Zusammenfassung
Chirurgische Interventionen an Leber oder Pankreas werden meist aufgrund von Malignomen oder traumatischen Verletzungen durchgeführt.
Maligne Tumoren des Pankreas sind meist Adenokarzinome, deren einziger kurativer Therapieansatz in einer vollständigen Resektion liegt. Liegt ein operables Stadium vor, wird bei Tumoren des Pankreaskopfes klassischerweise eine partielle Duodenopankreatektomie (Kausch-Whipple-OP) durchgeführt, heutzutage jedoch nach Möglichkeit unter Erhalt des Pylorus (pyloruserhaltende partielle Duodenopankreatektomie). Bei Lokalisation des Karzinoms im Korpus oder Schwanz des Pankreas erfolgt i.d.R. eine Pankreaslinksresektion mit Splenektomie. Eine schwerwiegende Komplikation kann in der Ausbildung einer Pankreasfistel bzw. Anastomoseninsuffizienz der Pankreatikojejunostomie liegen.
Maligne Tumoren der Leber umfassen Metastasen und primäre Lebertumoren (z.B. HCC und CCA). Ist das Tumorwachstum noch nicht zu weit fortgeschritten, kann unter Umständen in kurativer Absicht eine Leberteilresektion durchgeführt werden. Bei malignen Lebertumoren oder fortgeschrittener Leberinsuffizienz kann ggf. auch eine Lebertransplantation indiziert sein.
Pankreaschirurgie
Indikation
- Pankreaskarzinom
- Pankreaskopfkarzinom ohne Infiltration des Duodenums: Pyloruserhaltende partielle Duodenopankreatektomie
- Pankreaskopfkarzinom mit Infiltration des Duodenums: Partielle Duodenopankreatektomie (z.B. nach Kausch-Whipple)
- Karzinom von Pankreasschwanz/-korpus: Pankreaslinksresektion mit Splenektomie, ggf. totale Duodenopankreatektomie
- Papillenkarzinom
- Partielle Duodenopankreatektomie (z.B. nach Kausch-Whipple)
- Traumatische Pankreasverletzungen
- Parenchymrisse: Übernähung, Spülung, Drainage
- Ruptur (bei einem stumpfen Bauchtrauma meist direkt über der Wirbelsäule): Je nach Ausmaß Pankreaslinksresektion oder Duodenopankreatektomie
- Pankreaszysten/-pseudozysten
Operationsverfahren bei Pankreaskarzinom
- Zugangsweg: Oberbauchquerlaparotomie
- Pankreaskopfkarzinom
- Pyloruserhaltende partielle Duodenopankreatektomie (nach Traverso-Longmire)
- Durchführung: Pankreaskopfresektion, Duodenumteilresektion, Resektion von Gallenblase und distalem Ductus choledochus sowie Lymphadenektomie
- Anastomosierung: Pankreatiko-Jejunostomie (End-zu-Seit- oder End-zu-End-Anastomose) + Biliodigestive Anastomose (Hepatiko-Jejunostomie, End-zu-Seit-Anastomose, aboral der Pankreatiko-Jejunostomie) + Duodeno-Jejunostomie (End-zu-Seit, aboral der Hepatiko-Jejunostomie)
- Partielle Duodenopankreatektomie (Kausch-Whipple-OP)
- Indikation: Infiltration des Bulbus duodeni
- Durchführung: Pankreaskopfresektion, distale Magenteilresektion, Duodenumresektion, Resektion von Gallenblase und Ductus choledochus sowie Lymphadenektomie
- Pyloruserhaltende partielle Duodenopankreatektomie (nach Traverso-Longmire)
- Karzinome des Pankreaskorpus und -schwanz
- Pankreaslinksresektion mit Splenektomie
- Totale Duodenopankreatektomie: Vollständige Pankreasresektion, Duodenektomie mit Resektion der Flexura duodenojejunalis, Choledochusresektion mit Cholezystektomie, ggf. Pylorektomie (distale Magenresektion) und ggf. Splenektomie [1][2]; indiziert bei kurativem Ansatz, wenn geringeres Resektionsausmaß unzureichend
- Palliative Operation bei fehlender Kurabilität
- Biliodigestive Anastomose (z.B. Hepatiko-Jejunostomie) bei posthepatischem Ikterus
- Gastroenterostomie bei Magenausgangsstenose durch Duodenalkompression: Der Magen wird unter Ausschaltung des Duodenums an den Dünndarm (Jejunum) anastomosiert (Kurzschluss-Operation zum Passage-Erhalt)
- Weitere Therapieempfehlungen
- Adjuvante bzw. palliative Chemotherapie
- Intensive Schmerztherapie
Komplikationen der (pyloruserhaltenden) partiellen Duodenopankreatektomie
- Anastomoseninsuffizienz der Pankreatikojejunostomie: Schwere und häufige Komplikation
- Pathophysiologie: Durch eine Anastomoseninsuffizienz der Pankreatikojejunostomie kann Pankreassekret austreten → Ausbildung einer Pankreasfistel → Aktivierte Pankreasenzyme gelangen in die freie Bauchhöhle → Verdauung des umliegenden Gewebes, ggf. Gefäßarrosion mit Arrosionsblutung, ggf. Sepsis
- Diagnostik: Amylase-Erhöhung über das 3-fache der Serumamylase in der Drainageflüssigkeit ab dem 3. postoperativen Tag, Bildgebung (Sonografie/CT)
- Therapie nach Schweregrad der Pankreasfistel
- Asymptomatisch: Zunächst konservativ, parenterale Ernährung, Drainage belassen, weiter beobachten
- Symptomatisch: Zusätzlich Antibiotika, evtl. Intervention (CT-gesteuerte Punktion, Stent, Operation)
- Sepsis: Behandlung auf Intensivstation, ggf. Re-Laparotomie
- Magenentleerungsstörung (v.a. bei pyloruserhaltender Operation)
- Gallefistel durch Insuffizienz der Hepatikojejunostomie
- Pankreopriver Diabetes mellitus nach Pankreas(teil)resektion
- Intraabdominelle Blutung
- Wundheilungsstörung
- Intraabdomineller Abszess
Leberchirurgie
Anatomische Grundlagen
Einteilung der Leber
- Funktionelle Einteilung der Leber in 8 Segmente nach Couinaud
- Pars hepatis sinistra: Segmente I, II, III, IV ((Sonderstellung: Segment I = Lobus caudatus, Versorgung aus beiden Leberhälften)
- Pars hepatis dextra: Segmente V, VI, VII, VIII
- Anatomische Einteilung der Leber in linken und rechten Leberlappen
- Linker Leberlappen: Segmente II, III
- Rechter Leberlappen: Segmente IV, V, VI, VII, VIII
Eine Hemihepatektomie ist nicht gleichbedeutend mit der Entnahme eines Leberlappens! Aufgrund der funktionellen Zugehörigkeit werden bei einer Hemihepatektomie rechts die Segmente V, VI, VII und VIII entnommen.
Die Lebersegmente werden in der ventralen Aufsicht im Uhrzeigersinn gezählt, beginnend mit dem Lobus caudatus (Segment I)!
Topografie
- Die Leber liegt intraperitoneal
- Es besteht eine enge topografische Beziehung zur rechten Niere, rechten Nebenniere (beide retroperitoneal), dem Duodenum (retroperitoneal mit Ausnahme der Pars superior), dem Colon transversum und dem Magen (beide intraperitoneal)
- Segmente II, IVa, VII und VIII grenzen kranial direkt ans Zwerchfell (Facies diaphragmatica der Leber)
Operationsindikation und Verfahren
- Traumatische Leberverletzungen (je nach Verletzungsausmaß) z.B.:
- Kapselnaht
- Parenchym-Versiegelung mittels Fibrinkleber
- Temporäre Kompression mit Bauchtüchern ("Packing"), Entfernung nach ca. 2–3 Tagen
- Maligne Erkrankungen : Metastasen, primäre Lebertumoren (z.B. hepatozelluläres Karzinom, Cholangiokarzinom), lebernahe Gallengangskarzinome
- Leberteilresektion, ggf. mit End-zu-Seit-Hepatikojejunostomie (biliodigestive Anastomose)
- Lebertransplantation
- Leberinsuffizienz: Lebertransplantation
- Pringle-Manöver: Abklemmen des Lig. hepatoduodenale zur Blutungsreduktion
Prognose
- Gesundes Lebergewebe hat eine hohe Regenerationsfähigkeit
- Theoretisch Resektion von bis zu 80% der Leber möglich [3]
- Syntheseleistung nach Leberteilresektion abhängig vom
- Ausmaß des zirrhosefreien Restgewebes
- Arteriellen/portalen Zufluss sowie venösen Abfluss