Zusammenfassung
Die Giardiasis (früher: Lambliasis) ist eine häufige Infektionskrankheit, die durch den weltweit verbreiteten Parasiten Giardia lamblia aus der Gruppe der Protozoen hervorgerufen wird. Besonders verbreitet ist der Erreger in Endemiegebieten der Tropen und Subtropen, weshalb Erkrankungsfälle in Europa häufig nach Auslandsaufenthalten (Reiseerkrankung) auftreten.
Lamblien werden fäkal-oral, z.B. über kontaminiertes Trinkwasser, übertragen und vermehren sich im Magen-Darm-Trakt des Wirts. Dort stören sie die Funktion der Enterozyten und können zu akuten abdominellen Schmerzen, Diarrhöen, grippeähnlichen Symptomen mit Abgeschlagenheit sowie selten Fieber führen. Auch der Übergang in ein chronisches Stadium mit einem Malabsorptionssyndrom ist möglich. Häufig verläuft die Infektion jedoch asymptomatisch.
Eine Erregerdiagnostik erfolgt bei ambulant erworbener Gastroenteritis nicht routinemäßig. Bei Verdacht auf eine Giardiasis ist insbesondere der mikroskopische Nachweis von Zysten oder Trophozoiten im Stuhl von Bedeutung; ergänzend oder in unklaren Fällen können weitere diagnostische Verfahren (z.B. Antigennachweis durch ELISA) erfolgen. Therapie der 1. Wahl ist die antibiotische Behandlung mit Metronidazol, unter der die Infektion i.d.R. folgenlos ausheilt.
Epidemiologie
- Verbreitung
- Inzidenz
- Weltweit: Jährlich bis zu 200 Millionen Menschen
- Deutschland: 4,5 Fälle/100.000 Einwohner pro Jahr
- Besonders häufig
- Kinder <5 Jahre
- Erwachsene zwischen 20 und 29 Jahren
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Erreger: Giardia lamblia
- Formen
- Trophozoit
- Aktive, fortpflanzungsfähige Form des Erregers
- Oval, zwei Zellkerne und vier Geißelpaare
- Zyste (infektiöse Form)
- Resistente Dauerform des Erregers, die z.T. über Monate überlebensfähig bleibt
- Oval, vier Zellkerne
- Trophozoit
- Infektionsweg und Lebenszyklus: Orale Aufnahme der Zysten über kontaminiertes Trinkwasser oder kontaminierte Nahrungsmittel
- Inkubationszeit: 3–25 Tage, im Mittel 7–10 Tage [1]
Pathophysiologie
- Pathogenese: Genauer Ablauf unklar
Symptomatik
- Verlaufsformen
- Asymptomatischer Verlauf möglich
- Akut
- Voluminöse, schaumige und fettreiche Diarrhö (Risiko der Dehydratation!)
- Grippeähnliche Symptome mit abdominellen Beschwerden, Meteorismus, Krämpfen, Abgeschlagenheit, Übelkeit und Erbrechen
- Chronisch: Rezidivierende Diarrhöen und Oberbauchbeschwerden mit Gewichtsabnahme (Malabsorptionssyndrom) sowie ausgeprägtem Meteorismus möglich
Diagnostik
Generell erfolgt bei ambulant erworbenen Gastroenteritiden keine routinemäßige Erregerdiagnostik, da sie in den meisten Fällen selbstlimitierend sind und der Erregernachweis somit häufig konsequenzlos ist [2]. Gibt es jedoch anamnestische Hinweise (Reiseanamnese!) auf eine Giardiasis, ist eine Erregerdiagnostik sinnvoll.
- Goldstandard: Stuhluntersuchung mit mikroskopischem Nachweis der Zysten und Trophozoiten im Stuhl
- Ergänzende Verfahren
- Antigennachweis im Stuhl mittels ELISA
- Direkte Immunfluoreszenzverfahren mit monoklonalen Antikörpern
- Bei immundefizienten Patienten mit fehlendem Erregernachweis bzw. Nicht-Ansprechen auf eine Therapie: Endoskopie mit Biopsie
- Bei schwerem Verlauf
- Blutbild, Retentionsparameter, CRP, Elektrolyte
- Bei Fieber Abnahme von Blutkulturen
- Ggf. bildgebende Verfahren (Sonografie, CT)
Differenzialdiagnosen
- Andere infektiöse Enteritiden (siehe auch Durchfall)
- Bei chronischer Diarrhö und Malabsorptionssyndrom
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
- Symptomatische Maßnahmen
- Rehydratation
- Mittels oraler Rehydratationslösung (z.B. „WHO-Trinklösung“)
- Ggf. intravenöse Flüssigkeitssubstitution
- Ggf. analgetische Therapie mit
- Ggf. spasmolytische Therapie mit
- bspw. Butylscopolamin p.o. oder i.v.
- Rehydratation
- Antibiotische Therapie
- Mittel der 1. Wahl: Metronidazol p.o. oder in schwerwiegenderen Fällen i.v.
- Bei stationärer Aufnahme: Isolation!
Meldepflicht
- Arztmeldepflicht
- Nach IfSGMeldeVO (nur in Sachsen )
- Namentliche Meldung von Erkrankung oder Tod durch Giardia lamblia oder Ausscheidern von Giardia lamblia
- Nach IfSGMeldeVO (nur in Sachsen )
- Labormeldepflicht nach § 7 IfSG
- Namentliche Meldepflicht bei Erregernachweis von Giardia lamblia
Prävention
- Hygienemaßnahmen
- Regelmäßiges Händewaschen, insb. nach Toilettengang oder Wickeln, idealerweise auch Händedesinfektion
- Desinfektion der Klobrille
- Sofern möglich: Nutzung einer separaten Toilette durch erkrankte Person
- Handtücher nicht teilen
- Regelmäßiges Waschen von Handtüchern und Bettwäsche bei 60°C
- Kein Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder <6 Jahren
- Beschäftigungsverbot für Patienten, die in der Lebensmittelindustrie tätig sind
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Giardiasis
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.