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Palliativmedizinische Aspekte

Letzte Aktualisierung: 21.2.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Palliativmedizin umschreibt die Behandlung und Versorgung von Menschen, die aufgrund einer unheilbaren und zum Tode führenden Krankheit in der letzten Phase ihres Lebens begleitet werden. Bedeutende Aspekte der palliativen Versorgung sind die Symptomlinderung (suffiziente Schmerztherapie, Behandlung von Übelkeit usw.), Hilfe zur Organisation pflegerischer und sozialer Leistungen sowie Beistand und seelische Unterstützung des Patienten und der An- bzw. Zugehörigen.

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Grundlagentoggle arrow icon

  • Definition WHO: „Palliativmedizin ist ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit den Problemen konfrontiert sind, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen, und zwar durch Vorbeugen und Lindern von Leiden, durch frühzeitiges Erkennen, tadellose Einschätzung und Behandlung von Schmerzen sowie anderer belastender Beschwerden körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art.“
  • Der demografische Wandel zeigt, dass die Menschen älter werden und mehrfach erkrankt sein können und es somit zu einer Zunahme der Patienten, die einer palliativen Versorgung bedürfen, kommt
  • Unterscheidung in allgemeine und spezialisierte Palliativversorgung
  • Kernelemente der palliativmedizinischen Versorgung
    • Linderung von Beschwerden, insb. suffiziente Analgesie
    • Hilfestellung bei der Organisation bedürfnisgerechter Pflege (hausärztliche Versorgung, Heimpflege)
    • Unterstützung in Fragen der Sozialleistungen (Kostenübernahme bzw. Unterstützung durch Krankenkasse, Pflegeversicherung)
    • Hilfe bei der Auseinandersetzung mit ethischen Fragen und existenziellen Ängsten bei Wahrung der Patientenautonomie und Selbstbestimmung
    • Psychische Unterstützung des Patienten und der An- bzw. Zugehörigen

Bei einer nicht heilbaren Krebserkrankung sollen die körperlichen, psychischen, sozialen und spirituellen Bedürfnisse sowie die Belastungen und Informationsbedürfnisse der Patienten und Angehörigen wiederholt und bei einer Änderung der klinischen Situation erfasst werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Palliativmedizin)

Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung sollen das Angebot einer vorausschauenden Versorgungsplanung (Advance Care Planning) erhalten. Die Gesprächsbegleitung zur vorausschauenden Versorgungsplanung soll frühzeitig im Verlauf sowie wiederholt bei wesentlichen Veränderungen von Befinden und Prognose angeboten werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Palliativmedizin)

Bei Diagnose einer inkurablen Grunderkrankung sollen Patienten Informationen über palliativmedizinische Behandlungskonzepte erhalten und (wenn erforderlich) entsprechende Unterstützung angeboten bekommen (DGIM - Klug entscheiden in der Palliativmedizin). Patienten mit malignen Erkrankungen in palliativer Therapiesituation sollen Zugang zu einer spezifischen palliativmedizinischen Versorgung haben, wenn diese benötigt wird. (DGIM - Klug entscheiden in der Hämatologie und medizinischen Onkologie)

Bei Patienten mit malignen Erkrankungen soll der Bedarf für eine psychoonkologische Mitbetreuung evaluiert und gegebenenfalls eine solche Mitbetreuung in die Wege geleitet werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Hämatologie und medizinischen Onkologie)

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Einteilung der letzten Lebensphase (nach Jonen-Thielemann)toggle arrow icon

Phasen Prognostische Überlebenszeit Charakteristika
  • Rehabilitationsphase
  • Mehrere Monate bis Jahre
  • Präterminalphase
  • Wochen bis Monate
  • Symptomprogredienz: Suffiziente Schmerztherapie und verstärkte Symptomkontrolle notwendig
  • Aktives gesellschaftliches Leben zunehmend eingeschränkt
  • Gedanken an das nahende Lebensende nehmen zu
  • Terminalphase
  • Wenige Tage bis Wochen
  • Aktive Teilnahme am Leben größtenteils eingeschränkt
  • Zumeist Bettlägrigkeit
  • Finalphase
  • Eintritt des Todes in wenigen Stunden
  • Der Patient liegt im Sterben
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Symptome und Symptomkontrolletoggle arrow icon

Eine medikamentöse Symptomkontrolle erfolgt:

  • Nach individueller Evaluation und regelmäßiger Re-Evaluation der Symptome
  • Nach Ausschluss möglicher Arzneimittelinteraktionen
  • Unter besonderer Berücksichtigung der Nebenwirkungen

Die orale Gabe ist die bevorzugte Applikationsform in der Palliativmedizin!

Kardinalsymptome palliativmedizinischer Patienten Therapie
Schmerz

Gastrointestinale Symptome

Pulmonale Symptome

  • Dyspnoe: Schnell wirkendes Morphinpräparat, z.B. Morphintropfen ; Atem- und Beruhigungstechniken
  • Husten: Je nach Art des Hustens (produktiv/unproduktiv) Einsatz von Pro- oder Antitussiva; bei therapierefraktärer Situation Versuch mit Hydrocodon oder Corticosteroiden

Psychische Symptome


Finalphase
Anmerkung: Einige der aufgeführten Medikamente sind nicht für die genannte Indikation, Applikation oder Dosierung zugelassen, werden aber aufgrund günstiger palliativer Effekte von Experten empfohlen und im klinischen Alltag eingesetzt (Off-Label Use)

In der Sterbephase auftretende Angst soll regelmäßig evaluiert werden. Hierbei soll neben verbalen Äußerungen auf klinische Hinweise – wie Unruhe, Schwitzen, Mimik oder Abwehrreaktionen – geachtet werden. Bei Unruhe in der Sterbephase sollen die im Vordergrund stehenden auslösenden Ursachen bestimmt werden, z.B. Schmerz, Obstipation, Harnverhalt, Atemnot, Angst und/oder ein Delir. (DGIM - Klug entscheiden in der Palliativmedizin)

Alle medizinischen, pflegerischen und physiotherapeutischen Maßnahmen, die nicht dem Therapieziel bestmöglicher Lebensqualität dienen, sollen in der Sterbephase nicht eingeleitet oder, falls sie im Vorfeld eingeleitet wurden, beendet werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Palliativmedizin)

Besondere Schmerzkonzepte in der Palliativmedizin

Neben den verschiedenen Schmerzqualitäten spricht man in der Palliativmedizin zusätzlich von sogenannten Schmerzkonzepten:

  • Total Pain : Ganzheitliches Verständnis des Schmerzbegriffes in der Palliativmedizin, welches sowohl körperlichen Schmerz als auch psychische, soziale und spirituelle Einflüsse, wie Trauer, Angst und Hoffnungslosigkeit in das Schmerzerlebnis mit einbezieht
  • Mixed Pain: Nozizeptiver Schmerz und neuropathischer Schmerz treten gleichzeitig auf
  • Emotionaler Schmerz: Beschreibt die Beeinflussung und Auslösung von Schmerz durch emotionale Einflüsse
  • Tumorschmerz: 60–90% der onkologischen Patienten haben Tumorschmerzen. Ursachen hierfür:
    • Tumorassoziiert
    • Therapiebedingt
    • Tumorbedingt
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Palliativmedizinische Testinstrumentetoggle arrow icon

Zur Messung des „Outcomes“ (Ergebnisqualität einer durchgeführten medizinischen Maßnahme und ihres Einflusses auf den aktuellen und zukünftigen Gesundheitszustand und der Auswirkung auf die Lebensqualität) werden im Gesundheitssystem Testinstrumente verwendet. Man unterscheidet hierbei zwischen allgemeinen Testinstrumenten, die z.B. körperliche und psychische Einflüsse einer Krankheit messen, und spezifischen Testinstrumenten, die spezieller auf die Beurteilung von Symptomen, Situationen oder Patientengruppen ausgerichtet sind.

  • Häufige palliativmedizinische Testinstrumente:
    • Numeric Rating Scale (NRS) und Visual Analogue Scale (VAS): Eindimensional, Skalen zur subjektiven Einschätzung, Skala 0-10 (NRS) bzw. 0-100 (VAS)
      • Z.B. Angabe der Schmerzstärke, Intensität von Atemnot, Übelkeit oder Lebensqualität, Zufriedenheit, Belastung
    • Karnofsky Performance Status (KPS, Karnofsky-Index), Palliative Performance Status (PPS), Eastern Cooperative Oncology Group (ECOG): Mehrdimensional, Fremdeinschätzungsskalen, Einschätzung von Funktionsstatus und Prognose

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Psychosoziale Modelletoggle arrow icon

Grundlagen der Kommunikation in der Palliativmedizin

  • Offene, interessierte Grundhaltung
  • Aufrichtigkeit
  • Rücksicht darauf, dass sich Patient und An- bzw. Zugehörige ggf. in unterschiedlichen Phasen der Verarbeitung befinden
  • Kommunikation mit den An- bzw. Zugehörigen unter Berücksichtigung des Willens und der Bedürfnisse des Patienten
  • Eigene Meinung bezüglich Sterben und Tod entwickeln

Sterbephasen nach Kübler-Ross (1970)

Die Sterbephasen nach Kübler-Ross beschreiben typische Verhaltensweisen, die ein sterbender Mensch und in ähnlicher Form auch seine An- bzw. Zugehörigen in der letzten Lebensphase durchlaufen. Die Phasen verlaufen dabei nicht zwingend chronologisch oder in festen Zeiten, sie können auch gleichzeitig oder wiederholt auftreten.

  1. Verneinung, Leugnung und Isolation
  2. Aggression, Zorn, Wut, Auflehnung gegen das Schicksal
  3. Verhandeln mit dem Schicksal
  4. Depression
  5. Akzeptanz des nahenden Todes

NURSE-Modell nach Back (2007)

Das NURSE-Modell dient dem Arzt als Hilfestellung dabei, dem Patienten auf emotionale Äußerungen hin Empathie-orientiert antworten zu können.

N Name Benennen von Emotionen des Patienten
U Understand Nach Möglichkeit Verständnis für die Emotionen des Patienten ausdrücken
R Respect Dem Patienten Anerkennung und Respekt zollen für bereits durchlebte Situationen
S Support Unterstützung anbieten
E Explore Nachfragen, um weitere emotionale Aspekte herauszufinden

Übermitteln schwieriger Nachrichten mittels SPIKES-Modell nach Baile (2000)

Protokoll, welches auf Basis empirischer Daten und Leitlinienempfehlungen hilft, die Überbringung von schlechten Nachrichten („breaking bad news“) zu strukturieren.

S Setting Gesprächsrahmen schaffen mittels geschützter Umgebung, ggf. Bezugsperson involvieren, Unterbrechungen vermeiden, Patienten auf zeitlichen Rahmen des Gesprächs vorbereiten
P Perception Kenntnisstand des Patienten erfragen, offener Fragenstil, Patienten in eigenen Worten seine Krankheit/Therapie/Prognose erklären lassen
I Invitation Patienten zu bestimmten Themen einladen und abschätzen, ob eine Gesprächsbereitschaft vorliegt, Gesprächsmöglichkeit für einzelne Themen zu einem späteren Zeitpunkt anbieten
K Knowledge Vermittlung von Wissen unter Vorwarnung des Patienten über die Mitteilung einer schlechten Nachricht/Prognose, dabei Verbesserung der Kommunikation durch Vermeidung von Fachtermini, Verwendung kurzer, präziser Sätze, Vermeidung von Extremaussagen
E Emotions Ansprechen und Erfassen von Emotionen, Identifikation der Ursache und Empathie-orientiertes Antworten (nonverbale Kommunikation; NURSE-Modell)
S Summary Zusammenfassung des Gesprächs und Planung des weiteren Prozedere (Behandlungsoptionen, Prognose, nächsten Gesprächstermin benennen und weitere palliativmedizinische Unterstützung anbieten, Patientenwünsche erfragen)

Umgang mit Wut und verbalen Angriffen im Gespräch mittels CALM-Modell (nach Schweickhardt und Fritzsche, 2007)

Das CALM-Modell hilft dem Arzt, in der Gesprächsführung in einer Art Deeskalationsverfahren emotional aufreibende Themen zwischen Arzt und Patient zu schlichten und damit ein Weiterbestehen dieser konstruktiven Beziehung zu fördern.

C Contact Ruhig und sachlich bleiben, mögliche Fehler eingestehen, Anerkennung für die schwierige Situation des Patienten
A Appoint Verständnis für die Emotionen aufbringen und diese benennen, Rückgriff auf das NURSE-Modell
L Look ahead Benennen des gemeinsamen Zieles, Klärung der Beziehung und Rolle zueinander
M Make a decision Dem Patienten einen „Vertrag“ anbieten, um in Zukunft den Grund für das Ärgernis zu verhindern, Alternativen und Bedenkzeit anbieten
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Hospiztoggle arrow icon

Begründerinnen

  • Cicely Saunders (Ärztin, Krankenschwester, Sozialarbeiterin)
  • Elisabeth Kübler-Ross (Schweizer Ärztin)

Intention

  • Abdeckung der Kernbedürfnisse Sterbenskranker
  • Sterbenden einen Raum für ihre Bedürfnisse einräumen, sowie die Lebensqualität und die Würde während der Sterbephase zu bewahren

Inzwischen gibt es allein in Deutschland über 1500 ambulante Hospizdienste. Es handelt sich dabei größtenteils um unabhängige Verbände und Einrichtungen, die sich v.a. ehrenamtlich um die Sterbebegleitung und weiteren Bedürfnisse in der häuslichen Umgebung, in Altenheimen oder auf Krankenstationen kümmern. Darüber hinaus hilft der Hospizdienst den An- bzw. Zugehörigen in der Zeit der Trauerarbeit.

Ärzte gehören primär nicht zum professionellen Behandlungsteam eines Hospizes. Hierzu zählen vielmehr Pflegefachpersonal, Sozialarbeiter, Physiotherapeuten, Psychologen, Seelsorger und ehrenamtliche Mitarbeiter. Meist behandeln die Hausärzte der Palliativpatienten oder örtlich angesiedelte Palliativmediziner die schwer Erkrankten!

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Ethik und Recht am Lebensendetoggle arrow icon

Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht

Der aktuelle Wille eines einwilligungsfähigen Patienten hat immer Vorrang, auch wenn eine Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht vorliegt!

Bei Intensivpatienten sollen frühzeitig das Therapieziel, die medizinische Indikation sowie der Patientenwillen evaluiert werden. (DGIM - Klug entscheiden in der internistischen Intensivmedizin)

Patientenverfügung

  • Kurzbeschreibung: Ein Patient verfasst eine Verfügung darüber, welche medizinischen Maßnahmen bei ihm ergriffen werden dürfen und welche nicht, für den Fall, dass er selbst nicht mehr entscheidungsfähig ist
  • Abgrenzung zur Vorsorgevollmacht: Bei der Patientenverfügung entscheidet der Patient im Voraus ganz konkret über medizinische Maßnahmen . Bei der Vorsorgevollmacht entscheidet er über keine Maßnahme selbst, sondern bevollmächtigt einen Dritten, über solche Maßnahmen zu entscheiden
  • Formalitäten
    • Schriftliche Form, vom Patienten eigenständig zu unterschreiben
    • Bedarf keiner juristischen Prüfung und Legitimierung, kann aber zur Vorbeugung von Unstimmigkeiten notariell beurkundet werden.

Die Patientenverfügung legt konkret fest, welche medizinischen Maßnahmen bei einem Patienten durchgeführt werden dürfen und welche nicht!

Vorsorgevollmacht

  • Kurzbeschreibung: Ein Patient stellt einer (meist nahestehenden) Person eine Vollmacht für einen oder mehrere definierte Bereiche aus (bspw. Gesundheits-, Vermögenssorge). Der Bevollmächtigte darf nun in den definierten Bereichen anstelle des Patienten entscheiden, wenn dieser nicht mehr entscheidungsfähig ist
  • Abgrenzung zur Patientenverfügung: Die Vorsorgevollmacht bevollmächtigt eine bestimmte Person, die Patientenverfügung regelt bestimmte medizinische Maßnahmen (z.B. künstliche Ernährung)
  • Abgrenzung zur gesetzlichen Betreuung: Die Vorsorgevollmacht bevollmächtigt einen Dritten in einem definierten Rahmen und bedarf i.d.R. keiner rechtlichen Prüfung. Liegt keine Vorsorgevollmacht vor oder ist ein Themenbereich betroffen, für den keine Vollmacht erteilt wurde, ist die Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung nötig. Eine ggf. vorliegende Betreuungsverfügung ist zu berücksichtigen
  • Formalitäten
    • Schriftliche Form, vom Patienten eigenständig zu unterschreiben
    • Bedarf keiner juristischen Prüfung und Legitimierung, kann aber zur Vorbeugung von Unstimmigkeiten notariell beurkundet werden

Die Vorsorgevollmacht bevollmächtigt einen nahestehenden Dritten, ohne richterliche Prüfung über die (medizinischen) Belange eines Patienten im Falle einer Nicht-Einwilligungsfähigkeit zu entscheiden!

Einschränkungen in der Therapie

  • Therapeutische Maßnahmen sind insb. in der Sterbephase nicht immer im Interesse des Patienten
  • Aufrechterhaltung einer Basistherapie gemäß der „Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung“ (2011)
    1. Menschenwürdige Unterbringung
    2. Zuwendung
    3. Körperpflege
    4. Schmerzlinderung (siehe Schmerztherapie)
    5. Behandlung von Dyspnoe, Übelkeit
    6. Linderung von subjektivem Hunger und Durst

Sterbehilfe und Behandlungsabbruch

„Aufgabe des Arztes ist es, unter Beachtung des Selbstbestimmungsrechtes des Patienten Leben zu erhalten, Gesundheit zu schützen und wieder herzustellen sowie Leiden zu lindern und Sterbenden bis zum Tod beizustehen.“ (Bundesärztekammer/ Kassenärztliche Bundesvereinigung, 2011)

Sterbehilfe

  • Passive Sterbehilfe/Behandlungsabbruch
    • Definition: Auf Grundlage des geäußerten Patientenwillens oder der verfassten Patientenverfügung unterlassene oder abgebrochene lebensverlängernde Maßnahmen. Im Unterschied zur aktiven Sterbehilfe führt keine neue Kausalität (z.B. tödliche Injektionsdosis von Insulin) zum Tode, sondern es wird dem natürlichen Sterbeprozess nicht entgegnet
    • Beispiele: Entsprechend des Patientenwillens besteht die Möglichkeit, das Sterben durch Unterlassen, Begrenzen oder Beenden einer begonnenen medizinischen Behandlung herbeizuführen: z.B. keine kardiopulmonale Reanimation, Beenden der Katecholamingabe, Entfernen einer Ernährungssonde (z.B. PEG-Sonde), Beenden der Beatmung oder Dialyse
    • Rechtliche Situation: Passive Sterbehilfe ist nicht strafbar unter der Voraussetzung, dass es dem Willen des Patienten entspricht. Auch bereits eingeleitete lebenserhaltende Maßnahmen können auf dieser Grundlage beendet werden
      • Einwilligungsfähiger Patient: Dem Patientenwillen ist zu folgen! Der Arzt hat zwar die Aufgabe, eine medizinisch indizierte lebensverlängernde Maßnahme weiterzuempfehlen, hat aber den aktuell geäußerten Willen des angemessen aufgeklärten Patienten zu beachten. Bei Missachtung des Patientenwillens kann sich der Arzt nach § 223 StGB (Straftatbestand der Körperverletzung) strafbar machen
      • Nicht-Einwilligungsfähiger Patient: Der mutmaßliche Patientenwille ist unter Einbeziehung von An- bzw. Zugehörigen und Bevollmächtigten zu ermitteln
  • Aktive Sterbehilfe: Hier wird die indirekte von der direkten aktiven Sterbehilfe unterschieden, wobei die direkte aktive Sterbehilfe nach dem Strafgesetzbuch (§ 216) verboten ist.
    • Indirekte aktive Sterbehilfe
      • Definition: Nebenwirkungen, die eine Lebensverkürzung herbeiführen würden, werden in Kauf genommen
      • Beispiel: Eine das normale Maß überschreitende Analgosedierung (z.B. mit hochpotenten Opioiden) im Finalstadium der Sterbephase mit möglicherweise lebensverkürzender Nebenwirkung
      • Rechtliche Situation: Es gilt eine ähnliche Rechtslage wie bei der passiven Sterbehilfe. Dem Patientenwillen ist zu folgen! Der Arzt hat zwar die Aufgabe, eine medizinisch indizierte lebensverlängernde Maßnahme weiterzuempfehlen, hat aber den aktuell geäußerten Willen des angemessen aufgeklärten Patienten zu beachten. Bei Missachtung des Patientenwillens kann sich der Arzt nach § 223 StGB (Straftatbestand der Körperverletzung) und § 323c StGB (Unterlassene Hilfeleistung) strafbar machen
    • Direkte aktive Sterbehilfe
      • Definition: Die direkte Tötung des Patienten aufgrund einer durch den Arzt durchgeführten Handlung
      • Beispiel: Vorsätzlich verabreichte tödliche Injektionsdosis von Insulin oder Kaliumchlorid
      • Rechtliche Situation: Nach § 216 StGB (Tötung auf Verlangen) ist direkte aktive Sterbehilfe in Deutschland strafbar.

Einen Menschen auf sein Verlangen hin aktiv zu töten, ist in Deutschland verboten (§ 216 StGB)!

Im Gegensatz zur passiven Sterbehilfe wird bei der aktiven Sterbehilfe gehandelt und nicht, wie bei der passiven Sterbehilfe, eine Handlung unterlassen!

  • Assistierter Suizid
    • Definition und Beispiel: Eine Person hilft einem Sterbewilligen bei der Vorbereitung zur Selbsttötung (z.B. die Besorgung einer toxischen Natrium-Pentobarbital-Lösung) - den aktiven Schritt der Selbsttötung (z.B. die Injektion der Lösung) führt der Sterbewillige aber selber aus
    • Rechtliche Situation: Es gilt generell zwischen einem „assistierten Suizid“ und einem „ärztlich assistierten Suizid“ zu unterscheiden.
      • Assistierter Suizid: Da in Deutschland ein Suizid nicht strafbar ist, ist auch die Beihilfe zum Suizid nicht strafbar
      • Ärztlich assistierter Suizid
        • Strafrecht: Zwar ist die Beihilfe zum Suizid in Deutschland nicht strafbar, jedoch besteht die Problematik, dass die ärztliche Begleitung eines Suizids als Totschlag durch Unterlassen gewertet werden kann, da der Arzt (z.B. nach Injektion einer toxischen Natrium-Pentobarbital-Lösung) der suizidalen Person helfen könnte
        • Standesrecht (nach § 16 Berufsordnung der Ärzte, „Beistand für Sterbende“, gefasst vom Deutschen Ärztetag): Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen. Es ist ihnen verboten, Patientinnen und Patienten auf deren Verlangen zu töten.
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