Physische Beschwerdekomplexe
Dyspnoe
- Relevanz: Dyspnoe ist ein häufiges und sehr belastendes Symptom in der Palliativmedizin
- Einflussfaktoren: Physische, psychische, soziale und umweltbedingte Faktoren
- Kategorisierung der Dyspnoe
Diagnostik bei Dyspnoe in der Palliativmedizin
- Ziel: Sicherstellung einer umfassenden Beurteilung des individuellen Falles
Grundpfeiler der Diagnostik
- Subjektive Beurteilung der Atemnot
- Instrumente: Einzelfragen und ggf. zur Quantifizierung und Verlaufsbeurteilung Numerische Ratingskala (NRS), Visuelle Analogskala (VAS) und modifizierte Borg-Skala
- Bewertung in drei Dimensionen
- Fremdeinschätzung: Bei kognitiven oder körperlichen Einschränkungen
- Instrumente: Einschätzungen durch Angehörige oder Personal
- Wiederholte Beurteilung: Insb. vor, während und nach einer symptomatischen Therapie
- Regelmäßige Dokumentation und Evaluation der Ergebnisse
- Ausschluss beeinflussbarer Ursachen: Können ggf. mit hohem symptomatischem Benefit behandelt werden
- Anämie
- Atemwegsobstruktion (z.B. COPD als Begleiterkrankung)
- Hämoptysen
- Infektionen (z.B. Pneumonie)
- Obere Einflussstauung
- Obstruktion der Atemwege durch einen Tumor
- Perikarderguss
- Pleuraerguss
- Pulmonale Stauung bei Herzinsuffizienz
Der Ausschluss beinflussbarer Ursachen ist essentiell, um ggf. große Therapieerfolge nicht zu verpassen – andernfalls liegt eine refraktäre Dyspnoe vor, die mit den folgenden symptomatischen Therapien behandelt werden muss!
Nicht-medikamentöse Therapieoptionen
- Aufklärung und Information
- Beruhigung und Entspannung
- Atemübungen
- Kühlung des Gesichts: Bspw. durch Einsatz eines Handventilators
- Gehhilfen
- Notfallmaßnahmen für Atemnotattacken
- Psychologische Unterstützung
- Physiotherapeutische Interventionen
Nicht-medikamentöse Maßnahmen sind in der Praxis wichtig, da sie die Lebensqualität der Patienten erhöhen können, indem sie nicht nur die Atemnot selbst, sondern auch die damit verbundene Angst und Belastung adressieren!
Medikamentöse Therapie
- Stufentherapie-Prinzip: Diese Reihenfolge stellt sicher, dass die symptomatische Behandlung der Atemnot effektiv und angepasst an die Bedürfnisse der Patienten erfolgt
- Opioide: Morphin als Mittel der Wahl zur symptomatischen Linderung von Atemnot
- Morphin p.o.
- Morphin subkutan
- Bei bestehender Opioidtherapie: Erhöhung der Dosierung des in der Medikation bestehendes Opioids um 25% als Startpunkt
- Bei Niereninsuffizienz: Opioide, die aktive Metaboliten bilden (z. B. Morphin, Oxycodon, Dihydrocodein) sollten aufgrund einer Kumulationsgefahr vorsichtig eingesetzt werden
- Reduktion bzw. Anpassung der Opioid-Dosis oder Verlängerung des Dosisintervalls
- Bei Dialysetherapie: Vorsicht bei der Anwendung von Opioiden, Morphin sollte durch andere Opioide mit keinen oder wenig aktiven Metaboliten ersetzt werden, Optionen sind
- Benzodiazepine: Zur Unterstützung bei Angst und Panik in Kombination mit Opioiden, Optionen sind
- Steroide: Bei spezifischen Indikationen wie Lymphangiosis carcinomatosa
- Anticholinergika: Bei belastender Rasselatmung
- Butylscopolamin
- Glycopyrrolat
- Opioide: Morphin als Mittel der Wahl zur symptomatischen Linderung von Atemnot
Nicht empfohlene Medikamente
- Keine Evidenz für die Verbesserung einer Dyspnoe in der Palliativmedizin für
- Phenothiazine, z.B. Promethazin und Chlorpromazin
- Antidepressiva und insb. Buspiron
Sauerstoffgabe
- Sichere Indikation: Messbare Hypoxämie
Sauerstoff sollte nicht zur Linderung von Atemnot bei nicht-hypoxämischen Patienten mit einer nicht-heilbaren Krebserkrankung eingesetzt werden!