Zusammenfassung
Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist ein maligner Tumor, der von den Leberzellen (Hepatozyten) ausgeht. Der Tumor kann in der Leber solitär oder multilokulär disseminiert auftreten. I.d.R. entwickelt sich ein HCC auf dem Boden einer Leberzirrhose oder auch einer fortgeschrittenen Leberfibrose. Weitere Risikofaktoren sind die chronisch verlaufende Hepatitis und die nicht-alkoholische Steatohepatitis. Dieses Risikokollektiv benötigt ein halbjährliches sonografisches HCC-Screening. Der Tumormarker AFP kann das Screening ergänzen und dient als Verlaufsparameter.
Klinisch manifest wird die Erkrankung meist erst in Spätstadien mit unspezifischen Beschwerden wie rechtsseitigem Oberbauchschmerz, Aszites oder durch eine hepatische Dekompensation. Die Therapieoptionen sind von der Tumorausbreitung und der Leberfunktion abhängig. Therapeutisch kommen im Anfangsstadium bei geeigneten Patient:innen in kurativer Absicht eine Leberteilresektion, eine Radiofrequenzablation oder die Lebertransplantation infrage. Darüber hinaus können als (palliative) Maßnahmen lokale Tumorablationen oder eine systemische Chemotherapie durchgeführt werden.
Epidemiologie
- Weltweit fünfthäufigste maligne Tumorerkrankung
- In Asien und Afrika höhere Inzidenz als in Europa
- Häufigkeitsgipfel in Europa: 50.–60. Lebensjahr
- Häufigkeitsgipfel in Afrika und Asien: 30.–40. Lebensjahr
- Geschlecht: ♂ > ♀ (3:1)
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
In ca. 90% der Fälle liegt eine chronische Hepatopathie vor. Es gibt aber auch seltenere Ätiologien [1][2].
- Hauptrisikofaktor: Leberzirrhose (siehe auch: Ätiologie der Leberzirrhose )
- Verursacht 80% der hepatozellulären Karzinome
- Jede Form der Leberzirrhose (unabhängig von ihrer Ätiologie) geht mit einem erhöhten HCC-Risiko einher
- Jährlich erkranken ca. 4% der Personen mit fortgeschrittener Leberzirrhose an einem HCC
- Weitere Risikofaktoren
- Chronische Hepatitis-B-Infektion
- Nicht-alkoholische Fettleberkrankheit (NAFLD) bzw. Nicht-alkoholische Fettleberhepatitis (NASH)
- Fortgeschrittene Leberfibrose (bspw. infolge einer Hepatitis-C-Infektion)
- Metabolisches Syndrom [1][3]
- Seltenere Ätiologien
- Langfristige Exposition gegenüber Tetrachlormethan
- Langjähriger Androgen-Abusus
- Aflatoxine
Klassifikation
Die TNM-Klassifikation des hepatozellulären Karzinoms und die Stadieneinteilung nach UICC dienen beim HCC als deskriptive Klassifikation für die pathologische Befunderstellung. Da die Prognose beim HCC allerdings maßgeblich von der Leberfunktion und dem Allgemeinzustand beeinflusst wird, wird für das HCC-Staging die Barcelona-Klassifikation (BCLC, „Barcelona Clinic Liver Cancer“) genutzt. Diese bezieht die Leberfunktion und den ECOG-Status mit ein und dient gleichzeitig zur Orientierung für die Therapieentscheidung.
TNM-Klassifikation und UICC-Stadium des hepatozellulären Karzinoms (2010)
TNM | Befund | UICC-Stadium | Erläuterung |
---|---|---|---|
T1 | Solitärer Primärtumor ohne Gefäßinvasion | I | T1N0M0 |
T2 | Solitärer Primärtumor mit Gefäßinvasion oder multiple Primärtumoren (alle <5 cm) | II | T2N0M0 |
T3a | Multiple Primärtumoren >5 cm ohne Gefäßinvasion | IIIA | T3aN0M0 |
T3b | Solitärer Tumor oder multiple Tumoren >5 cm mit Gefäßinvasion | IIIB | T3bN0M0 |
T4 | Tumor mit Penetration in extrahepatisches Gewebe bzw. Perforation des viszeralen Peritoneums | IIIC | T4N0M0 |
N0 | Kein Befall lokoregionärer Lymphknoten | – | – |
N1 | Befall lokoregionärer Lymphknoten | IVA | Jedes N1 ist IVA |
M0 | Keine Fernmetastasen | – | – |
M1 | Fernmetastasierung jeglicher Art | IVB | Jedes M1 ist IVB |
Barcelona-Klassifikation (BCLC)
Stadium | Allgemeinzustand (ECOG) | Primärtumor | Child-Score bei Leberzirrhose |
---|---|---|---|
0 | 0 | Singulärer Tumor <2 cm bzw. Carcinoma in situ | Keine Leberzirrhose bzw. maximal Child A |
A | 0 | Frühestmögliches Stadium (singulärer kleiner Tumor) | Keine Symptomatik bei Leberzirrhose |
A1 | 0 | Solitärer Primärtumor <5 cm (Milan-Kriterien erfüllt) | Keine klinisch signifikante portale Hypertension (HVPG <10 mmHg), Bilirubin normal |
A2 | 0 | Solitärer Primärtumor <5 cm (Milan-Kriterien erfüllt) | Portale Hypertension, Bilirubin normal |
A3 | 0 | Solitärer Primärtumor <5 cm (Milan-Kriterien erfüllt) | Portale Hypertension, Bilirubin erhöht |
A4 | 0 | ≤3 Primärtumoren <3 cm (Milan-Kriterien erfüllt) | Child A oder B |
B | 0 | Multilokulärer Befall, Herde >3 cm | Child A oder B |
C | 1–2 | Zusätzlich Gefäßinvasion oder Metastasen | Child A oder B |
D | 3–4 | Alle höhergradigen Befunde | Child C |
Selektionskriterien zur Lebertransplantation bei HCC [1]
- Allgemein
- Keine extrahepatischen Metastasen (cN0 cM0)
- Keine Infiltration großer Blutgefäße (Pfortader, Lebervenenhauptäste, cV0)
- Bei erfüllten Kriterien: 5-Jahres-Überlebensrate >70%
- Milan-Kriterien [4]
- Solitärer Knoten mit ≤5 cm Durchmesser oder
- ≤3 Knoten mit jeweils ≤3 cm Durchmesser
- Keine extrahepatischen Metastasen
- Keine Infiltration von Blutgefäßen (Pfortader, Lebervenenhauptäste)
- UCSF-Kriterien [5]
- Solitärer Knoten mit ≤6,5 cm Durchmesser oder
- ≤3 Knoten mit jeweils ≤4,5 cm Durchmesser, addierter Tumordurchmesser ≤8 cm
- Up-to-7-Kriterien [6]
- Solitärer Knoten mit ≤7 cm Durchmesser oder
- Durchmesser des größten Tumors in cm + Anzahl der Knoten ≤7
Symptomatik
- In frühen Stadien: Keine spezifischen Beschwerden
- In fortgeschrittenen Stadien: Unspezifische Beschwerden wie Oberbauchbeschwerden (z.B. Druckgefühl im Oberbauch durch Leberkapseldehnung), Gewichtsverlust, Inappetenz, Ikterus
- Evtl. Dekompensation bei zuvor bestehender Leberzirrhose als einziges fassbares Symptom (siehe: Dekompensierte Leberzirrhose )
Diagnostik
Basisdiagnostik
- Anamnese und körperliche Untersuchung
- Sonografie der Leber
-
Echogenität: Variables Erscheinungsbild
- Teils homogene, teils inhomogene Echogenität
- Hyper-, hypo- oder auch isoechogen im Vergleich zum gesunden Lebergewebe
- Lokalisation: Uni- oder multifokal
- Ggf. Malignitätszeichen: Echoarmer Randsaum der Läsion (Halo)
- Ggf. intratumorale arterielle Gefäße
- Ggf. Gefäßinvasion durch das HCC (z.B. Pfortaderthrombose): Tumorthromben zeigen im Vergleich zu Gerinnungsthromben eine starke Perfusion
- Ggf. bogenartiger Verlauf portaler Venen oder Lebervenen
- Siehe auch: Sonografische Untersuchung der Leber
-
Echogenität: Variables Erscheinungsbild
- Laboruntersuchungen
- Alle Leberfunktionsparameter wie bei Hepatitis und Leberzirrhose erforderlich (bspw. Blutbild, Transaminasen, Bilirubin, alkalische Phosphatase, γGT, Gerinnung, Albumin)
- Bestimmung des α1-Fetoproteins (AFP) im Blut
- Verlaufsparameter
- Tumormarker im Rahmen des HCC-Screenings
Eine Pfortaderthrombose ist bei Leberzirrhose immer verdächtig auf ein HCC. Deshalb sollte immer eine Kontrastmittelbildgebung zur genaueren Evaluation durchgeführt werden!
Bei suspekten, HCC-verdächtigen Läsionen in der B-Bild-Sonografie sollte zur genaueren Klassifikation eine Kontrastbildgebung durchgeführt werden! Besonders geeignet ist hier die Kontrastmittelsonografie oder eine Kontrastmittel-MRT.
Kontrastmittelgestützte Bildgebung
Liegen Risikofaktoren vor, reicht die Bildgebung zur Diagnose eines HCC aus. Ausschlaggebend ist das Kontrastmittelverhalten in Sonografie, MRT oder CT. [1]
- Allgemeine Charakteristika aller Kontrastmittelverfahren
- Irreguläre, chaotisch anmutende Vaskularisation des Tumors
- Früharterielle Anreicherung des Kontrastmittels im Tumor (Hyper- Enhancement)
- Rasche portalvenöse Auswaschung des Kontrastmittels, Hypo- bis Iso- Enhancement
- Kontrastmittel-MRT : Bei eindeutigem Befund → Keine weitere Bildgebung zur Diagnosesicherung erforderlich
- Kontrastmittelsonografie (CEUS): Bei eindeutigem Befund → Kontrastmittel-MRT zur Diagnosesicherung erforderlich
- Ggf. triphasisches CT: Bei uneindeutigem Befund in Kontrastmittel-Sonografie oder -CT [7]
Leberbiopsie
Die bioptische Sicherung ist zur Diagnose eines HCC nicht immer erforderlich und sollte auch nur durchgeführt werden, wenn eine therapeutische Konsequenz folgt. Bei Vorbefund einer Leberzirrhose und bestätigtem HCC in der Bildgebung sollte auf eine Biopsie verzichtet werden.
- Ziel: Beurteilung der nicht-tumorösen Leber und des Tumors bzgl.
- Ausdehnung (TNM-Staging)
- Typ (Typing)
- Differenzierungsgrad (Grading)
- Ggf. Immunhistologie und/oder Molekularpathologie
- Indikationen
- Vor palliativer Therapie
- Unklares Kontrastmittelverhalten in zwei bildgebenden Verfahren und kurative Intention
- Im Rahmen von Studien
- Durchführung: I.d.R. sonografisch gesteuert mit Entnahme von Gewebezylindern mittels Punktionskanüle
- Bei HCC-verdächtigen Läsionen <1 cm ist ein bioptischer Zugang technisch nicht möglich
- Komplikation: Blutung , Stichkanalmetastasen [8][9][10]
Staging
- Tumorausbreitung und Lokalisation von Leberherden
- CT-Thorax nativ
- Ggf. CT-Abdomen und -Thorax mit Kontrastmittel: Wenn in vorausgegangener MRT nicht das komplette Abdomen miterfasst wurde
- Skelettszintigrafie: Vor Listung zur Lebertransplantation
- Prognose: Bestimmung von Tumorlast, Leberfunktion und Leistungszustand
Diagnostischer Ablauf bei HCC
- Vorbefund einer Leberzirrhose
- Leberrundherd <1 cm: Kontrastmittelgestützte Bildgebung alle 3 Monate
- Leberrundherd >1 cm + uncharakteristisches Kontrastmittelverhalten + kurative Behandlungsindikation: Zusätzliche kontrastmittelgestützte Bildgebung
- Leberrundherd >1 cm + uncharakteristisches Kontrastmittelverhalten + keine kurative Behandlungsindikation: Biopsie für tumorgerichtete Therapie
- Keine Leberzirrhose + HCC in Bildgebung gesichert: Biopsie vor Therapiebeginn obligat
Pathologie
Histologische Charakteristika
- Unscharf oder scharf begrenzter Tumor mit Kapselbildung
- Unterschiedlich konfiguriertes Gewebe mit Trabekelbildung
-
Entartete Hepatozyten mit Malignitätszeichen
- Unregelmäßige Kernmembran
- Auffällige Zellkern/Zytoplasma-Relation
- Chromatinveränderungen
- Nekroseareale
Formen des hepatozellulären Karzinoms
- Fibrolamelläre Form
- Seltene Sonderform des HCC, tritt typischerweise bei jüngeren Personen ohne vorbestehende Leberzirrhose auf
- Pseudoglanduläre Form
- Pleomorphe Form
- Solide Form
- Szirrhöse Form
- Trabekuläre Form
- Diffuse Form
- Klarzellige Form
Zum Vergleich: Normalbefunde
Differenzialdiagnosen
- Lebermetastasen : Häufiges Metastasierungsmuster bei einer Vielzahl von Malignomen
- Nomenklatur
- Synchrone Lebermetastasen: Diagnose und Auftreten der Lebermetastasen zeitgleich mit Erstdiagnose eines Malignoms
- Metachrone Lebermetastasen: Diagnose und Auftreten der Lebermetastasen zu unterschiedlichen Zeitpunkten, bspw. als Rezidivmanifestation eines Malignoms
- Epidemiologie
- Häufigste maligne Raumforderung der Leber
- Primärtumoren liegen dabei v.a. im Gastrointestinaltrakt (Kolon, Magen, Pankreas), in der Lunge oder Mamma
- Diagnostik: Abdomen-Sonografie
- Initial (z.B. bei Oberbauchbeschwerden): Abdomen-Sonografie
- Echoarme oder echoreiche, relativ scharf begrenzte Läsionen
- Anhand der Echogenität können Rückschlüsse auf den Primärtumor getroffen werden
- Echoarm (65% der Fälle): Mammakarzinom, Bronchialkarzinom, Lymphome, Pankreaskarzinom
- Echoreich: Gastrointestinale Tumoren, neuroendokrine Tumoren, Nierenzellkarzinom
- Häufig perifokaler echoarmer Randsaum aufgrund des verdrängenden Charakters der Metastasen, wodurch eine sog. „Bull's eye“-Darstellung entsteht (echoreiche, solide Metastase mit echoarmem Randsaum )
- Bei Staging: Kontrastmittel-CT oder MRT
- Initial (z.B. bei Oberbauchbeschwerden): Abdomen-Sonografie
- Nomenklatur
- Intrahepatisches Cholangiokarzinom (iCCA)
- Lymphom in der Leber
- Regeneratknoten bei Leberzirrhose
-
Benigne Lebertumoren
- Leberzyste
- Leberhämangiome
- Fokale noduläre Hyperplasie (FNH)
- Leberadenome mit/ohne Dysplasien
- Arteriovenöse Malformationen
- Leberlipom
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Die Wahl des jeweiligen Therapieverfahrens richtet sich in erster Linie nach den BCLC-Stadien der Barcelona-Klassifikation. Aufgrund der Tumorbiologie und der individuellen Schwere der Lebererkrankung kann eine multimodale Therapie infrage kommen. Die Entscheidung zum individuellen Therapieverfahren muss immer interdisziplinär im Tumorboard besprochen werden, siehe: Stadiengerechte Therapie des HCC.
Lebertransplantation bei HCC [11][12]
- Indikationen
- Leberzirrhose und HCC Stadium 0–A nach BCLC innerhalb der Milan-Kriterien
- Bei Leberzirrhose und HCC außerhalb der Milan-Kriterien nach erfolgreichem Downstaging
- Lebertransplantationslistung: Bewertung nach MELD-Score [13]
- Bei Erstdiagnose gilt der matchMeld-Score
- Mindestpunktzahl: 22 Punkte
- Höherstufung alle 3 Monate gemäß der Zunahme der Versterbewahrscheinlichkeit von 10%
- Rezertifizierung der Milan-Kriterien alle 3 Monate
- Nach Downstaging gilt der labMELD-Score
- Rezidive nach >24 Monaten wie Erstdiagnosen
- Bei Erstdiagnose gilt der matchMeld-Score
- Vorbereitungen
- Bridging: Lokoregionäre Therapie oder Resektion bei erfüllten Milan-Kriterien während der Wartezeit auf ein Spenderorgan
- Ziel: Tumorprogress verhindern
- Downstaging: Vorbehandlung bei nicht erfüllten Milan-Kriterien
- Voraussetzung: UCSF-Kriterien erfüllt
- Ziel: Tumorverkleinerung bis zum Erreichen der Milan-Kriterien
- Verfahren: Lokalablation, Resektion, TACE, TARE
- Bridging: Lokoregionäre Therapie oder Resektion bei erfüllten Milan-Kriterien während der Wartezeit auf ein Spenderorgan
- Kontraindikationen
- Extrahepatische Tumormanifestation
- Makrovaskuläre Invasion der Lebergefäße
- AFP-Anstieg auf >1.000 ng/mL unter Downstaging-/Bridging-Therapie
- Alter >65 Jahre und prognoserelevante Komorbiditäten
- Fortgesetzter Alkoholabusus
- Risikofaktoren für eine Tumorrekurrenz nach Transplantation [14]
- Vor Transplantation: Tumorprogress unter lokoregionärer Therapie im Rahmen des Bridgings vor Lebertransplantation [15]
- Am Explantat nachweisbar
- Mikrovaskuläre Infiltration (am Explantat nachgewiesen)
- Hohe Tumoranzahl und schlechte Tumordifferenzierung (am Explantat nachgewiesen)
- Tumorgröße außerhalb der Milan-Kriterien (am Explantat nachgewiesen)
Chirurgische Resektion
- Indikationen
- HCC ohne Leberzirrhose bei möglicher R0-Resektion
- Singulärer funktionell operabler HCC-Herd in Leberzirrhose, insb. Herde >3 cm [16]
- Multiple, funktionell operable HCC-Herde in Leberzirrhose, Milan-Kriterien erfüllt
- Ggf. multiple Herde außerhalb der Milan-Kriterien nach Risikostratifizierung [16]
- Kriterien zur Beurteilung der funktionellen Operabilität, insb. Leberzirrhose
- Child-Pugh-Score
- Thrombozyten >100.000/μL
- Kein Aszites
- Keine Ösophagusvarizen
- Keine Splenomegalie
- Keine portale Hypertension >10 mmHg (HVPG)
- Durchführung
- Wenn möglich minimalinvasiv
- Keine standardmäßige Lymphadenektomie [17]
- Postoperative Mortalität: <3% [2]
Lokalablation
- Ziel: Gezielte Nekrose des Tumorgewebes
- Indikation: Stadium 0–A nach BCLC
- Verfahren
- Radiofrequenzablation (RFA)
- Mikrowellenablation (MWA)
- Hochpräzisionsradiotherapie
- Indikationen: Wenn andere lokale Therapie nicht oder nur eingeschränkt anwendbar sind
- Inoperablen Karzinome
- Bridging vor Lebertransplantation
- Vorteile: Hochpräzise Applikation sehr hoher Strahlendosen unter Schonung gefährdeter Nachbarorgane
- Verfahren: Stereotactic Body Radiotherapy (SBRT), bildgeführte adaptive Strahlentherapie, Protonentherapie und interstitielle Brachytherapie
- Indikationen: Wenn andere lokale Therapie nicht oder nur eingeschränkt anwendbar sind
Interventionelle Therapie
- Transarterielle Chemoembolisation (TACE): Lokale Applikation von Chemotherapeutikum und okkludierender Substanz
- Indikationen
- Stadium B nach BCLC
- Ggf. Stadium 0–A nach BCLC, siehe: Therapie des HCC im Stadium 0–A nach BCLC
- Kontraindikationen
- Stadium B nach Child-Pugh-Klassifikation und hohe Tumorlast
- Stadium C nach Child-Pugh-Klassifikation
- ECOG ≥2
- Gesicherte prognoserelevante extrahepatische Metastasierung
- Vollständige Pfortaderthrombose oder Umkehr der Pfortaderperfusion
- Hypervaskularisation
- Kapselnahe Leberherde
- Relative Kontraindikationen: Tumorinvasion der Pfortader, der Hauptstämme oder der großen Lebervenen
- Vorgehen
- Punktion der Leistenarterie, Einbringung eines dünnen Katheters, Vorschub in die Leberarterie
- Angiografische Sondierung der blutversorgenden Tumorgefäße
- Lokale Injektion eines Gemisches aus Chemotherapeutikum (Anthrazykline, Platinderivate oder Mitomycin C), Embolisat und Lipiodol
- Komplikation: Regionale Lebernekrose [1]
- Kontrolle: Nach 4–12 Wochen mittels kontrastmittelgestützter CT oder MRT
- Wiederholung: Bei unvollständiger Embolisation oder neuem, vitalem Tumor
- Indikationen
- Transarterielle Radioembolisation (TARE)
- Indikation
- Kann als Alternative zur TACE erwogen werden
- Solitärer nicht-resektabler Primärtumor ≤8 cm [18]
- Vorgehen
- Punktion der Leistenarterie, Einbringung eines dünnen Katheters, Vorschub in die Leberarterie
- Angiografische lokale Applikation kleinster Kügelchen, die mit dem Betastrahler Yttrium-90 versehen sind [19]
- Verträglichkeit: Gute, z.T. bessere Verträglichkeit gegenüber TACE [2]
- Indikation
Systemtherapie bei HCC
- Indikation
- Stadium C, in Ausnahmefällen auch Stadium B, nach BCLC
- Lokaltherapie nicht oder eingeschränkt möglich
- Kontraindikation: Leberzirrhose im Stadium C nach Child-Pugh-Score [1]
- Erstlinientherapie
- Stadium C
- Antikörper-Kombinationstherapie: Atezolizumab + Bevacizumab oder Durvalumab + Tremelimumab
- Tyrosinkinaseinhibitoren: Lenvatinib oder Sorafenib
- Stadium B (≤8 Punkte nach Child-Pugh-Score und ECOG-Status 0–1)
- Tyrosinkinaseinhibitor Sorafenib
- Antikörper: Bspw. Nivolumab oder Pembrolizumab
- Stadium C
- Zweitlinientherapie
- Indikation: Fernmetastasen, Progress oder Unverträglichkeiten unter Erstlinientherapie
- Präparate
- Tyrosinkinaseinhibitoren: Lenvatinib oder Sorafenib
- In Einzelfällen kann eine Immuntherapie erwogen werden
- Bei Progress unter Sorafenib
- Voraussetzung: ECOG-Score 0–1
- Tyrosinkinaseinhibitoren: Regorafenib und Cabozantinib
- Ramucirumab (humaner monoklonaler IgG1-Antikörper, VEGFR2-Antagonist)
- Indikation: Zweitlinientherapie nach Sorafenib und AFP-Spiegel ≥400 ng/mL
- Nebenwirkungen: U.a. Fatigue, Ödeme, Proteinurie
Die geeignete Therapie sollte in einer interdisziplinären Tumorkonferenz ausgewählt werden! Behandelt werden sollte an einem Krankenhaus mit ausreichender Erfahrung bzw. an einem Leberzentrum!
Stadiengerechte Therapie des hepatozellulären Karzinoms
Therapie des HCC im Stadium 0–A nach BCLC bei Leberzirrhose
Milan-Kriterien erfüllt
- Solitärer Herd ≤5 cm
- Lokaltherapie: Resektion, Lokalablation oder TACE + Lokalablation
- Ggf. Lebertransplantation: Wenn Lokaltherapie nicht möglich
- Ggf. Systemtherapie bei HCC: Wenn Lokaltherapie und Lebertransplantation nicht möglich
- 2–3 Herde ≤3 cm
- Lebertransplantation mit Bridging
- Ggf. Lokaltherapie: Wenn Lebertransplantation nicht möglich
- Ggf. Systemtherapie bei HCC: Wenn Lebertransplantation und Lokaltherapie nicht möglich
Milan-Kriterien nicht erfüllt
- Solitärer Herd >5 cm
- Lokaltherapie: Resektion, Lokalablation oder Kombination aus TACE und Lokalablation, ggf. TARE
- Ggf. Downstaging: Wenn UCSF-Kriterien erfüllt und Lokaltherapie nicht möglich
- Ggf. Lebertransplantation: Wenn Downstaging erfolgreich [1]
- Ggf. Systemtherapie bei HCC: Wenn UCSF-Kriterien nicht erfüllt und Lokaltherapie nicht möglich oder wenn Downstaging nicht erfolgreich
- 2–3 Herde ≤5 cm
- Downstaging: Wenn UCSF-Kriterien erfüllt
- Lokaltherapie: Resektion, Lokalablation oder Kombination aus TACE und Lokalablation, ggf. TARE wenn
- UCSF-Kriterien nicht erfüllt oder
- Progress unter Downstaging
- Ggf. Lebertransplantation: Wenn Downstaging erfolgreich
- Ggf. Systemtherapie bei HCC: Wenn UCSF-Kriterien nicht erfüllt und Lokaltherapie nicht möglich
Stadium B nach BCLC bei Leberzirrhose
- Lokaltherapie: TACE, ggf. TARE
- Ggf. Systemtherapie bei HCC: Wenn Lokaltherapie nicht möglich
Stadium C nach BCLC
Stadium D nach BCLC [2]
- Best supportive Care
- Schmerztherapie, ggf. Therapieversuch mit Glucocorticoiden bei Leberkapselspannungsschmerz (z.B. Dexamethason )
- Ggf. symptomatische Behandlung eines Pruritus
- Ggf. Behandlung einer hepatischen Enzephalopathie und anderer Dekompensationszustände einer Leberzirrhose
- Psychoonkologische bzw. seelsorgerische Betreuungsangebote
- Versorgung durch palliativen Pflegedienst bzw. Verlegung in ein Hospiz
- Siehe auch: palliative Therapie
HCC ohne Leberzirrhose
- Resektion: Wenn R0-Resektion möglich
HCC bei HCV
Bei kurativem Behandlungsansatz soll auch eine DAAD-Therapie erfolgen. Siehe: DAA-Ersttherapie bei Begleiterkrankungen.
Nachsorge
- Bildgebung bis 5 Jahre nach Resektion, bzw. im Rahmen der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchung bei Leberzirrhose [1][1]
- 1. Jahr: Alle 3 Monate
- 2. Jahr: Alle 6 Monate
- 3.–5. Jahr: Jährlich
Prognose
Medianes Überleben nach Diagnose HCC [2]
- Stadium 0 bzw. A nach BCLC: >5 Jahre
- Stadium B nach BCLC: >2,5 Jahre
- Stadium C nach BCLC: ≥10 Monate
- Stadium D nach BCLC: 3 Monate
Die Prognose des HCC ist maßgeblich vom Zeitpunkt der Diagnosestellung abhängig! Eine fortgeschrittene Leberzirrhose ist prognostisch ungünstig!
Nach Lebertransplantation [20]
- 5-Jahres-Überlebensrate: Ca. 70%
- Tumorrekurrenz: Ca. 10%
Nach Leberresektion
Postoperatives Überleben nach Resektion eines HCC | ||||
---|---|---|---|---|
Nach 1 Jahr | Nach 3 Jahren | Nach 5 Jahren | Nach 10 Jahren | |
Überlebensrate [21] |
|
|
|
|
Krankheitsfreies Überleben |
|
|
|
|
Nach Radiofrequenzablation
- Tumorrekurrenz: Bis zu 70% binnen 5 Jahren
- 5-Jahres-Überlebensrate: Ähnlich wie bei Resektion [25]
Nach TACE und TARE
- Medianes Überleben liegt bei 19,4 Monaten [2]
- Bestimmung der Prognose bei HCC und TACE: HAP-Score [26]
Prävention und Früherkennung
- Prävention
- HepB-Impfung (sofern keine chronische Hepatitis B besteht)
- Kausale Behandlung chronischer Lebererkrankungen
- Bei nicht-insulinabhängigem Diabetes mellitus Typ 2: Metformintherapie anstreben, wenn aus diabetologischer Sicht sinnvoll
- Bei NAFLD: Gewichtsreduktion und optimale Blutzuckereinstellung anstreben
- Ggf. Therapie einer chronischen Hepatitis B und chronischen HBV-Infektion und Therapie einer Hepatitis C
- Absolute Alkoholkarenz
- Kaffeekonsum
- Früherkennung: HCC-Screening
- Indikationen
- Chronische HBV-Infektion mit PAGE-B-Score ≥10
- Leberzirrhose in Stadium A und B nach Child-Pugh und bei Lebertransplantationslistung
- Fortgeschrittene Leberfibrose, insb. bei
- Chronischer HCV-Infektion
- NAFLD
- Akute intermittierende Porphyrie
- Glykogenspeicherkrankheit
- Morbus Gaucher
- Tyrosinämie Typ I
- Untersuchungen
- Lebersonografie alle 6 Monate
- Ggf. zusätzliche AFP-Bestimmung
- Bestimmung des Fibrosestadiums
- Indikationen
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- C22.-: Bösartige Neubildung der Leber und der intrahepatischen Gallengänge
- Exklusive: Gallenwege o.n.A. (C24.9) und sekundäre bösartige Neubildung der Leber (C78.7)
- C22.0: Hepatozelluläres Karzinom (Leberzellkarzinom, Carcinoma hepatocellulare)
- C22.1: Intrahepatisches Gallengangskarzinom (Cholangiokarzinom)
- C22.2: Hepatoblastom
- C22.3: Angiosarkom der Leber (Kupffer-Zell-Sarkom)
- C22.4: Sonstige Sarkome der Leber
- C22.7: Sonstige näher bezeichnete Karzinome der Leber
- C22.9: Leber, nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.