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Milzruptur

Letzte Aktualisierung: 10.2.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Eine Milzruptur wird meist durch ein stumpfes Abdominaltrauma verursacht. Selten kann es auch zu Spontanrupturen im Rahmen infektiöser, entzündlicher oder hämatologischer Erkrankungen kommen. Man unterscheidet die akute, einzeitige Ruptur von der zweizeitigen Ruptur, die nach einem symptomfreien Intervall von mehreren Tagen bis Wochen eintreten kann. Da eine Milzruptur zu massiven intraabdominellen Blutungen führen kann, gilt sie bis zur eindeutigen Abklärung des Verletzungsausmaßes stets als Notfall. Je nach Ausmaß der Schädigung, Begleitverletzungen und patientenabhängigen Faktoren kann unter engmaschiger Kontrolle eine stationäre konservative Therapie erfolgen, bspw. bei hämodynamischer Stabilität und fehlender aktiver Blutung. Oft ist jedoch ein operatives Vorgehen notwendig. In diesem Fall wird bevorzugt eine milzerhaltende Operation durchgeführt, bei ausgedehnten Verletzungen und Beteiligung des Milzhilus ist dagegen eine Splenektomie indiziert.

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Traumatische Milzruptur: Häufigste abdominelle Beteiligung bei Patienten mit Polytrauma [1]
    • Davon ca. 5–6% zweizeitige Milzrupturen (bei Kindern geringer)
  • Spontane Milzruptur: Vergleichsweise deutlich seltener [2]

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Jedes Trauma des Abdomens kann eine Milzruptur verursachen!

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Klassifikationtoggle arrow icon

Klassifikation der Milzverletzungen nach der American Association for the Surgery of Trauma (AAST) [1]

AAST-Grad Verletzung
Lazeration Hämatom
I
  • Kapselriss <1 cm tief
  • Keine aktive Blutung
  • Subkapsulär, <10% der Oberfläche betreffend
  • Nicht progredient
II
  • 1–3 cm tief
  • Aktive Blutung
  • Keine Verletzung von Trabekelgefäßen
  • Subkapsulär, 10–50% der Oberfläche betreffend
  • Intraparenchymal <5 cm Durchmesser
  • Nicht progredient
III
  • >3 cm tief oder Verletzung von Trabekelgefäßen
  • Aktive Blutung
  • Subkapsulär, >50% der Oberfläche betreffend
  • Intraparenchymal ≥5 cm Durchmesser
  • Progredient
IV
  • Verletzung von Segment- oder Hilusgefäßen, ausgedehnte Durchblutungsstörungen
  • Intraparenchymal, rupturiert mit aktiver Blutung
V
  • Vollständige Zerstörung der Milz
  • Abriss der Hilusgefäße, aufgehobene Durchblutung

Klassifikation der Milzverletzungen nach der World Society of Emergency Surgery (WSES) (Stand 2019) [3]

WSES-Grad AAST-Grad Kreislaufverhältnisse
Leicht
  • I
  • I–II
  • Stabil
Mittel
  • II
  • III
  • Stabil
  • III
  • IV–V
  • Stabil
Schwer
  • IV
  • I–V
  • Instabil

Klassifikation von Milzverletzungen nach Buntain und Gould [4]

Grad Verletzung

Untergruppe

A

Untergruppe

B

Untergruppe

C

I
  • Kapselriss, lokalisiert
  • Subkapsuläres Hämatom
  • Keine Parenchymverletzung
  • Keine andere Verletzung des Abdomens
  • Mit Verletzungen intraabdominell
    • B1: Verletzung eines soliden Organs
    • B2: Verletzung eines Hohlorgans
  • Mit Verletzungen extraabdominell
II
  • Kapselriss, einfach oder multipel
  • Parenchymverletzung
  • Keine Verletzung von Milzhilus oder Hauptgefäßen
III
  • Tiefe Kapsel- und Parenchymverletzung
  • Mit Verletzung von Hilus oder Hauptgefäßen
IV
  • Vollständige Zerstörung der Milz
  • Vollständige Abtrennung der Blutzufuhr
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Pathophysiologietoggle arrow icon

Anatomische Grundlagen [4]

Funktion der Milz

Pathomechanismus [1]

  • Traumatische Milzruptur
    • Einzeitig: Verletzung der Milzkapsel und ggf. des Milzparenchyms → Akute intraabdominelle Blutung
    • Zweizeitig: Verletzung des Milzparenchyms bei zunächst noch intakter Milzkapsel → Zentrales oder subkapsuläres HämatomSymptomfreies Intervall → Anschließend Ruptur der Kapsel mit intraabdomineller Blutung
    • Bei Kindern: Geringerer Schutz durch die noch weichen Rippen und die schwächeren Bauchmuskeln
  • Spontane (atraumatische) Milzruptur: Bei Erkrankungen mit Splenomegalie

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Symptomatiktoggle arrow icon

  • Einzeitige Milzruptur: Klinische Symptomatik variabel (v.a. abhängig vom Blutverlust)
    • Kreislauf: Stabil oder nicht stabil, bis zum hämorrhagischen Schock
    • Diffuse leichte bis starke Schmerzen insb. im linken Oberbauch
    • Ggf. Abwehrspannung (bis zum Oberbauchperitonismus)
    • Ggf. Schmerzausstrahlung in die linke Schulter (Kehr-Zeichen) oder Druckschmerz an der linken Halsseite (Saegesser-Zeichen)
    • Schmerzbedingte Schonatmung
    • Ggf. Symptome begleitender Verletzungen
  • Zweizeitige Milzruptur
    • Direkt nach Trauma beschwerdefreies Intervall über Stunden bis Wochen
    • Plötzlich einsetzende Schocksymptomatik, linksseitige Oberbauchschmerzen sowie weitere Symptome der einzeitigen Milzruptur

Bei zweizeitiger Ruptur ist eine verzögerte bzw. abgeschwächte Symptomatik typisch!

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Diagnostiktoggle arrow icon

Anamnese und körperliche Untersuchung

Diagnostik

Der klinische V.a. eine Milzruptur ist ein Notfall! Im Vordergrund steht die Diagnosesicherung durch FAST, weiterführende Diagnostik sollte kritisch gegenüber dem Zeitverlust abgewogen werden!

Insb. bei konservativer Behandlung müssen engmaschige sonografische Verlaufsuntersuchungen durchgeführt werden!

Bei penetrierendem Trauma darf der Gegenstand nicht präoperativ entfernt werden, da sonst unkontrollierbare Blutungen drohen!

Bei instabilen Patienten mit Nachweis einer Milzruptur und/oder freier Flüssigkeit im Abdomen ist eine sofortige Notfalloperation indiziert!

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Therapietoggle arrow icon

Therapeutisches Vorgehen [6][7]

AAST-Grad Verletzungsmuster

Therapie

Hämodynamisch stabil

Hämodynamisch instabil / nicht stabilisierbar

I
  • Konservativ
  • Operative Therapie, möglichst milzerhaltend
II
  • Konservativ, unter intensivmedizinischer Überwachung
  • Ggf. Angioembolisation
III
  • Tiefer Parenchymriss
IV
  • Organfragmentierung
V
  • Abriss am Hilus/Milzberstung

Wenn der Kreislauf instabil ist oder unter Volumentherapie nicht stabilisiert werden kann, muss operiert werden!

Nicht-operative Therapie [6][7]

  • Voraussetzungen
    • Hämodynamisch stabile Patienten, isolierte stumpfe Milzverletzung
    • Adäquate Versorgung und Überwachung möglich
  • Vorteile
    • Keine Laparotomie: Vermeidung damit verbundener Risiken, Vermeidung rein diagnostischer Eingriffe
    • Niedrigere Mortalität
    • Immunologische Funktion der Milz bleibt erhalten
      • Vermeidung von OPSI
      • Niedrigere systemische Infektionsraten

Konservativ [1]

Interventionell: Angiografie und Embolisation von Milzgefäßen

  • Indikation
  • Durchführung
    • Angioembolisation mittels Schaum oder Coils
    • Einsetzen von Metallstents

Operative Therapie [1][4][7]

Milzerhaltende Verfahren [4]

Offene Splenektomie

  • Indikation: Hilusrupturen oder vollständige Berstung
  • Durchführung
  • Vorteile: Gute Sichtbarkeit, Verringerung der Blutung
  • Nachteil: Höhere Rate an Pankreasfisteln
  • Lebensgefährliche Komplikationen meist innerhalb der ersten 24 h

Nach Splenektomie kann das meist tödlich verlaufende OPSI-Syndrom auftreten!

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Komplikationentoggle arrow icon

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Nachsorgetoggle arrow icon

Allgemeine Empfehlungen

Prophylaxe bei notfallmäßiger Splenektomie [4][5][8][9]

Prävention von Infektionen

Prävention von Thrombosen nach Splenektomie

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Prognosetoggle arrow icon

  • Letalität: 0–15% [10]
    • Insb. abhängig von Begleitverletzungen (Multiorganverletzungen, Polytrauma)
    • Bei isolierten Verletzungen der Milz: Prognose v.a. abhängig vom Alter des Patienten, Blutverlust
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Besondere Patientengruppentoggle arrow icon

Milzruptur im Kindesalter [5]

Bei unglaubwürdiger Anamnese sollte eine Plausibilitätsprüfung bei V.a. Kindesmisshandlung durchgeführt werden!

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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