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HIV-Infektion

Letzte Aktualisierung: 22.1.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Seit Beginn der weltweiten HIV-Pandemie in den 1980er-Jahren sind mittlerweile fast 40 Millionen Menschen an einer HIV-Infektion verstorben. Das hierfür ursächliche humane Immundefizienzvirus (HIV) ist ein RNA-Virus aus der Familie der Retroviren und wird sexuell, parenteral oder vertikal (von der Mutter auf das Kind) übertragen. Während in einigen Nationen der Welt mehr als 20% der Bevölkerung betroffen sind, sind in Deutschland ca. 0,1% der Menschen infiziert. Das Virus befällt bevorzugt CD4+-T-Zellen, sodass es bei der unbehandelten Erkrankung im Verlauf zu einem zellulären Immundefekt kommt.

Wenige Tage nach Infektion kommt es meist zu einer akuten HIV-Infektion, die sich mit Fieber, Abgeschlagenheit und einem Virusexanthem äußert. Unbehandelt folgt eine Latenzphase, auch chronische HIV-Infektion genannt, die häufig über Jahre asymptomatisch verläuft. Mit abnehmender Anzahl der CD4+-T-Zellen können intermittierend Symptome der zunehmenden Immunschwäche auftreten (z.B. Herpes zoster, Mundsoor). Unbehandelt kommt es zum AIDS (Acquired Immunodeficiency Syndrome), das durch das Auftreten sog. AIDS-definierender Erkrankungen gekennzeichnet ist, zu denen einige opportunistische Infektionen (z.B. Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie, zerebrale Toxoplasmose, Soorösophagitis), aber auch Malignome (Burkitt-Lymphom, Kaposi-Sarkom) gehören.

Diagnostisch wird i.d.R. ein Suchtest (ELISA) mit einem Bestätigungstest (Immunoblot) kombiniert. Zur Behandlung erfolgt eine antiretrovirale Therapie (ART), die zur Unterdrückung der Virusreplikation und zu einem Anstieg der CD4+-T-Zellen führt. Personen unter effektiver ART sind nicht ansteckend und haben eine nahezu normale Lebenserwartung. In der Bekämpfung der Pandemie spielen die Verhinderung der vertikalen Transmission bei HIV in der Schwangerschaft, die Präexpositions- (PrEP) und Postexpositionsprophylaxe (PEP) eine wichtige Rolle.

Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS-Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion “Tipps & Links".

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Epidemiologietoggle arrow icon

Stand Ende 2020

Prävalenz [1][2]

Inzidenz [1][2][5]

  • Deutschland: Ca. 2.500 Neuinfektionen
    • Risikogruppen: MSM (55% aller Neuinfektionen), i.v. Drogenkonsumierende (18% aller Neuinfektionen)
  • Weltweit: Ca. 1,5 Mio. Neuinfektionen
    • Kinder: 300.000 Neuinfektionen unter Kindern und Jugendlichen pro Jahr [4]

Mortalität [1][2][6]

  • Deutschland: Ca. 380 Todesfälle/Jahr
  • Weltweit: Ca. 680.000 Todesfälle/Jahr

Weltweit leben fast 40 Millionen Menschen mit HIV-Infektion, davon etwa 100.000 in Deutschland!

Während in Deutschland der überwiegende Anteil der Menschen mit HIV MSM sind, sind weltweit überwiegend Frauen und Personen nach heterosexuellen Sexualkontakten betroffen!

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Erregertoggle arrow icon

HI-Virus [7]

Replikationszyklus

  1. Bindung an Wirtszelle: Oberflächenprotein gp120 des HI-Virus bindet an CD4-Rezeptor einer menschlichen Zelle
  2. Fusion mit der Wirtszelle
    • Bindung von Korezeptoren (CCR5, CXCR4) der menschlichen Zelle: Fusion der Virushülle mit der Lipiddoppelschicht der menschlichen Zelle [8]
    • Freisetzung der Virus-RNA und viraler Proteine (z.B. Transkriptase, Integrase) ins Zytoplasma der menschlichen Zelle
  3. Reverse Transkription der Virus-RNA: Viruseigene reverse Transkriptase schreibt virale RNA in provirale DNA um
  4. Integration proviraler DNA
    • Provirale DNA wandert in den Zellkern der menschlichen Zelle
    • Viruseigene Integrase baut provirale DNA in das menschliche Genom ein
  5. Produktion neuer Virusbestandteile: Nutzung physiologischer Replikationsmechanismen der menschlichen Zelle
  6. Bildung unreifer, nicht-infektiöser HI-Viren
  7. Freisetzung und Reifung

Virämie und Depletion von CD4+-T-Zellen [9]

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Übertragungtoggle arrow icon

Die Übertragung des HI-Virus hängt von der Kontagiosität der Person mit HIV und dem Infektionsweg ab. Es wird eine vertikale Übertragung (von Mutter auf Kind) von einer horizontalen (parenteral oder sexuell) unterschieden.

Übertragbarkeit [7]

  • Abhängig von der Viruslast
  • Höchste Ansteckungsfähigkeit
  • Infektiosität auch unter Therapie möglich
    • Erneuter Anstieg der Viruslast durch z.B. unregelmäßige Medikamenteneinnahme, Resistenzen

Unter kontinuierlicher ART und konstanter Viruslast <50 RNA-Kopien/mL ist praktisch kein Transmissionsrisiko vorhanden!

Die Benutzung von Kondomen ist dennoch zum Schutz vor anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen sinnvoll!

Infektionswege [7][10]

Horizontal

Das HI-Virus wird durch infizierte Körperflüssigkeiten (Blut, Sperma, Darm- bzw. Vaginalsekret etc.) von Mensch zu Mensch übertragen [10]. [11]

Das höchste Infektionsrisiko für HIV besteht bei ungeschütztem Analverkehr, insb. für rezeptive Partner:innen!

Vertikal

Kein Infektionsrisiko

  • Soziale Kontakte
  • Küssen
  • Insektenstiche
  • Nahrungsmittel oder Trinkwasser
  • Kontakt intakter Haut mit virushaltiger Körperflüssigkeit
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Symptomatiktoggle arrow icon

Verlauf der HIV-Infektion [7][13]

Durch die Aufklärung, die Verfügbarkeit einer niederschwelligen Diagnostik und die antiretrovirale Therapie tritt der „klassische“ Verlauf einer unbehandelten HIV-Infektion in Deutschland i.d.R. nur bei Personen mit unbekannter Infektion oder fehlender Therapieadhärenz auf.

Akute HIV-Infektion

Die akute HIV-Infektion tritt in ca. 80% der Infektionen auf und äußert sich ähnlich einer infektiösen Mononukleose!

Chronische HIV-Infektion/Latenzphase [13][14][15]

Zur chronischen HIV-Infektion gehören unspezifische Symptome sowie Erkrankungen, die mit dem progredienten Immundefekt und der ursächlichen HIV-Infektion assoziiert sind, aber nicht zu den AIDS-definierenden Erkrankungen gehören!

Allgemeinsymptome

Opportunistische Infektionen

Weitere HIV-assoziierte Veränderungen

Im Verlauf der HIV-Infektion kommt es neben Allgemeinsymptomen (Lymphadenopathie, Gewichtsverlust) durch den zellulären Immundefekt gehäuft zu (opportunistischen) Infektionen!

Bei Herpes zoster oder seborrhoischem Ekzem sollte ein HIV-Test angeboten werden!

AIDS (Acquired Immunodeficiency Syndrome) [17]

  • Definition: Auftreten sog. AIDS-definierender Erkrankungen im Rahmen einer HIV-Infektion
  • Häufigkeit: Ca. 30–50% der Personen mit neu diagnostizierter HIV-Infektion haben AIDS-definierende Erkrankungen [13]
  • Zeitpunkt: Unbehandelt einige Jahre nach Erstinfektion mit HIV
    • Latenzzeit sehr unterschiedlich, im Median nach 8–10 Jahren
Übersicht über die AIDS-definierenden Erkrankungen
Infektionen
Malignome
Weitere Erkrankungen

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CDC-Stadientoggle arrow icon

  • Ziel: Erfassung der Stadien bei Erstdiagnose und ggf. bei Krankheitsprogress
  • Zweck: Epidemiologische Überwachung zur Evaluation bisheriger Präventionsmaßnahmen und der medizinischen Versorgung von Personen mit HIV

Das CDC-Stadium wird bei Progression hochgestuft, aber nie zurück, sodass das Stadium insb. bei therapierten Personen nichts über die aktuelle klinische Symptomatik oder Kontrolle der HIV-Infektion aussagt!

Klassische CDC-Stadien [19]

Klassische CDC-Stadien

CD4+-T-Zell-Zahl pro μL

HIV Stadium A

HIV Stadium B

HIV Stadium C

≥500 A1 B1 C1
200–499 A2 B2 C2
<200 A3 B3 C3

Die klassischen CDC-Stadien setzen sich aus einem Buchstaben (A–C je nach klinischem Stadium) und einer Zahl (1–3 je nach CD4+-T-Zell-Zahl) zusammen.

Aktuelle CDC-Stadien (2014) [17]

  • Aktuell gültige Revision der klassischen CDC-Stadieneinteilung von 2014
  • Stadieneinteilung
    • Stadium 0: Solange nur ein Test positiv ist
    • Stadium unbekannt: Solange die CD4+-T-Zell-Zahl unbekannt ist
    • Stadium 1–3
      • Positiver Such- und Bestätigungstest und
      • Einteilung nach CD4+-T-Zell-Zahl
    • Besonderheit Stadium 3: Bei Diagnose einer AIDS-definierenden Erkrankung erfolgt die Einstufung unabhängig von der CD4+-T-Zell-Zahl
CDC-Stadien 2014 (abhängig vom Lebensalter)
Alter <1 Jahr Alter 1–5 Jahre Alter ≥6 Jahre

CD4+-T-Zellen

1
  • ≥1.500/μL
  • ≥34%
  • ≥1.000/μL
  • ≥30%
  • ≥500/μL
  • ≥26%
2
  • 750–1.499/μL
  • 26–33%
  • 500–999/μL
  • 22–29%
  • 200–499/μL
  • 14–25%
3
  • <750/μL
  • <26%
  • <500/μL
  • <22%
  • <200/μL
  • <14%
Unabhängig von CD4+-T-Zell-Zahl: Bei AIDS-definierender Erkrankung
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Diagnostiktoggle arrow icon

HIV-Tests [7][13][20][21]

Grundlegendes zum HIV-Test

  • Indikation: Je nach individueller Berufs-, Sexual- und Drogenanamnese sowie bei Personen mit erhöhter Prävalenz
  • Obligat vor Testung
    • Ärztliche Aufklärung über Testung und Folgen eines positiven Ergebnisses
    • Informierte Einwilligung (meist mündlich)
  • Durchführung: Zweistufentest (Screening- und Bestätigungstest) an je zwei Blutproben
  • Diagnostische Lücke: Abhängig vom Test
  • Vorgehen
    • Nach Risikokontakt: Test frühestens nach 3 Wochen, ggf. erneut nach 6–12 Wochen zum sicheren Ausschluss , siehe auch: HIV-PEP oder PrEP
    • Bei unklaren Testergebnissen : Wiederholung nach 2–3 Wochen
    • Kommunikation positiver Befunde: Das Überbringen einer HIV-Diagnose ist herausfordernd

Der Wunsch nach einem HIV-Test kann auf ein erhöhtes Risiko hinweisen und ist meist eine ausreichende Indikation für einen HIV-Test!

Ein anonymer HIV-Test kann in den Beratungsstellen der Gesundheitsämter und entsprechender Organisationen (bspw. Deutsche Aidshilfe e.V.) durchgeführt werden! [22]

Zweistufentest

  1. Screening-Test: Hohe Sensitivität zum sicheren Erkennen infizierter Personen
    • ELISA (kombinierter Antikörper-Antigen-p24-Test)
  2. Bestätigungstest: Hohe Spezifität zur Detektion falsch-positiver Screening-Testergebnisse

1. Screening-Test

Bei V.a. eine akute HIV-Infektion sollte zusätzlich zum kombinierten Antikörper-Antigen-Test wegen der diagnostischen Lücke eine HIV-PCR durchgeführt werden!

2. Bestätigungstest

  • Immunoblot (Western- oder Lineblot): Antikörpertest
  • HIV-PCR (Nukleinsäuretest): Nachweis von HIV-RNA
    • Zuverlässigkeit: Hohe Sensitivität und Spezifität
    • Positives Testergebnis: ≥1.000 RNA-Kopien/mL (HIV-1-PCR positiv)
    • Unklares Testergebnis: <1.000 RNA-Kopien/mL → Durchführung eines zusätzlichen Immunoblot-Tests (sowie zusätzlich einer HIV-2-PCR bei serologischem Verdacht)
    • Differenzierung von HIV-1 und -2: Mittels typspezifischer PCR möglich
  • Besonderheiten beim Testen von Neugeborenen
    • Bestätigung eines positiven HIV-PCR-Ergebnisses durch erneute HIV-PCR erforderlich
    • Falsch-negative Ergebnisse bei antiretroviraler Behandlung des Neugeborenen möglich

Bei V.a. HIV-Infektion sollte nach Einwilligung ein Suchtest (kombinierter Antikörper-Antigen-p24-Test) und bei positivem Befund zusätzlich ein Bestätigungstest (Immunoblot oder HIV-PCR) durchgeführt werden!

HIV-Selbsttest [13][23]

Diagnostik bei HIV-Erstdiagnose [13][21]

Ausschluss von Koinfektionen

Bei HIV-Erstdiagnose (und ggf. erneut im Verlauf) sollten andere Infektionserkrankungen ausgeschlossen werden.

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Therapietoggle arrow icon

Die Therapie der HIV-Infektion besteht aus einer Kombination mehrerer virostatischer Substanzen, der sog. antiretroviralen Therapie (ART). Sie wird nach Diagnosestellung begonnen und lebenslang fortgeführt. Für weiterführende klinische Informationen siehe auch:

Grundsätze der HIV-Therapie [7][13][15][21]

„Test and treat“ – jede Person mit nachgewiesener HIV-Infektion hat die Indikation zur antiretroviralen Therapie!

Die Therapieadhärenz der Patient:innen ist essenziell, um eine Resistenzentwicklung zu vermeiden!

Zusätzlich zur ART sollte bei CD4+-T-Zellen ≤200/μL die Primärprophylaxe mit Cotrimoxazol nicht vergessen werden!

Verlaufskontrollen bei HIV-Infektion

Begleitende Maßnahmen

  • Selbsthilfegruppen
  • Psychosoziale Beratung
  • Gesundheitstrainings
  • Einbeziehung von Sexualpartner:innen
    • HIV-PrEP: Anlassunabhängige Dauerprophylaxe
    • HIV-PEP: Anlassbezogene Postexpositionsprophylaxe
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Substanzklassen der HIV-Therapietoggle arrow icon

Die antiretrovirale Therapie besteht u.a. zur Vermeidung einer Resistenzbildung aus mehreren Substanzen mit verschiedenen Wirkmechanismen.

Nukleosidische/nukleotidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NRTI)

Nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI)

Protease-Inhibitoren (PI)

Integrase-Inhibitoren

  • Wirkmechanismus: Integrationshemmung der HIV-DNA in die genomische DNA der Wirtszelle
  • Wirkstoffe: Bspw. Elvitegravir, Raltegravir, Dolutegravir, Bictegravir, Cabotegravir
  • Vor- und Nachteile

Weitere Substanzklassen

  • Kapsid-Inhibitoren: Lenacapavir [25]
    • Wirkmechanismus: Hemmung der Virusreplikation durch Inhibition der Kapsidfunktion
    • Zulassung: Zur Kombinationstherapie multiresistenter HIV-1-Infektionen
    • Anwendung: Initial orale Aufsättigung, danach s.c. alle 6 Monate
  • CCR5-Inhibitoren: Maraviroc
    • Wirkmechanismus: Fusionshemmung durch Inhibition des Korezeptors CCR5
  • Fusions-Inhibitoren: Enfuvirtid
    • Wirkmechanismus: Fusionshemmung durch Inhibition des Glykoproteins gp41
  • Attachment-Inhibitoren: Fostemsavir, Ibalizumab

NRTI enden meist auf „-in", Protease-Inhibitoren auf „-navir", Integrase-Inhibitoren auf „-gravir“ und NNRTI haben in der Mitte die Silbe „-vir-".

Das Interaktionspotenzial vieler antiretroviraler Medikamente sollte beachtet werden!

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Antiretrovirale Therapie (ART)toggle arrow icon

Grundsätzliches

Empfohlene Therapieregime

  • Klassische Kombinationsmöglichkeiten
  • Neuere Therapieregime

Therapieregime nach erfolgter Resistenztestung

Antiretrovirale Initialtherapie [21]
Eintablettenregime
(2) NRTI + Integrase-Inhibitor

Tenofoviralafenamid (TAF) + Emtricitabin (FTC) + Bictegravir (BIC)

Tenofoviralafenamid (TAF) + Emtricitabin (FTC) + Elvitegravir/c (EVG)

Abacavir (ABC) + Lamivudin (3TC) + Dolutegravir (DTG)

Lamivudin (3TC) + Dolutegravir (DTG)

2 NRTI + NNRTI

Tenofovirdisoproxilfumarat (TDF) + Lamivudin (3TC) + Doravirin (DOR)

Emtricitabin (FTC) + Rilpivirin (RPV) + Tenofovirdisoproxilfumarat (TDF) oder Tenofoviralafenamid (TAF)

2 NRTI + Protease-Inhibitor Tenofoviralafenamid (TAF) + Emtricitabin (FTC) + Darunavir (DRV)
Mehrtablettenregime
2 NRTI + Integrase-Inhibitor

Dolutegravir (DTG) + Tenofoviralafenamid (TAF) / Emtricitabin (FTC) oder Tenofovirdisoproxilfumarat (TDF) / Emtricitabin (FTC)

Raltegravir (RAL) + Abacavir (ABC) / Lamivudin (3TC) oder Tenofoviralafenamid (TAF)/Emtricitabin (FTC) oder Tenofovirdisoproxilfumarat (TDF)/Emtricitabin (FTC)
2 NRTI + NNRTI Doravirin (DOR) + Tenofoviralafenamid (TAF)/Emtricitabin (FTC) oder Tenofovirdisoproxilfumarat (TDF)/Emtricitabin (FTC) oder Abacavir (ABC)/Lamivudin (3TC)
2 NRTI + Protease-Inhibitor Darunavir (DRV) + Abacavir (ABC) / Lamivudin (3TC) oder Tenofoviralafenamid (TAF) / Emtricitabin (FTC)

Therapieregime bei ausstehender Resistenztestung

Der Beginn und die Steuerung einer antiretroviralen Therapie sollten durch HIV-Schwerpunktärzt:innen erfolgen!

Bei Koinfektion mit Hepatitis B oder C sind hepatotoxische Substanzen kontraindiziert!

Therapieversagen unter ART

  • Definition [21][26]
    • Viruslast >50 RNA-Kopien/mL nach 3–6 Monaten oder
    • Erneuter Anstieg der Viruslast >50 RNA-Kopien/mL
  • Vorgehen
  • Alternativtherapie: Nur in Konsultation mit spezialisierten Infektiolog:innen
    • Absetzen der unwirksamen Medikamente: Alle Substanzen gleichzeitig unter Beachtung der jeweiligen Halbwertszeiten
    • Einsatz zweier bisher nicht genutzter Substanzen, gegen die keine Resistenz vorliegt
    • Bei HBV-Koinfektion: Fortsetzung HBV-wirksamer Therapie
    • Therapieunterbrechungen möglichst vermeiden

Bei Beginn oder Umstellung von Begleitmedikation sollten Interaktionen mit der ART überprüft werden!

Komplikationen der antiretroviralen Therapie

Die hier genannten Komplikationen treten ausschließlich therapieassoziiert auf. Auch andere Erkrankungen und Komplikationen entstehen anteilig durch die ART, siehe auch: HIV-Polyneuropathie, HIV-assoziiertes kardiovaskuläres Risiko.

Immunrekonstitutionelles inflammatorisches Syndrom (IRIS) [13][18]

  • Synonym: Immunrekonstitutionssyndrom
  • Definition: Verschlechterung oder Neuauftreten eines infektiologischen oder inflammatorischen Geschehens in zeitlichem Zusammenhang mit dem ART-Beginn
    • Paradoxes IRIS: Verschlechterung eines infektiologischen oder inflammatorischen Geschehens
    • Unmasking IRIS: Neuauftreten eines infektiologischen oder inflammatorischen Geschehens
  • Definierende Kriterien der INSHI
    • Klinische Verschlechterung/Neuauftreten einer Infektion oder Inflammation im zeitlichen Zusammenhang mit Beginn einer ART
    • Ansprechen der HIV-Infektion auf ART
    • Symptomatik nicht erklärbar durch
  • Häufigkeit: In den ersten 3 Monaten nach ART-Einleitung ca. 5–10%
  • Risikofaktoren: CD4+-T-Zell-Zahl <50/μL und hohe Viruslast bei ART-Beginn
  • Klinisches Bild: Sehr variabel
  • Therapie
    • Behandlung der jeweiligen Erkrankung
    • ART fortführen trotz IRIS
    • Milde Allgemeinsymptome: Ggf. NSAR
    • Je nach Ursache des IRIS auch Glucocorticoide, z.B. bei Tuberkulose
  • Prophylaxe bei ART-Beginn
  • Prognose: Allgemein gut, Besserung i.d.R. ohne spezifische Therapie

Falls sich HIV-Infizierte mit niedrigen CD4+-T-Zellen (≤200/μL) innerhalb der ersten 3 Monate nach ART-Einleitung klinisch verschlechtern, sollte an ein IRIS gedacht und nach der Ursache gesucht werden!

Lipodystrophiesyndrom

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Überblick über Prophylaxe und Therapie opportunistischer Infektionentoggle arrow icon

In der Therapie von HIV-infizierten Personen ist neben der ART auch die medikamentöse Prophylaxe und ggf. Therapie opportunistischer Infektionen von Bedeutung.

Generell ist eine effektive HIV-Therapie (ART) entscheidend, um das Risiko opportunistischer Infektion zu minimieren!

Alle Personen mit HIV und daraus resultierenden CD4+-T-Zellen ≤200/μL sollten eine Primärprophylaxe mit Cotrimoxazol erhalten – weitere Prophylaxen sind i.d.R. nur nach durchgemachter Infektion indiziert! [29]

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Komplikationentoggle arrow icon

Die Komplikationen einer HIV-Infektion sind vielfältig: Zu den häufigsten gehören (opportunistische) Infektionen, die infolge des Immundefekts entstehen. Langfristige Komplikationen sind oft Folge einer direkten Schädigung durch das HI-Virus oder treten als Nebenwirkungen einer antiretroviralen Therapie auf. Von zunehmender Bedeutung sind HIV-assoziierte Malignome. [13][15]

Übersicht

Im Folgenden wird nur ein Teil der HIV-assoziierten Komplikationen aufgeführt. Für einen Überblick aller opportunistischen und AIDS-definierenden Erkrankungen siehe auch: Symptome/Klinik einer HIV-Infektion.

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Opportunistische Infektionentoggle arrow icon

Opportunistische Infektionen sind eine Gruppe von Erkrankungen durch fakultativ pathogene Erreger. Bei Immunkompetenten treten diese Erkrankungen i.d.R. nicht auf, erst bei Immunsuppression (z.B. einer HIV-Infektion) führen die Erreger zu einer Infektionserkrankung. Bei einer HIV-Infektion treten sie meist abhängig von der CD4+-T-Zellzahl auf .

Zerebrale Toxoplasmose [13][15][18][27]

Die zerebrale Toxoplasmose ist die häufigste opportunistische Erkrankung des ZNS!

(Chronische intestinale) Kryptosporidiose [13][37]

Bei Immunsuppression (insb. HIV) und schweren, anhaltenden Diarrhöen sollte an eine Kryptosporidiose gedacht und Stuhl unter Angabe der Immunsuppression in ein entsprechendes Labor verschickt werden!

Cystoisosporiasis [13][15][40]

  • Definition: Fäkal-oral übertragene Infektionserkrankung der (Sub‑)Tropen, die durch das Protozoon Cystoisospora belli verursacht wird und sich insb. bei Immunsuppression als teilweise chronisch verlaufende Enteritis präsentiert
  • Erreger: Cystoisospora belli (Protozoen)
  • Ätiologie
    • Insb. in (sub‑)tropischen Regionen vorkommend
    • Übertragung: Fäkal-oral
  • Klinisches Bild: Wenige Tage andauernd (bei Immunkompetenten) bis chronischer Verlauf
  • Diagnostik: Stuhlmikroskopie mit Nachweis der Oozysten
  • Therapie
  • Sekundärprophylaxe: Erhaltungstherapie mit Cotrimoxazol [29]
  • Prävention: Vermeidung fäkal-oraler Übertragung durch allgemeine Hygienemaßnahmen

Die Cystoisosporiasis verursacht gastrointestinale Beschwerden und tritt reiseassoziiert auf!

Kryptokokkose (Kryptokokkus-Meningitis und disseminierte Kryptokokkose) [15][27]

Die Kryptokokkose ist eine Erkrankung mit hoher Mortalität bei Personen mit HIV (insb. in Afrika und Asien) und schweren T-Zell-Defekten unter Immunsuppression!

Kokzidioidomykose („Valley Fever“) [13][40][45][46]

Histoplasmose („Cave Disease“) [13][15][40]

Talaromykose [13][15][50]

Mikrosporidiose [13]

  • Definition: Infektionserkrankung durch intrazelluläre Pilze, die zu Diarrhö bei Immunsuppression führen können (insb. bei HIV-Infektion mit CD4+-T-Zellen ≤50/μL)
  • Klinisches Bild: (Wässrige) Diarrhö ± abdominelle Krämpfe, Übelkeit/Erbrechen, seltener mit Gallengangsbeteiligung
  • Diagnostik: Stuhlmikroskopie (in erfahrenem Labor)

Progressive multifokale Leukoenzephalopathie (PML, JC-Virus-Infektion) [13][27]

  • Definition: Infektionserkrankung des ZNS durch Reaktivierung des JC-Virus, die mit progredienten sensomotorischen Defiziten und Wesensveränderung einhergeht und bei Immunsuppression auftritt (insb. bei HIV, Natalizumab-Therapie)
  • Ätiologie
    • Erreger: Weltweit verbreitetes JC-Virus mit hoher Durchseuchungsrate
    • Risiko: Dauerhafte Suppression der zellulären Immunität (HIV , Therapie mit immunsupprimierenden Antikörpern wie z.B. Natalizumab)
  • Klinisches Bild: Symptomatik ist abhängig von der Lokalisation der ZNS-Herde, wobei vielfältige motorische, sensorische und kognitive Störungen typisch sind
  • Diagnostik [51]
  • Therapie
    • Optimierung der antiretroviralen Therapie (zur Verbesserung des Immunstatus)
    • Ggf. Teilnahme an experimentellen Studien [52]
  • Prognose: Immunrekonstitution kann zu Teilremission und Stabilisierung über Jahre führen, hohe Letalität

Blutstrominfektion mit nicht-typhoiden Salmonellen (Salmonellen-Septikämie) [13][40]

Alle HIV-Patient:innen mit Salmonellose sollten aufgrund einer erhöhten Mortalität eine Antibiotikatherapie erhalten!

Bazilläre Angiomatose [13][15][40]

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HIV-assoziierte Komplikationentoggle arrow icon

Übersicht [13][15]

Wasting-Syndrom [13]

HIV-1-assoziiertes neurokognitives Defizit (HAND)

  • Veraltetes Synonym: HIV-Enzephalopathie
  • Definition: Chronische Verschlechterung der Kognition aufgrund einer durch das HI-Virus verursachten neuronalen Schädigung
  • Risikofaktoren
  • Häufigkeit: 20–50% aller Personen mit HIV
  • Stadien
    1. Asymptomatische neurokognitive Beeinträchtigung
    2. Mildes neurokognitives Defizit
    3. HIV-assoziierte Demenz
  • Klinisches Bild: Motorische, kognitive und emotionale Einschränkungen bis hin zu Demenz, spastischer Tetraparese und Mutismus
  • Diagnostik: Ausschluss anderer Ursachen und Sicherung des neuropsychologischen Defizits
  • Therapie: ART mit liquorgängigen Substanzen , ggf. unter Kontrolle der Viruslast im Liquor
  • Prognose
    • Nach Einleitung einer ART ggf. partiell reversibel
    • Ohne Therapie bei fortgeschrittenem AIDS progredient
    • Assoziiert mit kürzerer Lebenserwartung und geringerer Therapieadhärenz

Ein Screening auf neurokognitive Defizite wird für alle HIV-Infizierten vor Therapiebeginn und in regelmäßigen Abständen (alle 6–12 Monate) empfohlen!

HIV-Polyneuropathie

HIV-assoziiertes kardiovaskuläres Risiko [55][56][57]

Infolge der erhöhten kardiovaskulären Sterblichkeit sind Screenings auf und Behandlung von Risikofaktoren ein wichtiger Teil der HIV-Behandlung!

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​​​​​​​HIV-assoziierte Malignometoggle arrow icon

Übersicht [58][59]

Trotz adäquater Behandlung der HIV-Infektion ist das Risiko für AIDS-definierende und nicht-AIDS-definierende Malignome wie B-Zell-Lymphome und Bronchialkarzinome erhöht!

Kaposi-Sarkom [60][61]

Ein wesentliches Therapieprinzip beim Kaposi-Sarkom ist die Optimierung des Immunstatus!

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Prognosetoggle arrow icon

In Deutschland haben Personen mit behandelter HIV-Infektion i.d.R. eine (fast) normale Lebenserwartung. Global betrachtet gibt es jedoch zahlreiche Länder, in denen die Ausbreitung der HIV-Pandemie u.a. durch eingeschränkte Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten sowohl individuell-gesundheitliche als auch große sozio-ökonomische Konsequenzen hat, bspw. die begünstigte Ausbreitung der Tuberkulose, eine erhöhte Kindersterblichkeit und ein erhöhtes Armutsrisiko sowie die Stigmatisierung und gesellschaftliche Ausgrenzung von Menschen mit HIV. [2]

Behandelter Verlauf [21]

  • Bei effektiver ART und frühem Therapiebeginn
    • (Fast) normale Lebenserwartung
    • Hohe Lebensqualität

Unbehandelter Verlauf [2][7]

  • ≤2 Jahre post infectionem: AIDS-Stadium sehr untypisch
  • >2 Jahre post infectionem: 6%/Jahr Übergang in AIDS
  • >10 Jahre post infectionem: 50% mit AIDS

Durch die ART kann der Verlauf einer unbehandelten HIV-Infektion verzögert und oft ganz verhindert werden!

Weltweit erhalten ca. 25% der Personen mit HIV keine antiretrovirale Therapie!

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Präventiontoggle arrow icon

Individuelle Prävention [7]

Die folgenden Maßnahmen sind sowohl für Personen mit HIV-Infektion sowie für Nicht-Infizierte mit Expositionsrisiko relevant.

Strukturelle Prävention [62]

  • UNAIDS koordiniert weltweite Pandemiebekämpfung
  • Nächstes Ziel von UNAIDS bis 2030: 95-95-95-0
    • 95% der HIV-Infizierten kennen ihren Infektionsstatus
    • 95% derer werden ART-behandelt
    • 95% derer haben keine nachweisbare Viruslast
    • 0 Stigma

Aufklärung

  • „Undetectable=Untransmittable“-Kampagne (U=U) [63]
    • Ziel: Entstigmatisierung einer HIV-Infektion und Förderung der Therapiebereitschaft
    • Prinzip: „Therapie als Prävention
    • Wissenschaftlicher Hintergrund: Keine HIV-Transmission auf Sexualpartner:innen bei effektiver ART

U=U: Eine dauerhafte, effektive ART verhindert die Übertragung von HIV – auch beim Sex ohne Kondom!

Beim Kondomverzicht sollte auch die Übertragung anderer STDs bedacht und die Entscheidung partizipativ getroffen werden!

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HIV-Präexpositionsprophylaxetoggle arrow icon

Die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) ist eine präventive Einnahme antiretroviraler Medikamente durch Personen ohne HIV-Infektion, um eine Ansteckung zu verhindern (insb. vor sexuellen Risikokontakten).

Indikation und Kontraindikation

  • Indikation: Seronegative Person mit substanziellem HIV-Infektionsrisiko, insb.
    • MSM oder Trans-Personen
      • Angabe von analem Sex ohne Kondom innerhalb der letzten 3–6 Monate und/oder voraussichtlich in den nächsten Monaten oder
      • STI in den letzten 12 Monaten
    • Bei Sex mit einer virämischen HIV-positiven Person
    • Menschen mit kondomlosen Sexualkontakten, bei denen eine undiagnostizierte HIV-Infektion anzunehmen ist
    • Ggf. bei i.v. Drogenkonsum ohne Gebrauch steriler Injektionsmaterialien
    • Ggf. bei Sexarbeitenden
  • Kontraindikation

Die PrEP soll allen Personen mit substanziellem HIV-Infektionsrisiko angeboten werden!

In Studien wurde nachgewiesen, dass Personen, die nach einer PrEP fragen, tatsächlich auch ein höheres Risiko für eine HIV-Transmission aufweisen. Daher sollte eine Nachfrage immer ernst genommen und das Risiko sorgfältig evaluiert werden!

Durchführung

Aufklärung

  • Obligater Hinweis auf weitere Schutzmaßnahmen
  • Aufklärung zur Effektivität, inkl. Bedeutung der Adhärenz und des verzögerten Wirkeintritts
  • Individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung: Nebenwirkungen, Wechselwirkungen, Kontraindikationen
  • Restrisiko: Symptomatik einer primären HIV-Infektion
  • Notwendigkeit regelmäßiger Begleituntersuchungen und Testverfahren inkl. „diagnostischer Lücke“ der HIV-Serologie (s.u.)

Eine Beratung zu anderen Schutzmaßnahmen vor einer HIV-Infektion, STD und viralen Hepatitiden inkl. der Impfungen sollte durchgeführt werden!

Wirkstoff

  • Medikament: Emtricitabin + Tenofovirdisoproxilfumarat
  • Effektivität: Reduktion des relativen Transmissionsrisikos um bis zu 99% (abhängig von Kontinuität der Medikamenteneinnahme)
  • Einnahme: Kontinuierliche Einnahme (empfohlen und zugelassen)
  • Wirkeintritt: Verzögert

Begleitende Diagnostik

Begleitende Diagnostik bei der HIV-PrEP
Vor PrEP Während PrEP Nach PrEP

HIV-Test (kombinierter Antikörper-Antigen-p24-Test)*

6 Wochen nach letzter Einnahme

HIV-PCR (✓)

(✓)

(✓)

Hepatitis-B-Screening (Anti-HBs-Antikörper, HBsAg, Anti-HBc-Antikörper)

Anti-HCV-Antikörper Alle 6–12 Monate
Lues-Serologie

Alle 3 Monate

Gonorrhö-PCR Alle 3–6 Monate
Chlamydien-PCR Alle 3–6 Monate

Bestimmung der eGFR: Mind. 60 mL/min

<40 Jahre: Messung alle 6–12 Monate

>40 Jahre: Messung alle 3–6 Monate

Anamnese für STD

Indikationsprüfung

Beratung zur Risikoreduktion

Alle 3 Monate

*Bei positivem Anti-HIV-Antikörper-Suchtest oder HIV-Symptomatik: HIV-PCR + serologischen Bestätigungstest durchführen

**Bei positiver HIV-PCR und/oder positivem serologischen Bestätigungstest: Abbruch der PrEP und sofortige Überweisung an ein spezialisiertes Zentrum

Bei V.a. eine akute HIV-Infektion unter PrEP wird neben der Diagnostik (HIV-PCR, Antikörper-Antigen-p24-Test) eine Vorstellung in einem spezialisierten Zentrum empfohlen!

Sonderfall: Schwangerschaft unter PrEP

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HIV-Postexpositionsprophylaxetoggle arrow icon

Die HIV-Postexpositionsprophylaxe (HIV-PEP) ist eine präventive Einnahme antiretroviraler Medikamente durch Personen ohne HIV-Infektion nach einem Expositionsereignis und verhindert eine Ansteckung. Die Indikationsstellung wird insb. bei Personen nach beruflicher Exposition und nach sexuellen Risikokontakten häufig geprüft.

Sofortmaßnahmen nach Exposition

  • Stich- oder Schnittverletzung
    • Spülung mit Wasser, Seife und Antiseptikum
    • Kein Unterbinden des spontanen Blutflusses: Potenziell infektiöses Material soll austreten können
    • Nach Spontanblutung: Spreizen von Stichkanal/Schnittverletzung und Spülung mit Wasser, Seife und Antiseptikum
  • Hautexposition (geschädigte Haut): Waschen mit Wasser und Seife, danach vorsichtiges Abreiben mit einem mit Hautantiseptikum getränkten Tupfer
  • Kontamination der Augen: Sofortige Spülung mit ausreichend Wasser (Leitungswasser, Ringer-, Kochsalzlösung)
  • Kontamination der Mundschleimhaut
    • Sofortiges Ausspucken des Materials
    • Mehrfaches Ausspülen mit Wasser

Indikationsprüfung zur medikamentösen HIV-PEP

Anamnese der HIV-Exposition

  • Zweck: Eruierung der Übertragungswahrscheinlichkeit von HIV und anderen sexuell/parenteral übertragbaren Erkrankungen
  • Übertragungswahrscheinlichkeit: Abhängig von
    • HIV-Status bzw. Risikofaktoren der Indexperson
    • Art des übertragenen Materials
    • Viruskonzentration
    • Expositionsereignis
      • Bei Verletzungen: Wie bzw. mit welchem Instrument wurde die Verletzung beigebracht?
      • Bei sexueller Exposition: Anal-, Vaginal- und/oder Oralverkehr? Mit oder ohne Ejakulation? Geschützt oder ungeschützt? Rezeptiv oder insertiv?
      • Welcher Körperbereich (intakte oder entzündete Haut, Schleimhäute, Wunden) hatten Kontakt zu welcher Art und Menge einer Körperflüssigkeit?

Zunächst sollte die Übertragungswahrscheinlichkeit durch eine genaue Anamnese erfragt werden!

Es sollte auch an die Möglichkeit der Übertragung anderer Infektionen gedacht werden (z.B. Hepatitis B, siehe auch: Postexpositionsprophylaxe bei Hepatitis B)!

Indikationen

HIV-PEP bei beruflicher Exposition
Expositionsereignis Viruslast unbekannt oder >50 RNA-Kopien/mL Viruslast <50 RNA-Kopien/mL
Stich- oder Schnittverletzung Empfehlung Angebot

Oberflächliche Verletzung oder Schleimhautkontakt

Angebot Keine Indikation

Perkutaner Kontakt zu anderen Körperflüssigkeiten als Blut oder

Kontakt von intakter Haut mit Blut oder

Haut-/Schleimhautkontakt mit Körperflüssigkeiten wie Urin/Speichel

Keine Indikation Keine Indikation
HIV-PEP bei nicht-beruflicher Exposition
Expositionsweg Expositionsereignis HIV-PEP
Parenteral Bei akzidenteller Transfusion oder Transplantation HIV-infizierten Materials Empfehlung
Verwendung kontaminierter Injektionsnadeln durch Konsumierende i.v. Drogen Empfehlung*
Stichverletzung durch herumliegendes, gebrauchtes Injektionsbesteck Keine Indikation
Tiefe blutige Bissverletzungen durch eine nicht oder nicht ausreichend antiretroviral behandelte HIV-positive Person mit Mundverletzungen Empfehlung
Sexuell Ungeschützter Geschlechtsverkehr mit HIV-infizierter Person Viruslast der Indexperson >1.000 RNA-Kopien/mL Empfehlung*
Viruslast der Indexperson 50–1.000 RNA-Kopien/mL Angebot*
Viruslast der Indexperson <50 RNA-Kopien/mL, Oralverkehr Keine Indikation*
Ungeschützter Geschlechtsverkehr mit unbekanntem HIV-Status der anderen Person
Vaginaler/analer Geschlechtsverkehr mit Partner:in aus Hochrisikogruppe Angebot
Heterosexueller Geschlechtsverkehr mit Partner:in ohne Zugehörigkeit zu einer Hochrisikogruppe Keine Indikation*
Oralverkehr, Küssen oder Kontakt von Körperflüssigkeiten mit intakter Haut Keine Indikation
Nach sexueller Gewalt mit Anal- oder Vaginalverkehr Empfehlung

*Ggf. Beratung zur HIV-PrEP

Bei einer sicheren / sehr wahrscheinlichen Exposition oder einem Expositionsereignis mit relativ hohem Übertragungsrisiko sollte eine medikamentöse HIV-PEP durchgeführt werden!

Durchführung der medikamentösen HIV-PEP

  • Aufklärung
    • Effektivität [66]: Reduktion der Transmissionswahrscheinlichkeit vermutlich um >90%
    • Neben- und Wechselwirkungen mit individueller Nutzen-/Risikoabwägung
    • Off-Label Use
    • Safer Sex bis zum Vorliegen eines negativen HIV-Tests (6 Wochen nach Exposition bzw. 6 Wochen nach Ende der HIV-PEP)
    • Kein Blutspenden bis 4 Monate nach Exposition
  • Beginn: So schnell wie möglich, wenn indiziert!
    • Möglichst innerhalb von 2(–24) h
    • Bei Unsicherheit bzgl. der Indikation : HIV-PEP kann begonnen, ggf. am Folgetag wieder beendet werden
    • Nach >72 h: HIV-PEP nicht mehr empfohlen
  • Behandlungsdauer: I.d.R. über 28–30 Tage
  • Substanzauswahl: Ähnliche Therapieschemata wie bei ART (s.u.) unter Beachtung der Begleiterkrankungen und Komedikation
    • Tenofovirdisoproxilfumarat bei chronischer Nierenschädigung vermeiden
    • Interaktionen mit Begleitmedikation beachten
Therapieregime für die medikamentöse Postexpositionsprophylaxe nach HIV-Exposition
Emtricitabin/Tenofovirdisoproxilfumarat + Raltegravir oder
+ Dolutegravir
Tenofoviralafenamid + Emtricitabin + Bictegravir

Die PEP sollte nach sicherer/wahrscheinlicher Exposition mit hohem Übertragungsrisiko so schnell wie möglich (optimalerweise innerhalb von 2–24 h) begonnen werden und ist ≥72 h nach Exposition nicht mehr empfohlen!

Wegen häufiger Nebenwirkungen (Diarrhö und Übelkeit, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen) brechen ca. 20–40% der Personen die PEP ab!

Dokumentation

  • Schriftliche Dokumentation des Ereignisses durch den D-Arzt bzw. D-Ärztin / Betriebsmediziner:in bei berufsbedingter HIV-Exposition
    • Zeitpunkt der Exposition
    • Ablauf des Expositionsereignisses
    • HIV-Status inkl. aktueller Viruslast und Behandlung (Medikamente, Dauer) der Indexperson

Diagnostik nach Expositionsereignis

Basisuntersuchungen bei Indexperson und exponierter Person
Indexperson Exponierte Person
Ärztliche Vorstellung
  • Bei bekannter HIV-Infektion
    • Einnahme welcher ART-Medikamente? (Abschätzung von Resistenzen)
    • HIV-PCR zur Bestimmung der Viruslast (Abschätzung der Infektiosität)
  • Bei unbekanntem HIV-Status
    • Prüfung vorliegender Risikofaktoren
  • Anamnese über genaue Exposition
  • Medikamentenanamnese

Blutbild, Kreatinin, Leberwerte

Anti-HIV-Antikörper

✓ (ggf. zusätzlich Schnelltest)
Anti-HCV-Antikörper

Anti-HBc- und Anti-HBs-Antikörper

HBsAg
Bei (möglicher) HCV-Infektion: HCV-RNA

Bei MSM : Kontrolle des HAV-Status

Bei sexueller Exposition: Testung auf Syphilis

Bei sexueller Exposition: Testung auf Gonorrhö, Chlamydien
Schwangerschaftstest

Verlaufskontrollen

Verlaufsuntersuchungen der exponierten Person
Nach 2 Wochen Nach 4 Wochen (Ende der PEP)
  • Ohne PEP: Nach 6 Wochen
  • Mit PEP: Nach 10 Wochen
  • Ohne PEP: Nach 12 Wochen
  • Mit PEP: Nach 16 Wochen
Ärztliche Untersuchung inkl. Medikamentenanamnese

Blutbild, Kreatinin, Leberwerte

Anti-HIV-Antikörper

Anti-HBc- und Anti-HBs-Antikörper

Anti-HCV-Antikörper

(✓) (✓)
HBsAg
Bei (möglicher) HCV-Infektion: HCV-RNA

Bei sexueller Exposition: Testung auf Syphilis, Gonorrhö, Chlamydien

Bei Auftreten eines akuten grippeähnlichen Krankheitsbildes innerhalb von 6 Wochen nach Ende der PEP sollte eine akute HIV-Infektion mittels HIV-PCR abgeklärt werden!

Bei PEP nach Sexualkontakten soll eine Beratung über STD-Risiken und die Möglichkeit einer Präexpositionsprophylaxe (PrEP) erfolgen!

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HIV in der Schwangerschafttoggle arrow icon

Besteht eine HIV-Infektion der Mutter, kann es transplazentar während der Schwangerschaft, der Geburt oder durch das Stillen zu einer vertikalen Übertragung kommen. Eine systematische HIV-Diagnostik bei Schwangeren und anschließende Maßnahmen können das Transmissionsrisiko von 20–25% auf <1% reduzieren und eine Therapie der Frauen ermöglichen.

Diagnostik [67][68]

Jeder Schwangeren soll möglichst früh in der Schwangerschaft ein Anti-HIV-Antikörper-Test empfohlen werden!

Bei unklarem HIV-Status im Kreißsaal sollte ein HIV-Schnelltest angeboten werden!

Therapie [68]

  • ART für Mutter und Kind
  • Geburtsmodus: Abhängig von mütterlicher Viruslast mind. 4 Wochen vor Entbindung
  • Stillen: Empfehlung abhängig von mütterlicher Viruslast
    • <50 RNA-Kopien/mL: Ggf. Stillen nach Nutzen-Risiko-Abwägung
    • >50 RNA-Kopien/mL: Stillverzicht
  • Nachsorge der Kinder von HIV-positiven Müttern: Wiederholte HIV-PCR-Tests nach Ende des Transmissionsrisikos
Empfohlene HIV-Therapie ART-naiver Patientinnen in der Schwangerschaft [68]
Kombinationspartner 1 Kombinationspartner 2

Jede Schwangere mit HIV-Infektion soll eine antiretrovirale Therapie erhalten!

Das Risiko der vertikalen Transmission kann durch eine effektive ART, die Anpassung des Geburtsmodus und des Stillens von 20–25% auf <1% reduziert werden!

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Meldepflichttoggle arrow icon

Meldepflicht nach § 7 IfSG, Absatz 3: Nicht-namentliche Meldepflicht bei Nachweis einer HIV-1- oder HIV-2-Infektion ans RKI (innerhalb von 2 Wochen) [21]

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Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

HIV

HIV – Teil 1

HIV – Teil 2

HIV – Teil 3

HIV – Teil 4

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

HIV-Krankheit [Humane Immundefizienz-Viruskrankheit] (B20-B24)

Stadieneinteilung der HIV-Infektion (U60-U61)

Weitere HIV-assoziierte ICD-Kodierungen

C46.-: Kaposi-Sarkom [Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagicum]

Opportunistische Infektionen

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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