Zusammenfassung
Diese SOP behandelt primär die medikamentöse Kreislaufunterstützung beim erwachsenen Patienten unter Verwendung der gebräuchlichsten Substanzen. Der inhaltliche Fokus liegt auf der Erläuterung allgemeiner Therapieprinzipien, für das Vorgehen bei spezifischen klinischen Situationen wird auf das entsprechende AMBOSS-Kapitel verwiesen.
Bei hämodynamischer Instabilität sollten stets Identifikation und Behandlung der auslösenden Ursache im Zentrum der Behandlung stehen. Zudem sollte die medikamentöse Kreislaufunterstützung als rein symptomatische Therapie immer in ein Gesamtbehandlungskonzept eingebunden sein.
Weitere sinnvolle Optionen zur Kreislaufunterstützung sind in Abhängigkeit von der klinischen Situation bspw.
- Volumenersatztherapie
- Transfusion
- Therapie von Herzfrequenz und Herzrhythmus
- Lagerungsmaßnahmen
- Antibiotische Therapie
- Operative Sanierung
- Blutstillung
Material und Medikamente
Basismaterial
- Material für die Anlage eines peripheren Infusionszugangs (PVK, ggf. intraossärer Zugang)
- Spritzenpumpe für kontinuierliche Medikamentengabe
Material für die erweiterte Diagnostik und Therapiesteuerung
- Arterieller Katheter (ggf. mit Möglichkeit zur Pulskonturanalyse)
- Zentralvenöser Katheter (ggf. mit Möglichkeit zur transpulmonalen Thermodilution)
- Echokardiografie (TTE, TEE)
- Pulmonalarterienkatheter
Basismedikamente (Auswahl nach klinischer Situation)
- Theodrenalin/Cafedrin (Akrinor®)
- Noradrenalin
- Adrenalin
- Dobutamin
Medikamente für die erweiterte Therapie
- Vasopressin
- Milrinon
- Levosimendan
Vorbereitung
Basismaßnahmen
- Basismonitoring anschließen
- (Mind. einen sicheren) Infusionszugang legen
- Peripherer Venenkatheter: Zur Primärversorgung oft ausreichend
- Siehe auch: Anlage eines peripheren Venenverweilkatheters
- Intraossärer Zugang: Bei schlechtem peripherem Venenstatus und dringender Indikation
- Siehe auch: Intraossäre Punktion
- Zentralvenöser Katheter: Individuelle Entscheidung (bspw. bei medikamentöser Kreislaufunterstützung in hoher Dosierung oder absehbar über einen längeren Zeitraum)
- Siehe auch: Zentraler Venenkatheter - Klinische Anwendung
- Peripherer Venenkatheter: Zur Primärversorgung oft ausreichend
Die Auswahl des geeigneten Infusionszugangs muss individuell anhand der klinischen Situation (bspw. Dringlichkeit der Therapie, Art und Dosierung des verwendeten Medikaments, peripherer Venenstatus) getroffen werden!
Mögliche Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit bei periphervenöser Gabe vasoaktiver Substanzen [1][2]
- Punktionsort
- Obere Extremität bevorzugen
- Kontralateral zur nicht-invasiven Blutdruckmessung
- Punktion vermeiden im Bereich der
- Hand bzw. des Handgelenks
- Ellenbeuge
- Durchführung
- Möglichst Ultraschalldiagnostik anwenden
- Venendurchmesser >4 mm
- Nachweis der intravasalen Katheterlage vor Medikamentengabe
- Größe des PVK mind. 20 Gauge
- Auf Rücklauf von Blut aus PVK achten
- Möglichst Ultraschalldiagnostik anwenden
- Nachsorge
- Regelmäßige Funktionskontrolle des peripheren Venenkatheters (alle 2 h)
- Unmittelbare Behandlung bei Fehlfunktion (Beendigung der Infusion und ggf. topische Therapie)
- Max. Nutzungsdauer beachten (72 h)
Invasive Blutdruckmessung (arterieller Katheter)
- Indikationsstellung: Individuelle Entscheidung nach
- Diagnose bzw. Verdachtsdiagnose
- Ausmaß der hämodynamischen Instabilität
- Erwarteter Dauer der medikamentösen Kreislaufunterstützung
- Mögliche Vorteile
- Therapie besser steuerbar
- Abnahme von Blut für die arterielle Blutgasanalyse einfach möglich
- Mögliche Nachteile
- Potenzielle Verzögerung der Therapie
- Bisweilen erschwerte Punktionsbedingungen im manifesten Schock
Bei ausgeprägter hämodynamischer Instabilität sollte im Zweifel eine initial stabilisierende Therapie vorrangig gegenüber der Anlage weiterer Infusions- bzw. Druckmesskatheter sein!
Die Indikation für die Erweiterung des Monitorings und der Infusionszugänge sollte im Verlauf regelmäßig überprüft und der klinischen Situation angepasst werden!
Basisdiagnostik
- Maßnahmen (siehe auch: Notfallmanagement - Circulation)
- Orientierende körperliche Untersuchung
- Hautkolorit und -temperatur
- Rekapillarisationszeit
- Beurteilung der Vitalparameter
- Herzfrequenz
- Herzrhythmus
- Blutdruck
- Orientierende körperliche Untersuchung
- Ziel: Grobe Unterscheidung zwischen „kardialer“ und „vaskulärer“ Pathologie
- Ausschlaggebend für Medikamentenauswahl
- Kombinierte Formen sowie begleitende Pathologien möglich
Grundlegende Ursachen einer hämodynamischen Instabilität und primäre Therapieansätze zur medikamentösen Kreislaufunterstützung | ||
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Klinisches Korrelat | Primärer Therapieansatz zur medikamentösen Kreislaufunterstützung | |
„Kardiale Pathologie“ |
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„Vaskuläre Pathologie“ |
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In der Primärversorgung sind häufig klinischer Eindruck und nicht-invasive Diagnostik zur groben Eingrenzung des zugrunde liegenden Pathomechanismus der hämodynamischen Instabilität ausreichend!
Die medikamentöse Kreislaufunterstützung ist immer nur eine symptomatische Therapie! Identifikation und Behandlung der Ursache einer hämodynamischen Instabilität sind daher von höchster Wichtigkeit!
Erweiterte Diagnostik
- Ziel: Differenzierte Beurteilung der zugrunde liegenden Pathologie und Therapiesteuerung
- Maßnahmen: Nach individueller Indikationsstellung bspw.
- Siehe auch: Erweitertes hämodynamisches Monitoring
Zielparameter und Zielwerte festlegen [3][4][5]
- Individuelle Entscheidung nach
- Vorerkrankungsprofil
- Klinischer Situation (siehe auch: Permissive Hypotonie)
- Orientierende Zielwerte in der Primärversorgung
- Systolischer Blutdruck ≥90 mmHg
- Mittlerer arterieller Blutdruck ≥65 mmHg
- Intraoperative Blutdrucktherapie: Steuerung nach mittlerem arteriellen Blutdruck empfohlen [6]
Zusätzliche Maßnahmen zur Kreislaufstabilisierung
- Medikamentöse Kreislaufunterstützung als alleiniger Therapieansatz selten sinnvoll
- Relevante Aspekte bei der Erstellung eines Gesamtbehandlungskonzepts
- Volumenstatus adäquat?
- Transfusion erforderlich?
- Herzrhythmus bzw. Herzfrequenz therapiebedürftig?
- Lagerungsmaßnahmen hilfreich?
- Antibiotische Therapie indiziert?
- Operation sinnvoll?
- Blutstillung möglich?
Die medikamentöse Kreislaufunterstützung ist als alleiniger Therapieansatz selten sinnvoll und sollte daher stets in ein Gesamtbehandlungskonzept eingebunden sein!
Ablauf/Durchführung
Allgemeine Grundsätze
- Pharmakologischer Hintergrund kreislaufunterstützender Medikamente
- Vor Beginn der medikamentösen Kreislaufunterstützung stets
- Funktionsprüfung des Infusionszugangs
- Eindeutige Kennzeichnung der Spritzen (Wirkstoff und Konzentration) [10]
- Bei Verwendung von Spritzenpumpen zur kontinuierlichen Gabe
- Auf patientennahen Anschluss der zuführenden Leitung achten
- Vertikale Niveauänderung der Spritzenpumpe vermeiden [11]
- Nutzung eines separaten Infusionszugangs bzw. Infusionsschenkels für kreislaufunterstützende Medikamente, wann immer möglich (insb. bei kontinuierlicher Gabe)
- Bessere Steuerbarkeit
- Vermeidung akzidenteller Bolusgaben
- Verwendung einer Begleitinfusion bei kontinuierlicher Gabe kreislaufunterstützender Medikamente über einen peripheren Venenkatheter
Bei vermuteter kombinierter Ursache („kardiale“ und „vaskuläre“ Pathologie) der hämodynamischen Instabilität kann es sinnvoll sein, primär mehrere Medikamente mit unterschiedlichem Wirkmechanismus zur Kreislaufunterstützung einzusetzen!
Die spezifischen Kontraindikationen und Wechselwirkungen der im Folgenden genannten Medikamente werden aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht im Detail erwähnt und sind daher den entsprechenden Fachinformationen zu entnehmen!
Therapieansatz: Unspezifische Kreislaufunterstützung
Theodrenalin/Cafedrin - Klinische Anwendung [9][12][13][14]
- Handelsname: Akrinor®
- Darreichungsform: Ampulle (2 mL) mit fester Mischung von
- 200 mg Cafedrinhydrochlorid
- 10 mg Theodrenalinhydrochlorid
- Indikation: Leichte bis moderate hämodynamische Instabilität, bspw. in den Bereichen
- Anästhesiologie (perioperativ)
- Notfallmedizin
- Wirkung
- Stimulation von kardialen β1-Adrenorezeptoren → Herzindex↑
- Stimulation von α1-Adrenorezeptoren in der glatten Gefäßmuskulatur
- Konstriktion venöser Kapazitätsgefäße → Vorlast↑
- Beeinflussung arterieller Widerstandsgefäße → Systemischer vaskulärer Widerstandsindex↑↓ (heterogene Datenlage)
- Besonderheiten
- Kaum Beeinflussung der Herzfrequenz
- Nur zur intermittierenden Bolusgabe (keine kontinuierliche Therapie)
- Applikation über peripheren Venenkatheter problemlos möglich
- Häufig Injektionsschmerz
- Mögliche Interaktion mit Ceftriaxon beachten [15]
- Dosierung
- Theodrenalin/Cafedrin (pur)
- Theodrenalin/Cafedrin (verdünnt)
Ephedrin - Klinische Anwendung [9][16][17][18]
- Handelsname: Diverse Generika
- Darreichungsformen
- Ampulle mit 10 mg/mL
- Ampulle mit 30 mg/mL
- Fertigspritze mit 3 mg/mL
- Indikation: Leichte bis moderate hämodynamische Instabilität, bspw. in den Bereichen
- Anästhesiologie (perioperativ)
- Geburtshilfe
- Wirkung: Ähnlich wie Adrenalin
- Stimulation von kardialen β1-Adrenorezeptoren → Herzindex↑
- Stimulation von α1-Adrenorezeptoren in der glatten Gefäßmuskulatur → Systemischer vaskulärer Widerstandsindex↑
- Freisetzung von Noradrenalin aus neuronalen Speichergranula
- Besonderheiten
- Nur zur intermittierenden Bolusgabe (keine kontinuierliche Therapie)
- Applikation über peripheren Venenkatheter problemlos möglich
- Bei gleichzeitiger Behandlung mit MAO-Hemmern: Hypertensiver Notfall möglich
- Bei vorbestehender Prostatahyperplasie: Harnretention möglich
- Reduktion der Anschlagzeit von Rocuronium bei frühzeitiger Gabe im Rahmen der Narkoseeinleitung [19]
- Dosierung: Ephedrin
Ephedrin wirkt ähnlich wie Adrenalin – der klinische Effekt ist allerdings nicht so ausgeprägt, dafür jedoch länger anhaltend!
Therapieansatz: Steigerung des Gefäßtonus
Noradrenalin - Klinische Anwendung [9][13][20][21][22]
- Handelsname: Arterenol®
- Darreichungsformen (Konzentration jeweils 1 mg/mL )
- Ampulle (1 mL)
- Durchstechflasche (25 mL)
- Indikation
- Typische Indikation: Vasopressor der 1. Wahl bei septischem Schock
- Weitere Indikationen bspw.
- Perioperatives Blutdruckmanagement
- Begleitende Therapie bei anderen Schockformen
- Wirkung: Stimulation von α-Adrenorezeptoren in der glatten Gefäßmuskulatur → Systemischer vaskulärer Widerstandsindex↑
- Zusätzlich moderate β1-Adrenozeptor-Stimulation ohne relevanten Einfluss auf den Herzindex
- Zum Agonismus an adrenergen Rezeptoren siehe auch: Sympathomimetika
- Besonderheiten
- Häufig begleitende barorezeptorvermittelte Reflexbradykardie
- Myokardialer Sauerstoffbedarf↑ durch Nachlast↑
- Mit steigender Dosierung zunehmende Beeinträchtigung der Mikrozirkulation
- Meist kontinuierliche Gabe einer auf 50 mL verdünnten Lösung (Klinikstandard beachten)
- Bolusgabe prinzipiell möglich
- Dosierung
- Kontinuierliche Gabe
- Leichte bis moderate hämodynamische Instabilität
- Schwere hämodynamische Instabilität
- Bolusgabe
- Kontinuierliche Gabe
- Hinweise und Beispielrechnungen
- Berechnung der Spritzenpumpen-Laufrate (mL/h)
- Formel: kgKG × körpergewichtsbezogene Dosis × erforderliche Laufrate für 1 μg/min
- Beispielrechnung für einen Patienten mit 70 kgKG, einer gewünschten Dosierung von 0,05 μg/kgKG/min und einer Wirkstoffkonzentration von 20 μg/mL
- Erforderliche Laufrate für 1 μg/min: 60 μg/h ÷ 20 μg/mL = 3 mL/h
- Spritzenpumpen-Laufrate für gewünschte Dosierung: 70 kgKG × 0,05 μg/kgKG/min × 3 mL/h = 10,5 mL/h
- Berechnung der körpergewichtsbezogenen Dosis (μg/kgKG/min)
- Formel: Spritzenpumpen-Laufrate ÷ erforderliche Laufrate für 1 μg/min ÷ kgKG
- Beispielrechnung für einen Patienten mit 70 kgKG, einer Laufrate von 21 mL/h und einer Wirkstoffkonzentration von 100 μg/mL
- Erforderliche Laufrate für 1 μg/min: 60 μg/h ÷ 100 μg/mL = 0,6 mL/h
- Körpergewichtsbezogene Dosis: 21 mL/h ÷ 0,6 mL/h ÷ 70 kgKG = 0,5 μg/kgKG/min
- Berechnung der Spritzenpumpen-Laufrate (mL/h)
- Zur Dosierung von Noradrenalin bei anaphylaktischem Schock siehe: Therapie eines anaphylaktischen Schocks
- Zur Dosierung von Noradrenalin bei Sepsis siehe: Therapie mit kreislaufwirksamen Substanzen bei Sepsis
Typische Infusionslösungen für die kontinuierliche Gabe von Noradrenalin | ||||
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Infusionslösung | Wirkstoffkonzentration | Erforderliche Laufrate für 1 μg/min | Anwendungshinweise | |
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Die genaue Kenntnis der verwendeten Wirkstoffkonzentration ist zur Vermeidung von Über- bzw. Unterdosierungen von höchster Wichtigkeit!
Vasopressin - Klinische Anwendung [9][13][23][24][25]
- Handelsname: Empressin®
- Darreichungsform: Ampulle (2 mL) mit 40 IE Argipressin (Arginin-Vasopressin)
- Indikation
- Typische Indikation: Katecholamin-refraktäre Vasoplegie im septischen Schock
- Weitere Indikation: Einsatz als Vasopressor bei therapierefraktärer Anaphylaxie [26]
- Wirkung: Stimulation von Vasopressin-Rezeptoren (V1a) in der glatten Gefäßmuskulatur → Systemischer vaskulärer Widerstandsindex↑
- Besonderheiten
- Zusätzlich antidiuretische Wirkung in niedriger Dosierung
- Gefahr von Darm- und Hautnekrosen bei hoher Dosierung
- Wirkung auch bei Azidose (pH-unabhängig)
- Kontroverse Beurteilung von Nutzen und Risiken in der Fachliteratur
- Typischerweise nur zur kontinuierlichen Applikation (Bolusgabe im Rahmen der kardiopulmonalen Reanimation möglich)
- Dosierung: Vasopressin
Standardlaufraten bei kontinuierlicher Gabe von Vasopressin | |||
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Infusionslösung | Wirkstoffkonzentration | Dosierung | Laufrate |
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Therapieansatz: Steigerung der Herzkraft
Adrenalin - Klinische Anwendung [9][13][20][21][27]
- Handelsname: Suprarenin®
- Darreichungsformen (Konzentration jeweils 1 mg/mL )
- Ampulle (1 mL)
- Durchstechflasche (25 mL)
- Typische Indikationen
- Primäre Therapie bei Reanimation (Herz-Kreislauf-Stillstand) und Anaphylaxie
- Erweiterte Therapie bei therapierefraktärem septischem Schock oder kardiogenem Schock
- Wirkung: Stimulation kardialer β1-Adrenorezeptoren → Herzindex↑ durch positive
- Inotropie (Kontraktilität↑)
- Chronotropie (Herzfrequenz↑)
- Dromotropie (atrioventrikuläre Erregungsüberleitung↑)
- Bathmotropie (elektrische Erregbarkeit↑)
- Lusitropie (Relaxationsgeschwindigkeit↑)
- Zum Agonismus an adrenergen Rezeptoren siehe auch: Sympathomimetika
- Besonderheiten
- Dosisabhängige Beeinflussung des peripheren Gefäßwiderstands [21]
- Niedrige Dosierung: Vasodilatation
- Höhere Dosierung: Vasokonstriktion
- Häufige begleitende
- Metabolische Azidose durch Lactat↑
- Hyperglykämie durch Glykogenolyse↑
- Hypokaliämie durch Aktivität der Na+/K+-ATPase↑
- Kardiotoxische Wirkung bei längerer Anwendung
- Meist kontinuierliche Gabe einer auf 50 mL verdünnten Lösung (Klinikstandard beachten)
- Bolusgabe prinzipiell möglich
- Dosisabhängige Beeinflussung des peripheren Gefäßwiderstands [21]
- Dosierung
- Kontinuierliche Gabe
- Leichte bis moderate hämodynamische Instabilität
- Schwere hämodynamische Instabilität
- Bolusgabe
- Kontinuierliche Gabe
- Hinweise und Beispielrechnungen
- Berechnung der Spritzenpumpen-Laufrate (mL/h)
- Formel: kgKG × körpergewichtsbezogene Dosis × erforderliche Laufrate für 1 μg/min
- Beispielrechnung für einen Patienten mit 70 kgKG, einer gewünschten Dosierung von 0,05 μg/kgKG/min und einer Wirkstoffkonzentration von 20 μg/mL
- Erforderliche Laufrate für 1 μg/min: 60 μg/h ÷ 20 μg/mL = 3 mL/h
- Spritzenpumpen-Laufrate für gewünschte Dosierung: 70 kgKG × 0,05 μg/kgKG/min × 3 mL/h = 10,5 mL/h
- Berechnung der körpergewichtsbezogenen Dosis (μg/kgKG/min)
- Formel: Spritzenpumpen-Laufrate ÷ erforderliche Laufrate für 1 μg/min ÷ kgKG
- Beispielrechnung für einen Patienten mit 70 kgKG, einer Laufrate von 21 mL/h und einer Wirkstoffkonzentration von 100 μg/mL
- Erforderliche Laufrate für 1 μg/min: 60 μg/h ÷ 100 μg/mL = 0,6 mL/h
- Körpergewichtsbezogene Dosis: 21 mL/h ÷ 0,6 mL/h ÷ 70 kgKG = 0,5 μg/kgKG/min
- Berechnung der Spritzenpumpen-Laufrate (mL/h)
- Zur Dosierung von Adrenalin im Rahmen der Reanimation siehe: Advanced-Life-Support
- Zur Dosierung von Adrenalin bei Anaphylaxie siehe: Akutmanagement der Anaphylaxie und anaphylaktoider Reaktionen
- Zur Dosierung von Adrenalin zur lokalen Blutstillung siehe: Fachinformation [27]
Typische Infusionslösungen für die kontinuierliche Gabe von Adrenalin | ||||
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Infusionslösung | Wirkstoffkonzentration | Erforderliche Laufrate für 1 μg/min | Anwendungshinweise | |
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Die hier genannten Therapieempfehlungen betreffen explizit nicht die Bereiche Reanimation, Anaphylaxie und lokale Blutstillung (gesonderte Betrachtung an anderer Stelle)!
Die genaue Kenntnis der verwendeten Wirkstoffkonzentration ist zur Vermeidung von Über- bzw. Unterdosierungen von höchster Wichtigkeit!
Dobutamin - Klinische Anwendung [9][13][20][21][28]
- Handelsname: Dobutrex®
- Darreichungsform
- Ampulle (50 mL) mit 250 bzw. 500 mg als fertige Infusionslösung
- Durchstechflasche mit 250 mg als Trockensubstanz (Pulver) zum Herstellen einer Infusionslösung
- Indikation
- Typische Indikation: Kardiale Dekompensation und ausgeprägte Hypotonie, bspw. bei
- Diagnostische Indikation: Stress-Echokardiografie
- Wirkung
- Stimulation kardialer β1-Adrenorezeptoren → Herzindex↑
- Stimulation von β2-Adrenorezeptoren in der glatten Gefäßmuskulatur → Systemischer vaskulärer Widerstandsindex↓
- Zum Agonismus an adrenergen Rezeptoren siehe auch: Sympathomimetika
- Besonderheiten
- Variable Beeinflussung der Herzfrequenz
- Anstieg typischerweise erst bei höherer Dosierung
- Individuell teils deutliche Tachykardie bereits bei niedriger Dosierung
- Nur zur kontinuierlichen Applikation (keine Bolusgabe)
- Potenzielle Toleranzentwicklung bei Therapiedauer >72 h
- Variable Beeinflussung der Herzfrequenz
- Dosierung
- Leichte bis moderate hämodynamische Instabilität
- Schwere hämodynamische Instabilität
- Hinweise und Beispielrechnungen
- Berechnung der Spritzenpumpen-Laufrate (mL/h)
- Formel: kgKG × körpergewichtsbezogene Dosis × erforderliche Laufrate für 1 μg/min
- Beispielrechnung für einen Patienten mit 70 kgKG, einer gewünschten Dosierung von 2,5 μg/kgKG/min und einer Wirkstoffkonzentration von 5 mg/mL
- Erforderliche Laufrate für 1 μg/min: 60 μg/h ÷ 5 mg/mL = 60 μg/h ÷ 5000 μg/mL = 0,012 mL/h
- Spritzenpumpen-Laufrate für gewünschte Dosierung: 70 kgKG × 2,5 μg/kgKG/min × 0,012 mL/h = 2,1 mL/h
- Berechnung der körpergewichtsbezogenen Dosis (μg/kgKG/min)
- Formel: Spritzenpumpen-Laufrate ÷ erforderliche Laufrate für 1 μg/min ÷ kgKG
- Beispielrechnung für einen Patienten mit 70 kgKG, einer Laufrate von 4,2 mL/h und einer Wirkstoffkonzentration von 10 mg/mL
- Erforderliche Laufrate für 1 μg/min: 60 μg/h ÷ 10 mg/mL = 60 μg/h ÷ 10.000 μg/mL = 0,006 mL/h
- Körpergewichtsbezogene Dosis: 4,2 mL/h ÷ 0,006 mL/h ÷ 70 kgKG = 10 μg/kgKG/min
- Berechnung der Spritzenpumpen-Laufrate (mL/h)
Typische Infusionslösungen für die kontinuierliche Gabe von Dobutamin | ||||
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Infusionslösung | Wirkstoffkonzentration | Erforderliche Laufrate für 1 μg/min | Anwendungshinweise | |
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Die hier genannten Therapieempfehlungen betreffen explizit nicht den Bereich der Stress-Echokardiografie!
Die genaue Kenntnis der verwendeten Wirkstoffkonzentration ist zur Vermeidung von Über- bzw. Unterdosierungen von höchster Wichtigkeit!
Milrinon - Klinische Anwendung [9][13][20][29]
- Handelsname: Corotrop®
- Darreichungsform: Ampulle mit 10 mg auf 10 mL (Konzentration 1 mg/mL)
- Indikation
- Typische Indikation: Kurzzeitbehandlung der schweren, auf andere Medikamente therapierefraktären Herzinsuffizienz
- Weitere Indikationen bspw. perioperativ (insb. in der Kardiochirurgie)
- Senkung der rechtsventrikulären Nachlast bei akuter Rechtsherzinsuffizienz [30]
- Prävention bzw. Therapie eines Low-Cardiac-Output-Syndroms [31][32]
- Wirkung: Inodilatator (Phosphodiesterase-III-Hemmer)
- Herzindex↑ (hauptsächlich über Inotropie↑)
- Systemischer vaskulärer Widerstandsindex↓ (über periphere Vasodilatation)
- Pulmonaler vaskulärer Widerstandsindex↓ (über pulmonale Vasodilatation)
- Besonderheiten
- Häufig Blutdruckabfall durch Überwiegen der peripheren Vasodilatation [33]
- Verbesserter koronarer Blutfluss durch koronare Vasodilatation
- Geringe chronotrope, bathmotrope und dromotrope Wirkung
- Wirkung unabhängig von β-Rezeptor-Blockade oder Herabregulierung [21]
- Im Vergleich zu Katecholaminen deutlich verlängerte Halbwertszeit (ca. 2–4 h)
- Dosierung
- Initialdosis
- Erhaltungsdosis
- Hinweise und Beispielrechnungen
- Berechnung der Spritzenpumpen-Laufrate für die Initialdosis (mL/h für 10 min)
- Formel: kgKG × gewünschte Initialdosis ÷ 10 min × erforderliche Laufrate für 1 μg/min
- Beispielrechnung für einen Patienten mit 70 kgKG, einer gewünschten Initialdosis von 25 μg/kgKG und einer Wirkstoffkonzentration von 200 μg/mL
- Erforderliche Laufrate für 1 μg/min: 60 μg/h ÷ 200 μg/mL = 0,3 mL/h
- Spritzenpumpen-Laufrate für gewünschte Initialdosis: 70 kgKG × 25 μg/kgKG ÷ 10 min × 0,3 mL/h = 52,5 mL/h für 10 min
- Berechnung der Spritzenpumpen-Laufrate (mL/h)
- Formel: kgKG × körpergewichtsbezogene Dosis × erforderliche Laufrate für 1 μg/min
- Beispielrechnung für einen Patienten mit 70 kgKG, einer gewünschten Dosierung von 0,5 μg/kgKG/min und einer Wirkstoffkonzentration von 200 μg/mL
- Erforderliche Laufrate für 1 μg/min: 60 μg/h ÷ 200 μg/mL = 0,3 mL/h
- Spritzenpumpen-Laufrate für gewünschte Dosierung: 70 kgKG × 0,5 μg/kgKG/min × 0,3 mL/h = 10,5 mL/h
- Berechnung der körpergewichtsbezogenen Dosis (μg/kgKG/min)
- Formel: Spritzenpumpen-Laufrate ÷ erforderliche Laufrate für 1 μg/min ÷ kgKG
- Beispielrechnung für einen Patienten mit 70 kgKG, einer Laufrate von 15,75 mL/h und einer Wirkstoffkonzentration von 200 mg/mL
- Erforderliche Laufrate für 1 μg/min = 60 μg/h ÷ 200 μg/mL = 0,3 mL/h
- Körpergewichtsbezogene Dosis: 15,75 mL/h ÷ 0,3 mL/h ÷ 70 kgKG = 0,75 μg/kgKG/min
- Berechnung der Spritzenpumpen-Laufrate für die Initialdosis (mL/h für 10 min)
Typische Infusionslösung für die kontinuierliche Gabe von Milrinon | |||
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Infusionslösung | Wirkstoffkonzentration | Erforderliche Laufrate für 1 μg/min | Anwendungshinweise |
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Die hier genannten Therapieempfehlungen sind nur begrenzt auf den perioperativen Bereich (insb. Kardiochirurgie) anwendbar!
Eine Therapieempfehlung zur inhalativen Anwendung von Milrinon wird aufgrund der fehlenden Standarddosierung und des Off-Label Use nicht gegeben!
Levosimendan - Klinische Anwendung [9][13][20][34][35]
- Handelsname: Simdax®
- Darreichungsform: Durchstechflasche mit 12,5 mg auf 5 mL (Konzentration 2,5 mg/mL )
- Typische Indikation: Kurzzeitbehandlung der akut dekompensierten schweren chronischen Herzinsuffizienz
- Wirkung: „Calcium-Sensitizer“, Inodilatator
- Erhöhung der Calciumsensibilität der myokardialen kontraktilen Proteine → Herzindex↑
- Öffnung ATP-sensitiver Kaliumkanäle in der glatten Gefäßmuskulatur → Systemischer vaskulärer Widerstandsindex↓
- Besonderheiten
- Initial häufig Blutdruckabfall durch Überwiegen der peripheren Vasodilatation [36][37]
- Verstoffwechslung zu biologisch aktiven Metaboliten mit langer Halbwertszeit (80–96 h)
- Dosierung
- Initialdosis
- Erhaltungsdosis
- Hinweise und Beispielrechnungen
- Berechnung der Spritzenpumpen-Laufrate für die Initialdosis (mL/h für 10 min)
- Formel: kgKG × gewünschte Initialdosis ÷ 10 min × erforderliche Laufrate für 1 μg/min
- Beispielrechnung für einen Patienten mit 70 kgKG, einer gewünschten Initialdosis von 6 μg/kgKG und einer Wirkstoffkonzentration von 50 μg/mL
- Erforderliche Laufrate für 1 μg/min: 60 μg/h ÷ 50 μg/mL = 1,2 mL/h
- Spritzenpumpen-Laufrate für gewünschte Initialdosis: 70 kgKG × 6 μg/kgKG ÷ 10 min × 1,2 mL/h = 50,4 mL/h für 10 min
- Berechnung der Spritzenpumpen-Laufrate für die kontinuierliche Gabe (mL/h)
- Formel: kgKG × körpergewichtsbezogene Dosis × erforderliche Laufrate für 1 μg/min
- Beispielrechnung für einen Patienten mit 70 kgKG, einer gewünschten Erhaltungsdosis von 0,05 μg/kgKG/min und einer Wirkstoffkonzentration von 25 μg/mL
- Erforderliche Laufrate für 1 μg/min: 60 μg/h ÷ 25 μg/mL = 2,4 mL/h
- Spritzenpumpen-Laufrate für gewünschte Erhaltungsdosis: 70 kgKG × 0,05 μg/kgKG/min × 2,4 mL/h = 8,4 mL/h
- Berechnung der körpergewichtsbezogenen Dosis (μg/kgKG/min)
- Formel: Spritzenpumpen-Laufrate ÷ erforderliche Laufrate für 1 μg/min ÷ kgKG
- Beispielrechnung für einen Patienten mit 70 kgKG, einer Laufrate von 16,8 mL/h und einer Wirkstoffkonzentration von 50 μg/mL
- Erforderliche Laufrate für 1 μg/min: 60 μg/h ÷ 50 μg/mL = 1,2 mL/h
- Körpergewichtsbezogene Dosis: 16,8 mL/h ÷ 1,2 mL/h ÷ 70 kgKG = 0,2 μg/kgKG/min
- Berechnung der Spritzenpumpen-Laufrate für die Initialdosis (mL/h für 10 min)
Typische Infusionslösungen für die Initialdosis und die kontinuierliche Gabe von Levosimendan | |||||
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Infusionslösung | Wirkstoffkonzentration | Erforderliche Laufrate für 1 μg/min | Anwendungshinweise | ||
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Die Anwendung von Levosimendan bei Patienten mit ausgeprägter hämodynamischer Instabilität sollte aufgrund des potenziellen Blutdruckabfalls zu Beginn der Gabe nur unter gründlicher Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen!
Komplikationen
Extravasation bzw. Paravasation [1][38][39]
- Begünstigende Faktoren
- Nutzung eines peripheren Infusionszugangs
- Hohe Laufraten der applizierten Medikamente
- Lange Liegedauer des Katheters
- Mögliche Folgen
- Blutdruckabfall durch Unterdosierung
- Lokale Gewebeschädigung
- Maßnahmen: Umgehende Behandlung erforderlich zur Vermeidung von Folgeschäden
- Infusion über alten Zugang beenden
- Neuanlage eines Infusionszugangs
- Siehe auch: Anlage einer peripheren Venenverweilkatheters
- Siehe auch: Zentraler Venenkatheter - Klinische Anwendung
- Kennzeichnung bzw. direkte Entfernung des alten Infusionszugangs
- Zusätzliche topische Therapie: Abhängig vom Ausmaß der Extravasation
Überdosierung
- Typische Ursachen bspw.
- Bolusgaben (beabsichtigt oder unbeabsichtigt)
- Verwechslung der Wirkstoffkonzentration
- Überlappende Infusion bei Wechsel der Wirkstoffkonzentration
- Prävention entsprechend durch
- Sorgfältige Indikationsstellung für Bolusgaben
- Vertikale Niveauänderung der Spritzenpumpe vermeiden [11]
- Abknicken von Infusionsleitungen vermeiden
- Eindeutige Kennzeichnung der Spritzen (Wirkstoff und Konzentration) [10]
- Engmaschige Überwachung der Vitalparameter
- Infusionsleitungen nach der Therapie aspirieren und durchspülen
- Zum therapeutischen Vorgehen siehe: Hypertensiver Notfall
Technische Probleme [40]
- Invasive Blutdruckmessung
- Auf korrekte Höhe des Druckwandlers achten (Vorhofniveau)
- Abgleich des Druckwandlers mit dem Atmosphärendruck durchführen (sog. Nullabgleich)
- Infusionsleitungen
- Abknicken vermeiden
- Auf korrekte Position der Dreiwegehähne achten
- Mögliche Diskonnektion bedenken
- Spritzenpumpen
- Anschluss an das Stromnetz bzw. überprüfen des Akkuladezustands
- Ersatzgeräte bei Defekt während der Anwendung vorhalten
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.