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Hepatozelluläres Karzinom

Letzte Aktualisierung: 23.8.2024

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist ein maligner Tumor, der von den Leberzellen (Hepatozyten) ausgeht. Der Tumor kann in der Leber solitär oder multilokulär disseminiert auftreten. I.d.R. entwickelt sich ein HCC auf dem Boden einer Leberzirrhose oder auch einer fortgeschrittenen Leberfibrose. Weitere Risikofaktoren sind die chronisch verlaufende Hepatitis und die nicht-alkoholische Steatohepatitis. Dieses Risikokollektiv benötigt ein halbjährliches sonografisches HCC-Screening. Der Tumormarker AFP kann das Screening ergänzen und dient als Verlaufsparameter.

Klinisch manifest wird die Erkrankung meist erst in Spätstadien mit unspezifischen Beschwerden wie rechtsseitigem Oberbauchschmerz, Aszites oder durch eine hepatische Dekompensation. Die Therapieoptionen sind von der Tumorausbreitung und der Leberfunktion abhängig. Therapeutisch kommen im Anfangsstadium bei geeigneten Patient:innen in kurativer Absicht eine Leberteilresektion, eine Radiofrequenzablation oder die Lebertransplantation infrage. Darüber hinaus können als (palliative) Maßnahmen lokale Tumorablationen oder eine systemische Chemotherapie durchgeführt werden.

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Weltweit fünfthäufigste maligne Tumorerkrankung
  • In Asien und Afrika höhere Inzidenz als in Europa
  • Häufigkeitsgipfel in Europa: 50.–60. Lebensjahr
  • Häufigkeitsgipfel in Afrika und Asien: 30.–40. Lebensjahr
  • Geschlecht: > (3:1)

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

In ca. 90% der Fälle liegt eine chronische Hepatopathie vor. Es gibt aber auch seltenere Ätiologien [1][2].

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Klassifikationtoggle arrow icon

Die TNM-Klassifikation des hepatozellulären Karzinoms und die Stadieneinteilung nach UICC dienen beim HCC als deskriptive Klassifikation für die pathologische Befunderstellung. Da die Prognose beim HCC allerdings maßgeblich von der Leberfunktion und dem Allgemeinzustand beeinflusst wird, wird für das HCC-Staging die Barcelona-Klassifikation (BCLC, „Barcelona Clinic Liver Cancer“) genutzt. Diese bezieht die Leberfunktion und den ECOG-Status mit ein und dient gleichzeitig zur Orientierung für die Therapieentscheidung.

TNM-Klassifikation und UICC-Stadium des hepatozellulären Karzinoms (2010)

TNM Befund UICC-Stadium Erläuterung
T1 Solitärer Primärtumor ohne Gefäßinvasion I T1N0M0
T2 Solitärer Primärtumor mit Gefäßinvasion oder multiple Primärtumoren (alle <5 cm) II T2N0M0
T3a Multiple Primärtumoren >5 cm ohne Gefäßinvasion IIIA T3aN0M0
T3b Solitärer Tumor oder multiple Tumoren >5 cm mit Gefäßinvasion IIIB T3bN0M0
T4 Tumor mit Penetration in extrahepatisches Gewebe bzw. Perforation des viszeralen Peritoneums IIIC T4N0M0
N0 Kein Befall lokoregionärer Lymphknoten
N1 Befall lokoregionärer Lymphknoten IVA Jedes N1 ist IVA
M0 Keine Fernmetastasen
M1 Fernmetastasierung jeglicher Art IVB Jedes M1 ist IVB

Barcelona-Klassifikation (BCLC)

Stadium Allgemeinzustand (ECOG) Primärtumor Child-Score bei Leberzirrhose
0 0 Singulärer Tumor <2 cm bzw. Carcinoma in situ Keine Leberzirrhose bzw. maximal Child A
A 0 Frühestmögliches Stadium (singulärer kleiner Tumor) Keine Symptomatik bei Leberzirrhose
A1 0 Solitärer Primärtumor <5 cm (Milan-Kriterien erfüllt)

Keine klinisch signifikante portale Hypertension (HVPG <10 mmHg), Bilirubin normal

A2 0 Solitärer Primärtumor <5 cm (Milan-Kriterien erfüllt) Portale Hypertension, Bilirubin normal
A3 0 Solitärer Primärtumor <5 cm (Milan-Kriterien erfüllt) Portale Hypertension, Bilirubin erhöht
A4 0 ≤3 Primärtumoren <3 cm (Milan-Kriterien erfüllt) Child A oder B
B 0 Multilokulärer Befall, Herde >3 cm Child A oder B
C 1–2 Zusätzlich Gefäßinvasion oder Metastasen Child A oder B
D 3–4 Alle höhergradigen Befunde Child C

Selektionskriterien zur Lebertransplantation bei HCC [1]

  • Allgemein
  • Milan-Kriterien [4]
    • Solitärer Knoten mit ≤5 cm Durchmesser oder
    • ≤3 Knoten mit jeweils ≤3 cm Durchmesser
    • Keine extrahepatischen Metastasen
    • Keine Infiltration von Blutgefäßen (Pfortader, Lebervenenhauptäste)
  • UCSF-Kriterien [5]
    • Solitärer Knoten mit ≤6,5 cm Durchmesser oder
    • ≤3 Knoten mit jeweils ≤4,5 cm Durchmesser, addierter Tumordurchmesser ≤8 cm
  • Up-to-7-Kriterien [6]
    • Solitärer Knoten mit ≤7 cm Durchmesser oder
    • Durchmesser des größten Tumors in cm + Anzahl der Knoten ≤7
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Symptomatiktoggle arrow icon

  • In frühen Stadien: Keine spezifischen Beschwerden
  • In fortgeschrittenen Stadien: Unspezifische Beschwerden wie Oberbauchbeschwerden (z.B. Druckgefühl im Oberbauch durch Leberkapseldehnung), Gewichtsverlust, Inappetenz, Ikterus
  • Evtl. Dekompensation bei zuvor bestehender Leberzirrhose als einziges fassbares Symptom (siehe: Dekompensierte Leberzirrhose )

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Diagnostiktoggle arrow icon

Basisdiagnostik

Eine Pfortaderthrombose ist bei Leberzirrhose immer verdächtig auf ein HCC. Deshalb sollte immer eine Kontrastmittelbildgebung zur genaueren Evaluation durchgeführt werden!

Bei suspekten, HCC-verdächtigen Läsionen in der B-Bild-Sonografie sollte zur genaueren Klassifikation eine Kontrastbildgebung durchgeführt werden! Besonders geeignet ist hier die Kontrastmittelsonografie oder eine Kontrastmittel-MRT.

Kontrastmittelgestützte Bildgebung

Liegen Risikofaktoren vor, reicht die Bildgebung zur Diagnose eines HCC aus. Ausschlaggebend ist das Kontrastmittelverhalten in Sonografie, MRT oder CT. [1]

Leberbiopsie

Die bioptische Sicherung ist zur Diagnose eines HCC nicht immer erforderlich und sollte auch nur durchgeführt werden, wenn eine therapeutische Konsequenz folgt. Bei Vorbefund einer Leberzirrhose und bestätigtem HCC in der Bildgebung sollte auf eine Biopsie verzichtet werden.

  • Ziel: Beurteilung der nicht-tumorösen Leber und des Tumors bzgl.
  • Indikationen
  • Durchführung: I.d.R. sonografisch gesteuert mit Entnahme von Gewebezylindern mittels Punktionskanüle
    • Bei HCC-verdächtigen Läsionen <1 cm ist ein bioptischer Zugang technisch nicht möglich
  • Komplikation: Blutung , Stichkanalmetastasen [8][9][10]

Staging

Diagnostischer Ablauf bei HCC

  • Vorbefund einer Leberzirrhose
    • Leberrundherd <1 cm: Kontrastmittelgestützte Bildgebung alle 3 Monate
    • Leberrundherd >1 cm + uncharakteristisches Kontrastmittelverhalten + kurative Behandlungsindikation: Zusätzliche kontrastmittelgestützte Bildgebung
    • Leberrundherd >1 cm + uncharakteristisches Kontrastmittelverhalten + keine kurative Behandlungsindikation: Biopsie für tumorgerichtete Therapie
  • Keine Leberzirrhose + HCC in Bildgebung gesichert: Biopsie vor Therapiebeginn obligat
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Pathologietoggle arrow icon

Histologische Charakteristika

  • Unscharf oder scharf begrenzter Tumor mit Kapselbildung
  • Unterschiedlich konfiguriertes Gewebe mit Trabekelbildung
  • Entartete Hepatozyten mit Malignitätszeichen
    • Unregelmäßige Kernmembran
    • Auffällige Zellkern/Zytoplasma-Relation
    • Chromatinveränderungen
    • Nekroseareale

Formen des hepatozellulären Karzinoms

  • Fibrolamelläre Form
    • Seltene Sonderform des HCC, tritt typischerweise bei jüngeren Personen ohne vorbestehende Leberzirrhose auf
  • Pseudoglanduläre Form
  • Pleomorphe Form
  • Solide Form
  • Szirrhöse Form
  • Trabekuläre Form
  • Diffuse Form
  • Klarzellige Form

Zum Vergleich: Normalbefunde

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Die Wahl des jeweiligen Therapieverfahrens richtet sich in erster Linie nach den BCLC-Stadien der Barcelona-Klassifikation. Aufgrund der Tumorbiologie und der individuellen Schwere der Lebererkrankung kann eine multimodale Therapie infrage kommen. Die Entscheidung zum individuellen Therapieverfahren muss immer interdisziplinär im Tumorboard besprochen werden, siehe: Stadiengerechte Therapie des HCC.

Lebertransplantation bei HCC [11][12]

  • Indikationen
    • Leberzirrhose und HCC Stadium 0–A nach BCLC innerhalb der Milan-Kriterien
    • Bei Leberzirrhose und HCC außerhalb der Milan-Kriterien nach erfolgreichem Downstaging
    • Lebertransplantationslistung: Bewertung nach MELD-Score [13]
      • Bei Erstdiagnose gilt der matchMeld-Score
        • Mindestpunktzahl: 22 Punkte
        • Höherstufung alle 3 Monate gemäß der Zunahme der Versterbewahrscheinlichkeit von 10%
        • Rezertifizierung der Milan-Kriterien alle 3 Monate
      • Nach Downstaging gilt der labMELD-Score
      • Rezidive nach >24 Monaten wie Erstdiagnosen
  • Vorbereitungen
  • Kontraindikationen
    • Extrahepatische Tumormanifestation
    • Makrovaskuläre Invasion der Lebergefäße
    • AFP-Anstieg auf >1.000 ng/mL unter Downstaging-/Bridging-Therapie
    • Alter >65 Jahre und prognoserelevante Komorbiditäten
    • Fortgesetzter Alkoholabusus
  • Risikofaktoren für eine Tumorrekurrenz nach Transplantation [14]
    • Vor Transplantation: Tumorprogress unter lokoregionärer Therapie im Rahmen des Bridgings vor Lebertransplantation [15]
    • Am Explantat nachweisbar
      • Mikrovaskuläre Infiltration (am Explantat nachgewiesen)
      • Hohe Tumoranzahl und schlechte Tumordifferenzierung (am Explantat nachgewiesen)
      • Tumorgröße außerhalb der Milan-Kriterien (am Explantat nachgewiesen)

Chirurgische Resektion

Lokalablation

Interventionelle Therapie

Systemtherapie bei HCC

Die geeignete Therapie sollte in einer interdisziplinären Tumorkonferenz ausgewählt werden! Behandelt werden sollte an einem Krankenhaus mit ausreichender Erfahrung bzw. an einem Leberzentrum!

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Stadiengerechte Therapie des hepatozellulären Karzinomstoggle arrow icon

Therapie des HCC im Stadium 0–A nach BCLC bei Leberzirrhose

Milan-Kriterien erfüllt

Milan-Kriterien nicht erfüllt

Stadium B nach BCLC bei Leberzirrhose

Stadium C nach BCLC

Stadium D nach BCLC [2]

HCC ohne Leberzirrhose

HCC bei HCV

Bei kurativem Behandlungsansatz soll auch eine DAAD-Therapie erfolgen. Siehe: DAA-Ersttherapie bei Begleiterkrankungen.

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Nachsorgetoggle arrow icon

  • Bildgebung bis 5 Jahre nach Resektion, bzw. im Rahmen der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchung bei Leberzirrhose [1][1]
    • 1. Jahr: Alle 3 Monate
    • 2. Jahr: Alle 6 Monate
    • 3.–5. Jahr: Jährlich
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Prognosetoggle arrow icon

Medianes Überleben nach Diagnose HCC [2]

  • Stadium 0 bzw. A nach BCLC: >5 Jahre
  • Stadium B nach BCLC: >2,5 Jahre
  • Stadium C nach BCLC: ≥10 Monate
  • Stadium D nach BCLC: 3 Monate

Die Prognose des HCC ist maßgeblich vom Zeitpunkt der Diagnosestellung abhängig! Eine fortgeschrittene Leberzirrhose ist prognostisch ungünstig!

Nach Lebertransplantation [20]

Nach Leberresektion

Postoperatives Überleben nach Resektion eines HCC
Nach 1 Jahr Nach 3 Jahren Nach 5 Jahren Nach 10 Jahren
Überlebensrate [21]
  • 90%
  • 76%
  • Bei Erstdiagnose: 70%
  • Bei Rezidiv: 67% [22][23]
  • 35%
Krankheitsfreies Überleben
  • 71% [22][24]
  • 50% [21]
  • 35% [22][24]
  • 22%[21]

Nach Radiofrequenzablation

Nach TACE und TARE

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Prävention und Früherkennungtoggle arrow icon

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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