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Psychopathologischer Befund

Letzte Aktualisierung: 12.11.2024

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Der psychopathologische Befund fasst die Ergebnisse einer psychiatrischen Untersuchung zusammen und bildet die Grundlage für diagnostische Entscheidungen sowie therapeutische Maßnahmen. Dabei werden u.a. Bewusstsein, Orientierung, Gedächtnis, Wahrnehmung und Denken, Ich-Grenzen und Affekt beurteilt.

Die Erhebung der zahlreichen möglichen Befunde gibt Hinweise über die Erkrankung und ist unerlässlich für eine Diagnosestellung nach ICD-10-Kriterien. Einige Symptome sind fast pathognomonisch für eine Diagnose (z.B. imperative Stimmen bei paranoider Schizophrenie), die meisten Symptome können jedoch bei verschiedenen Krankheitsbildern und im Einzelfall auch bei Gesunden vorkommen.

Zur Erhebung des psychopathologischen Befundes hat sich das AMDP-System als strukturierendes, diagnostisches Hilfssystem bewährt und soll in Deutschland standardisiert angewandt werden. Es umfasst sowohl die Anamnese als auch den psychischen und somatischen Befund eines Patienten. In dem folgenden Kapitel werden die Inhalte der psychischen Befunderhebung in Anlehnung an das AMDP-System näher dargestellt.

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Überblicktoggle arrow icon

Gliederung eines psychopathologischen Befundes (in Anlehnung an das AMDP-System ) [1]

Bei der Formulierung eines psychopathologischen Befundes gibt es keinen allgemeingültigen Standard. Die folgende Gliederung dient der Orientierung und kann individuell angepasst werden.

Jede psychiatrische Erstuntersuchung beinhaltet eine internistische und neurologische Untersuchung, da sich hinter jeder psychischen Störung eine somatische Ursache verstecken kann! (siehe hierzu: Ablauf einer allgemeinen körperlichen Aufnahmeuntersuchung und Neurologische Untersuchung)

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Bewusstseins- und Orientierungsstörungentoggle arrow icon

Bewusstseinsstörungen

Bewusstseinsstörungen – Übersicht
Bewusstseinsstörung Erklärung Vorkommen (Beispiele)

Qualitativ

Bewusstseinstrübung
  • Beeinträchtigung der geistigen Klarheit in Bezug auf das gesamte Erleben und Verhalten. Die Fähigkeit, Aspekte zu verstehen, sinnvoll miteinander zu verbinden, sich mitzuteilen und sinnvoll zu handeln geht verloren.
Bewusstseinseinengung
  • Das gesamte Erleben und Verhalten ist eingeengt, z.B. durch Fokussierung auf ein bestimmtes Thema.
Bewusstseinsverschiebung
  • Das Bewusstsein ist im Gegensatz zum sonstigen normalen Tagesbewusstsein verändert und die Wahrnehmung von Raum, Zeit und Sinnesempfindungen ist intensiviert. Patienten fühlen sich wacher, lebendiger und offener.

Quantitativ

Bewusstseinsverminderung (Vigilanzminderung)

Orientierungsstörungen [3]

Die Orientierung ist die kognitive Fähigkeit, sich zeitlich, örtlich, bezüglich der aktuellen Situation und der eigenen Person zurechtzufinden. Beeinträchtigungen treten meist in unten genannter Abfolge (ZOSP-Schema) auf.

  • Z: Zeitlich
  • O: Örtlich
  • S: Zur Situation
  • P: Zur eigenen Person

Die Orientierung zur eigenen Person geht typischerweise zuletzt verloren!

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Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungentoggle arrow icon

Diagnostik

  • Subjektive Beobachtungen in der Untersuchungssituation
  • Angaben der betroffenen Person
  • Objektive Tests: Konzentrationstest unter Belastung (z.B. d2-Konzentrationstest)
Aufmerksamkeits-/ Gedächtnisstörung Erklärung Vorkommen (Beispiele)
Auffassungsstörungen
  • Verminderte Fähigkeit, Auffassungen oder Texte in ihrer Bedeutung zu begreifen und miteinander zu verbinden
    • Beispiel: Konkretismus : Begriffe und Sätze können nur noch wörtlich (bzw. nur im "konkreten" Sinne) und nicht mehr im übertragenen Sinn verstanden werden – demzufolge sind Metaphern bzw. Sprichwörter nicht mehr nachvollziehbar
Konzentrationsstörungen
  • Verminderte Fähigkeit, sich ausdauernd konzentriert einer Tätigkeit oder einem Thema zuzuwenden
Merkfähigkeitsstörungen
  • Verminderte oder aufgehobene Fähigkeit, sich neue Inhalte über einen Zeitraum von ca. zehn Minuten zu merken
Gedächtnisstörungen
  • Verminderte oder aufgehobene Fähigkeit, sich Informationen längerfristig zu merken (>10 Minuten) bzw. Erlerntes aus dem Gedächtnis abzurufen
Konfabulationen
  • Erfundene, objektiv falsche Aussagen, die von Personen mit zerebralen Schädigungen unbewusst genutzt werden, um Gedächtnislücken zu füllen. Dabei halten sie die Aussagen für wahr, auch wenn die gleiche Lücke jedes Mal mit einem anderen Inhalt gefüllt wird.
Paramnesie
  • Verfälschtes Erinnern von Ereignissen oder Erinnern von Ereignissen, die nicht stattgefunden haben
    • Sonderform Wahn-Paramnesie: Die Person erinnert sich an einen Wahn, der nicht stattgefunden hat. Vorkommen vor allem im Rahmen von Schizophrenien
  • Déjà-vu-Erlebnis
  • Hypermnesien
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Formale Denkstörungentoggle arrow icon

Definition: Störungen des Denkablaufs, die sich in sprachlichen Äußerungen zeigen. Hierbei kann es sich um Veränderungen der Geschwindigkeit, fehlende Zusammenhänge oder mangelnde Schlüssigkeit der Gedankenabläufe handeln. Formale Denkstörungen stehen im Gegensatz zu inhaltlichen Denkstörungen, bei denen der Inhalt des Denkens und die Realitätskontrolle beeinträchtigt sind.

Formale Denkstörung Erklärung Vorkommen (Beispiele) [4][5]
Denkzerfahrenheit (Denkinkohärenz)
  • Gedanken und Zusammenhänge sind für Außenstehende nicht nachvollziehbar; Gedankenbruchstücke werden wahllos miteinander in Verbindung gebracht
  • Mögliche Symptome
    • Paralogik: Unlogisches Denken, der Satzbau ist jedoch intakt
    • Paragrammatismus: Unlogisches Denken, bei dem der Satzbau zerstört ist
    • Begriffszerfall / Schizophasie: Begriffe verlieren ihre Bedeutung. Sie werden wandelbar und haben keine eindeutige Zuordnung mehr, sodass in einem Gespräch ein Begriff mit verschiedenen Worten ausgedrückt wird
Denkhemmung/-verlangsamung
  • Verlangsamter und eingeschränkter Denkablauf
    • Denkhemmung: Die betroffene Person berichtet subjektiv von dem Phänomen
    • Denkverlangsamung: Phänomen wird von der untersuchenden Person wahrgenommen

Gedankenabreißen/Gesperrtes Denken

  • Plötzlicher Abbruch eines flüssigen Gedankenganges ohne erkennbaren Grund
    • Gedankenabreißen: Die betroffene Person berichtet subjektiv von dem Phänomen
    • Gesperrtes Denken: Phänomen wird von der untersuchenden Person wahrgenommen
Ideenflucht
  • Die Person kann einen Gedankengang nicht fixieren, kommt von einer Idee zur nächsten, ohne anhalten zu können

Perseveration

  • Die Person bleibt an Wörtern oder Handlungen haften, die im aktuellen Bezug nicht mehr sinnvoll erscheinen
Grübeln
  • Die Person denkt immerzu über die gleichen, meist unangenehmen Inhalte nach
Eingeengtes Denken
  • Der inhaltliche Denkumfang ist eingeschränkt und die Gedanken reduzieren sich auf wenige Themen
Umständliches Denken
  • Unwesentliches kann im Gespräch nicht von Wesentlichem getrennt werden. Ein inhaltlicher Zusammenhang ist jedoch vorhanden.
Gedankendrängen
  • Die Person fühlt sich dem Druck immer neuer Einfälle und Gedanken ausgeliefert, die sie nicht ordnen oder beherrschen kann
Vorbeireden
  • Die Antwort auf eine Frage geht am Thema vorbei, obwohl die Frage verstanden wurde
Neologismen
  • Wortneuschöpfungen, die so bisher im Sprachgebrauch nicht vorkommen
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Inhaltliche Denkstörungentoggle arrow icon

Definition: Beeinträchtigung des Denkinhalts und der Realitätskontrolle. Zu unterscheiden sind hierbei Befürchtungen und Zwangssymptome von wahnhaften Denkstörungen. Inhaltliche Denkstörungen stehen im Gegensatz zu formalen Denkstörungen, bei denen der Ablauf des Denkens gestört ist.

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Befürchtungen und Zwängetoggle arrow icon

Definition: Reihe von Störungen, denen ängstliche Einstellungen, Verhaltensweisen oder Befürchtungen zugrunde liegen. Siehe auch: Zwangsstörungen, Phobische Störungen und Hypochondrische Störung

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Wahntoggle arrow icon

  • Definition: Subjektive Fehlbeurteilung der Realität, die die Lebensführung behindert und trotz objektiver Widersprüchlichkeit nicht verworfen wird
  • Allgemeine Kriterien eines Wahns (nach Jaspers) [7]
    • Gewissheit
    • Unkorrigierbarkeit
    • Inhalte sind objektiv falsch
  • Wahninhalte
  • Sonderfall: Überwertige Idee
    • Als sehr bedeutend erlebte Ideen, die für andere Personen kaum nachvollziehbar sind
    • Kriterien eines Wahns nicht vollständig erfüllt

Das Vorliegen eines synthymen Wahns spricht eher für eine affektive Störung (Depression, bipolare Störung); ein parathymer Wahn eher für eine paranoide Schizophrenie!

Formale Wahnmerkmale

Formales Wahnmerkmal Erklärung
Wahnwahrnehmung Wahnhafte Fehlinterpretation / Umdeutung eines realen Ereignisses
Wahnstimmung Die Wahnstimmung ist ein unspezifisches Gefühl, dass etwas (mit einem selbst) passieren wird. Die Realität bzw. die Situation wird dabei als bedrohlich und unheimlich empfunden, ohne dass die Ursache genau benannt werden kann.
Wahndynamik Beschreibt den Grad der affektiven Beteiligung, den eine Person im Zusammenhang mit dem wahnhaften Erleben zeigt
Wahnarbeit Ausgestaltung des Wahns mit Verknüpfungen, Begründungen und Beweisen
Wahneinfall (Wahnidee) Plötzliches Auftreten einer wahnhaften Vorstellung oder einer wahnhaften Überzeugung
Wahngedanken Aus Wahnwahrnehmungen oder Wahneinfällen entwickeln sich wahnhafte Überzeugungen
Wahnsystem (Systematisierter Wahn) Durch Wahnarbeit und Herstellen weiterer Verknüpfungen zu anderen Wahnphänomenen entsteht ein Wahnsystem

Inhaltliche Wahnmerkmale

Inhaltliches Wahnmerkmal Erklärung Vorkommen (Beispiele)
Beziehungswahn
  • Die Person bezieht Ereignisse aus der Umwelt ausschließlich auf sich, alles geschieht nur ihretwegen
Beeinträchtigungswahn
  • Die Person empfindet, dass alle Ereignisse gegen sie gerichtet seien
Verfolgungswahn
  • Die Person fühlt sich verfolgt. Sie integriert dabei persönliche Erfahrungen und aktuelle Ereignisse in ihren Verfolgungswahn
    • Sonderform Vergiftungswahn: Die Person ist davon überzeugt, dass ständig versucht wird, sie zu vergiften
Größenwahn
  • Wahnhafte Selbstüberschätzung und Selbstüberhöhung
Verarmungswahn
  • Wahnhafte Überzeugung, zu verarmen oder z.B. die Familie nicht mehr versorgen zu können
Schuldwahn
  • Wahnhafte Überzeugung, einen Fehler begangen und schwere Schuld auf sich geladen zu haben, häufig kombiniert mit der Überzeugung, gegen göttliche oder moralische Prinzipien verstoßen zu haben (Versündigungswahn) und für das Vergehen auch bestraft zu werden
Nihilistischer Wahn
  • Wahnhafte Überzeugung, nicht zu existieren
Hypochondrischer Wahn
  • Wahnhafte Überzeugung, an einer schweren Krankheit zu leiden
Eifersuchtswahn
  • Wahnhafte Überzeugung, von dem Lebenspartner oder der Lebenspartnerin hintergangen und betrogen zu werden
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Sinnestäuschungentoggle arrow icon

Illusionäre Verkennungen

  • Definition: Verfälschte Wahrnehmung und Verkennung der Realität
  • Vorkommen: Bspw. bei Dunkelheit, Übermüdung, affektiver Anspannung oder unter Drogeneinfluss

Halluzinationen

  • Definition: Eine Halluzination ist eine Sinneswahrnehmung ohne objektiv nachweisbaren Reiz. Definitionsgemäß können Betroffene die irreale Wahrnehmung nicht von einer realen unterscheiden.
Erklärung Vorkommen (Beispiele)

Akustische Halluzinationen

Akoasmen
  • Non-Verbale Halluzinationen, die Geräusche jeder Art sein können (Rauschen, Summen, Pfeifen, Zischen, etc.)
Kommentierende Stimmen
  • Die von einer Person wahrgenommenen Stimmen kommentieren das eigene Handeln
Dialogisierende Stimmen
  • Die von einer Person wahrgenommenen Stimmen unterhalten sich miteinander
Imperative Stimmen
  • Die von einer Person wahrgenommenen Stimmen fordern zu einer Handlung auf (z.B. einen Suizid zu begehen)
Optische Halluzinationen
Körperhalluzinationen Taktile Halluzinationen (Haptische Halluzinationen)
  • Die Person fühlt sich von etwas Unsichtbarem berührt, angefasst und nicht selten auch sexuell belästigt
  • Sonderform: Chronische taktile Halluzinose (Dermatozoenwahn)Überzeugung, dass Insekten oder andere Tiere in der Haut leben
Zönästhesien
  • Bizarre Leibempfindungen
Pseudohalluzinationen
Hypnagoge Halluzinationen
  • Physiologisch beim Einschlafen
  • Übermüdung
  • Narkolepsie
  • Halluzinogenmissbrauch
Geruchs- und Geschmackshalluzinationen
  • Geschmäcker und Gerüche werden wahrgenommen, ohne dass eine entsprechende Reizquelle vorhanden ist

Weitere Wahrnehmungsstörungen

  • Metamorphopsien
    • Mikropsien/Makropsien: Gegenstände werden kleiner/größer wahrgenommen als sie in Wahrheit sind
    • Dysmorphopsien: Gegenstände bzw. Teile der Umgebung werden deformiert wahrgenommen

Die folgenden drei Begriffe werden häufig gefragt und man sollte sie voneinander abgrenzen können. Illusionäre Verkennung bedeutet, dass etwas tatsächlich Vorhandenes verfälscht wahrgenommen und verkannt wird. Im Rahmen von Halluzinationen wird etwas nicht Existentes wahrgenommen. Und bei einer Wahnwahrnehmung wird etwas tatsächlich Vorhandenes korrekt wahrgenommen, aber wahnhaft umgedeutet!

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Ich-Störungentoggle arrow icon

Definition: Bei den Ich-Störungen ist die Ich-Umwelt-Grenze beeinträchtigt. Die betroffene Person nimmt die Umwelt oder sich selbst verändert wahr (Ich-Störungen auf der Gefühlsebene) oder glaubt, dass persönliche Aspekte (z.B. Gedanken) in die Umwelt gelangen oder von der Umwelt manipuliert werden (Ich-Störungen mit Fremdbeeinflussungserleben).

Erklärung Vorkommen (Beispiele)
Ich-Störungen auf der Gefühlsebene
Derealisation
  • Die Person empfindet die Umwelt als fremd, unvertraut und unwirklich. Die Derealisation wird von Betroffenen als ausgesprochen quälend empfunden
Depersonalisation
  • Die Person empfindet den eigenen Körper als fremd. Sie kann das Gefühl haben, in einer Traumwelt zu sein oder komplett losgelöst von ihrem Körper nur als Geist zu existieren
Ich-Störungen mit Fremdbeeinflussungserleben
Gedankenentzug
  • Die Person empfindet, dass ihr Gedanken und Vorstellungen von der Umwelt (z.B. anderen Personen, Institutionen, Objekten) entzogen werden
Gedankeneingebung
  • Die Person empfindet, dass ihre Gedanken und Vorstellungen von der Umwelt gelenkt werden
Gedankenausbreitung
  • Die Person empfindet, dass sich ihre Gedanken im Raum ausbreiten. Folglich stellt sich auch das Gefühl ein, nicht verhindern zu können, dass die Gedanken von Dritten gelesen werden
Andere Fremdbeeinflussungserlebnisse
  • Die Person empfindet, dass ihr Charakter, ihr Wille, ihr Verhalten und/oder ihre Körperfunktionen durch eine äußere Kraft beeinflusst werden (meist mit spirituellem Charakter)

Ich-Störungen mit Fremdbeeinflussung sind stets ein Hinweis für eine paranoide Schizophrenie!

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Störungen der Affektivitättoggle arrow icon

Störungen der Affektivität können sowohl bei psychisch Gesunden als auch im Rahmen psychischer Erkrankungen vorkommen, wobei sich der Krankheitswert an der Stärke der Ausprägung bemisst.

Störung Erklärung Vorkommen (Beispiele)

Affektarmut/Affektverflachung

  • Affektarmut: Die Anzahl der gezeigten Gefühle ist vermindert
  • Affektverflachung: Die Intensität aller gezeigten Gefühle ist vermindert
Affektstarre
  • Verringerte Schwingungsfähigkeit: Die Stimmung einer Person verharrt auf einem Niveau (z.B. stetige Gereiztheit) und wird situationsunabhängig beibehalten
Affektlabilität
  • Schneller Stimmungswechsel auf äußere Reize (rascher Wechsel von Weinen zu Lachen)
Affektinkontinenz
  • Affekte können schon bei geringem Anstoß nicht mehr beherrscht werden und kommen stärker als angemessen zum Ausdruck
Ambivalenz
  • Gleichzeitiges Vorliegen widersprüchlicher Gefühle, Gedanken oder Intentionen
  • Einteilung nach Bleuler in Ambivalenz des Wollens (Ambitendenz) , des Denkens und des Fühlens

Parathymie/Paramimie

  • Parathymie: Affekt und berichteter Inhalt stimmen nicht überein
  • Paramimie: Affekt und Mimik bzw. Gestik stimmen nicht überein
Gefühl der Gefühlslosigkeit
  • Die Person empfindet keine Gefühle und leidet sehr darunter. Dieser häufig als „Leere“ empfundene Zustand ist für Außenstehende nur schwer nachzuvollziehen
Insuffizienzgefühl
  • Die Person hat das Vertrauen in sich verloren und das Gefühl, weniger oder nichts wert zu sein
Gesteigertes Selbstwertgefühl
  • Als angenehm empfundenes Gefühl, mehr Wert zu sein oder mehr vollbringen zu können als normalerweise
Euphorie
  • Übersteigertes Wohlbefinden und Zuversicht
  • Reaktiv, bspw. nach überstandener Gefahr
  • Manie
Dysphorie
  • Missmutige Verstimmung: Die Person ist verstimmt, schnell gereizt und unzufrieden
Störung der Vitalgefühle
  • Als vermindert empfundene Kraft und Energie

Im AMDP-System werden noch folgende weitere Affekte aufgelistet: Schuldgefühle, Verarmungsgefühle, ratlos, deprimiert, hoffnungslos, ängstlich, gereizt, innerlich unruhig, klagsam/jammerig.

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Störungen des Antriebs und der Psychomotoriktoggle arrow icon

Störungen des Antriebs

  • Definition: Störungen des Antriebs äußern sich als Veränderung der Energie, Aktivität und Initiative eines Menschen. Der Antrieb wird in erster Linie am Aktivitätsniveau sowie an der Psychomotorik erkennbar und kann häufig schon aus der Beobachtung der betroffenen Person im Untersuchungsgespräch beurteilt werden.
Antriebsstörung Erklärung Vorkommen (Beispiele)

Antriebsarmut

Mangel an Energie, Initiative, Elan und Anteilnahme mit spärlicher spontaner Motorik. Die Person wirkt in sich selbst versunken und zieht sich häufig im Verlauf immer mehr von der Außenwelt zurück.

Antriebshemmung

Energie, Initiative und Anteilnahme werden als gebremst/blockiert erlebt. Die Person will etwas Bestimmtes machen, schafft es aber nicht, bricht ab, fühlt sich blockiert und gebremst, rafft sich wieder auf, etc.

Antriebssteigerung

Zunahme an Energie und Initiative im Rahmen einer geordneten (zielgerichteten) Tätigkeit, die objektiv nicht sinnvoll sein muss. Betroffene können häufig unruhig oder hyperaktiv sein. Die Antriebssteigerung kann bis zur Antriebsenthemmung gesteigert sein, die sich dann in ziellosen Tätigkeiten äußert

Ist eine Antriebsarmut vorhanden, sind Energie und Initiative einer Person vermindert. Bei der Antriebshemmung hingegen werden Energie und Initiative als gebremst oder blockiert wahrgenommen!

Störungen der Psychomotorik

  • Definition: Psychomotorische Störungen können u.a. im Rahmen von psychischen Erkrankungen auftreten. Sie ziehen eine Beeinträchtigung der Bewegungen und der Gesamtheit des Bewegungsablaufs mit sich.
Psychomotorische Störung Erklärung Vorkommen (Beispiele)

Motorische Unruhe

  • Ziellose, gesteigerte und ungerichtete motorische Aktivität, die sich bis zur Tobsucht steigern kann
Stupor
  • Zustand relativer bis hin zu absoluter Reglosigkeit bei wachem Bewusstsein
Parakinesen

Manierismen

  • Sonderbare, unnatürliche, posenhafte, gekünstelte Bewegungen und Handlungen

Theatralisches Verhalten

  • Situationen, Beschwerden und Störungen werden von der Person aufgebauscht und dramatisiert

Mutismus

  • Wortkargheit bis hin zu vollständigem Schweigen über längere Zeit (Tage, Wochen, Jahre), obwohl das Sprachvermögen erhalten ist. Ursache sind psychische, selten auch organische Beschwerden.
    • Elektiver Mutismus: Auftreten in früher Kindheit; Kind spricht mit bestimmten Personen, verstummt jedoch bei anderen
    • Totaler Mutismus: Sprachlicher Kontakt wird zu allen Personen eingestellt
Logorrhö
  • Unstillbarer Rededrang mit übermäßigem Reden, der eine sinnvolle Kommunikation mit der betroffenen Person erschwert
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Zirkadiane Besonderheitentoggle arrow icon

  • Häufig unterliegen psychische Störungen einem Tagesrhythmus. Diese zirkadianen Besonderheiten werden erfasst, indem regelhafte Schwankungen der Befindlichkeit und des Verhaltens einer betroffenen Person in 24-Stunden-Perioden registriert werden (z.B. Morgentief oder Veränderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus).
  • Beim Auftreten der Symptomatik einer psychischen Störung wird unterschieden zwischen
    • Morgens schlechter (z.B. Morgentief bei Depressionen)
    • Abends schlechter (z.B. Verlängerung der Einschlaflatenz bei Angsterkrankungen)
    • Abends besser (z.B. verbesserte Stimmungslage bei Depressionen)
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Weitere Merkmaletoggle arrow icon

Zusatzmerkmale (nach AMDP) [9]

Im Verlauf der Jahre wurden einige Zusatzmerkmale aufgrund ihrer klinischen Relevanz zu den sog. Basismerkmalen ergänzt. Die überwertige Idee gehört im AMDP-System ebenfalls zu den Zusatzmerkmalen.

Merkmal Erklärung
Beschleunigtes Denken
  • Die Person berichtet subjektiv von einem schnelleren Denkablauf
Impulsiv
  • Die Person tendiert dazu, unüberlegt und spontan zu handeln
Distanzlos
  • Die Person wahrt keine angemessene Distanz zu Anderen
Desorganisiert
  • Die Person hat Probleme, mehrschrittige Aufgaben zu planen und umzusetzen, wodurch gesetzte Ziele nicht erreicht werden
Wortfindungsstörungen
  • Gängige Wörter fallen der Person nicht mehr ein
Gedankenlautwerden
  • Die Person nimmt ihre eigenen Gedanken akustisch und laut wahr
Beziehungsideen
  • Die Person fühlt einen besonderen Bezug zu beliebigen Ereignissen aus dem Umfeld
Angstanfälle (Panikattacken)
  • Intensive Angstattacken mit abruptem Beginn, häufig einhergehend mit körperlichen Symptomen (bspw. Herzrasen, Zittern, Schwindel)
Schamgefühle
  • Subjektiv erlebtes Gefühl von Bloßstellung
Körperbildstörung
  • Gestörte (i.d.R. negativ verzerrte) Wahrnehmung und Bewertung des eigenen Körpers
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