Zusammenfassung
Die Hornhaut (Cornea) ist normalerweise transparent mit einer glatten Oberfläche sowie einer regelmäßigen Wölbung. Ihre Unversehrtheit ist essenziell für ein scharfes Sehen. Es gibt jedoch eine Vielzahl von Hornhautveränderungen wie beispielsweise Wölbungsanomalien, Trübungen, Infektionen oder Verletzungen des Epithels, die zu einer Einschränkung der Sehfähigkeit führen können. Aufgrund der guten sensiblen Innervation gehen Erkrankungen der Hornhaut häufig mit Schmerzen einher. Diagnostisch wegweisend ist meist die Untersuchung an der Spaltlampe, ggf. unter Anfärbung mit Fluoreszein. Therapeutisch wird je nach Pathologie in der Regel eine lokale Behandlung durchgeführt, z.B. mit antibiotischen Augentropfen, Salbenverband oder therapeutischen Kontaktlinsen. Als ultima Ratio besteht die Möglichkeit einer Hornhauttransplantation.
Hornhautdegenerationen, -dystrophien und -ablagerungen
Bandförmige Hornhautdegeneration
- Leitbild: Bandförmige, horizontale, weißliche Trübungszone der Hornhaut
- Ätiologie: Auftreten nach jahrelangen Entzündungen des vorderen Augenabschnitts, z.B. bei chronischer Uveitis, Keratitis, im Rahmen einer juvenilen Polyarthritis, aber auch nach schweren intraokularen Erkrankungen, Stoffwechselstörungen, chemischen Reizen
- Pathophysiologie: Kalkablagerungen im Bereich der Bowman-Membran und des oberflächlichen Stromas
- Klinik: Erhebliche Einschränkung des Sehvermögens möglich
- Therapie: Epithelabrasio unter Lokalanästhesie und Applikation von EDTA zur Lösung der Kalkablagerungen
Hereditäre Hornhautdystrophien
Es gibt eine Reihe unterschiedlicher Formen von hereditären Hornhautdystrophien. In der Regel liegen hierbei Stoffwechselstörungen der Hornhaut vor, die zu einer progredienten Strukturveränderung mit Beeinträchtigung der Transparenz der Hornhaut führen und damit im Verlauf häufig das Sehvermögen einschränken. Es können das Endothel, das Stroma und/oder das Epithel der Hornhaut betroffen sein. Im Folgenden sind exemplarisch einige Typen der Hornhautdystrophien dargestellt.
- Formen
- Häufigste Form: Fuchs-endotheliale Hornhautdystrophie (Details s. unten)
- Granuläre (bröcklige) Hornhautdystrophie
- Gittrige Hornhautdystrophie
- Wabenförmige Hornhautdystrophie
- Makuläre Hornhautdystrophie
- Epitheldystrophien (z.B. rezidivierende Erosio corneae)
- Klinik: Progrediente Sehverschlechterung (je nach Typ erste Symptome zwischen 1. und 5. Lebensdekade), Schmerzen bei Beteiligung des Epithels (je nach Typ häufig bis äußerst selten)
- Diagnostik: In der Spaltlampenuntersuchung sind Strukturveränderungen und/oder Ablagerungen/Trübungen sichtbar
- Therapie
- Keratoplastik bei deutlicher Visuseinschränkung
- Phototherapeutische Keratektomie (Abtragung oberflächlicher, erkrankter Hornhautbereiche per Excimer-Laser) je nach Form möglich
Fuchs-endotheliale Hornhautdystrophie
- Definition: Hereditäre Erkrankung mit progredienter Abnahme der Endothelzellen der Innenseite der Hornhaut
- Pathophysiologie: Die Endothelzellen erfüllen eine sehr wichtige Pump- und Barrierefunktion zum Kammerwasser, um die Klarheit der Hornhaut zu gewährleisten. Die Reduktion der Endothelzellen ist zunächst asymptomatisch (an der Spaltlampe oder dem Endothelmikroskop aber bereits als Cornea guttata darstellbar), bei Dekompensation kommt es zum vermehrten Wassereinstrom ins Hornhautstroma mit Trübung und im weiteren Verlauf zur bullösen Abhebung des Epithels
- Klinik: Visusverschlechterung, Besserung im Tagesverlauf
- Therapie
- Dehydration der Hornhaut mit hyperosmolaren Augentropfen, z.B. NaCl 5%
- Keratoplastik
Arcus lipoides (auch Arcus senilis oder Gerontoxon)
- Definition: Bogenförmige (im Verlauf häufig ringförmige), weiß-gelbliche oder gräuliche Trübung am Hornhautrand infolge von Lipidablagerungen, insb. im höheren Lebensalter
- Klinik: Asymptomatisch
- Therapie Therapie einer etwaigen Fettstoffwechselstörung zur Reduktion des kardiovaskulären Risikos [1]
Kayser-Fleischer-Kornealring
- Definition: Grün-braune Kupferablagerungen beim Morbus Wilson
- Klinik: Diagnostisch wichtiges Zeichen zum Erkennen der Kupferspeichererkrankung
Wölbungsanomalien der Hornhaut
Keratokonus
- Definition: Kegelförmige Verformung und Ausdünnung der Hornhaut; im Verlauf mit Trübung der Hornhaut und Visusverschlechterung
- Ätiologie: Unbekannte Ursache, gelegentlich assoziiert mit anderen Erkrankungen
- Klinik: Visusverschlechterung, Myopie, Astigmatismus
- Verlauf: Einseitiger Beginn, das zweite Auge ist aber im Verlauf immer mitbetroffen
- Komplikation
- Akuter Keratokonus: Einreißen der Descemet- und Endothelmembran mit Eindringen von Kammerwasser ins Stromagewebe der Hornhaut → Akute Schmerzen und Sehverschlechterung durch Hornhauttrübung
- Therapie: Ziel der Therapie ist der Ausgleich des Astigmatismus und der Myopie
- Brillengläser
- Harte Kontaktlinsen
- UV-Crosslinking / Hornhaut-Vernetzung
- Bei Versagen der konservativen Möglichkeiten: Keratoplastik (siehe unten)
Keratoglobus
- Definition: Kugelförmige Vorwölbung der gesamten Hornhaut, meist angeboren
- Klinik/Therapie: Ähnlich wie Keratokonus
Astigmatismus
- Siehe: Astigmatismus
Erosio corneae
- Definition: Epitheldefekt der Hornhaut
- Ätiologie: Verletzung der Hornhautoberfläche durch Trauma
- Klinik: Starkes Fremdkörpergefühl, Tränenträufeln, konjunktivale Injektion, Schmerzen, evtl. Blepharospasmus
- Diagnostik: Defekt durch Anfärbung mit Fluoreszein gut sichtbar
- Therapie: Salbenverband, ggf. therapeutische Kontaktlinse, antibiotische Augentropfen
- Prognose: Meist schnelle Abheilung (ca. 24–48 Std.), jedoch komplizierte Verläufe möglich (s.u. rezidivierende Erosio corneae)
Rezidivierende Erosio corneae
- Definition: Erosio corneae mit nicht ausreichender Regenerationsfähigkeit; über Wochen oder Monate rezidivierendes Aufbrechen von Epitheldefekten möglich
- Ätiologie: Mangelnde Regenerationsfähigkeit (evtl. genetisch bedingte) oder rezidivierende Verletzungen, z.B. bei Entropium
- Therapie: Salbenverband, therapeutische Kontaktlinse, antibiotische Augentropfen, beidseitiger Augenverband zur Ruhigstellung, phototherapeutische Keratektomie, Hornhautstichelung (häufig stationäre Therapie notwendig)
Entzündungen der Hornhaut
- Siehe: Keratitis
Operative Therapien der Hornhaut
Keratoplastik (Hornhauttransplantation) [2][3][4][5][6][7]
Während lange die perforierende Keratoplastik die einzige Möglichkeit der Hornhauttransplantation war, ist heutzutage die hintere lamelläre Keratoplastik die am häufigsten durchgeführte Transplantation.
Indikationen
- Deutliche Visusminderung durch Pathologie der Hornhaut: Beispiele sind
- Hornhautdystrophien (insb. Fuchs-endotheliale Hornhautdystrophie, FECD )
- Zentrale Hornhautnarben
- Irreguläre Krümmung (z.B. fortgeschrittener Keratokonus )
- Konservativ nicht beherrschbare Keratitis
- Perforiertes Hornhautulkus
- Transplantatinsuffizienz bei Z.n. Keratoplastik
- Endothelinsuffizienz anderer Genese (z.B. pseudophake bullöse Keratopathie)
Verfahren [2][3]
- Prinzip: Implantation einer Spenderhornhaut (Leichenspende, bis zu 72 Stunden nach dem Tod entnehmbar ) anstelle der erkrankten Hornhaut
- Posteriore lamelläre Keratoplastik
- DMEK (Descemet Membrane endothelial Keratoplasty)
- Kein Einnähen des Transplantats
- Schnelle Rehabilitation und visuelle Rehabilitation
- UT-DSAEK (Ultrathin Descemet stripping automated endothelial Keratoplasty)
- DMEK (Descemet Membrane endothelial Keratoplasty)
- Anteriore lamelläre Keratoplastik: DALK (Deep anterior lamellar Keratoplasty)
- Perforierende Keratoplastik: PKP, pKPL
- Keratoplastik à chaud: Notfallmäßige Keratoplastik zur Abdichtung des Auges, z.B. bei perforiertem Hornhautulkus
Komplikationen
- Wundheilungsstörungen
- Fehlende Adhärenz des Transplantats
- Fadenlockerung
- Transplantatinsuffizienz
- Abstoßungsreaktion
- Infektionsübertragung durch das Transplantat
Nachsorge [2]
- I.d.R. nur vorübergehende lokale Steroidtherapie nötig, keine dauerhafte systemische Immunsuppression
- Postoperative lokale Antibiotikatherapie
- Posteriore lamelläre Verfahren: Postoperative Rückenlage für einige Tage zur Fixierung des Transplantats
- Fadenzug (falls erforderlich): 1. Faden nach 1 Jahr, 2. Faden nach 1,5 Jahren
- In Hochrisikosituationen : Ggf. lokale oder systemische Immunsuppression, ggf. HLA-Matching
Amnionmembrantransplantation (AMT)
- Indikation
- Wundheilungsstörungen bei schwerer Keratitis
- Hornhautulkus
- Schwere Verätzung
- Verfahren
- Aufnähen einer Amnionmembran auf die Augenoberfläche
- Einnähen einer Amnionmembran in den Stromadefekt
- Kombination der beiden Methoden
- Normalerweise Einsetzen einer Verbandskontaktlinse zum längeren Verbleib der Amnionmembran auf der Augenoberfläche
- Nachsorge
- Amnionmembran löst sich oft innerhalb mehrerer Tage von allein auf bzw. kann inklusive der Fäden wieder entfernt werden
- Ggf. Wiederholung, je nach Befund
Refraktive Hornhautchirurgie
- Siehe: Refraktive Hornhautchirurgie
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- H17.-: Hornhautnarben und -trübungen
- H17.0: Leukoma adhaerens
- H17.1: Sonstige zentrale Hornhauttrübung
- H17.8: Sonstige Hornhautnarben und -trübungen
- H17.9: Hornhautnarbe und -trübung, nicht näher bezeichnet
- H18.-: Sonstige Affektionen der Hornhaut
- H18.0: Hornhautpigmentierungen und -einlagerungen
- Hämatokornea, Kayser-Fleischer-Ring, Krukenberg-Spindel, Stähli-Linie
- H18.1: Keratopathia bullosa
- Exklusive: Keratopathie (bullös-aphak) nach Kataraktextraktion (H59.0)
- H18.2: Sonstiges Hornhautödem
- H18.3: Veränderungen an den Hornhautmembranen
- Falte oder Ruptur der Descemet-Membran
- H18.4: Hornhautdegeneration
- Arcus senilis, Bandförmige Keratopathie
- Exklusive: Ulcus corneae rodens [Mooren] (H16.0)
- H18.5: Hereditäre Hornhautdystrophien
- Hornhautdystrophie: epithelial, fleckförmig, Fuchs-, gittrig, granulär,
- H18.6: Keratokonus
- H18.7: Sonstige Hornhautdeformitäten
- H18.8: Sonstige näher bezeichnete Affektionen der Hornhaut
- Anästhesie, Hypästhesie Hornhaut, Rezidivierende Hornhauterosionen
- H18.9: Affektion der Hornhaut, nicht näher bezeichnet
- H18.0: Hornhautpigmentierungen und -einlagerungen
- H19.-*: Affektionen der Sklera und der Hornhaut bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
- H19.8*: Sonstige Affektionen der Sklera und der Hornhaut bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
- Keratokonus bei Down-Syndrom (Q90.-†)
- H19.8*: Sonstige Affektionen der Sklera und der Hornhaut bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
- H59.-: Affektionen des Auges und der Augenanhangsgebilde nach medizinischen Maßnahmen, anderenorts nicht klassifiziert
- H59.0: Keratopathie (bullös-aphak) nach Kataraktextraktion
- Glaskörper- (Berührungs‑) Syndrom, Glaskörper-Hornhaut-Syndrom
- H59.0: Keratopathie (bullös-aphak) nach Kataraktextraktion
- C69.-: Bösartige Neubildung des Auges und der Augenanhangsgebilde
- C69.1: Kornea
- D31.- : Gutartige Neubildung des Auges und der Augenanhangsgebilde
- Exklusive: Bindegewebe des Augenlides (D21.0), Haut des Augenlides (D22.1, D23.1), N. opticus (D33.3)
- D31.1: Kornea
- Q13.-. Angeborene Fehlbildungen des vorderen Augenabschnittes
- T15.-: Fremdkörper im äußeren Auge
- T15.0: Fremdkörper in der Kornea
- T86.-: Versagen und Abstoßung von transplantierten Organen und Geweben
- T86.83: Hornhauttransplantat des Auges
- E50.-: Vitamin-A-Mangel
- Exklusive: Folgen des Vitamin-A-Mangels (E64.1)
- E50.0: Vitamin-A-Mangel mit Xerosis conjunctivae
- E50.1: Vitamin-A-Mangel mit Bitot-Flecken und Xerosis conjunctivae
- Bitot-Flecke beim Kleinkind
- E50.2: Vitamin-A-Mangel mit Hornhautxerose
- E50.3: Vitamin-A-Mangel mit Hornhautulzeration und Hornhautxerose
- E50.4: Vitamin-A-Mangel mit Keratomalazie
- E50.5: Vitamin-A-Mangel mit Nachtblindheit
- E50.6: Vitamin-A-Mangel mit xerophthalmischen Narben der Hornhaut
- E50.7: Sonstige Manifestationen des Vitamin-A-Mangels am Auge
- Xerophthalmie o.n.A.
- E50.8: Sonstige Manifestationen des Vitamin-A-Mangels
- Keratosis follicularis, Xerodermie durch Vitamin-A-Mangel† (L86*)
- E50.9: Vitamin-A-Mangel, nicht näher bezeichnet
- Hypovitaminose A o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.