Zusammenfassung
Das Prolaktinom ist ein benigner Hypophysenvorderlappentumor aus prolactinproduzierenden Zellen und das am häufigsten auftretende Hypophysenadenom. Infolge der vermehrten Prolactinsekretion kann es zu einer Galaktorrhö, Zyklusstörungen, einer erektilen Dysfunktion und Infertilität kommen. Ein verdrängendes Wachstum kann darüber hinaus mit Sehstörungen, Kopfschmerzen und einer potenziell lebensbedrohlichen Hypophysenvorderlappeninsuffizienz einhergehen.
Zur Diagnosestellung sind die Anamnese und die Bestimmung des Prolactinspiegels wegweisend. Erst wenn die zahlreichen Differenzialdiagnosen einer Hyperprolaktinämie ausgeschlossen wurden (bspw. Schwangerschaft, Einnahme prolaktinerger Medikamente), sollte eine MRT mit Zielaufnahme der Hypophyse erfolgen.
Die Therapie hängt von Adenomgröße, Symptomatik und weiteren individuellen Merkmalen ab. Meist wird medikamentös mit Dopaminagonisten behandelt, auch eine Tumorresektion ist möglich. In Ausnahmefällen kann zunächst abgewartet werden oder eine Bestrahlung erfolgen. Bei gleichzeitig bestehender Hypophysenvorderlappeninsuffizienz müssen eine sekundäre Nebenniereninsuffizienz und eine sekundäre Hypothyreose noch vor Beginn der Prolaktinomtherapie behandelt werden, um eine potenziell lebensgefährliche Addison-Krise oder ein Myxödemkoma zu verhindern!
Definition
- Prolaktinom: Benigner Hypophysenvorderlappentumor (Hypophysenadenom), bestehend aus prolactinproduzierenden (laktotrophen) Zellen → Dauerhafte, unphysiologische Prolactinsekretion → Hyperprolaktinämie
- Mikroprolaktinom (70–90% der Fälle): Max. Tumordurchmesser <10 mm
- Wachstumstendenz: Gering
- Geschlechterverteilung: Frauen deutlich häufiger betroffen
- Makroprolaktinom (10–30% der Fälle): Max. Tumordurchmesser ≥10 mm
- Wachstumstendenz: Invasives Wachstum und Kompression umliegender Strukturen möglich
- Geschlechterverteilung: Eher ausgeglichen
- Sonderform „Giant prolactinoma“: Tumordurchmesser >40 mm
- Mikroprolaktinom (70–90% der Fälle): Max. Tumordurchmesser <10 mm
Epidemiologie
- Häufigstes Hypophysenadenom: Ca. 50% aller Hypophysenadenome
- Altersabhängige Geschlechterverteilung
- Geschlechtsabhängige Tumorgröße
Das Prolaktinom ist das häufigste Hypophysenadenom!
90% der Prolaktinome bei Frauen sind Mikroprolaktinome, die i.d.R. im Alter von 25–40 Jahren diagnostiziert werden! Prolaktinome bei Männern sind häufiger Makroprolaktinome und werden typischerweise im Alter >40 Jahren diagnostiziert.
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Pathophysiologie
Physiologische Prolactinsekretion
- Außerhalb von Schwangerschaft und Stillzeit
- Basale Sekretion von Prolactin aus Zellen der Adenohypophyse
- Freisetzung von Dopamin („Prolactin-inhibiting Factor“) im Hypothalamus → Prolactinsekretion↓ → keine Wirkung
- Während Schwangerschaft und Stillzeit: Prolactin-Sekretion übersteigt Dopamin-Sekretion → physiologische Hyperprolaktinämie → Wirkung
- Brustwachstum während der Schwangerschaft
- Induktion und Aufrechterhaltung der Laktation nach Geburt
Pathologische Prolactinsekretion
- Durch ein Prolaktinom: Prolactin-Sekretion übersteigt Dopamin-Sekretion → pathologische Hyperprolaktinämie
- Direkte Wirkung: Prolactin↑ → Galaktorrhö
- Indirekte Wirkung: Prolactin↑ → Inhibition hypothalamischer Kisspeptin-Neurone → GnRH-Synthese↓ → Gestörte pulsatile LH/FSH-Ausschüttung → Östrogen-/Testosteronspiegel↓ (hypogonadotroper Hypogonadismus)
Symptomatik
Hormonell bedingte Symptome (durch erhöhten Prolactinspiegel)
- Auftreten: Bei Mikro- und Makroprolaktinomen möglich
Symptome und Folgen einer Hyperprolaktinämie (geschlechtsspezifisch) | |
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Geschlecht | Symptome |
♀ |
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♂ |
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Symptome durch verdrängendes Tumorwachstum
- Auftreten: Überwiegend bei Makroprolaktinomen
- Symptome
- Kopfschmerz durch meningeale Reizung
- Sehstörungen
- Gesichtsfelddefekte: Bitemporale Hemianopsie oder bitemporale superiore Defekte
- Visusminderung
- Doppelbilder
- Symptome einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz
Symptome durch verdrängendes Tumorwachstum treten hauptsächlich bei Makroprolaktinomen auf, hormonell bedingte Symptome hingegen auch bei Mikroprolaktinomen!
Ein Prolaktinom kann zu einer potenziell lebensbedrohlichen Hypophysenvorderlappeninsuffizienz führen, die nicht übersehen werden darf!
Weitere mögliche Folgen
- Hypophysenapoplexie
- Auftreten: Überwiegend bei Makroprolaktinomen
- Symptome: Plötzlich auftretende, sehr starke Kopfschmerzen und Sehstörungen, ggf. partielle oder komplette Hypophysenvorderlappeninsuffizienz
Diagnostik
Anamnese
- Symptome eines Prolaktinoms gezielt erfragen
- Sexualanamnese
- Zyklusanamnese
- Medikamentenanamnese: Medikamente mit prolaktinerger Wirkung, bspw.
- Anfallssuppressiva: Phenytoin
- Antiemetika: Metoclopramid, Domperidon
- Antidepressiva: SSRI, trizyklische Antidepressiva
- Antihypertensiva: α-Methyldopa
- Antipsychotika: Haloperidol, Chlorpromazin, Fluphenazin, Promethazin, Risperidon
- Calciumantagonisten: Verapamil
- H2-Antihistaminika: Cimetidin, Ranitidin
- Opioide: Heroin, Methadon, Morphin
- Familienanamnese: Gehäuftes Auftreten von bestimmten endokrinologischen Erkrankungen (Hinweis auf MEN 1)
Körperliche Untersuchung
- Untersuchung der Brust (erst nach Blutentnahme ): Galaktorrhö
- Fingerperimetrie: Zur groben Untersuchung des Gesichtsfeldes
- Beim Mann: Untersuchung auf Anzeichen für Testosteronmangel
Labordiagnostik
Prolactin im Serum
- Indikationen
- Symptome eines Prolaktinoms, insb. Galaktorrhö
- Labormedizinisch nachgewiesener hypogonadotroper Hypogonadismus
- Nachweis eines Hypophysentumors im MRT
- Grenzwerte
- Männer: <15–22 ng/mL
- Frauen (außerhalb der Schwangerschaft): <21–30 ng/mL
- Vorgehen bei erhöhtem Prolactinspiegel
- Prolactin↑ (jedoch ≤200 ng/mL): (Mikro‑)Prolaktinom oder Entzügelungshyperprolaktinämie möglich
- Ausschluss falsch-hoher Werte
- Bedingungen der Blutentnahme optimieren
- Makroprolaktinämie ausschließen
- Differenzialdiagnosen einer Hyperprolaktinämie ausschließen
- Bei anhaltend erhöhten Prolactinwerten und nach Ausschluss von Differenzialdiagnosen: cMRT mit Zielaufnahme der Hypophyse veranlassen
- Ausschluss falsch-hoher Werte
- Prolactin >200 ng/mL: (Makro‑)Prolaktinom sehr wahrscheinlich
- Prolactin↑ (jedoch ≤200 ng/mL): (Mikro‑)Prolaktinom oder Entzügelungshyperprolaktinämie möglich
- Bei Makroprolaktinom im MRT und Prolaktin <200 ng/mL: Ggf. Anfertigung einer Verdünnungsreihe
Die Höhe des Prolactinspiegels korreliert i.d.R. mit der Größe des Prolaktinoms!
Weitere Hormone des Hypophysenvorderlappens
- Ziele
- Hypophysenvorderlappeninsuffizienz ausschließen
- Kosekretion von GH ausschließen
- Indikationen
- Prolaktinom
- Makroprolaktinom: Bestimmung obligat
- Mikroprolaktinom: Bestimmung empfehlenswert
- Symptome einer Hypophysenvorderlappeninsuffizienz
- Hypophysenoperation: Postoperative Verlaufskontrolle empfohlen
- Prolaktinom
- Vorgehen
- Zeitpunkt: Blutabnahme morgens zwischen 8 und 10 Uhr (sog. basale Werte)
- Laborparameter: Entsprechend der untersuchten Hormonachse
- Bei auffälligen basalen Werten: Ggf. Stimulationstest anschließen (z.B. ACTH-Kurztest für Cortisol, Insulinhypoglykämietest, GHRH-Arginin-Test, Macimorelin-Test, LHRH-Test)
Je größer das Prolaktinom, desto wahrscheinlicher tritt eine partielle oder komplette Hypophysenvorderlappeninsuffizienz auf!
Bildgebung
- Kraniale MRT mit Zielaufnahme der Hypophyse (Goldstandard)
- Indikationen
- Hyperprolaktinämie (erst nach Ausschluss von Differenzialdiagnosen!)
- Typische Gesichtsfeldausfälle (bitemporale Hemianopsie)
- Ziele
- Bestimmung der Tumorgröße
- Beurteilung von Kompression/Infiltration umliegender Strukturen, bspw. A. carotis interna, Sinus cavernosus mit N. oculomotorius, N. trochlearis, N. abducens und oberen Trigeminusästen, Chiasma opticum und Tractus opticus, Sinus sphenoidalis
- Untersuchungsprotokoll [1]
- Zielaufnahme der Hypophyse mit dynamischen Kontrastmittelsequenzen
- Koronare und sagittale Schnittebenen
- Schichtdicke: 1,5–2 mm
- Indikationen
- Computertomografie: Nur sinnvoll bei MRT-Kontraindikationen oder zur Beurteilung knöcherner Strukturen
Ein kraniale MRT mit Zielaufnahme der Hypophyse ist der radiologische Goldstandard zur Diagnostik eines Prolaktinoms!
Weitere Diagnostik
- Ophthalmologische Untersuchung, inkl. qualifizierter Gesichtsfeldprüfung
- Indikationen: Sehstörungen, Kontakt des Prolaktinoms zum Chiasma opticum (in beiden Fällen obligat)
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnosen einer Hyperprolaktinämie
- Physiologische Ursachen
- Schwangerschaft, Stillzeit
- Taktile Stimulation der Mamillen
- Geschlechtsverkehr
- Stress
- Schlaf
- Sport
- Proteinreiche Mahlzeiten
- Alkohol
- Makroprolaktinämie: Falsch-hohe Prolactinspiegel durch Komplexe aus Prolactin und Anti-Prolactin-IgG
- Medikamente mit prolaktinerger Wirkung
- Primäre Hypothyreose: T3/T4↓ → TRH↑ → Stimulation der Prolactinsekretion
- Nierenfunktionsstörung
- Leberfunktionsstörung
- Hormontherapie bei Transfrauen
- Entzügelungshyperprolaktinämie
- Ätiologie: Läsionen des Hypophysenstiels oder des suprasellären Syntheseortes von Dopamin, bspw. aufgrund sellärer oder suprasellärer Tumoren, Schädel-Hirn-Traumen, Hypophysitis, neurochirurgischer Eingriffe oder Strahlentherapie
- Pathophysiologie: Supraselläre Läsion oder Hypophysenstielläsion → Störung der Dopaminbildung und/oder des -transports im tuberoinfundibulären System → Dopaminspiegel↓ → Prolactinspiegel↑
- Prolactinspiegel i.d.R. <100 ng/mL
- Epileptischer Anfall: Milder bis moderater Prolactinanstieg nach bis zu 60% der generalisierten tonisch-klonischen oder fokalen Anfälle [5]
Differenzialdiagnosen einer Raumforderung im Bereich der Hypophyse
Häufigkeit unterschiedlicher Raumforderungen im Bereich der Hypophyse [1] | |||
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Dignität | Raumforderung | Häufigkeit | |
Benigne | Hypophysenadenome | Hormoninaktiv | Ca. 87% |
Produktion von Prolactin, GH, ACTH, LH/FSH, TSH | |||
Kraniopharyngeome | Ca. 3% | ||
Meningeome | Ca. 1% | ||
Rathke-Taschen- und andere Zysten | Ca. 4–5% | ||
Hypophysitis | <1% | ||
Hypophysenhyperplasie | <1% | ||
Maligne | Hypophysenkarzinome | <1% | |
Keimzelltumoren | <1% | ||
Metastasen | Ca. 1% |
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Allgemeine Therapiehinweise
- Therapieoptionen
- Watch-and-wait-Strategie
- Medikamentös: Dopaminagonisten
- Chirurgisch: Transsphenoidale (oder sehr selten transkranielle) Resektion
- Strahlentherapie: Konventionell oder stereotaktisch
- Therapieauswahl (First-Line-Therapie)
- Mikroprolaktinom
- Prämenopausale Frau: Watch-and-wait-Strategie und Hormonersatztherapie oder Dopaminagonisten oder Resektion
- Postmenopausale Frau: Watch-and-wait-Strategie oder Dopaminagonist oder Resektion
- Makroprolaktinom
- Umschriebenes Makroprolaktinom (entspricht Knosp-Klassifikation Grad 0 und 1): Dopaminagonist oder Resektion
- Größeres oder invasiv wachsendes Makroadenom (entspricht Knosp-Klassifikation Grad ≥2): Dopaminagonist
- Mikroprolaktinom
- Bei begleitender Hypophysenvorderlappeninsuffizienz
- Obligat: Substitution einer kortikotropen und thyreotropen Insuffizienz
- Empfohlen: Substitution einer gonadotropen Insuffizienz
Vor Beginn einer Prolaktinomtherapie ist die Substitution einer kortikotropen und thyreotropen Insuffzienz obligat, um eine potenziell lebensgefährliche Addison-Krise oder ein Myxödemkoma zu verhindern!
Alle Patient:innen mit Hypophysentumoren benötigen eine lebenslange endokrinologische Anbindung!
Medikamentöse Therapie: Dopaminagonisten
- Wirkweise: Bindung an den Dopaminrezeptor 2 (D2-Rezeptor) im Hypophysenvorderlappen → Prolactinsekretion↓ und Adenomgröße↓
- Indikationen
- Größere Makroprolaktinome: Therapie der 1. Wahl
- Mikroprolaktinome und umschriebene Makroprolaktinome: Gleichwertige Alternative zu einer OP
- Weitere Indikationen
- Abstillen (Cabergolin und Bromocriptin)
- Akromegalie (nur Bromocriptin zugelassen)
- Therapieziele: Normalisierung des Prolactinspiegels, Rückbildung des hypogonadotropen Hypogonadismus, Verkleinerung des Adenoms mit Besserung von Sehstörungen
- Allgemeine Hinweise
- Über mögliche Nebenwirkungen und potenziell lebenslange Therapie aufklären
- Bei Mikroprolaktinomen und umschriebenen Makroprolaktinomen über OP als Alternative aufklären
- Therapiebeginn mit niedriger Dosis, Einnahme zur Nacht
- Dosissteigerung unter Kontrolle von Prolactinspiegel und Verträglichkeit
- Wirkstoffe
- Mittel der 1.Wahl: Cabergolin
- Alternativen (insb. bei Cabergolin-Unverträglichkeit oder -Resistenz): Bromocriptin oder Quinagolid
- Therapiesteuerung
- In den ersten Monaten: Erhaltungsdosis anstreben (Prolactinkontrolle und Dosissteigerung alle 4–8 Wochen)
- Kriterien: Prolactinspiegel normalisiert, max. Tagesdosis erreicht oder Auftreten von Nebenwirkungen
- Unter Erhaltungsdosis: Regelmäßige Verlaufskontrollen
- Prolactinkontrolle: Alle (3–)6 Monate
- MRT-Kontrolle
- Makroprolaktinom: Nach 3–6 Monaten
- Mikroprolaktinom: Nach 1 Jahr oder bei unzureichendem Prolactinabfall
- Jederzeit bei Prolactinanstieg oder neuen Symptomen (bspw. Sehstörungen, starke Kopfschmerzen)
- In den ersten Monaten: Erhaltungsdosis anstreben (Prolactinkontrolle und Dosissteigerung alle 4–8 Wochen)
- Therapieansprechen beurteilen: Anhand des Prolactinspiegels und radiologischer Befunde
- Unzureichende Wirksamkeit (trotz maximaler oder maximal tolerierter Dosis): Chirurgische Therapie erwägen
- Gute Wirksamkeit: Im Verlauf vorsichtige Dosisreduktion anstreben
- Ggf. Auslassversuch erwägen
- Voraussetzungen: Prolactinspiegel normalisiert und Prolaktinom radiologisch nicht mehr nachweisbar (unter möglichst niedriger Dosis eines Dopaminagonisten und nach mind. 2 Jahren Therapiedauer)
- Nach Absetzen: Engmaschige Prolactinkontrollen
- Bei Rezidiv: Erneute medikamentöse Therapie (ggf. dauerhaft), chirurgische Therapie erwägen
- Ggf. Auslassversuch erwägen
- Nebenwirkungen
- Vegetativ: Übelkeit, Erbrechen, orthostatische Hypotension, Schwindel, Kopfschmerzen
- Psychisch
- Depression
- Impulskontrollstörungen
- Halluzinationen und akute Psychosen
- Vermehrte Tagesmüdigkeit und Schlafattacken
- Fibrosen: Bspw. Herzklappenfibrosen oder Ormond-Syndrom (nur bei Cabergolin und Bromocriptin)
- Folgen einer raschen Adenomschrumpfung: Nur bei Makroprolaktinomen, insg. sehr selten
- Rhinoliquorrhö
- Einblutung in das Adenom (hämorrhagische Hypophysenapoplexie)
Chirurgische Therapie
- Indikationen
- Mikroprolaktinome und umschriebene Makroprolaktinome (gleichwertige Alternative zur medikamentösen Therapie)
- Schneller Visusverlust, V.a. Einblutung und/oder Liquorleck
- Unzureichendes Ansprechen oder Unverträglichkeit der medikamentösen Therapie
- Operationstechnik: Meist transsphenoidale oder selten transkranielle Resektion des Prolaktinoms
- Komplikationen
- Vasopressin-Mangel (ältere Bezeichnung: Diabetes insipidus centralis) – passager oder permanent
- SIADH (passager)
- Hypophysenvorderlappeninsuffizienz
- Liquorfistel mit Rhinoliquorrhö
- Meningitis
- Sehstörungen
- Hirnnervenschädigungen
Entgegen früheren Empfehlungen kann eine transsphenoidale Resektion bei Mikroprolaktinomen und umschriebenen Makroprolaktinomen eine gleichwertige Alternative zur medikamentösen Therapie darstellen!
Strahlentherapie
- Stellenwert: Sehr selten eingesetzt, Wirkeintritt oft erst nach mehreren Jahren
- Technik: Konventionell oder stereotaktisch
- Indikation: Aggressive Tumoren, die auf eine max. medikamentöse und/oder operative Therapie nicht ansprechen
- Komplikationen
- Kurzfristig: Schwäche, Alopezie
- Längerfristig: Hypophysenvorderlappeninsuffizienz , Zweittumoren, Neuritis nervi optici
Substitution bei Hypophysenvorderlappeninsuffizienz
- Therapiebeginn
- Kortikotrope Insuffizienz: Vor Substitution von allen anderen Hormonausfällen und Behandlung des Prolaktinoms
- Thyreotrope Insuffizienz: Nach Substitution einer kortikotropen Insuffizienz, vor Behandlung eines Prolaktinoms
- Gonadotrope Insuffizienz: Bei persistierendem Hypogonadismus (3–6 Monate nach Resektion oder nach Therapiebeginn mit Dopaminagonisten)
- Somatotrope Insuffizienz: Wenn nach Substitution aller anderen Hormonachsen die Lebensqualität weiterhin eingeschränkt ist
- Durchführung: Entsprechend der Therapie bei Hypophysenvorderlappeninsuffizienz
Prognose
Unter Therapie mit Dopaminagonisten
- Dauerhafte Therapie (mit Cabergolin)
- Normalisierung des Prolactinspiegels in 83–90% der Fälle
- Adenomverkleinerung in 71% der Fälle
- Nach Auslassversuch der medikamentösen Therapie
- Erfolgreiche Remission in bis zu 50% der Fälle
- Nach Schwangerschaft und Menopause: Höhere Chance für eine Remission
Nach chirurgischer Therapie
- Bei Mikroprolaktinomen und umschriebenen Makroprolaktinomen: Remissionsraten von 45–80%
Besondere Patientengruppen
Kinderwunsch und Schwangerschaft
Mikroprolaktinome
- Prognose: Relevantes Wachstum während Schwangerschaft nicht zu erwarten
- Vorgehen bei Kinderwunsch
- Therapie mit Dopaminagonist bis zum Eintreten einer Schwangerschaft
- Alternative: Chirurgische Therapie
- Bei persistierendem Hypogonadismus: Behandlung im Kinderwunschzentrum
- Therapie mit Dopaminagonist bis zum Eintreten einer Schwangerschaft
- Vorgehen während der Schwangerschaft
- Dopaminagonist absetzen, klinische Verlaufskontrollen alle 3 Monate
- Prolactinmessungen: Erst nach Ende der Stillzeit wieder sinnvoll
Makroprolaktinome
- Prognose: In ca. 20% der Fälle relevantes Wachstum des Prolaktinoms während der Schwangerschaft
- Vorgehen bei Kinderwunsch
- Wirksamkeit der medikamentösen Therapie überprüfen (vor Eintritt einer Schwangerschaft!)
- Bei fehlendem Therapieansprechen: Debulking-OP erwägen
- Vorgehen während der Schwangerschaft
- Therapie mit Dopaminagonisten beenden oder fortsetzen: Abhängig von Größe und Lage des Adenoms
- Klinische Verlaufskontrollen: Monatlich
- Gesichtsfeldmessungen: Alle 3 Monate
- Bei V.a. relevantes Tumorwachstum
- Kraniale MRT mit Zielaufnahme der Hypophyse (ohne Kontrastmittel!)
- Dopaminagonisten ggf. wieder ansetzen oder Dosis steigern
- Chirurgische Therapie erwägen
Meditricks
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Prolaktinom
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- D35.-: Gutartige Neubildung sonstiger und nicht näher bezeichneter endokriner Drüsen
- D35.2: Hypophyse
- E22.-: Überfunktion der Hypophyse
- E22.1: Hyperprolaktinämie
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.