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Atherosklerose und kardiovaskuläre Prävention

Letzte Aktualisierung: 7.2.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Atherosklerose ist eine chronisch degenerative Erkrankung arterieller Blutgefäße mit Bildung lipidhaltiger Plaques in der Intima. Ihre Bedeutung liegt in der Auslösung von Folgeerkrankungen, die unter dem Begriff „atherosklerotisch bedingte kardiovaskuläre Erkrankungen“ zusammengefasst werden und die häufigste Todesursache weltweit sind.

Die Entstehung dieser Folgeerkrankungen vollzieht sich i.d.R über Jahrzehnte und bleibt lange asymptomatisch, weswegen präventive Maßnahmen von außerordentlicher Bedeutung sind. Ziel der Diagnostik ist es, gefährdete Patienten rechtzeitig zu erkennen, um die Entwicklung manifester kardiovaskulärer Erkrankungen durch rechtzeitige Interventionen zu verhindern. Deswegen steht die Atherosklerose in engem Zusammenhang mit der kardiovaskulären Risikoabschätzung und Prävention.

Die Prävention umfasst die Reduktion der bekannten Risikofaktoren einer Atherosklerose und umfasst so u.a. Lebensstilmaßnahmen, Lipidsenkung, Blutdruckeinstellung und Therapie eines Diabetes mellitus.

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Definitiontoggle arrow icon

Atherosklerose ist einer der zentralen pathophysiologischen Faktoren bei vielen vaskulären Erkrankungen wie bspw. der KHK. Oft werden die Begriffe „Arteriosklerose“ und „Atherosklerose“ unscharf bzw. fälschlicherweise auch synonym verwendet.

  • Arteriosklerose: Verhärtung der Arterienwand unabhängig von der Genese
  • Atherosklerose: Multifaktoriell bedingte Erkrankung der Intima mit Bildung lipidhaltiger Plaques, häufigste Unterform der Arteriosklerose
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Pathophysiologie der Atherosklerosetoggle arrow icon

Pathogenese der Atherosklerose [1][2][3][4]

  1. Chronische Endothelbelastung
    • Hämodynamische Belastung
      • Lokal: An Prädilektionsstellen mit besonderen Strömungsverhältnissen
      • Generalisiert: Durch arterielle Hypertonie
    • Biochemisch-toxische Belastung
      • Dyslipidämien mit LDL → Oxidative Modifikation von LDL → Teufelskreis aus direkter Zytotoxizität , anhaltenden Entzündungs- und Immunreaktionen und weiterer Endothelschädigung
      • Vorbestehende chronisch-entzündliche Erkrankungen (z.B. rheumatoide Arthritis) bzw. Infektionen [5]
      • Homocysteinämie [6]
      • Exogene Toxine (insb. durch Rauchen ) [7]
  2. Chronische endotheliale Dysfunktion: Durch NO-Mangel bedingte Störung der wesentlichen Funktionen des Gefäßendothels [8]
    • Ursachen
      • Insuffizienz der endothelialen NO-Synthase (eNOS) durch erhöhte Konzentration asymmetrischen Dimethylarginins (ADMA) und/oder relativen Mangel an L-Arginin [9][10][11]
      • Oxidativer Stress
    • Gestörte Funktionen
  3. Adaptive Intima-Verdickung: Proliferation von Gefäßmuskelzellen, erhöhte endotheliale Permeabilität
  4. Lipidablagerungen
  5. Komplikationen
    • Stenosierung: Mit zunehmendem Wachstum der Plaques Einengung des Gefäßlumens
    • Kalzifikationen: Versteifung der Arterien mit Störung der Hämodynamik
    • Akute Verschlüsse: Ulzerationen/Rupturen mit Freilegung des atherogenen nekrotischen Kerns → Lokale Thrombose oder Embolie
    • Aneurysmen: Media-Atrophie mit Verlust elastischer Fasern führt zu Wandschwäche und in schweren Fällen zur Aneurysma-Bildung

Die Atherosklerose ist eine Erkrankung der Intima! Es gibt viele Hypothesen zu ihrer Entstehung, gänzlich aufgeklärt ist die Pathogenese jedoch noch nicht.

Komplikationen der atheromatösen Plaques sind einerseits die Entwicklung einer Stenose (z.B. KHK) und andererseits die Plaqueruptur mit akutem Gefäßverschluss (z.B. Myokardinfarkt)!

Pathologie atherosklerotischer Läsionen [1][2][3]

Fatty Streaks können sich zu atherosklerotischen Plaques entwickeln, müssen dies aber nicht!

Zum Vergleich: Normalbefunde

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Risikofaktorentoggle arrow icon

Mittlerweile ist eine Vielzahl an Risikofaktoren für die Atherosklerose bekannt. Für die sog. Hauptrisikofaktoren ist ein großer Einfluss auf das Atheroskleroserisiko nachgewiesen, daher sind sie für die kardiovaskuläre Risikoabschätzung maßgeblich und gleichzeitig die wichtigsten Zielparameter für die Prävention. [4][12]

Hauptrisikofaktoren [4]

Die Hauptrisikofaktoren für eine Atherosklerose werden unterschiedlich definiert. Hier werden unabhängige Risikofaktoren mit nachgewiesenem großen Einfluss angeführt, die gleichzeitig die Basis für die kardiovaskuläre Risikoabschätzung bilden.

Die beeinflussbaren Hauptrisikofaktoren sind die wichtigsten Zielparameter für präventive Interventionen!

Die wichtigsten Risikofaktoren sind Teil des metabolischen Syndroms: Adipositas, Diabetes mellitus, Dyslipidämie, arterielle Hypertonie!

Weitere Risikofaktoren [4][13][14][15]

Viele weitere Risikofaktoren mit teils sehr unterschiedlicher Relevanz sind bekannt. Bedeutung erlangen sie, wenn viele gleichzeitig oder mit Hauptrisikofaktoren kombiniert vorliegen.

Klinisch sind die weiteren Risikofaktoren v.a. zur individuellen Entscheidungsfindung in der Prävention hilfreich!

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Symptome/Klinik: Atherosklerotisch bedingte Folgeerkrankungentoggle arrow icon

Die Atherosklerose ist primär asymptomatisch. Beschwerden treten erst durch die Folgeerkrankungen auf.

Atherosklerotisch bedingte kardiovaskuläre Erkrankungen (ASCVD) [2][3]

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Diagnostik: Kardiovaskuläre Risikoabschätzungtoggle arrow icon

Diagnostische Maßnahmen beziehen sich bei der Atherosklerose entweder auf die Identifizierung von Patienten mit hohem Risiko, ASCVD zu entwickeln, oder auf die Diagnose einer bereits bestehenden ASCVD. Letzteres ist bei den jeweiligen Krankheiten dargestellt.

Indikationen für ein Risikoscreening [19]

Insb. bei Hinweisen auf ein erhöhtes Risiko ist ein formalisiertes Screening sinnvoll. Die folgenden Indikationen können dafür als Anhaltspunkte gelten.

  • Einmaliges Screening auf Dyslipidämien bei allen Patienten, vorzugsweise schon im Kindesalter [20]
  • Einmaliges altersabhängiges Gesundheitsscreening
    • Frauen: ab 60 Jahren
    • Männer: ab 55 Jahren
    • Niedriger sozialer Status oder Bildungsgrad: Ggf. schon ab 35 Jahren
  • Regelmäßiges Screening bei bestehenden Risikofaktoren (bspw. alle 2 Jahre)
  • Hinweis auf eine bestehende ASCVD
  • Patientenwunsch

Durchführung

Einordnung in Risikoklassen

Aus pragmatischen Gründen hat sich die Einordnung von Patienten in Risikoklassen etabliert.

  • Vorgehen: Einordnung des Patienten in eine Risikoklasse über Scores oder direkt bei bestimmten Grunderkrankungen

Einordnung in Risikoklassen nach Grunderkrankung

Bei einigen Grunderkrankungen kann ein Patient ohne Risikokalkulation direkt in eine Risikoklasse eingeordnet werden. [4][19][21]

Einordnung in Risikoklassen anhand bestehender Erkrankungen [4][21]
Erkrankung Weitere Einteilung Risikoklasse
Manifeste kardiovaskuläre Erkrankung
  • 2 beliebige kardiovaskuläre Ereignisse innerhalb von 2 Jahren unter maximaler Statintherapie
  • Extrem hohes Risiko
  • Alle anderen Patienten mit ASCVD
  • Sehr hohes Risiko
Diabetes mellitus (kontrovers) [19]
  • Sehr hohes Risiko
  • Seit ≥10 Jahren ohne Endorganschäden oder
  • Seit ≤10 Jahren mit mind. einem weiteren Hauptrisikofaktor
  • Hohes Risiko
  • Mittleres Risiko
Chronische Niereninsuffizienz
  • Sehr hohes Risiko
  • Sonderfall: Kein Benefit einer Statintherapie [21][22]
  • Stadium 4 (GFR <30 mL/min/1,73 m2)
  • Sehr hohes Risiko
  • Stadium 3 (60 mL/min/1,73 m2 > GFR ≥30 mL/min/1,73 m2)
  • Hohes Risiko
Familiäre Hypercholesterinämie
  • Mind. ein zusätzlicher Hauptrisikofaktor
  • Sehr hohes Risiko
  • Kein weiterer Hauptrisikofaktor
  • Hohes Risiko

Personen mit einer manifesten atherosklerotischen Folgeerkrankung sollten ohne weitere Risikokalkulation der Kategorie „sehr hohes Risiko“ zugeordnet werden!

Primärprävention: Einordnung in Risikoklassen über Scores [21][23]

Das kardiovaskuläre Gesamtrisiko ist ein komplexes Zusammenspiel vieler Risikofaktoren, daher hat sich in der Primärprävention die Abschätzung über Scores etabliert. [19]

Risikoklassen nach Empfehlung der ESC [21]
Risikoklasse Risiko für kardiovaskulär bedingten Tod (SCORE)
Sehr hoch ≥10% / 10 Jahre
Hoch ≥5% und <10% / 10 Jahre
Mittel ≥1% und <5% / 10 Jahre
Niedrig <1% / 10 Jahre

Risikomodifikation [21]

Bei asymptomatischen Patienten mit einem niedrigen bis mittleren Risiko gemäß Kalkulation sollte ggf. nach Faktoren gesucht werden, die das Risiko erhöhen.

Risikomodifikatoren können zur Entscheidungsfindung in Grenzfällen herangezogen werden. In Einzelfällen kann hierzu auch eine Bildgebung sinnvoll sein!

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Scores zur kardiovaskulären Risikoabschätzungtoggle arrow icon

Systemic Coronary Risk Estimation 2 (SCORE2 und SCORE2-OP) und HeartScore [4][24][25]

Die aktuellen ESC-Leitlinien empfehlen die Anwendung des SCORE2 bzw. SCORE2-OP zur kardiovaskulären Risikoabschätzung in der Primärprävention.

  • Prognostizierte Ereignisse: Kardiovaskulär bedingter Tod, nicht-tödlicher Myokardinfarkt oder nicht-tödlicher Schlaganfall innerhalb der nächsten 10 Jahre
  • Datengrundlage: 45 europäische Studien mit über 600.000 Teilnehmern
  • Geografische Risikogruppen: Für verschiedene Länder gibt es aufgrund des unterschiedlichen Risikos auch andere SCORE-Charts
    • Für Deutschland ist hier normalerweise der Chart für „Länder mit moderatem Risiko“ maßgeblich
  • Vorgehen
    1. Auswahl des Charts (nach Land)
    2. Auswahl der Seite (nach Geschlecht)
    3. Auswahl der Reihe (nach Altersgruppe)
    4. Auswahl der Spalte (nach Tabakkonsum)
    5. Ermittlung des passenden Einzelkästchens mit dem individuellen Risiko (Zahl entspricht Prozentwert) anhand des systolischen arteriellen Blutdrucks und des Nicht-HDL-Cholesterinspiegels
  • Download der Charts siehe: [26] oder Tipps & Links
  • HeartScore: Digitalisierte Version des SCORE, kostenfreie Nutzung nach Anmeldung möglich, siehe: [27]
    • Aktuell (März 2022) veraltet!

Die digitalisierte Version des SCORE „HeartScore“ darf nicht mit dem fast gleichnamigen Verfahren „HEART-Score“ verwechselt werden. Der „HEART-Score“ ist zur Risikostratifikation von Patienten mit Myokardinfarkt im akuten Setting gedacht. Er wird in Deutschland klinisch aber kaum genutzt! [28]

arriba-Rechner für kardiovaskuläre Prävention

ASCVD Risk Estimator [15][23]

  • Prognostizierte Ereignisse: Herzinfarkt, ischämischer Schlaganfall und koronararteriell bedingter Tod innerhalb der nächsten 10 Jahre und lebenslang
  • Datengrundlage: US-amerikanische Kohortenstudie, ca. 25.000 Teilnehmer
  • Berücksichtigte Faktoren
  • Bewertung
    • Empfohlener Score des American College of Cardiology [15]
    • Gute Daten für Deutschland vorhanden [23]

PROCAM-Score [32]

Die Angaben beziehen sich auf den „PROCAM-Gesundheitstest“.

  • Prognostizierte Ereignisse: Herzinfarkt innerhalb der nächsten 10 Jahre
  • Datengrundlage: Procam-Studie, ca. 50.000 Teilnehmer in aus Deutschland
  • Berücksichtigte Faktoren
  • Bewertung: Gut anwendbar in Deutschland, da lokale Studie die Datengrundlage bildet
  • Rechner: Siehe [33] oder unter Tipps & Links

Framingham-Scores [34][35]

  • Ziel: Abschätzung des 10-Jahres-Risikos für das Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen
  • Berücksichtigte Faktoren
    • Geschlecht
    • Alter
    • Nikotinstatus
    • Derzeit laufende antihypertensive Therapie
    • Gesamtcholesterinspiegel
    • HDL-Spiegel
    • Systolischer arterieller Blutdruck
  • Datengrundlage: Framingham-Studien aus den USA
    • Adaptation für deutsche Bevölkerung vorhanden
  • Gilt für Patienten von 30 bis inkl. 74 Jahren

Der arriba-Rechner für kardiovaskuläre Prävention basiert auf den Framingham-Daten und eignet sich insb. für die hausärztliche Risikoabschätzung.

Reynolds-Risk-Score [36][37][38]

  • Abschätzung des 10-Jahres-Risikos für das Auftreten von schweren kardiovaskulären Ereignissen (bspw. Myokardinfarkt oder ischämischer Schlaganfall)
  • Berücksichtigte Faktoren
  • Scheint den Framingham-basierten Verfahren überlegen, derzeit aber noch keine große Verbreitung in der Praxis

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Differenzialdiagnostische Erwägungen spielen primär bei den ASCVD eine Rolle. In Einzelfällen müssen folgende Krankheitsbilder von einer atherosklerotischen Veränderung der Arterie abgegrenzt werden.

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapie: Kardiovaskuläre Präventiontoggle arrow icon

Therapeutische Interventionen beziehen sich bei der Atherosklerose entweder auf Folgeerkrankungen (siehe: ASCVD) oder sind Teil der kardiovaskulären Prävention.

Da für eine optimale Prävention auch asymptomatische Patienten ggf. behandelt werden sollten, kommt dem Patientengespräch eine außerordentliche Bedeutung zu!

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Lebensstilveränderungentoggle arrow icon

Allgemeines

Lebensstilinterventionen zur kardiovaskulären Risikoreduktion
Risikofaktor Ziel Maßnahmen
Nikotin
  • Reduktion, idealerweise komplette Karenz [39]
  • Siehe: Rauchentwöhnung
  • Ggf. Umstellen auf Verdampfen (umstritten!) [40][41][42]
Ungesunde Ernährung [43]
  • Vermeidung von Fertigprodukten
  • 200 g Obst und 200 g Gemüse pro Tag (2–3 Portionen)
  • Bevorzugung von Vollkornprodukten
  • Zweimal Fisch pro Woche
  • 30 g Nüsse täglich
  • Vermeidung von zucker- oder alkoholhaltigen Getränken
Körpergewicht
  • Individuellen Energiebedarf berechnen
    • Grundumsatz bspw. nach Harris-Benedict [45] (Rechner siehe [46])
  • Ernährungsplan erstellen
    • Je nach Ziel ggf. niedrigkalorische Ernährung

Mangelnde Aktivität

  • Regelmäßige körperliche Aktivität
  • So viel wie möglich, angepasst an individuelles Leistungsniveau
  • Alltagsaktivität, bspw. täglich mind. 10.000 Schritte
  • Moderate körperliche Aktivität über mind. 30 Minuten fünfmal wöchentlich
  • Mögliche Hilfestellungen: Rezept für Bewegung (siehe: Tipps & Links oder [47]), Schrittzähler, Bewegungstagebücher [19]

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Lipidsenkungtoggle arrow icon

Allgemeines

  • Hintergrund: LDL-Cholesterin ist der wichtigste veränderbare Risikofaktor für Atherosklerose [18]
    • Sehr gute Evidenzlage für LDL-Senkung
    • Gut verträgliche Medikamente verfügbar
  • Interventionen
    • Bei allen Patienten primär Lebensstilintervention
    • Bei unzureichender Wirkung/Adhärenz oder entsprechend hohem Risikoprofil: Einleitung einer medikamentösen Therapie (siehe: Strategien zur medikamentösen Lipidsenkung)
  • Wirkstoffe (Lipidsenker) :
    • Statine: Wirkstoffgruppe der 1. Wahl, gute Verträglichkeit und Evidenzlage
    • Ezetimib: Wichtigstes Medikament zur dualen Therapie, günstig und gut verträglich, Monotherapie nur bei Statinunverträglichkeit
    • Bempedoinsäure: Neuer Wirkmechanismus, aktuell wenig Daten, mögliche Alternative bei Statin-Unverträglichkeit in Kombination mit Ezetimib oder weiterer Kombinationspartner anderer Lipidsenker
    • Gallensäurebinder: Möglicher zusätzlicher Kombinationspartner, aber Verträglichkeit schlecht und viele Interaktionen
    • PCSK9-basierte Medikamente (PCSK9-Inhibitoren und PCSK9-Synthese-Inhibitoren): Gute Wirkung, aber sehr teuer und wenig Erfahrung
    • Fibrate: Nutzen bzgl. kardiovaskulärer Endpunkte unklar, Einsatz bei Hypertriglyceridämie oder bei Statinunverträglichkeit kann erwogen werden [19][21]

Dialysepatienten sollten trotz sehr hohem kardiovaskulärem Risiko keine cholesterinsenkenden Medikamente erhalten, da Studien keinen Benefit gezeigt haben! [21][22]

LDL-Senkung bei verschiedenen Interventionen [21][48]
Intervention Zu erwartende LDL-Senkung
Lebensstilinterventionen bis 40% (stark schwankend)
Statin mit mittlerer Intensität ≈ 30%
Statin mit hoher Intensität ≈ 50%
Statin mit hoher Intensität + Ezetimib ≈ 65%
PCSK9-Inhibitor ≈ 60%
PCSK9-Synthese-Inhibitor zusätzlich zu Statin ≈ 50% [49]
Statin mit hoher Intensität + PCSK9-Inhibitor ≈ 75%
Statin mit hoher Intensität
+ Ezetimib + PCSK9-Inhibitor
≈ 85%
Ezetimib-Monotherapie bis 20% [50]
Bempedoin-Säure Monotherapie 15–25% [51]
Bempedoin-Säure + Ezetimib bis 38% [51]

Strategien zur medikamentösen LDL-Senkung [52]

Aktuell gibt es widersprüchliche Empfehlungen zur cholesterinsenkenden Therapie. Insb. stehen sich zwei verschiedene Strategien gegenüber.

  1. Strategie der festen Dosis („fire and forget“) [19][21][52]
    • Feste Therapieschemata
    • Auswahl des Schemas nach Risiko
    • Empfohlen von DEGAM und ACC/AHA
    • Vorteile
      • Einfache Durchführbarkeit
      • Weniger LDL-Kontrollen erforderlich
      • Evidenzlage besser
    • Nachteile
      • Erreichte LDL-Spiegel evtl. höher als bei Zielwertstrategie
  2. Zielwertstrategie („treat to target“) [22][52]
    • Festlegung eines LDL-Zielwertes je nach Risiko
    • Eskalierung der Therapie, bis Ziel erreicht
    • Empfohlen von der ESC [21]
    • Vorteile
      • Niedrigere LDL-Spiegel erreichbar
      • „The lower, the better“ [21]
    • Nachteile
      • Aufwendig
      • Teuer
      • Evidenzlage schlechter

Die Empfehlungen der ESC zur Lipidsenkung basieren auf der umstrittenen sog. „the lower the better- Hypothese“. Damit ist gemeint, dass hinsichtlich des kardiovaskulären Risikos der LDL-Cholesterinspiegel so niedrig wie möglich sein sollte.

Lebensstilinterventionen stehen immer an erster Stelle unter den Therapiemaßnahmen!

Strategie der festen Dosis [19][22]

Die Strategie der festen Dosis basiert auf definierten Therapieschemata, die je nach individuellem Risiko des Patienten angewandt werden.

  • Therapieeinleitung
    • Niedriges kardiovaskuläres Risiko → Primär Lebensstilinterventionen, keine medikamentöse Therapie
      • Mögliche LDL-Senkung individuell stark schwankend
    • Mittleres kardiovaskuläres Risiko → Mittlere Intensität der Statintherapie
      • Erwartete LDL-Senkung: 30–49% des Ausgangswertes
    • Hohes kardiovaskuläres Risiko → Hohe Intensität der Statintherapie
      • Erwartete LDL-Senkung: >50% des Ausgangswertes
    • Sehr hohes kardiovaskuläres Risiko → Hohe Intensität der Statintherapie mit max. tolerierter Dosis
      • Erwartete LDL-Senkung: >50% des Ausgangswertes
Statin-Therapieschemata
Intensität der Statintherapie [22] Ziel-Dosierungen [22] Erwartete LDL-Senkung [22]
Hoch
  • >50%
Mittel
  • 30–49%
Niedrig
  • <30%

Die Therapieeinleitung sollte mit einer niedrigen Dosierung innerhalb der angestrebten Intensität erfolgen (bei mittlerer Intensität bspw. mit Atorvastatin 10 mg)!

  • Verlaufskontrollen
  • Therapieeskalation: Bei unzureichender Wirkung
    • Kriterien für unzureichende Wirkung
      • Patienten mit sehr hohem Risiko: LDL >50% des Ausgangswertes oder >70 mg/dL
      • Patienten mit hohem Risiko: LDL >50% des Ausgangswertes
      • Patienten mit mittlerem Risiko: LDL >70% des Ausgangswertes
    • Mögliche Anpassungen (Eskalationsstufen)
      1. Dosiserhöhrung des Wirkstoffes innerhalb der jeweiligen Intensitätsstufe
      2. Wechsel des Statins auf ein Präparat der selben Intensität
      3. Steigerung auf die nächste Intensitätsstufe
      4. Kombination mit Ezetimib
      5. Kombination mit Bempedoinsäure
      6. Kombination mit PCSK9-basierten Medikamenten (insb. bei sehr hohem Risiko und LDL-Cholesterin >70 mg/dL)
  • Therapiedeeskalation: Bei Nebenwirkungen
    • Mögliche Anpassungen (je nach Schwere der Nebenwirkungen)
      • Statintherapie mit anderem Wirkstoff innerhalb der gleichen Intensitätsstufe
      • Wechsel auf niedrigere Intensität, ggf. Hinzufügen einer anderen Wirkstoffklasse
      • Absetzen des Statins, Umstellung auf andere Cholesterinsenker

Übersicht Strategie der festen Dosis

Übersicht Strategie der festen Dosis
Kardiovaskuläres Risiko Anzuwendendes Therapieschema Erfolgskriterien Therapieeskalation
Sehr hoch
  • Statintherapie hoher Intensität mit max. Dosierung
  • LDL <50% des Ausgangswertes und
  • LDL <70 mg/dL
Hoch
  • Statintherapie hoher Intensität
  • LDL <50% des Ausgangswertes
Mittel
  • Statintherapie mittlerer Intensität
  • LDL <30% des Ausgangswertes
Niedrig
  • Primär nur Lebensstilmaßnahmen, keine Statintherapie
  • Ggf. Statintherapie niedriger Intensität

Zielwertstrategie [21]

Bei der u.a. von der ESC empfohlenen Zielwertstrategie werden individuelle Zielwerte (primär LDL-Cholesterin) anhand des kardiovaskulären Risikos festgelegt und die Therapie möglichst so lange eskaliert, bis der Wert erreicht ist.

Lipid-Zielwert

  • Ermittlung: Je nach individuellem kardiovaskulärem Risiko
Empfohlene Zielwerte für Lipide in Abhängigkeit vom kardiovaskulären Gesamtrisiko [21][53]
Kardiovaskuläres Risiko LDL-Cholesterin-Zielwert (Primärer Zielwert) Non-HDL-Cholesterin-Zielwert ApoB-Zielwert

Extrem hohes Risiko

LDL <1 mmol/L (40 mg/dL) und LDL-Reduktion um ≥50%

Keine Angabe

Keine Angabe

Sehr hohes Risiko

LDL <1,4 mmol/L (55 mg/dL) und.LDL-Reduktion um ≥50%

<2,2 mmol/L (85 mg/dL)

<65 mg/dL

Hohes Risiko:

LDL <1,8 mmol/L (70 mg/dL) und LDL-Reduktion um ≥50%

<2,6 mmol/L (100 mg/dL)

<80 mg/dL

Moderates Risiko

LDL <2,6 mmol/L (100 mg/dL)

<3,4 mmol/L (130 mg/dL)

<100 mg/dL

Niedriges Risiko

LDL <3 mmol/L (116 mg/dL)

Keine Angabe

Keine Angabe

Therapiebeginn

Nachkontrolle

Therapieeskalation

Vor Einsatz von PCSK9-basierten Medikamenten sollte eine kritische Kosten-Nutzen-Abwägung erfolgen! Sie sind insb. bei Personen mit familiärer Hypercholesterinämie oder bei Hochrisikokonstellationen in der Sekundärprävention geeignet.

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Weitere medikamentöse Interventionentoggle arrow icon

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Atherosklerose

Atherosklerose – Teil 1: Pathologie und Risikofaktoren

Atherosklerose – Teil 2: Atherosclerotic cardiovascular disease (ASCVD)

Atherosklerose – Teil 3: Risikoklassen und Lebensstilveränderungen

Atherosklerose – Teil 4: Lipidsenkung

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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