Zusammenfassung
Bei der Balanitis oder Balanoposthitis handelt es sich um eine Entzündung im Bereich der Glans penis und des Präputiums infektiöser oder nicht-infektiöser Genese. Während im Kindesalter i.d.R. eine Phimose die Entzündung begünstigt, ist beim Erwachsenen meist mangelnde Hygiene auslösend. Häufig ist eine topische Behandlung ausreichend, während selten eine orale antibiotische Therapie indiziert ist. Bei rezidivierenden Balanitiden und bestehender Phimose ist eine Zirkumzision indiziert.
Definition
- Balanitis: Entzündung der Glans penis
- Balanoposthitis: Entzündung von Glans penis und des Präputiums. Eine Entzündung ohne Beteiligung des Präputiums liegt selten vor. Im klinischen Sprachgebrauch wird meist von einer Balanitis gesprochen, unabhängig davon, ob das Präputium beteiligt ist oder nicht.
Ätiologie
Begünstigende Faktoren
- Vorhandensein von Smegma (abgeschilferte Epithelzellen und Talg)
- Bei Kindern i.d.R. im Rahmen einer bestehenden primären oder sekundären Phimose
- Bei Erwachsenen i.d.R. infolge schlechter Hygiene
- Vorerkrankungen wie bspw. Diabetes mellitus (siehe auch: Balanitis diabetica)
Infektiöse Ursachen [1]
- Häufige Auslöser
- Am häufigsten: Pilze (insb. Candida-Balanitis), Bakterien (v.a. Streptokokken, Staphylokokken)
- Seltener: Viren (z.B. bei Herpes simplex genitalis)
- Balanitis im Rahmen einer STI möglich, siehe auch: Sexuell übertragbare Erkrankungen
- Siehe auch: Spezifische infektiöse Balanitiden
Nicht-infektiöse Ursachen
- Balanitis durch allergische Reaktion/Kontaktdermatitis
- Balanitis durch Arzneimittelexanthem
- Balanitis circinata
- Balanitis xerotica obliterans
- Balanoposthitis chronica circumscripta plasmacellularis
- Balanitis symptomatica: Im Rahmen systemischer/dermatologischer Grunderkrankungen wie bspw. Psoriasis, Morbus Behçet, Pemphigus vulgaris
Symptomatik
- Schmerzen und Brennen des distalen Penisanteils
- Rötung, Schwellung und Überwärmung der Glans penis und des Präputiums
Verlaufs- und Sonderformen
Spezifische infektiöse Balanitiden
Candida-Balanitis [2][3][4]
- Häufigkeit: Ca. ⅓ aller infektiösen Balanitiden
- Ätiologie: Meist Candida albicans
- Häufig sexuelle Übertragung
- Als Komplikation bei Windeldermatitis oder Inkontinenz möglich
- Risikofaktoren: Diabetes mellitus, Immunsuppression (z.B. HIV-Infektion, Therapie mit Glucocorticoiden), siehe auch Candidose-Risikofaktoren
- Klinisches Bild: Flächiges, brennendes und juckendes Erythem im Bereich der Eichel (ggf. inkl. Penisschaft) mit Papeln, weißlichen Belägen, Vorhautödem
- Diagnostik: I.d.R. Blickdiagnose
- Zur Bestätigung bzw. Ausschluss von Differenzialdiagnosen: Abstrich unter der Vorhaut (Kultur)
- Urinuntersuchung auf Glucosurie
- Sexualanamnese erheben, Screening auf STI erwägen
- Therapie: Topische Antimykotika, z.B. Miconazol [5] oder Clotrimazol [6]
- Bei starker Inflammation: Topisches Antimykotikum mit 1% Hydrocortison
- Bei schwerer Symptomatik: Systemisch Fluconazol [7]
- Sexualpartner:innen Screening und ggf. Behandlung anbieten
- Siehe auch: Therapeutisches Vorgehen bei Balanitis und Balanoposthitis
Balanitis im Rahmen von sexuell übertragbaren Infektionen
Siehe: Syphilis, urogenitale Chlamydien-Infektion, Herpes genitalis
Balanitis gangraenosa (im Rahmen einer Fournier-Gangrän)
- Ätiologie: Entwickelt sich i.d.R. bei Immunsupprimierten aus einer Balanitis durch gramnegative Erreger oder Anaerobier
- Klinisches Bild: Ulzera (bis Penisgangrän), Schmerzen, Lymphknotenschwellung, Fieber, reduzierter Allgemeinzustand
- Diagnostik: Kultur und Mikroskopie
- Therapie
- Hygienemaßnahmen und äußerliche Therapie (siehe: Therapeutisches Vorgehen bei Balanitis und Balanoposthitis)
- Systemische Antibiotikatherapie mit
- Cefotaxim
- ODER Ciprofloxacin
- Bei Nekrosebildung: Chirurgisches Debridement
Nicht-infektiöse Balanitiden
Balanitis durch allergische Reaktion/Kontaktdermatitis
- Ätiologie:
- Klinisches Bild: Flächiges Ekzem, Variation von Erythem bis Ödem
- Diagnostik: Anamnese, typisches klinisches Bild
- Therapie
- Meiden des auslösenden Faktors
- Vermeidung von Seife, Verwenden von Feuchtigkeitscremes als Seifenersatz
- Hydrocortison
- Ggf. topische Steroide in Kombination mit Antimykotika
- Ggf. topische Steroide in Kombination mit Antibiotika
Balanitis durch Arzneimittelexanthem
- Ätiologie
- Insb. durch Tetracycline, Paracetamol, Phenolphthalein und Salicylate
- Penis häufig mitbetroffen
- Klinisches Bild Scharf begrenzte, gerötete bis blasige Herde, ggf. Ulzera
- Diagnostik: (Medikamenten‑)Anamnese, typisches klinisches Bild, ggf. Biopsie
- Therapie
- I.d.R. selbstlimitierender Verlauf
- Ggf. Hydrocortison
- Bei starker Ausprägung: Systemische Steroide
Balanitis symptomatica
- Psoriasis
- Morbus Behçet
- Lichen planus
- Erythema exsudativum multiforme
- Balanitis diabetica
- Pemphigus vulgaris
- Vernarbendes Pemphigoid
Weitere nicht-infektiöse Balanitiden
- Balanitis circinata: Psoriasiforme Dermatitis mit erosiven Plaques auf der Glans penis im Rahmen einer reaktiven Arthritis
- Balanitis xerotica obliterans: Lichen sclerosus und atrophicans der Glans penis
- Balanoposthitis chronica circumscripta plasmacellularis (Zoon-Balanitis)
- Definition: Chronische, lokal begrenzte Entzündung von Glans penis und Präputium unklarer Genese
- Ätiologie: I.d.R. bei Männern >60 Jahren, häufig durch eine Kombination aus Harninkontinenz, verminderter Smegmaproduktion im Alter und mangelnder Hygiene
- Klinisches Bild: Rotbraune, erosive Plaque, petechiale Blutungen, ggf. leichtes Brennen
- Diagnostik: Biopsie
- Differenzialdiagnose: Plattenepithelkarzinom des Penis
- Therapie
- Hygienemaßnahmen und äußerliche Therapie (siehe: Therapeutisches Vorgehen bei Balanitis und Balanoposthitis)
- Einlagen von Mullgaze zum Trockenlegen des Vorhautbereichs
- Regelmäßiges Waschen der Glans und Vorhaut mit Wasser oder pflanzlichen Ölen (z.B. Olivenöl), insb. nach Miktion zur Beseitigung von Urin
- Zinkhaltige Salbe
- Anschließende Behandlung mit wundheilenden Salben
- Bei starker lokaler Inflammation: Glucocorticoidhaltige Salbe
- Bei Therapieresistenz: Zirkumzision (in >80% der Fälle Abheilung)
Diagnostik
- I.d.R. klinischer Befund ausreichend
- Bei fraglicher Ätiologie zusätzlich
- Bei Geschwüren
- (Abstrich und) Kulturuntersuchung auf HSV
- Untersuchung auf Treponema pallidum: Dunkelfeldmikroskopie, Serologie und PCR
- Chlamydia trachomatis-PCR
- Bei therapierefraktärer Balanitis oder V.a. Malignom: Biopsie
Abstriche bei klinisch unauffälligem Penis sind nicht sinnvoll, da asymptomatische Besiedelungen häufig vorkommen und keinen Krankheitswert haben!
Differenzialdiagnosen
- Sexuell übertragbare Erkrankungen (z.B. Syphilis)
- Kranzfurchenlymphangitis
- I.d.R. nach vermehrtem Geschlechtsverkehr auftretende Lymphangitis proximal der Glans penis
- Klinisches Bild: Schmerzlose, quer verlaufende, wulstige 1–2 cm lange Stränge im Bereich des Sulcus coronarius
- Therapie: Symptomatisch mit Ibuprofen , Spontanheilung innerhalb weniger Wochen
- Erythroplasie Queyrat
- Plattenepithelkarzinom des Penis
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Komplikationen
- Rezidivierende Harnwegsinfekte
- Harnverhalt
- Postentzündliche Phimose
- Plattenepithelkarzinom des Penis
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Übersicht
- Bei leichter Entzündung: Umschläge oder Sitzbäder mit Gerbstoffen
- Bei stärkerer Entzündung: Antibiotikasalben (z.B. Gentamicin) oder Kombinationspräparate aus topischen Steroiden und Antimykotika bzw. Antibiotika
- Bei Fieber und/oder regionaler Lymphknotenschwellung: Orale Antibiotikatherapie
- Ggf. Schmerztherapie
- Sekundärprophylaxe durch hygienische Maßnahmen, insb. regelmäßiges Waschen und Zurückziehen der Vorhaut
- Bei rezidivierenden Balanitiden und Phimose: Zirkumzision
- Ggf. Behandlung des Grundleidens
Die Verwendung von Cremes und Salben im Genital- und Analbereich beeinflusst die Reißfestigkeit und folglich die Sicherheit von Latex-Produkten (Kondome, Diaphragma)!
Allgemeine Maßnahmen
- Regelmäßige Körperhygiene, vorzugsweise Duschen (Waschen von Glans und Vorhaut mit Wasser und/oder pflanzlichen Ölen, bspw. Olivenöl)
- Gute Händehygiene
- Getrennte Handtücher und Hygieneartikel
- Regelmäßiges Wechseln der (Unter‑)Wäsche
- Vermeidung mechanischer Reize, bspw. zu enge Hosen, Manipulation
Medikamentöse Therapie bei Balanitis
Schmerztherapie
- Ibuprofen
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Ibuprofen (pädiatrisch)
- Paracetamol
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Paracetamol (pädiatrisch)
Sitzbäder und Umschläge mit synthetischem Gerbstoff (z.B. Tannolact® 40% Badezusatz, Tannosynt® flüssig)
- Dosierungsempfehlungen
- Darreichungsformen: Als flüssiger Badezusatz oder pulverförmiger Badezusatz
- Standarddosierung Sitzbäder (jedes Alter)
- Zu beachten
- Nicht anzuwenden bei Allergie gegen den Wirkstoff oder sonstige Bestandteile
- Nicht anzuwenden am Auge
- Nicht gleichzeitig andere Bade-, Dusch-, Waschzusätze sowie Seife verwenden
- Bei Kleinkindern kann das ganz normale spielerische Baden durchgeführt werden, damit die Kinder möglichst über die vorgegebene Zeit in der Lösung verbleiben
- Wirkt adstringierend, gerbend, schorfbildend, antientzündlich, antipruriginös, schmerzlindernd sowie indirekt antibakteriell und antimykotisch
Balanitis – Lokaltherapie mit Gentamicin (z.B. Infectogenta® Augensalbe)
- Dosierungsempfehlungen
- Darreichungsformen: Lokale Anwendung der Augensalbe auf der entzündeten Stelle
- Zugelassen ab dem Geburtsalter
- Standarddosierung (jedes Alter)
- Zu beachten
- Nicht anzuwenden bei Allergie gegen den Wirkstoff oder andere Bestandteile
- Nach dem Öffnen: Augensalbe über 4 Wochen verwendbar
- Augensalbe bietet sich an, weil sie durch den schmalen Ausführungsgang auch eine vorsichtige Applikation unter die Vorhaut ermöglicht, insb. bei Kindern
- Bei Erwachsenen wird i.d.R. ein Kombinationspräparat zusätzlich verwendet, wenn Sitzbäder alleine nicht ausreichen (s.u.)
Balanitis – Lokaltherapie mit Glucocorticoiden in Kombination mit Antimykotika (z.B. Lotricomb® Salbe)
- Dosierungsempfehlungen
- Darreichungsformen: Lokale Applikation auf der entzündeten Stelle
- Zulassungsalter nicht angegeben
- Standarddosierung (jedes Alter)
- Zu beachten
- Nicht anzuwenden bei Allergie gegen den Wirkstoff oder andere Bestandteile
- Bei Kindern geringstmögliche Dosis über wenige Tage verwenden
- Bei Erwachsenen wird i.d.R. ein solches Kombinationspräparat zusätzlich verwendet, wenn Sitzbäder alleine nicht ausreichen
Balanitis – Lokaltherapie mit Glucocorticoiden in Kombination mit Antibiotika (z.B. Sulmycin® Salbe mit Celestan®-V)
- Dosierungsempfehlungen
- Darreichungsformen: Lokale Applikation auf der entzündeten Stelle
- Zulassungsalter nicht angegeben
- Standarddosierung (jedes Alter)
- Zu beachten
- Nicht anzuwenden bei Allergie gegen den Wirkstoff, andere Bestandteile, andere Corticosteroide bzw. Aminoglykosidantibiotika
- Nicht anzuwenden bei primär durch Bakterien oder Viren verursachten Hauterkrankungen, Tuberkulose oder Hautpilz
- Bei Kindern geringstmögliche Dosis über wenige Tage verwenden
- Bei Erwachsenen wird i.d.R. ein solches Kombinationspräparat zusätzlich verwendet, wenn Sitzbäder alleine nicht ausreichen
Im Rahmen einer topischen Anwendung kann es bei rissiger Haut und/oder großflächiger Anwendung zu den gleichen Nebenwirkungen kommen wie bei oraler Einnahme der Medikamente!
Systemische Antibiotikatherapie
Indikation: Nur selten erforderlich, insb. bei Auftreten von Fieber und/oder inguinaler Lymphknotenschwellung
- Wirkstoffe: Je nach Erreger [4]
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- N48.-: Sonstige Krankheiten des Penis
- N48.0: Leukoplakie des Penis
- Balanitis xerotica obliterans, Kraurosis des Penis
- Exklusive: Carcinoma in situ des Penis (D07.4)
- N48.1: Balanoposthitis
- Balanitis
- N48.2: Sonstige entzündliche Krankheiten des Penis
- N48.3-: Priapismus
- Schmerzhafte Dauererektion
- N48.30: Priapismus vom Low-Flow-Typ
- N48.31: Priapismus vom High-Flow-Typ
- N48.38: Sonstiger Priapismus
- N48.39: Priapismus, nicht näher bezeichnet
- N48.4: Impotenz organischen Ursprungs
- N48.5: Ulkus des Penis
- N48.6: Induratio penis plastica
- N48.8: Sonstige näher bezeichnete Krankheiten des Penis
- Atrophie, Hypertrophie, Thrombose von Corpus cavernosum und Penis
- N48.9: Krankheit des Penis, nicht näher bezeichnet
- N48.0: Leukoplakie des Penis
- N51.-*: Krankheiten der männlichen Genitalorgane bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
- A06.-: Amöbiasis
- A06.8: Amöbeninfektion an sonstigen Lokalisationen
- Appendizitis, Balanitis† (N51.2*) durch Amöben
- A06.8: Amöbeninfektion an sonstigen Lokalisationen
- B37.-: Kandidose
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.