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Muskelrelaxanzien

Letzte Aktualisierung: 6.2.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Muskelrelaxanzien sind Wirkstoffe, die über die Blockade postsynaptischer nicotinerger Cholinozeptoren zu einer Hemmung der neuromuskulären Übertragung an der motorischen Endplatte und damit zu einer reversiblen Lähmung der Skelettmuskulatur führen. Klinisch werden sie zur Erleichterung der endotrachealen Intubation und maschinellen Beatmung sowie zur Optimierung der Operationsbedingungen eingesetzt.

Nach dem Wirkmechanismus werden depolarisierende Muskelrelaxanzien von nicht-depolarisierenden Muskelrelaxanzien unterschieden. In Bezug auf die Wirkdauer ist eine Einteilung in ultrakurz-, kurz-, mittellang- und langwirksame Muskelrelaxanzien möglich.

Alle Muskelrelaxanzien lähmen die Atem- und Skelettmuskulatur, ohne das Bewusstsein zu beeinträchtigen. Die Kombination mit einem Injektionsanästhetikum oder Inhalationsanästhetikum ist daher obligat, ebenso wie die Sicherung der Atemwege (i.d.R. endotracheale Intubation) mit anschließender kontrollierter Beatmung. Ausprägung und Dauer der Muskelrelaxierung sind von vielen Faktoren abhängig und müssen mittels Relaxometrie überwacht werden.

Das Vorliegen einer neuromuskulären Restblockade zum Zeitpunkt der Narkoseausleitung ist ein häufiges und relevantes Phänomen, das mit schwerwiegenden Folgekomplikationen einhergehen kann. Vor der Extubation sollte daher eine vollständige neuromuskuläre Erholung abgewartet werden. Die Wirkung nicht-depolarisierender Muskelrelaxanzien kann prinzipiell auch medikamentös aufgehoben werden.

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Übersichttoggle arrow icon

Allgemeines

Die Kombination verschiedener Muskelrelaxanzien kann zu einer schwer kalkulierbaren neuromuskulären Blockade führen und sollte daher möglichst vermieden werden!

Bei Pathologien der neuromuskulären Übertragung sollten Muskelrelaxanzien aufgrund des erhöhten Nebenwirkungsrisikos nur mit Vorsicht eingesetzt werden!

Einteilung

Indikationen

Charakteristika [1][2][3]

Charakteristika der Muskelrelaxanzien
Wirkstoff Anschlagzeit Klinische Wirkdauer (DUR25) Gesamtwirkdauer (DUR95) Besonderheiten

Succinylcholin (Suxamethonium)

  • 30–60 s
  • 5–10 min
  • 10–15 min
Mivacurium
  • 2–3 min
  • 15–20 min
  • 20–30 min
Vecuronium
  • 2–3 min
  • 30–40 min
  • 60–80 min
  • Keine Histaminfreisetzung
  • Aufhebung der Wirkung auch durch Sugammadex möglich

Rocuronium

  • 1–2 min
  • 35–45 min
  • 50–70 min
Atracurium
  • 2–3 min
  • 30–40 min
  • 50–70 min
Cisatracurium
  • 3–4 min
  • 40–50 min
  • 50–70 min
Pancuronium
  • 4–6 min
  • 70–100 min
  • 120–150 min
  • Keine Histaminfreisetzung
  • Aufhebung der Wirkung durch Sugammadex theoretisch möglich, aber nicht empfohlen

Anschlagzeit und Wirkdauer sind dosisabhängig und können daher nur näherungsweise angegeben werden!

Das klinische Ansprechen auf die Gabe eines Muskelrelaxans kann individuell sehr variabel sein und muss daher mittels neuromuskulärem Monitoring kontrolliert werden!

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Wirkungtoggle arrow icon

Grundlegende Wirkmechanismen [1][2]

Muskelrelaxanzien vermitteln eine schlaffe Lähmung der Skelettmuskulatur durch die Blockade postsynaptischer nicotinerger Cholinozeptoren an der motorischen Endplatte!

Ausprägung und Dauer der Wirkung sind von vielen Faktoren abhängig und müssen mittels Relaxometrie überwacht werden!

Formen der neuromuskulären Blockade [1][2][6]

Depolarisierende Muskelrelaxanzien

Nicht-depolarisierende Muskelrelaxanzien

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Nebenwirkungtoggle arrow icon

Allgemeine Nebenwirkungen [1][7]

Aufgrund des erhöhten Nebenwirkungsrisikos sollten Muskelrelaxanzien bei neuromuskulären Erkrankungen nur sehr vorsichtig eingesetzt werden!

Nebenwirkungen von Succinylcholin [1][7]

Succinylcholin ist eine Triggersubstanz der malignen Hyperthermie!

Nebenwirkungen nicht-depolarisierender Muskelrelaxanzien [1][2][3]

Nebenwirkungen nicht-depolarisierender Muskelrelaxanzien
Wirkstoff Nebenwirkungen
Mivacurium
Vecuronium
Rocuronium
Atracurium
Cisatracurium
Pancuronium

Es werden die wichtigsten Nebenwirkungen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Pharmakokinetiktoggle arrow icon

Allgemeine Pharmakokinetik [6][17][18][19]

Dosierung

Eine Erhöhung der Intubationsdosis über die zweifache ED95 kann zu einer Verkürzung der Anschlagzeit sowie zu einer Verbesserung der Intubationsbedingungen führen, geht jedoch i.d.R. mit einer verlängerten Wirkdauer einher!

Wirkbeginn und Wirkdauer [1]

  • Anschlagzeit [20]
    • Zeit von der Injektion bis zum Erreichen der maximalen Wirkung
    • Dosisabhängiger Parameter (negative Korrelation)
    • Häufig unscharf als Synonym für den Wirkbeginn benutzt
  • Klinische Wirkdauer (DUR25)
    • Zeit bis zur Erholung der Muskelkraft auf 25%
    • Dosisabhängiger Parameter (positive Korrelation)
    • Neuromuskuläre Blockade in dieser Zeit für die meisten chirurgischen Eingriffe ausreichend
  • Gesamtwirkdauer (DUR95)
    • Zeit bis zur Erholung der Muskelkraft auf 95%
    • Dosisabhängiger Parameter (positive Korrelation)
    • Neuromuskuläre Blockade klinisch weitestgehend abgeklungen
  • Erholungsindex
    • Zeit zwischen 25%- und 75%iger Erholung der Muskelkraft
    • Weitestgehend dosisunabhängiger Parameter [3]
    • Maß für die Abklinggeschwindigkeit der neuromuskulären Blockade

Die genannten pharmakokinetischen Parameter werden in der Literatur typischerweise in Bezug auf die im Allgemeinen empfohlene Intubationsdosis angegeben!

Elimination [3][19][20][21]

Elimination von Muskelrelaxanzien
Wirkstoff Elimination (orientierende Werte)
Succinylcholin
Mivacurium
Vecuronium
Rocuronium
  • 100% unveränderte Ausscheidung
Atracurium
Cisatracurium
Pancuronium

Spezielle pharmakologische Konzepte bzw. Techniken [1][22]

Spezielle pharmakologische Konzepte bzw. Techniken von Muskelrelaxanzien
Konzept bzw. Technik Definition Ziel Bewertung
Präcurarisierung
  • Klinischer Nutzen nicht erwiesen
  • Auslösen insb. von Atemnot und Schluckstörungen möglich
  • Anwendung wird im Allgemeinen nicht empfohlen
Priming
Timing
  • Verringerung der Apnoezeit
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Neuromuskuläres Monitoring (Relaxometrie)toggle arrow icon

Grundlagen [1][19][23]

  • Definition: Verfahren zur Beurteilung einer neuromuskulären Blockade nach der Gabe von Muskelrelaxanzien
  • Grundprinzip: Elektrische Stimulation eines peripheren Nerven und Messung der zugehörigen Muskelantwort, bspw.
  • Auswertung
    • Subjektiv durch taktile oder visuelle Begutachtung
    • Objektiv durch quantitative Myografie (spezielle Sensoren erforderlich)
  • Mögliche Fehlerquellen
    • Direkte Muskelstimulation
    • Ermüdung der Reizantwort durch zu häufige Stimulation
    • Fehlinterpretation durch „Eisbergphänomen oder unterschiedliche Empfindlichkeit verschiedener Muskelgruppen

Die Relaxometrie bewertet immer nur den Grad der neuromuskulären Blockade des untersuchten Muskels und nicht den der gesamten quergestreiften Skelettmuskulatur!

In der täglichen Praxis ist eine Zusammenschau der Relaxometrie mit den klinischen Befunden sowie eine wertfreie interdisziplinäre Kommunikation zwischen Anästhesie und Chirurgie unerlässlich!

Durchführung [1][23][24]

  • Aufkleben von 2 Stimulationselektroden im Nervenverlauf
    • Typischerweise Verwendung normaler EKG-Elektroden
    • Abstand der Elektroden untereinander ca. 2–4 cm
    • Nach Möglichkeit saubere, trockene und wenig behaarte Stellen auswählen
  • Anschluss des Nervenstimulators (Relaxometers)
    • Verbindung der Stimulationskabel mit den Elektroden
      • Schwarz markiertes Kabel wird distal befestigt
      • Rot markiertes Kabel wird proximal befestigt
    • Bei quantitativer Myografie zusätzlich Anschluss des entsprechenden Sensors
  • Auswahl des Stimulationsmusters
  • Einstellen der Stromstärke
    • Abhängig vom stimulierten Nerven
    • Immer Stimulation mit supramaximaler Stromstärke
Durchführung der Nervenstimulation bei der Relaxometrie
Stimulierter Nerv Typische Position der Stimulationselektroden Empfohlene Stromstärke
N. ulnaris Ventralseitig am Unterarm in der Nähe des proximalen Handgelenks 40–50 mA
N. tibialis Innenseitig am Unterschenkel in der Nähe des Innenknöchels
N. facialis Im Schläfenbereich auf Höhe der Augenbraue bzw. des Tragus 25–30 mA

Die Durchführung einer Relaxometrie ist schmerzhaft und sollte daher nur in Allgemeinanästhesie erfolgen!

Stimulationsmuster [1][19][23][24]

Einzelreiz (Single Twitch) bzw. Einzelreizserie

  • Definition: Einfachste Form des neuromuskulären Monitorings
    • Reizdauer: 0,1–0,2 ms
    • Reizfrequenz bei Einzelreizserie: 1 Hz
  • Anwendung: Erfassung der Anschlagzeit bzw. Abschätzen des optimalen Intubationszeitpunkts
  • Auswertung: Zeitpunkt, an dem die Reizantwort erlischt

Train of Four (TOF)

  • Definition: „Universalstimulationsmuster“
    • Abgabe von 4 Einzelreizen im Abstand von 0,5 s (Reizfrequenz 2 Hz)
    • Mindestabstand von 10 s zwischen 2 Messungen
  • Anwendung: Klinisches Standardverfahren zur Überwachung einer neuromuskulären Blockade
  • Auswertung: Anzahl der Reizantworten T1–T4 sowie ihrer relativen Stärke
    • TOF-Zahl: Absolute Anzahl der Reizantworten (0–4) unabhängig von der Stärke
    • TOF-Ratio: Stärke der vierten im Vergleich zur ersten Reizantwort (Quotient T4/T1)
      • Berechnung erst ab einer TOF-Zahl von 4 möglich und nur bei einem Nichtdepolarisationsblock sinnvoll
      • Angabe als dimensionslose Dezimalzahl (0–1) oder in Prozent (0–100%)
  • Typische Befunde
  • Nachteile: Aussagekraft begrenzt bei
    • Tiefer neuromuskulärer Blockade
    • Taktiler bzw. visueller Begutachtung der TOF-Ratio
Train of Four (TOF) – Beurteilung bei Nichtdepolarisationsblock
Befund Beurteilung
TOF-Zahl 0
TOF-Zahl 1–3
  • Narkoseeinleitung: Vollständige Muskelrelaxierung abwarten
  • Intraoperativ: Muskelrelaxierung für die meisten Eingriffe ausreichend
TOF-Zahl 4 TOF-Ratio ≤0,4
  • Intraoperativ
    • Muskelrelaxierung abhängig vom Eingriff möglicherweise nicht mehr ausreichend
    • Gabe einer Repetitionsdosis erwägen (Nachrelaxierung)
TOF-Ratio 0,6–0,8
TOF-Ratio ≥0,9
  • Narkoseausleitung
    • Nahezu vollständige neuromuskuläre Erholung
    • Extubation i.d.R. problemlos möglich

Der Train of Four (TOF) ist das klinische Standardverfahren zur Überwachung einer neuromuskulären Blockade!

Vor der Extubation sollte die TOF-Ratio ≥0,9 sein!

Double Burst Stimulation (DBS)

  • Definition: Stimulationsmuster zur Beurteilung der neuromuskulären Erholung
    • Abgabe von 2 Reizsalven („bursts“) im Abstand von 0,75 s
    • Salven bestehen aus 3 Sequenzen mit einer Reizfrequenz von 50 Hz
  • Anwendung
    • Rein taktile bzw. visuelle Beurteilung der neuromuskulären Erholung
    • Detektion eines „Fadings“ als Zeichen einer neuromuskulären Restblockade
  • Auswertung: Relative Stärke der beiden Reizantworten
  • Typische Befunde
    • Neuromuskuläre Restblockade: Abnehmende Stärke der zweiten Reizantwort (Ermüdungsphänomen)
    • Neuromuskuläre Erholung: Beide Reizantworten gleich stark
  • Nachteil: Keine zuverlässige Detektion einer minimalen neuromuskulären Restblockade

Ein unauffälliger Befund bei der Double Burst Stimulation entspricht in etwa einer myografisch gemessenen TOF-Ratio von 0,7–1,0!

Tetanischer Reiz

  • Definition: Stimulationsmuster zur Detektion minimaler neuromuskulärer Restblockaden
    • Tetanische Reizung (50–200 Hz) über 5 s
    • Mindestabstand von 5 min zwischen 2 Messungen
  • Anwendung: Beurteilung der neuromuskulären Erholung
  • Auswertung: Stärke der Muskelkontraktion im Verlauf
  • Typischer Befund: Gleichbleibend starke Muskelkontraktion bei vollständiger neuromuskulärer Erholung
  • Nachteil: Geringe Spezifität

Post Tetanic Count (PTC)

  • Definition: Stimulationsmuster zur Beurteilung einer tiefen neuromuskulären Blockade
    • Zunächst tetanische Stimulation über 5 s mit einer Reizfrequenz von 50 Hz
    • Stimulationspause von 3 s, dann Serie von 10–20 Einzelreizen im Abstand von jeweils 1 s
    • Mindestabstand von 3 min zwischen 2 PTC-Messungen
  • Anwendung
  • Auswertung: Anzahl der Reizantworten auf die Einzelreizserie
  • Typischer Befund: Korrelation der Reizantworten mit der Tiefe der neuromuskulären Blockade

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Neuromuskuläre Restblockadetoggle arrow icon

Allgemeine Hinweise [25][26]

  • Definition: Unvollständige neuromuskuläre Erholung zum Zeitpunkt der (geplanten) Extubation
  • Ätiologie: Relative oder absolute Überdosierung
  • Inzidenz: 40–60% aller postoperativen Patient:innen (orientierender Wert)
  • Folgekomplikationen (nach vorzeitiger Extubation)

Relevante Folgekomplikationen können bereits bei geringgradiger neuromuskulärer Restblockade (TOF-Ratio >0,6) auftreten!

Eine neuromuskuläre Restblockade kann zu einer erhöhten postoperativen Morbidität und Mortalität beitragen!

Symptome/Klinik [1][26]

Das Vorliegen einer neuromuskulären Restblockade sollte vor der Narkoseausleitung mittels Relaxometrie (bspw. TOF-Messung) ausgeschlossen werden!

Therapie

  • Konservativ: Abwarten der spontanen neuromuskulären Erholung
    • Im klinischen Alltag meist ausreichend
    • Auf adäquate Narkosetiefe achten
  • Medikamentös: Aufhebung der Muskelrelaxanswirkung

Medikamentöse Aufhebung eines Nichtdepolarisationsblocks

Medikamentöse Aufhebung eines Nichtdepolarisationsblocks
Wirkstoffklasse Wirkstoff Zielsubstanzen Anwendung Dosierung
Cholinesterasehemmer
Cyclodextrine
  • Tiefe neuromuskuläre Blockade (TOF-Zahl 0 und PTC 1–2)
  • Sofortige Aufhebung vollständiger neuromuskulärer Blockade

Ein Depolarisationsblock kann medikamentös nicht aufgehoben werden!

In seltenen Verlauf kann es nach medikamentöser Aufhebung eines Nichtdepolarisationsblocks zu einem Wiederauftreten der neuromuskulären Blockade kommen!

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Butyrylcholinesterasemangeltoggle arrow icon

Grundlagen

Isoformen der „Cholinesterase [31][32]
Acetylcholinesterase (AChE) Butyrylcholinesterase (BChE)
Synonyme
Hauptsächliches Vorkommen
  • Cholinerge Synapsen
  • Erythrozytenmembran
Substratspektrum
  • Erweitert (verschiedene Cholinesterverbindungen)
Physiologische Funktion
  • Keine klare Zuordnung

Atypische Cholinesterase (Qualitativer Enzymmangel) [34][35]

  • Definition: Vorliegen der sog. „atypischen“ Genvariante der Butyrylcholinesterase
  • Epidemiologie: 3,4–4% der Menschen europäischer Herkunft [36]
  • Symptomatik: Prolongierte neuromuskuläre Blockade nach der Gabe von Succinylcholin oder Mivacurium
    • Ausmaß abhängig vom Genotyp
    • Keine sonstigen Symptome im Alltag
  • Diagnostik: Bestimmung der Dibucainzahl (nur bei konkretem Verdacht indiziert) [1][37]
    • Normalbefund: >70%
    • Intermediär: 30–70% (≙ Heterozygotie für die „atypische“ Genvariante)
    • Pathologisch: <30% (≙ Homozygotie für die „atypische“ Genvariante)
  • Therapie: Keine spezifische Therapie vorhanden bzw. erforderlich
  • Prävention einer klinischen Manifestation: Verzicht auf Succinylcholin bzw. Mivacurium
  • Vorgehen bei unerwarteter klinischer Manifestation: Kontrollierte Nachbeatmung unter adäquater Analgosedierung bis zur Spontanerholung

Ein Routinescreening auf das Vorliegen einer „atypischen“ Genvariante der Butyrylcholinesterase ist nicht sinnvoll!

Personen mit atypischer Cholinesterase sollte ein Anästhesie-Ausweis mit einem entsprechenden Vermerk ausgestellt werden!

Plasmacholinesterase-Mangel (Quantitativer Enzymmangel) [34][35]

  • Definition: Verminderte Synthese der intakten Butyrylcholinesterase
    • Physiologisch
    • Krankheitsassoziiert
    • Iatrogen
  • Symptomatik: Prolongierte neuromuskuläre Blockade nach der Gabe von Succinylcholin oder Mivacurium
    • Ausmaß interindividuell sehr variabel
    • Weitere Symptomatik abhängig von der Ursache des Enzymmangels
  • Diagnostik: Bestimmung der Butyrylcholinesterase im Plasma bzw. im Serum (nur bei konkretem Verdacht indiziert)
  • Therapie: Behandlung der Grunderkrankung
  • Prävention einer klinischen Manifestation: Verzicht auf Succinylcholin bzw. Mivacurium
  • Vorgehen bei unerwarteter klinischer Manifestation: Kontrollierte Nachbeatmung unter adäquater Analgosedierung bis zur Spontanerholung
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Muskelrelaxanzien bei Pathologien der neuromuskulären Übertragungtoggle arrow icon

Hintergrund [11][38]

  • Potenziell veränderte Empfindlichkeit gegenüber Muskelrelaxanzien durch
    • Störungen der neuromuskulären Übertragung
    • Muskelinaktivierung bzw. Muskeldenervierung
    • Direkte Muskelläsion (traumatische Schädigung)

Pathophysiologie

Risiken und klinisches Management

Bei unklaren Pathologien der neuromuskulären Übertragung sollte nach Möglichkeit auf die Verwendung von Succinylcholin verzichtet werden!

Der kombinierte Einsatz von Rocuronium zur Muskelrelaxierung und Sugammadex zur späteren Aufhebung der neuromuskulären Blockade ist bei Pathologien der neuromuskulären Übertragung häufig ein empfehlenswertes und sicheres Behandlungskonzept!

Klinische Übersicht [11][38]

Muskelrelaxanzien bei Pathologien der neuromuskulären Übertragung
Pathologie Krankheitsbild Succinylcholin Nicht-depolarisierende Muskelrelaxanzien
Präjunktionale Störungen
  • Wirkdauer↑↑
  • Dosisreduktion empfohlen
  • Risiko für Hyperkaliämie abhängig von der klinischen Ausprägung↑
  • Gabe möglichst vermeiden
  • Eher geringe Wirkunterschiede im Vergleich zu Gesunden
  • I.d.R. keine Dosisanpassung erforderlich
Junktionale Störungen
  • Empfindlichkeit↓, Wirkdauer↑
  • Dosiserhöhung erwägen [40]
  • Empfindlichkeit und Wirkdauer↑↑
  • Dosisreduktion empfohlen
Postjunktionale Störungen
  • Anschlagzeit ggf.↑
  • Wirkdauer i.d.R.↑↑
  • Individuelle Dosisanpassung erforderlich
  • Risiko für Hyperkaliämie↑↑
  • Auslösen einer myotonen Krise möglich
  • Gabe streng kontraindiziert
  • Eher geringe Wirkunterschiede im Vergleich zu Gesunden
  • I.d.R. keine Dosisanpassung erforderlich
Sonstige Störungen
  • Risiko für Hyperkaliämie häufig↑
  • Gabe innerhalb der ersten 48 h i.d.R möglich, danach kontraindiziert
  • Empfindlichkeit und Wirkdauer individuell stark schwankend
  • Individuelle Dosisanpassung erforderlich
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Depolarisierende Muskelrelaxanzien: Succinylcholin

Nicht-depolarisierende Muskelrelaxanzien

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