icon

Anamnese

Körperliche Untersuchung

Labordiagnostik

Prolactin im Serum

Die Höhe des Prolactinspiegels korreliert i.d.R. mit der Größe des Prolaktinoms!

Weitere Hormone des Hypophysenvorderlappens

Je größer das Prolaktinom, desto wahrscheinlicher tritt eine partielle oder komplette Hypophysenvorderlappeninsuffizienz auf!

Bildgebung

Ein kraniale MRT mit Zielaufnahme der Hypophyse ist der radiologische Goldstandard zur Diagnostik eines Prolaktinoms!

Weitere Diagnostik

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Differenzialdiagnosen einer Hyperprolaktinämie

  • Physiologische Ursachen
  • Makroprolaktinämie: Falsch-hohe Prolactinspiegel durch Komplexe aus Prolactin und Anti-Prolactin-IgG
  • Medikamente mit prolaktinerger Wirkung
  • Primäre Hypothyreose: T3/T4↓ → TRH → Stimulation der Prolactinsekretion
  • Nierenfunktionsstörung
  • Leberfunktionsstörung
  • Hormontherapie bei Transfrauen
  • Entzügelungshyperprolaktinämie
    • Ätiologie: Läsionen des Hypophysenstiels oder des suprasellären Syntheseortes von Dopamin, bspw. aufgrund sellärer oder suprasellärer Tumoren, Schädel-Hirn-Traumen, Hypophysitis, neurochirurgischer Eingriffe oder Strahlentherapie
    • Pathophysiologie: Supraselläre Läsion oder Hypophysenstielläsion → Störung der Dopaminbildung und/oder des -transports im tuberoinfundibulären System → Dopaminspiegel↓ → Prolactinspiegel↑
    • Prolactinspiegel i.d.R. <100 ng/mL
  • Epileptischer Anfall: Milder bis moderater Prolactinanstieg nach bis zu 60% der generalisierten tonisch-klonischen oder fokalen Anfälle [5]

Differenzialdiagnosen einer Raumforderung im Bereich der Hypophyse

Häufigkeit unterschiedlicher Raumforderungen im Bereich der Hypophyse [1]
Dignität Raumforderung Häufigkeit
Benigne Hypophysenadenome Hormoninaktiv Ca. 87%
Produktion von Prolactin, GH, ACTH, LH/FSH, TSH
Kraniopharyngeome Ca. 3%
Meningeome Ca. 1%
Rathke-Taschen- und andere Zysten

Ca. 4–5%

Hypophysitis <1%
Hypophysenhyperplasie <1%
Maligne Hypophysenkarzinome <1%
Keimzelltumoren <1%
Metastasen Ca. 1%

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Allgemeine Therapiehinweise

Vor Beginn einer Prolaktinomtherapie ist die Substitution einer kortikotropen und thyreotropen Insuffzienz obligat, um eine potenziell lebensgefährliche Addison-Krise oder ein Myxödemkoma zu verhindern!

Alle Patient:innen mit Hypophysentumoren benötigen eine lebenslange endokrinologische Anbindung!

Medikamentöse Therapie: Dopaminagonisten

  • Wirkweise: Bindung an den Dopaminrezeptor 2 (D2-Rezeptor) im Hypophysenvorderlappen → Prolactinsekretion↓ und Adenomgröße↓
  • Indikationen
  • Therapieziele: Normalisierung des Prolactinspiegels, Rückbildung des hypogonadotropen Hypogonadismus, Verkleinerung des Adenoms mit Besserung von Sehstörungen
  • Allgemeine Hinweise
    • Über mögliche Nebenwirkungen und potenziell lebenslange Therapie aufklären
    • Bei Mikroprolaktinomen und umschriebenen Makroprolaktinomen über OP als Alternative aufklären
    • Therapiebeginn mit niedriger Dosis, Einnahme zur Nacht
    • Dosissteigerung unter Kontrolle von Prolactinspiegel und Verträglichkeit
  • Wirkstoffe
    • Mittel der 1.Wahl: Cabergolin
    • Alternativen (insb. bei Cabergolin-Unverträglichkeit oder -Resistenz): Bromocriptin oder Quinagolid
  • Therapiesteuerung
    • In den ersten Monaten: Erhaltungsdosis anstreben (Prolactinkontrolle und Dosissteigerung alle 4–8 Wochen)
      • Kriterien: Prolactinspiegel normalisiert, max. Tagesdosis erreicht oder Auftreten von Nebenwirkungen
    • Unter Erhaltungsdosis: Regelmäßige Verlaufskontrollen
      • Prolactinkontrolle: Alle (3–)6 Monate
      • MRT-Kontrolle
        • Makroprolaktinom: Nach 3–6 Monaten
        • Mikroprolaktinom: Nach 1 Jahr oder bei unzureichendem Prolactinabfall
        • Jederzeit bei Prolactinanstieg oder neuen Symptomen (bspw. Sehstörungen, starke Kopfschmerzen)
  • Therapieansprechen beurteilen: Anhand des Prolactinspiegels und radiologischer Befunde
    • Unzureichende Wirksamkeit (trotz maximaler oder maximal tolerierter Dosis): Chirurgische Therapie erwägen
    • Gute Wirksamkeit: Im Verlauf vorsichtige Dosisreduktion anstreben
      • Ggf. Auslassversuch erwägen
        • Voraussetzungen: Prolactinspiegel normalisiert und Prolaktinom radiologisch nicht mehr nachweisbar (unter möglichst niedriger Dosis eines Dopaminagonisten und nach mind. 2 Jahren Therapiedauer)
        • Nach Absetzen: Engmaschige Prolactinkontrollen
        • Bei Rezidiv: Erneute medikamentöse Therapie (ggf. dauerhaft), chirurgische Therapie erwägen
  • Nebenwirkungen

Chirurgische Therapie

Entgegen früheren Empfehlungen kann eine transsphenoidale Resektion bei Mikroprolaktinomen und umschriebenen Makroprolaktinomen eine gleichwertige Alternative zur medikamentösen Therapie darstellen!

Strahlentherapie

Substitution bei Hypophysenvorderlappeninsuffizienz

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Prognosetoggle arrow icon

Unter Therapie mit Dopaminagonisten

  • Dauerhafte Therapie (mit Cabergolin)
    • Normalisierung des Prolactinspiegels in 83–90% der Fälle
    • Adenomverkleinerung in 71% der Fälle
  • Nach Auslassversuch der medikamentösen Therapie

Nach chirurgischer Therapie

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Besondere Patientengruppentoggle arrow icon

Kinderwunsch und Schwangerschaft

Mikroprolaktinome

  • Prognose: Relevantes Wachstum während Schwangerschaft nicht zu erwarten
  • Vorgehen bei Kinderwunsch
  • Vorgehen während der Schwangerschaft
    • Dopaminagonist absetzen, klinische Verlaufskontrollen alle 3 Monate
    • Prolactinmessungen: Erst nach Ende der Stillzeit wieder sinnvoll

Makroprolaktinome

  • Prognose: In ca. 20% der Fälle relevantes Wachstum des Prolaktinoms während der Schwangerschaft
  • Vorgehen bei Kinderwunsch
    • Wirksamkeit der medikamentösen Therapie überprüfen (vor Eintritt einer Schwangerschaft!)
    • Bei fehlendem Therapieansprechen: Debulking-OP erwägen
  • Vorgehen während der Schwangerschaft
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Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Prolaktinom

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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