Zusammenfassung
Die Orbita (Augenhöhle) bildet die knöcherne Höhle des Auges. In ihr befinden sich der Bulbus sowie die Anhangsorgane des Auges (retrobulbäres Fettgewebe, Augenmuskeln, Tränendrüse, Nerven und Gefäße). Klinisch relevante Erkrankungen im Bereich der Orbita sind vor allem immunologische/endokrinologische Prozesse im Rahmen der endokrinen Orbitopathie, Entzündungen und Tumoren. Typische Symptome bei pathologischen Prozessen sind beispielsweise ein Exophthalmus und die Wahrnehmung von Doppelbildern. Die Therapie reicht je nach Grunderkrankung von konservativen Maßnahmen, über ein chirurgisches Vorgehen bis hin zu Radio- und Chemotherapie.
Endokrine Orbitopathie (EO)
- Definition: Exophthalmus infolge einer Größenzunahme retrobulbärer Strukturen (Fett-, Muskel- und Bindegewebe), tritt i.d.R. bei der Autoimmunerkrankung Morbus Basedow auf
- Ätiologie
- Meist in Assoziation mit Morbus Basedow (keine Korrelation zwischen Schwere der EO und der Schilddrüsenfunktion)
- Selten als eigenständige Erkrankung
- Epidemiologie: ♀ > ♂
- Pathophysiologie
- Lymphozytäre Infiltration, immunvermittelte Fibroblastenproliferation sowie Einlagerung von Kollagen und Glykosaminoglykanen in die Orbita und die äußeren Augenmuskeln
- TSH-Rezeptoren in der Orbita vorhanden → Bei Vorhandensein von TRAK, Bindung dieser an die TSH-Rezeptoren → TRAK-induzierte Zunahme der endokrinen Orbitopathie → Korrelation zwischen Höhe der TRAK und Schwere der EO
- Symptome/Klinik/Befunde
- Exophthalmus (einseitig oder beidseitig)
- Bulbusmotilitätsstörungen → Binokulare Doppelbilder; eingeschränktes Konvergenzvermögen (Möbius-Zeichen)
- Lidretraktion mit typischen Lidzeichen
- Dalrymple-Zeichen
- Graefe-Zeichen
- Stellwag-Zeichen
- Chemosis
- Lagophthalmus → Keratitis e lagophthalmo (bei mangelndem Lidschluss)
- Konjunktivale Injektion
- Lidschwellung
- Diagnostik
- Sonografie, MRT/CT: Nachweis der Schwellung des Augenmuskels und der Fettgewebsvermehrung
- Spaltlampenuntersuchung
- Labor: TSH, fT3/fT4, TRAK
- Fotodokumentation
- Differenzialdiagnose: Pseudoexophthalmus
- Kurzbeschreibung: Aufgrund eines vergrößerten Auges entsteht der Eindruck eines Exophthalmus
- Häufigste Ursachen
- Starke Myopie
- Hydrophthalmus
- Kontralateraler Enophthalmus
- Therapie
- Gering aktive endokrine Orbitopathie
- Thyreostatische Therapie unter Vermeidung einer Hypothyreose!
- Falls eine definitive Therapie der Hyperthyreose geplant ist, sollte bei gleichzeitigem Vorliegen einer endokrinen Orbitopathie (ca. 60%) eine Operation bevorzugt werden! Es gibt Hinweise, dass eine Radioiodtherapie einen ungünstigen Einfluss auf die EO besitzt
- Striktes Rauchverbot!
- Selen hat günstigen Einfluss
- Lokale Maßnahmen
- Befeuchtende Augentropfen, Augensalbe zur Nacht
- Schlafen mit erhöhtem Oberkörper
- Evtl. Prismen-Brillengläser bei Doppelbildern
- Thyreostatische Therapie unter Vermeidung einer Hypothyreose!
- Moderate bis schwere endokrine Orbitopathie : Eskalierende Maßnahmen
- Immunmodulierende Therapie mit Glucocorticoiden
-
Bei Therapierefraktärität
- Immunsuppressiva (wie z.B. Ciclosporin)
- Evtl. Retrobulbärbestrahlung
- Evtl. Operation zur Dekompression
- Bei Gefahr der Erblindung: Glucocorticoid-Hochdosistherapie evtl. in Kombination mit Operation
- Gering aktive endokrine Orbitopathie
Rhabdomyosarkom
- Definition: Maligner mesenchymaler Tumor
- Epidemiologie: Häufigstes malignes Weichteilsarkom im Kindesalter, insgesamt jedoch selten
- Lokalisation: Häufig in der Orbita, im Kopf-/Halsbereich oder urogenital
- Symptome/Klinik:
- Wenig schmerzhafte, rasch zunehmende, derbe Schwellung
- Ggf. Exophthalmus
- Ggf. Einblutungen
- Therapie: Kombination von Operation (zurückhaltender, nicht verstümmelnder Eingriff!), Bestrahlung und Chemotherapie
- Prognose: Relativ gut (>65% dauerhafte Heilung)
Orbitaphlegmone
- Ätiologie: Meist fortgeleitete Infektion (z.B. Entzündung der Siebbeinzellen oder anderer Nasennebenhöhlen, Zahnentzündungen, penetrierende Verletzungen)
- Klinik
- Exophthalmus
- Krankheitsgefühl
- Schmerzen
- Chemosis
- Augenmotilitätsstörungen
- Diagnostik
- Unverzügliche Bildgebung (Computertomografie)
- Blutkulturen
- Labordiagnostik inkl. Entzündungsparameter
- Therapie
- Systemische Antibiotikatherapie schon bei Verdacht
- Meist operative Intervention
- Komplikationen
- Sinus-cavernosus-Thrombose
- Erblindung durch Beteiligung des Sehnerven
Bei einer Orbitaphlegmone handelt es sich um einen Notfall, der eine zügige Abklärung und antibiotische Therapie erfordert. Als Komplikationen drohen Sehverlust, Sinusvenenthrombose und Sepsis bis hin zum Tod!
Erkrankungen des Tränenapparats
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
H05.-: Affektionen der Orbita
- Exklusive: Angeborene Fehlbildung der Orbita (Q10.7)
- H05.0: Akute Entzündung der Orbita
- Abszess, Osteomyelitis, Periostitis, Zellgewebsentzündung, Tenonitis (jeweils der Orbita)
- H05.1: Chronische entzündliche Affektionen der Orbita
- H05.2: Exophthalmus
- H05.3: Deformation der Orbita
- H05.4: Enophthalmus
- H05.5: Verbliebener (alter) Fremdkörper nach perforierender Verletzung der Orbita
- Retrobulbärer Fremdkörper
- H05.8: Sonstige Affektionen der Orbita
- Zyste der Orbita
- H05.9: Affektion der Orbita, nicht näher bezeichnet
H06.-*: Affektionen des Tränenapparates und der Orbita bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
- H06.0*: Affektionen des Tränenapparates bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
- H06.1*: Parasitenbefall der Orbita bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
- H06.2*: Exophthalmus bei Funktionsstörung der Schilddrüse (E05.-†)
- H06.3*: Sonstige Affektionen der Orbita bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
C69.-: Bösartige Neubildung des Auges und der Augenanhangsgebilde
- Exklusive: Augenlid (-Haut) (C43.1, C44.1), Bindegewebe des Augenlides (C49.0), N. opticus (C72.3)
- C69.0: Konjunktiva
- C69.1: Kornea
- C69.2: Retina
- C69.3: Chorioidea
- C69.4: Ziliarkörper
- C69.5: Tränendrüse und Tränenwege
- Ductus nasolacrimalis, Tränensack
- C69.6: Orbita
- Bindegewebe der Orbita, Extraokulärer Muskel, Periphere Nerven der Orbita, Retrobulbäres Gewebe, Retrookuläres Gewebe
- Exklusive: Knochen der Augenhöhle (C41.01)
- C69.8: Auge und Augenanhangsgebilde, mehrere Teilbereiche überlappend
- C69.9: Auge, nicht näher bezeichnet
D31.- : Gutartige Neubildung des Auges und der Augenanhangsgebilde
- Exklusive: Bindegewebe des Augenlides (D21.0), Haut des Augenlides (D22.1, D23.1), N. opticus (D33.3)
- D31.0: Konjunktiva
- D31.1: Kornea
- D31.2: Retina
- D31.3: Chorioidea
- D31.4: Ziliarkörper
- D31.5: Tränendrüse und Tränenwege
- Ductus nasolacrimalis, Tränensack
- D31.6: Orbita, nicht näher bezeichnet
- Bindegewebe der Orbita, Extraokuläre Muskeln, Periphere Nerven der Orbita, Retrobulbäres Gewebe, Retrookuläres Gewebe
- Exklusive: Knochen der Augenhöhle (D16.41)
- D31.9: Auge, nicht näher bezeichnet
Q10.-: Angeborene Fehlbildungen des Augenlides, des Tränenapparates und der Orbita
- Q10.7: Angeborene Fehlbildung der Orbita
Q11.-: Anophthalmus, Mikrophthalmus und Makrophthalmus
- Q11.0: Zystenauge [cystic eyeball]
- Q11.1: Sonstiger Anophthalmus
- Q11.2: Mikrophthalmus
- Q11.3: Makrophthalmus
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.