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Arrhythmogene Kardiomyopathie

Letzte Aktualisierung: 15.1.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Die arrhythmogene Kardiomyopathie (ACM) ist eine seltene hereditäre Herzerkrankung, bei der es zu lebensgefährlichen ventrikulären Arrhythmien und im fortgeschrittenen Stadium auch zu einer Herzinsuffizienz kommen kann. Am häufigsten beschrieben sind Formen, die primär den rechten Ventrikel betreffen (arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie). Exzessiver Sport kann den Ausbruch der Erkrankung beschleunigen und erhöht das Risiko für einen folgenden plötzlichen Herztod. Pathophysiologisch führen Mutationen im Bereich kardialer Verbindungsproteine zu einem progredienten myokardialen Zelluntergang mit Fett- und Bindegewebsinfiltration. Die Erstdiagnose wird häufig im jungen Erwachsenenalter gestellt, Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen.

Die geltenden Task-Force-Kriterien zur Diagnosesicherung fordern einen multimodalen Ansatz inkl. EKG, kardialer Bildgebung, Myokardbiopsie und Familienanamnese. Typische Befunde sind u.a. T-Wellen-Negativierungen in den septalen und anterioren Ableitungen, eine Vergrößerung des rechten Ventrikels (RV) in der Echokardiografie sowie vermehrtes Fettgewebe und ggf. ein LGE in der MRT. Die arrhythmogene Kardiomyopathie ist nicht kausal heilbar, daher haben die therapeutischen Maßnahmen primär eine verbesserte Symptomkontrolle, die Vermeidung eines Progresses und das Abwenden von Komplikationen wie dem plötzlichen Herztod zum Ziel. Ultima Ratio ist die Herztransplantation.

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Definitiontoggle arrow icon

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die Informationen dieses Kapitels primär auf die ARVC als den bisher am besten erforschten Subtyp der ACM!

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Prävalenz: Ca. 8/10.000 [1][3]
  • Geschlechterverteilung: > [3]
  • Zeitpunkt Erstmanifestation: Häufig bei Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen (im Alter von 10–39 Jahren) [4]

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

  • Seltene hereditäre Erkrankung
    • Erbgang: Überwiegend autosomal-dominant [5] [4]
    • Genetische Mutation bei ca. ⅔ der Betroffenen nachweisbar: Insg. 8 Gene identifiziert
      • 5 desmosomale Gene: PKP2 (am häufigsten [3]), DSP, DSG2, DSC2, JUP
      • 3 nicht-desmosomale Gene: TMEM43, DES, PLN
    • >12 verschiedene Subtypen (ARVC1–12 [5] und weitere) je nach betroffenem Gen

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Pathophysiologietoggle arrow icon

Bei der ACM begünstigen sowohl Störungen im Elektrolythaushalt als auch ein struktureller Umbau des Myokards das Auftreten von lebensgefährlichen Arrhythmien!

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Symptomatiktoggle arrow icon

Das erste Symptom einer ARVC kann der plötzliche Herztod sein!

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Diagnostiktoggle arrow icon

Allgemeines Vorgehen bei V.a. Kardiomyopathie [1]

  • (Familien‑)Anamnese und Erstuntersuchung
  • Ruhe- und Langzeit-EKG
  • Labordiagnostik
  • Multimodale kardiale Bildgebung , ggf. Myokardbiopsie
  • Genetische Diagnostik und Beratung

Bei jedem V.a. Kardiomyopathie sollte eine strukturierte diagnostische Aufarbeitung mit dem Ziel einer genauen Beschreibung des vorliegenden Phänotyps erfolgen!

Hinweise auf ARVC [1][3]

Ausschluss von Differenzialdiagnosen [1][3]

Diagnosesicherung gemäß revidierter Task-Force-Kriterien von 2010 [1][3][6]

  • Gesicherte ARVC
    • 2 Major-Kriterien oder
    • 1 Major- und 2 Minor-Kriterien oder
    • 4 Minor-Kriterien aus verschiedenen Kategorien
  • Borderline-ARVC
    • 1 Major- und 1 Minor-Kriterium oder
    • 3 Minor-Kriterien aus verschiedenen Kategorien
  • Mögliche ARVC
    • 1 Major-Kriterium oder
    • 2 Minor-Kriterien aus verschiedenen Kategorien
Revidierte Task-Force-Kriterien zur ARVC von 2010 [3][6]
Pathologie Modalität Major-Kriterien Minor-Kriterien
1. Globale oder regionale Dysfunktion und strukturelle Veränderungen Echokardiografie
  • Regionale Auffälligkeiten des RV und ≥1 der folgenden Kriterien
  • Regionale Auffälligkeiten des RV und ≥1 der folgenden Kriterien
Kardiale MRT
  • Regionale Auffälligkeiten des RV und ≥1 der folgenden Kriterien
    • RV-Volumen/KOF ≥110 mL/m2 () oder ≥100 mL/m2 ()
    • RVEF ≤40%
  • Regionale Auffälligkeiten des RV und ≥1 der folgenden Kriterien
    • RV-Volumen/KOF 100–109 mL/m2 () oder 90–99 mL/m2 ()
    • RVEF 40–44%
RV-Angiografie
  • Regionale Auffälligkeiten des RV
2. Strukturell verändertes Gewebe Myokardbiopsie
  • <60% (geschätzt: <50%) verbliebene Myozyten mit Bindegewebsinfiltration (± Fettgewebsinfiltration)
  • 60–75% (geschätzt: 50–65%) verbliebene Myozyten mit Bindegewebsinfiltration (± Fettgewebsinfiltration)
3. Repolarisationsstörung EKG (bei Personen >14 Jahre)
  • T-Wellen-Negativierung in den septalen und anterioren Ableitungen (mind. V1–3) ohne kompletten RSB
  • T-Wellen-Negativierung entweder in V1–2 oder V4–6 ohne kompletten RSB
  • T-Wellen-Negativierung in V1–4 mit komplettem RSB
4. Depolarisations- bzw. Leitungsstörung EKG
  • Epsilonwelle in den septalen und anterioren Ableitungen (V1, V2 oder V3)
  • TAD ≥55 ms in V1, V2 oder V3 ohne kompletten RSB
  • Späte Potenziale im SAECG (nur bei QRS <110 ms im Standard-EKG) mit ≥1 der folgenden Kriterien
    • Gefilterte QRS-Dauer ≥114 ms
    • Terminale (<40 μV) QRS-Dauer ≥38 ms
    • Quadratische Mittelspannung der terminalen 40 ms ≤20 μV
Signalgemitteltes EKG (SAECG )
5. Ventrikuläre Arrhythmien 12-Kanal-EKG bzw. Langzeit-EKG
  • nsVTs oder VTs mit LSB-Morphologie und superiorer Achse
  • nsVTs oder VTs mit RVOT-Konfiguration und LSB-Morphologie mit inferiorer oder unbestimmter Achse
  • >500 VES/24 h
6. Familienanamnese Klinisch
  • Erstgradig verwandte Person mit gemäß Task-Force-Kriterien gesicherter ARVC
  • Erstgradig verwandte Person mit pathologisch gesicherter ARVC
  • Erstgradig verwandte Person mit beschriebener ARVC ohne (sinnvolle) Möglichkeit, Task-Force-Kriterien anzuwenden
  • Erstgradig verwandte Person mit plötzlichem Herztod <35 Jahre und vermuteter ARVC
  • Zweitgradig verwandte Person mit (gemäß Task-Force-Kriterien oder pathologisch) gesicherter ARVC
Genetisch
  • Nachweis einer (voraussichtlich) mit ARVC assoziierten genetischen Variante
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Therapietoggle arrow icon

Allgemeine Therapieziele bei ARVC [1]

  • Symptomkontrolle
  • Verlangsamtes Fortschreiten der Erkrankung
  • Vermeiden von Komplikationen

Herzinsuffizienz-Management

Management ventrikulärer Arrhythmien

  • Sportverzicht
    • Leichte bis moderate körperliche Aktivität (etwa 150 min/Woche) gilt als sicher [3]
    • Fortschreiten der Erkrankung↓, VT-Last (Burden) ↓
    • Ggf. auch besseres Ansprechen auf andere Therapieformen (wie Katheterablation) und verringertes Risiko einer Herzinsuffizienz [3]
  • Antiarrhythmika
  • Katheterablation: Bei persistierenden VTs und/oder rezidivierenden, adäquaten ICD-Schockabgaben bzw. Electrical Storm trotz Betablockertherapie erwägen
    • Inkl. epikardialen Zugangs, falls möglich und sinnvoll
    • Insg. hohe Rezidivrate: 30–50% an spezialisierten Zentren [1]
    • In Einzelfällen : Autonome Modulation (z.B. Blockade des Ganglion stellatum oder kardiale Sympathikusdenervation) erwägen
  • Device-Therapie: ICD-Implantation zur Vermeidung eines plötzlichen Herztodes
    • Bei jeder ICD-Indikation möglichen Benefit durch zusätzliche CRT prüfen
    • Sekundärprophylaxe: Empfohlen bei allen Personen mit ARVC und
      • Z.n. überlebtem plötzlichen Herztod oder
      • Z.n. hämodynamisch relevanter VT ohne reversible Gründe und
      • Voraussichtlicher Lebenserwartung >1 Jahr
    • Primärprophylaxe
      • Jeweils individuelle Entscheidung
      • Hilfreich im Entscheidungsprozess: Regelmäßige SCD-Risikostratifizierung (bspw. mittels des 2019 aktualisierten ARVC Risk Calculator, siehe auch: Tipps & Links) bzw. Berücksichtigung von Merkmalen mit hohem Risiko
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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