Zusammenfassung
Gonorrhö (umgangssprachlich „Tripper“) wird durch Gonokokken (Neisseria gonorrhoeae) ausgelöst und ist eine sexuell-übertragbare Erkrankung (STD). Nach einer Inkubationszeit von 2 bis 7 Tagen kann es zu einer Urethritis mit Juckreiz, Dysurie oder eitrigem Genitalausfluss (am Penis auch als „Bonjour-Tropfen“ bekannt) kommen. Auch asymptomatische bis schwere Verläufe mit Adnexitis, Zervizitis oder Pelvic inflammatory Disease inkl. Fieber und akutem Abdomen sind möglich. Als Maximalversion gilt die disseminierte Gonokokkeninfektion (DGI) mit hämorrhagischen Hautveränderungen, Sepsis und hämatogener Erregerstreuung. Therapie der Wahl bei der unkomplizierten Gonorrhö ist die kombinierte Einmalgabe von Ceftriaxon und Azithromycin.
Epidemiologie
- Vorkommen: Weltweit häufige sexuell-übertragbare Erkrankung mit >100 Mio. Fällen pro Jahr
- Alter: Hauptsächlich junge Menschen zwischen 15–25 Jahren
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Erreger: Neisseria gonorrhoeae (Gonokokken), gramnegativ
- Übertragung: Sexuell
Klassifikation
- Untere Gonorrhö (unterhalb Ostium uteri internum): Symptomarm
- Introitus-Entzündung (ggf. in Kombination mit Bartholinitis)
- Urethritis (ca. 90%)
- Proktitis
- Zervizitis (ca. 80–90%)
- Obere Gonorrhö (oberhalb des Ostium uteri internum): Symptomreich
- Endometritis
- Salpingitis
- Pelveoperitonitis
- Peritonitis
Symptomatik
- Inkubationszeit: 2–7 Tage
- Symptome
- Juckreiz
- Dysurie
- Fieber, akutes Abdomen
- Bartholinitis, Adnexitis, Zervizitis, Pelvic inflammatory Disease
- Gelbrahmiger Fluor am Zervikalkanal
-
Urethritis mit putrid-eitrigem, evtl. faulig riechendem Sekret
- Penis: Morgendlicher Bonjour-Tropfen)
- Komplikationen, siehe: Disseminierte Gonokokkeninfektion
Auch asymptomatische Verläufe sind möglich!
Diagnostik
- Abstrich: Mikroskopischer und kultureller Erregernachweis → Gramnegative Diplokokken
Therapie
Therapie der unkomplizierten Gonorrhö [1]
- Definition: Untere Gonorrhö (unterhalb des Ostium uteri internum) bzw. urethrale Gonorrhö (gelegentlich mit Balanoposthitis)
- Kalkulierte Therapie
- 1. Wahl: Einmalige Gabe von Ceftriaxon plus Azithromycin
- Alternative (keine i.v. oder i.m. Gabe möglich): Einmalige Gabe von Cefixim plus Azithromycin
- Monotherapie bei nachgewiesener Erreger-Empfindlichkeit
Kalkulierte Therapie der aufsteigenden Infektion bei Gonorrhö (Obere Gonorrhö [1])
- Bei Salpingitis, Adnexitis, Pelvic inflammatory Disease (PID)
- Therapie analog zur unkomplizierten Gonorrhö (Ceftriaxon plus Azithromycin ); anschließend zusätzlich Levofloxacin und Metronidazol
- Bei Epididymitis, Orchitis
- Therapie analog zur unkomplizierten Gonorrhö (Ceftriaxon plus Azithromycin ); anschließend zusätzlich Doxycyclin
Therapie der disseminierten Gonokokkeninfektion [1]
- Standardtherapie: Ceftriaxon
- Umstellung auf orale Therapie nach klinischer Besserung und nach Antibiogramm möglich, etwa mit:
- Bei Meningitis und Endokarditis: Ceftriaxon in höherer Dosierung und verlängerter Applikationsdauer
Therapie der Gonorrhö in Schwangerschaft und Stillzeit [1]
Bei allen sexuell übertragbaren Erkrankungen müssen die Sexualpartner:innen mitbehandelt werden, um einem Ping-Pong-Effekt vorzubeugen!
Komplikationen
- Disseminierte Gonokokkeninfektion (DGI)
- Symptomtrias
- Hämatogene Aussaat führt zu Polyarthritis
- Hohe Fieberschübe
- Hämorrhagische Pusteln an den Akren und Petechien
- Komplikationen: Sepsis mit Endokarditis, Meningitis, Osteomyelitis oder Pneumonie
- Symptomtrias
- Frauen: Hymenale und tubäre Synechien, Tubenmotilitätsstörungen → Sterilität
- Gonokokkenkonjunktivitis (v.a. Neugeborenenkonjunktivitis)
- Reaktive Arthritis
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prävention
- Aufklärung über sexuell übertragbare Erkrankungen
- Kondom zum Schutz vor urethraler, zervikaler und rektaler Infektion
- Gonokokken-Screening für Personen mit häufig wechselnden Sexualpartner:innen sinnvoll, aber bisher nicht vorgesehen [1]
- Gonokokken-Screening bei Schwangeren mit erhöhtem Risiko für STI mittels zervikalem Abstrich empfohlen [2]
- Bei Infektion
- Keine weiteren Sexualkontakte bis Therapieende
- Benachrichtigung aller Geschlechtspartner:innen der letzten 3 Monate
- Ausnahme: Bei gonorrhoischer Urethritis am Penis alle Geschlechtspartner:innen der letzten 2 Wochen bzw. den letzten Sexualkontakt (bei letztem Geschlechtsverkehr vor mehr als 2 Wochen)
- Bei Schwangeren: Erkennen und Behandeln einer genitalen Gonokokken-Infektion
- Eine Untersuchung auf Gonokokken ist leider kein obligater Teil der Schwangeren-Vorsorge [2]
Jeder schwangeren Person sollte ein Gonokokken-Screening angeboten werden!
- Siehe auch: Gonorrhö – Meldepflicht
Meldepflicht
- Keine bundesweite Meldepflicht mehr seit 2001
- Labormeldepflicht nach IfSGMeldeVO (nur in Sachsen ): Nicht-namentliche Meldepflicht bei direktem Erregernachweis
Studientelegramme zum Thema
- One-Minute Telegram (aus unserer englischsprachigen Redaktion)
- One-Minute Telegram 101-2024-1/3: New CDC guidelines: doxy PEP for bacterial STI prevention
- One-Minute Telegram 90-2024-3/3: PEP challenges amid rising STIs
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Gonorrhö
Gonokokkenkonjunktivitis
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- A54.-: Gonokokkeninfektion
- A54.0: Gonokokkeninfektion des unteren Urogenitaltraktes ohne periurethralen Abszess oder Abszess der Glandulae urethrales
- Urethritis, Vulvovaginitis, Zervizitis, Zystitis jeweils o.n.A. oder durch Gonokokken
- Exklusive: Mit Abszess: Glandulae urethrales (A54.1), periurethral (A54.1)
- A54.1: Gonokokkeninfektion des unteren Urogenitaltraktes mit periurethralem Abszess oder Abszess der Glandulae urethrales
- Abszess der Bartholin-Drüse durch Gonokokken
- A54.2: Pelviperitonitis durch Gonokokken und Gonokokkeninfektionen sonstiger Urogenitalorgane
- Entzündung im weiblichen Becken† (N74.3*), Epididymitis† (N51.1*), Orchitis† (N51.1*), Prostatitis† (N51.0*) jeweils durch Gonokokken
- Exklusive: Gonokokkenperitonitis (A54.8)
- A54.3: Gonokokkeninfektion des Auges
- Iridozyklitis† (H22.0*), Konjunktivitis† (H13.1*), Ophthalmia neonatorum jeweils durch Gonokokken
- A54.4†: Gonokokkeninfektion des Muskel-Skelett-Systems
- Arthritis (M01.3-*), Bursitis (M73.0-*), Osteomyelitis (M90.2-*), Synovitis (M68.0-*), Tenosynovitis (M68.0-*) jeweils durch Gonokokken
- A54.5: Gonokokkenpharyngitis
- A54.6: Gonokokkeninfektion des Anus und des Rektums
- A54.8: Sonstige Gonokokkeninfektionen
- Endokarditis† (I39.8*), Hautläsionen, Hirnabszess† (G07*), Meningitis† (G01*), Myokarditis† (I41.0*), Perikarditis† (I32.0*), Peritonitis† (K67.1*), Pneumonie† (J17.0*), Sepsis jeweils durch Gonokokken
- Exklusive: Gonokokkenpelviperitonitis (A54.2)
- A54.9: Gonokokkeninfektion, nicht näher bezeichnet
- A54.0: Gonokokkeninfektion des unteren Urogenitaltraktes ohne periurethralen Abszess oder Abszess der Glandulae urethrales
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.