Zusammenfassung
Eine Dehydratation beschreibt ganz allgemein einen Zustand des verringerten Wasserhaushalts, von dem oft ältere Menschen betroffen sind, die zu wenig trinken. Trockene Schleimhäute und eine Kreislaufinstabilität begünstigen dann Infektionen und Stürze. Ursächlich kommt neben mangelnder Zufuhr von Flüssigkeit auch ein übermäßiger Verlust oder Verbrauch in Frage. So kann bspw. das erste Symptom eines Diabetes mellitus eine Exsikkose sein, die durch eine Glucosurie mit osmotischer Diurese entsteht.
Therapeutisch ist ein Ausgleich unter Beachtung des Elektrolythaushalts und bestehender Grunderkrankungen wichtig. Liegt eine Abweichung des Serumnatriumwertes vor, kann ein zu schneller Ausgleich zu einem Hirnödem bzw. einer osmotischen Myelinolyse führen. Patienten mit Niereninsuffizienz können bei zu hoher Kaliumzufuhr eine lebensbedrohliche Hyperkaliämie entwickeln, bei Herzinsuffizienz droht durch eine zu schnelle Flüssigkeitssubstitution ein Lungenödem.
Formen
- Dehydratation: Abnahme der Extrazellularflüssigkeit und – je nach Form – Veränderung der Intrazellularflüssigkeit [1]
Formen der Dehydratation | ||||
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Verlust von Natrium und Wasser | Extrazellularflüssigkeit | Intrazellularflüssigkeit | Serumnatriumkonzentration | |
Isotone Dehydratation | Im gleichen Verhältnis | ↓ | Unverändert | Unverändert |
Hypotone Dehydratation | Natriumverlust stärker als Wasserverlust | ↓ | ↑ | ↓ (siehe: Hyponatriämie) |
Hypertone Dehydratation | Wasserverlust stärker als Natriumverlust | ↓ | ↓ | ↑ (siehe: Hypernatriämie) |
Allen Formen der Dehydratation ist eine Abnahme der Extrazellularflüssigkeit gemein! Die Intrazellularflüssigkeit ist je nach Form unterschiedlich, da sie von der Natriumkonzentration im Serum abhängt (Körperwasser folgt dem osmotischen Gradienten).
Ätiologie
Übersicht
- Vermehrte Flüssigkeitsverluste
- Renal: Bspw. polyurische Phase bei akuter Nierenschädigung oder chronischer Niereninsuffizienz, Diuretika-Gabe, Hyperglykämie, Diabetes insipidus
- Extrarenal: Bspw. Erbrechen, Diarrhö, Verbrennungen, Fieber, vermehrtes Schwitzen, Aszites, erhöhte Perspiratio insensibilis
- Mangelnde Flüssigkeitszufuhr
- Iatrogene Zufuhr osmotisch wirksamer Substanzen
Spezifische Ursachen der verschiedenen Formen von Dehydratation
Isotone Dehydratation [1]
- Vermehrte renale Verluste, bspw.
- Polyurische Phase bei akuter Nierenschädigung oder chronischer Niereninsuffizienz
- Diuretika-Gabe
- Morbus Addison
- Renales Salzverlustsyndrom
- Vermehrte extrarenale Verluste, bspw.
- Gastrointestinal: Erbrechen, Diarrhö, Fisteln
- Kutan: Verbrennungen
- Verschiebungen in den „Dritten Raum“: Aszites, Peritonitis, Pankreatitis, Ileus
Hypotone Dehydratation [1]
- Analog zur isotonen Dehydratation
- Bei gleichzeitig vermehrter Zufuhr hypotoner Flüssigkeiten
Hypertone Dehydratation [1]
- Vermehrte renale Verluste, bspw.
- Diabetes insipidus
- Hyperglykämie bei Diabetes mellitus, hyperglykämisches Koma
- Vermehrte extrarenale Verluste, bspw.
- Gastrointestinal: Erbrechen, Diarrhö
- Kutan: Schwitzen (siehe auch: Hyperhidrosis)
- Pulmonal: Hyperventilation
- Perspiratio insensibilis
- Verminderte Zufuhr (v.a. ältere Menschen, Schwerkranke, Säuglinge)
- Iatrogen: Inadäquat hohe Zufuhr osmotisch wirksamer Substanzen
Ursächlich ist entweder ein vermehrter Flüssigkeitsverlust oder eine mangelnde Flüssigkeitszufuhr!
Symptomatik
- Durst
- Trockene Haut und Schleimhäute
- Stehende Hautfalten
- Halonierte oder eingesunkene Augen mit seltenem Lidschlag (zu wenig Tränenflüssigkeit)
- Kopfschmerzen, Benommenheit, Desorientierung
- Schwäche, Müdigkeit, Kreislaufinstabilität
- Kinder: Weinen ohne Tränen
- Säugling: Eingefallene Fontanelle, Unruhe bis Lethargie, Durstfieber
Diagnostik
- Körperliche Untersuchung
- Tachykardie, verminderter Blutdruck
- Schwacher Puls mit niedriger Druckamplitude
- Verlangsamte Rekapillarisierungszeit (>2 Sekunden)
- Reduzierter Hautturgor („Stehende Hautfalten“)
- Ggf. orientierende neurologische Untersuchung zum Ausschluss anderer Ursachen für Bewusstseinsstörungen
- Urinmenge und -farbe
- Quantifizierung der Harnmenge gibt Hinweise auf Genese der Exsikkose
- Körpergewicht messen: Bei Kenntnis des normalen Gewichts kann so das Ausmaß der Dehydratation abgeschätzt werden
- Labor
- Hämatokrit↑
- Serumnatriumwert
- Kontrolle des Blutzuckerspiegels
Therapie
- Isotone Dehydratation: Ausgleich durch Gabe isotoner Flüssigkeiten (balancierte Vollelektrolytlösung)
- Hypo- oder hypertone Dehydratation: Langsamer Ausgleich unter strenger Kontrolle des Serumnatriums wichtig!
- Siehe auch: Elektrolytstörungen Natrium
- Allgemein
- Initial ggf. intravenöse Flüssigkeitsgabe (insb. bei schwerer Dehydratation), siehe auch:
- Optimalerweise orale Flüssigkeitsgabe
- Subkutane Applikation prinzipiell ebenfalls möglich
- Neben dem Natrium- muss auch der Kaliumwert engmaschig überwacht werden, insb. bei Patienten mit Niereninsuffizienz
Vorsichtiger Ausgleich bei Herzinsuffizienz - zu rasche Flüssigkeitsgabe kann zu einer kardialen Dekompensation führen!
Komplikationen
- Hypovolämischer Schock
- Akute Nierenschädigung (prärenal)
- Erhöhte Gefahr für Infektionen (v.a. Harnwegsinfektion)
- Thrombose
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Patienteninformationen
- Dehydratation gesundheitsinformation.de
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- E86: Volumenmangel
- Inklusive
- Dehydratation
- Depletion des Plasmavolumens oder der extrazellulären Flüssigkeit
- Hypovolämie
- Exklusive
- Dehydratation beim Neugeborenen (P74.1)
- Hypovolämischer Schock: postoperativ (T81.1), traumatisch (T79.4), o.n.A. (R57.1)
- Inklusive
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.