Zusammenfassung
SGLT2-Inhibitoren hemmen den Na+-/Glucose-Symporter im proximalen Nierentubulus. Ursprünglich wurden sie zur Behandlung des Diabetes mellitus entwickelt und zugelassen. Schon in den Zulassungsstudien zeigten sich unerwartete, von der blutzuckersenkenden Wirkung unabhängige kardio- und nephroprotektive Effekte, die daraufhin in zahlreichen weiteren Studien bestätigt wurden. Diese Studienergebnisse führten dazu, dass das Einsatzgebiet von SGLT2-Inhibitoren erweitert wurde: Je nach Wirkstoff sind sie in Deutschland zugelassen zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2, der Herzinsuffizienz sowie der chronischen Nierenerkrankung. Wichtige Nebenwirkungen sind die diabetische Ketoazidose, die unter SGLT2-Inhibitoren auch mit normalem oder nur gering erhöhtem Blutzuckerspiegel auftreten kann (sog. euglykämische Ketoazidose), Harnwegsinfekte und Genitalinfektionen sowie Hypotonie und Hypovolämie.
Übersicht
Wirkstoffe
- Dapagliflozin
- Empagliflozin
- Ertugliflozin
- Canagliflozin
Wirkung
SGLT2-Inhibitoren haben günstige Effekte auf klassische kardiovaskuläre Risikofaktoren (insb. Blutzucker, Blutdruck und Körpergewicht), beeinflussen allerdings auch verschiedene metabolische, inflammatorische und neurohumorale Faktoren. Es resultieren kardio- und nephroprotektive Klasseneffekte, die unabhängig von der Blutzuckersenkung auftreten und deren zelluläre und molekulare Hintergründe bisher nicht vollständig geklärt sind. Am ehesten ist von einem multifaktoriellen Wirkmechanismus auszugehen, der sowohl lokale als auch systemische Pathomechanismen beeinflusst.
Antidiabetische Wirkung
- Reversible Inhibition des renalen SGLT2-Transporters → Glucose- und Natriumresorption↓ → Renale Glucose- und Wasserausscheidung↑ („Glucosurikum“)
- Abhängig von der Nierenfunktion: Nierenfunktion↓ → Antidiabetische Wirkung↓
Wirkung auf Blutdruck und Körpergewicht
- Geringe Reduktion des Blutdrucks
- Leichte Gewichtsabnahme (durchschnittlich ca. 1,3–2,0 kg)
Kardioprotektive Wirkung [2]
- Genaue kardiale Wirkungsmechanismen unklar [2]
Nephroprotektive Wirkung [3]
- Initial GFR-Reduktion, dann anhaltende Stabilisierung der Nierenfunktion mit insg. geringerem Funktionsverlust
- GFR-Abfall um bis zu 30%: Erwartbarer und reversibler pharmakologischer Effekt, i.d.R. ohne Krankheitswert
- Genaue renale Wirkungsmechanismen unklar
Nebenwirkung
- Diabetische Ketoazidose: Insb. bei Personen mit Diabetes mellitus [4]
- Euglykämische Ketoazidose (selten): Ketoazidose mit normalen oder nur gering erhöhten Blutzuckerspiegeln [5]
- Rote-Hand-Brief zu Dapagliflozin: Dapagliflozin seit 10/21 nicht mehr für Diabetes mellitus Typ 1 zugelassen [6]
- Siehe auch: Tipps & Links
- Infektionen
- Harnwegsinfekte und Genitalinfektionen (insb. Vulvovaginitis, Balanitis) [7]
- Fournier-Gangrän (selten)
- Rote-Hand-Brief zu SGLT2-Inhibitoren: Erhöhtes Risiko einer Fournier-Gangrän [8] (siehe auch: Studientelegramm 47-2018-2/3)
- Hypotonie und Hypovolämie: Insb. bei eingeschränkter Nierenfunktion , älteren Menschen oder gleichzeitiger Behandlung mit Schleifendiuretika
- Hypoglykämie: Insb. bei gleichzeitiger Behandlung mit Insulin oder Sulfonylharnstoffen
- Aktuell kein Nachweis von Kanzerogenität [9][10][11][12][13]
Unter einer Behandlung mit SGLT2-Inhibitoren kann auch bei normalen oder nur mäßig erhöhten Blutzuckerspiegeln eine Ketoazidose bestehen!
Es werden die wichtigsten Nebenwirkungen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Indikation
SGLT2-Inhibitoren wurden ursprünglich zur Behandlung des Diabetes mellitus entwickelt und zugelassen. In den Zulassungsstudien zeigten sich jedoch unerwartete kardio- und nephroprotektive Effekte, die daraufhin in zahlreichen weiteren Studien bestätigt wurden. Die positiven Studienergebnisse führten dazu, dass das Einsatzgebiet von SGLT2-Inhibitoren erweitert wurde (siehe auch: Studientelegramme zu SGLT2-Inhibitoren).
Diabetes mellitus (nur Typ 2)
- In Deutschland zugelassen: Dapagliflozin, Empagliflozin, Ertugliflozin, Canagliflozin
- Siehe: SGLT2-Inhibitoren bei Diabetes mellitus
Herzinsuffizienz
- In Deutschland zugelassen: Dapagliflozin, Empagliflozin
- Siehe: SGLT2-Inhibitoren bei Herzinsuffizienz
Chronische Nierenerkrankung
- In Deutschland zugelassen: Dapagliflozin, Empagliflozin
Kontraindikation
- Eingeschränkte Nierenfunktion: Wirkstoffspezifisch
- KDIGO-Empfehlung bei diabetischer Nephropathie: Therapiebeginn bis eGFR ≥20 mL/min möglich [14]
- Diabetes mellitus Typ 1
- Diabetische Ketoazidose in der Anamnese
- Schwere Leberfunktionsstörung
- Rezidivierende Harnwegsinfektionen (z.B. bei anatomischen oder funktionellen Behinderungen der Harnwege)
- Kinder und Jugendliche <18 Jahren
- Schwangerschaft und Stillzeit
Es werden die wichtigsten Kontraindikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Interaktion
Wechselwirkungen
Studientelegramme zum Thema
- Studientelegramm 296-2024-3/3: DOUBLE PRO-TECT: SGLT2-Inhibitoren bei Kindern und Jugendlichen
- Studientelegramm 292-2024-3/3: Was machen Sachen: SGLT2-Inhibitoren
- Studientelegramm 291-2024-2/3: SGLT2-Inhibitoren: Doch keine DEFENDER?
- Studientelegramm 289-2024-1/3: Die süße Lösung: SGLT2-Inhibitoren bei älteren Menschen
- Studientelegramm 283-2024-3/3: ACC-Rückblick II: Herzinsuffizienz nach Myokardinfarkt
- Studientelegramm 279-2024-3/3: ACC-Kongress: Early announcement of late breakers
- Studientelegramm 275-2023-3/3: EMPA-KIDNEY: Benefit in Subgruppenanalysen für Empagliflozin
Studientelegramm 275-2023-2/3: SGLT2-Inhibitoren und Erythrozytose - Studientelegramm 271-2023-1/3: Update der europäischen Herzinsuffizienz-Leitlinie
- Studientelegramm 264-2023-2/3: Neue CKD-Leitlinien ante portas
- Studientelegramm 261-2023-3/3: Prävention der diabetischen Nephropathie: An SGLT2 führt kein Weg vorbei
- Studientelegramm 258-2023-2/3: SWEETSTONE: Sweet Idea?
- Studientelegramm 251-2023-3/3: SGLT2-Inhibitoren + MRA = Successful Marriage?
- Studientelegramm 245-2022-1/3: SGLT2-Inhibitoren: Auswirkungen auf den Eisenstoffwechsel
- Studientelegramm 244-2022-3/3: SGLT2-Inhibitoren bei Diabetes mellitus
- Studientelegramm 244-2022-2/3: Metaanalyse: Kardio- und Nephroprotektion durch SGLT2-Inhibitoren unabhängig vom Diabetesstatus
- Studientelegramm 243-2022-2/3: Nephroprotektion durch SGLT2-Inhibitoren: Aller guten Dinge sind 3
- Studientelegramm 241-2022-2/3: Akute Herzinsuffizienz: Volumenentzug mit SGLT2-Inhibitoren
- Studientelegramm 240-2022-1/3: Neue KDIGO-Leitlinie zur diabetischen Nephropathie
- Studientelegramm 239-2022-3/3: Ausblick: ASN-Kidney Week 2022
- Studientelegramm 235-2022-3/3: Ein EMMY für SGLT2-Inhibitoren
- Studientelegramm 234-2022-2/3: Kombination von SGLT2-Inhibitoren und Mineralocorticoidrezeptor-Antagonisten bei CKD
- Studientelegramm 234-2022-3/3: DELIVERed – Dapagliflozin bei Herzinsuffizienz mit erhaltener oder leicht reduzierter Ejektionsfraktion
- Studientelegramm 229-2022-1/3: SGLT2-Inhibition bei akut dekompensierter Herzinsuffizienz
- Studientelegramm 225-2022-1/3: Vorschau auf den ESC-Kongress: Hope of DELIVERance
- Studientelegramm 225-2022-2/3: Mind the Gap – SGLT2-Inhibitoren bei fortgeschrittener CKD
- Studientelegramm 219-2022-3/3: Die letzte Wiese – SGLT2-Inhibition auch nach akutem Myokardinfarkt?
- Studientelegramm 218-2022-3/3: Jetzt wird geliefert: Nächste Studie zu SGLT2-Inhibitoren bei HFpEF
- Studientelegramm 212-2022-2/3: Neues aus EMPEROR-Preserved: Weniger Hyperkaliämien unter Empagliflozin
- Studientelegramm 197-2021-3/3: AHA VI: Empagliflozin bei akuter Herzinsuffizienz – the missing link?
- Studientelegramm 185-2021-1/4: ESC-Update I – EMPEROR-Preserved: Empagliflozin in HFpEF
- Studientelegramm 185-2021-2/4: ESC-Update II – EMPEROR-Pooled: The EMPEROR’s New Clothes?
- Studientelegramm 182-2021-2/3: DAPA-CKD: EMA-Zulassungserweiterung für Dapagliflozin
- Studientelegramm 177-2021-1/3: EMPEROR-Preserved: Empagliflozin bei HFpEF
- Studientelegramm 171-2021-1/3: ACC-Update IV: Dapagliflozin bei COVID-19-Hospitalisierten (DARE-19)
- Studientelegramm 159-2021-3/3: DAPA-HF: Dapagliflozin in HFrEF mit Mineralocorticoid-Rezeptor-Antagonisten
- Studientelegramm 158-2021-1/3: Pulmonalisdrucksenkung als (ein) Wirkmechanismus von SGLT2-Inhibitoren
- Studientelegramm 150-2020-2/3: Noch mehr Evidenz für SGLT-Inhibition bei Herzinsuffizienz
- Studientelegramm 147-2020-1/3: Erste Zulassung eines SGLT2-Inhibitors bei HFrEF
- Studientelegramm 141-2020-3/3: KDIGO-Leitlinie: Antidiabetische Therapie bei eingeschränkter Nierenfunktion
- Studientelegramm 140-2020-3/3: DAPA-CKD: Deutliche Nephroprotektion durch Dapagliflozin
- Studientelegramm 139-2020-2/3: DAPA-CKD: Weitere Daten zur Nephroprotektion durch SGLT2-Inhibitoren
- Studientelegramm 138-2020-1/4: EMPEROR-Reduced: SGLT2-Inhibitoren als neuer Standard in der Herzinsuffizienztherapie?
- Studientelegramm 134-2020-2/3: Vorschau ESC 2020: DAPA-CKD
- Studientelegramm 134-2020-1/3: Vorschau ESC 2020: EMPEROR-Reduced
- Studientelegramm 131-2020-2/3: VERTIS CV: Keine kardiovaskuläre Prognoseverbesserung durch Ertugliflozin
- Studientelegramm 124-2020-3/3: SGLT2-Inhibitoren: Blutzuckerunabhängige Nephroprotektion?
- Studientelegramm 120-2020-3/3: DAPA-HF: Dapagliflozin bei Diabetikern und Nicht-Diabetikern ähnlich kardioprotektiv
- Studientelegramm 120-2020-2/3: DAPA-CKD – Dapagliflozin auch bei Nicht-Diabetikern nephroprotektiv
- Studientelegramm 115-2020-2/3: ESC-Kongress in Amsterdam: EMPEROR-Preserved
- Studientelegramm 114-2020-1/3: Metaanalyse zu SGLT2-Inhibitoren
- Studientelegramm 111-2020-1/3: Still more CREDENCE – Canagliflozin und die Progression der chronischen Nierenerkrankung
- Studientelegramm 101-2019-1/3: FDA erweitert die Zulassung für den SGLT2-Inhibitor Canagliflozin
- Studientelegramm 100-2019-2/3: Renale Effekte von SGLT2-Inhibitoren – Ein zweiter Blick
- Studientelegramm 99-2019-3/3: Neue Leitlinie revolutioniert die Diabetes-Therapie
- Studientelegramm 92-2019-3/3: Dapagliflozin in der Herzinsuffizienztherapie?
- Studientelegramm 91-2019-2/3: EMPA-HEART CardioLink-6: Reduktion der linksventrikulären Masse unter Empagliflozin
- Studientelegramm 73-2019-3/3: CREDENCE am Palmsonntag – Nephroprotektion durch SGLT2-Inhibitoren
- Studientelegramm 68-2019-3/3: EMA lässt SGLT1/2-Inhibitor für Typ-1-Diabetiker zu
- Studientelegramm 61-2019-3/3: Prognostischer Benefit von SGLT2-Inhibitoren: Der nächste Schritt?
- Studientelegramm 57-2018-1/3: Happy Triad – Amerikanische und europäische Fachgesellschaften betonen die Bedeutung einer kardioprotektiven Diabetesmedikation
- Studientelegramm 53-2018-1/3: SGLT-Inhibitoren zur Nephroprotektion − Die DECLARE-TIMI 58-Studie
- Studientelegramm 51-2018-1/3: Neue Subgruppenanalysen aus EMPA-REG Outcome suggerieren einen Blutzucker-unabhängigen Effekt von Empagliflozin
- Studientelegramm 47-2018-2/3: FDA warnt vor seltenen Nebenwirkungen von SGLT2-Inhibitoren
- Studientelegramm 46-2018-1/3: Ausblick auf den AHA-Kongress 2018: Die Studie DECLARE-TIMI 58 Dapagliflozin
- Studientelegramm 38-2018-3/3: Kardioprotektion durch Gliflozine: Canagliflozin in der CANVAS-Studie
- Studientelegramm 33-2018-1/4: Pharmakotherapie des Diabetes mellitus Typ 2 bei kardiovaskulären Risikopatienten
- Studientelegramm 15-2018-4/4: Entscheidend ist auf dem Platz – SGLT2-Inhibitoren und Herzinsuffizienz im klinischen Alltag
- Studientelegramm 12-2018-2/3: Sweets for my sweets – SGLT-Inhibitoren bei CKD-Patienten
- Studientelegramm 04-2017-3/3: Duale SGLT-Inhibitoren - Eine neue Therapieoption für Typ-1-Diabetiker?
Hast du Interesse an regelmäßigen Updates zu aktuellen Studien aus dem Bereich der Inneren Medizin? Dann abonniere das Studien-Telegramm! Den Link zur Anmeldung sowie zu weiteren spannenden AMBOSS-Formaten findest du am Seitenende unter „Tipps & Links“.