Zusammenfassung
Bei der subduralen Blutung handelt es sich um eine venöse Blutung zwischen Dura mater und Arachnoidea, die unterschiedlich schwer verlaufen kann (von nahezu unbemerkt über mehrere Wochen bis hin zu rascher Progredienz innerhalb weniger Stunden). Der akute Verlauf tritt meist als Begleiterscheinung bei einem Schädelhirntrauma auf, während der chronische Verlauf i.d.R. durch Bagatelltraumata ausgelöst wird. Pathophysiologisches Korrelat des Subduralhämatoms ist meist ein Riss der Brückenvenen, die die oberflächlichen Hirnvenen zu den Sinus durae matris drainieren. Im Zentrum der Diagnostik steht die Schnittbildgebung mittels cCT (Mittel der Wahl) oder MRT. Neben der Kontrolle und ggf. Anpassung von Gerinnung und Hirndruck stehen die operative Therapie (z.B. Drainage durch Bohrlochtrepanation) oder die konservative Therapie (engmaschige Überwachung) im Fokus. Die Prognose ist beim chronischen Verlauf deutlich günstiger.
Definition
Akute, subakute oder chronische venöse Blutung zwischen Dura mater und Arachnoidea nach Riss einer Brückenvene (Verbindung der oberflächlichen Hirnvenen zu den Sinus durae matris)
Ätiologie
- Nach Schädel-Hirn-Trauma (dann eher akuter Verlauf)
- Nach Bagatelltrauma (dann eher chronischer Verlauf); CAVE: Meist anamnestisch nicht erinnerlich!
Assoziation/Prädisposition
- Hohes Alter
- Gerinnungshemmung
- Alkoholabusus
- Zerebrale Atrophie
- Erhöhtes Sturzrisiko
Klassifikation
Nach Verlauf
- Akut (rapide Verschlechterung innerhalb weniger Stunden nach Trauma)
- Subakut
- Chronischer Verlauf (>2 Wochen Abstand zum Trauma)
Symptomatik
Symptome können sich direkt nach dem Trauma oder langsam über mehrere Wochen entwickeln.
- Akuter Verlauf
- Kopfschmerzen, Übelkeit/Erbrechen, Beeinträchtigung der Vigilanz (somnolent bis komatös)
- Häufig ipsilaterale Mydriasis (auch beidseitig möglich) und kontralaterale Herdsymptomatik/Hemiparese
- Subakuter oder chronischer Verlauf auch über einen Zeitraum von mehreren Wochen möglich
- Kopfdruck, psychomotorische Verlangsamung und mnestische Funktionseinschränkungen
Da hier ein langsam progredienter Verlauf und nur unspezifische Symptome vorliegen (dazu meist bei älteren Patienten), kann ein chronisches subdurales Hämatom leicht übersehen werden!
Diagnostik
Bildgebende Verfahren
- Darstellung: Suturen überschreitende, glatt begrenzte, sichelförmige Blutung
- cCT (Methode der Wahl)
- Darstellung im Verlauf
- Kontrastmittel-Applikation bei unklaren Befunden
- MRT (bei V.a. akutes Subduralhämatom ohne Nachweis in der cCT)
- Darstellung im Verlauf (T1- und T2-Wichtung)
- Akut: Hypo- bis isointens zur grauen Substanz
- Subakut: Meist hyperintens
- Chronisch: Mit zunehmendem Alter des Hämatoms meist isointens
- Darstellung im Verlauf (T1- und T2-Wichtung)
- cCT (Methode der Wahl)
Therapie
Allgemeine Maßnahmen
- Normalisierung der Gerinnung
- Insb. bei antikoagulierten Patienten bei Notwendigkeit einer operativen Therapie
- Stets kritische Abwägung: Gefahr thromboembolischer Ereignisse im Rahmen des Grundleidens
- Verschiedene Substanzen verfügbar, bspw. Fresh Frozen Plasma, Vitamin K, rekombinanter Faktor VIIa
- Hirndrucksenkung
Operative Therapie
- Indikationen (es muss nur einer der folgenden Punkte zutreffen)
- Klinische Zeichen einer Herniation oder Erhöhung des intrakraniellen Drucks (bspw. qualitative Bewusstseinsstörung, quantitative Bewusstseinsstörung, Übelkeit, Erbrechen, asymmetrische oder starre und erweiterte Pupillen)
- Fokal-neurologische Defizite
- Mittellinien-Verlagerung von >5 mm
- Größe der Raumforderung >10 mm
- Therapie
- Bohrlochtrepanation mit Einlage einer Drainage
- Kraniotomie
Konservative Therapie
- Indikation: Die Kriterien der operativen Therapie werden nicht erfüllt
- Therapie
- Engmaschige klinische Kontrollen (insb. neurologischer Status)
- Intrakranielle Druckmessung mittels EVD
- Regelmäßiges Überprüfen der Hämatomausdehnung mittels CT
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Hirnhäute und intrakranielle Blutungen
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- I62.-: Sonstige nichttraumatische intrakranielle Blutung
- Exklusive: Folgen einer intrakraniellen Blutung (I69.2)
- I62.0-: Subdurale Blutung (nichttraumatisch)
- I62.00: Akut
- I62.01: Subakut
- I62.02: Chronisch
- I62.09: Nicht näher bezeichnet
- I62.1: Nichttraumatische extradurale Blutung
- Nichttraumatische epidurale Blutung
- I62.9: Intrakranielle Blutung (nichttraumatisch), nicht näher bezeichnet
- S06.-: Intrakranielle Verletzung
- Bei den Subkategorien S06.0–S06.6, S06.8 und S06.9 ist ein Bewusstseinsverlust mit einer zusätzlichen Schlüsselnummer aus S06.7-! zu verschlüsseln.
- S06.0: Gehirnerschütterung (Commotio cerebri)
- S06.1: Traumatisches Hirnödem
- S06.2-: Diffuse Hirnverletzung (Großer Hirngewebebereich betroffen)
- S06.20: Diffuse Hirn- und Kleinhirnverletzung, nicht näher bezeichnet
- S06.21: Diffuse Hirnkontusionen
- S06.22: Diffuse Kleinhirnkontusionen
- S06.23: Multiple intrazerebrale und zerebellare Hämatome (Multiple intrazerebrale Blutungen)
- S06.28: Sonstige diffuse Hirn- und Kleinhirnverletzungen (Multiple Rissverletzungen des Groß- und Kleinhirns)
- S06.3-: Umschriebene Hirnverletzung (Begrenzter oder umschriebener Hirngewebebereich betroffen)
- S06.30: Umschriebene Hirn- und Kleinhirnverletzung, nicht näher bezeichnet
- S06.31: Umschriebene Hirnkontusion
- S06.32: Umschriebene Kleinhirnkontusion
- S06.33: Umschriebenes zerebrales Hämatom (Intrazerebrale Blutung, intrazerebrales Hämatom)
- S06.34: Umschriebenes zerebellares Hämatom (Kleinhirnblutung, zerebellare Blutung)
- S06.38: Sonstige umschriebene Hirn- und Kleinhirnverletzungen (Rissverletzung des Groß- und Kleinhirns)
- S06.4: Epidurale Blutung (Epidurales [extradurales] Hämatom, Extradurale Blutung (traumatisch))
- S06.5: Traumatische subdurale Blutung
- S06.7-!: Bewusstlosigkeit bei Schädel-Hirn-Trauma
- I69.-: Folgen einer zerebrovaskulären Krankheit
- I69.2: Folgen einer sonstigen nichttraumatischen intrakraniellen Blutung
- P10.-: Intrakranielle Verletzung und Blutung durch Geburtsverletzung
- Exklusive: Intrakranielle (nichttraumatische) Blutung beim Fetus oder Neugeborenen: durch Anoxie oder Hypoxie (P52.‑), o.n.A. (P52.9)
- P10.0: Subdurale Blutung durch Geburtsverletzung
- Subdurales Hämatom (lokalisiert) durch Geburtsverletzung
- Exklusive: Subdurale Blutung bei Tentoriumriss (P10.4)
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.
Studientelegramme zum Thema
- One-Minute Telegram (aus unserer englischsprachigen Redaktion)
- One-Minute Telegram 77-2023-1/3: The drill still fits the bill for chronic SDH
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