Zusammenfassung
Unter kardiopulmonaler Reanimation (engl.: Cardiopulmonary Resuscitation, CPR) sind die Maßnahmen zusammengefasst, die zur Beendigung eines Herz-Kreislaufstillstandes durchgeführt werden. Dabei gilt es, Basismaßnahmen (Basic Life Support, BLS) von erweiterten Maßnahmen (Advanced Life Support, ALS) zu unterscheiden.
Die Basismaßnahmen umfassen das Erkennen der Situation, Hilfe rufen, Freimachen der Atemwege, Herzdruckmassage, Beatmung und (soweit vorhanden) den Einsatz eines automatisierten externen Defibrillators (AED). Diese Maßnahmen können auch von Laienhelfern durchgeführt werden.
Die erweiterten Maßnahmen der kardiopulmonalen Reanimation beinhalten neben den grundlegenden Maßnahmen der CPR (wie bei BLS) weiterführende, durch Fachpersonal auszuführende Maßnahmen wie Medikamentengabe (vor allem Adrenalin), eine weitere Sicherung der Atemwege (ggf. Intubation) sowie ggf. spezifische Maßnahmen entsprechend der angenommenen Ursache (z.B. Entlastungspunktion bei Spannungspneumothorax).
Die wichtigste Grundlage einer Reanimation ist die ohne Zeitverlust konsequent durchgeführte Herzdruckmassage.
Ablauf/Durchführung
Überlebenskette
Die Überlebenskette beschreibt die Maßnahmen, die bei einem Patienten mit Kreislaufstillstand durchgeführt werden sollten, um das Überleben zu sichern.
- Rasches Erkennen und um Hilfe rufen
- Frühzeitige kardiopulmonale Reanimation
- Frühzeitige Defibrillation
- Postreanimationsphase
Unverzügliche kardiopulmonale Reanimation, Minimierung der Thoraxkompressionspausen und frühzeitige Defibrillation sind die wichtigsten Grundlagen einer erfolgreichen Reanimation!
Basismaßnahmen / Basic Life Support (BLS)
Die Basismaßnahmen beschreiben die Ersthelfermaßnahmen, die nach Auffinden einer bewusstlosen Person möglichst ohne jegliche Zeitverzögerung durchgeführt werden sollten.
- Siehe für den Handlungsalgorithmus: Basic Life Support - AMBOSS-SOP
Erweiterte Maßnahmen / Advanced Life Support (ALS)
Die erweiterten Maßnahmen der kardiopulmonalen Reanimation (Advanced Life Support, ALS) umfassen neben den grundlegenden Maßnahmen der CPR (wie bei BLS) weiterführende – durch Fachpersonal durchzuführende – Maßnahmen wie Defibrillation, Medikamentengabe und ggf. Intubation.
- Siehe für den Handlungsalgorithmus: Advanced Life Support - AMBOSS-SOP
Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung
Technik der Herzdruckmassage [1]
- Seitlich vom Patienten knien
- Platzierung eines Handballens mittig auf der Brust (beide Hände übereinander mit verschränkten Fingern)
- Senkrecht über Brust des Patienten beugen, Arme gestreckt halten
- Thoraxkompressionen
- Kompressionstiefe: Mind. 5 cm, aber möglichst nicht tiefer als 6 cm
- Nach jeder Kompression vollständige Entlastung des Brustkorbs (ohne Verlassen des Druckpunktes)
- Frequenz: 100–120/min
- Wenn möglich Wechsel mit weiterer Person alle 2 min ohne lange Pausen (Vermeidung von Erschöpfung)
Die Thoraxkompression sollte möglichst auf einem festen Untergrund erfolgen! Der CPR-Beginn sollte aber nicht durch eine aufwändige Umlagerung verzögert werden!
Technik der Mund-zu-Mund-Beatmung [1]
- Atemwege öffnen: Kopf des Patienten überstrecken und Kinn anheben
- Nase des Patienten verschließen
- 2 Beatmungen: Tief einatmen, Mund des Patienten mit den Lippen umschließen und 1 Sekunde lang Luft in den Patienten atmen
- Überprüfung der suffizienten Beatmung: Leichte Anhebung des Brustkorbs (Volumen ca. 500 mL)
Die Herzdruckmassage sollte für die 2 Beatmungen nicht länger als 10 Sekunden unterbrochen werden! [2]
Geschulte Ersthelfer sollten Thoraxkompressionen und Beatmung kombinieren. Können oder wollen Ersthelfer die Beatmung nicht durchführen, sollten sie eine durchgehende Herzdruckmassage mit der Frequenz 100–120/min durchführen (sog. „Compression-only-CPR“)! [3]
Defibrillation
- Voraussetzung zur Defibrillation: Defibrillierbarer Rhythmus (Kammerflimmern oder pulslose ventrikuläre Tachykardie)
- Ablauf
- Herzdruckmassage → Klebeelektroden aufbringen → „Hands-Off“ zur Notfall-EKG-Diagnostik → Herzdruckmassage wieder aufnehmen → Aufladen → „Hands-Off“ zur 1× Schockabgabe → Sofortige Fortsetzung der Herzdruckmassage
- Bei beobachtetem Auftreten von Kammerflimmern oder pulsloser ventrikulärer Tachykardie : Sofortige Defibrillation ohne vorangehende Herzdruckmassage mit bis zu drei schnell aufeinanderfolgenden Schocks (3er-Salve)
- Position der Elektroden
- 1. Wahl: Anterior-lateral (syn. anterolateral, sternal-apikal)
- Alternativ: Anterior-posterior
- Bei implantiertem Herzschrittmacher: >8 cm Abstand zum Aggregat einhalten
- Energiemenge
- Biphasisch: Mind. 150 Joule bei der ersten Schockabgabe, bei allen weiteren Schockabgaben 150–360 Joule
- Monophasisch: 360 Joule bei allen Schockabgaben
- Bei unbekannter empfohlener Energieeinstellung: Höchste Energiemenge für alle Schocks (bei Erwachsenen)
- Bei Kindern: Mono- und biphasisch: 4 Joule/kgKG, bei persistierender VT/VF (>6 erfolglose Defibrillationsversuche): 6–8 Joule/kgKG [5]
Die Herzdruckmassage darf für max. 5 Sekunden unterbrochen werden – beim Aufladen des Defibrillators darf die Herzdruckmassage dementsprechend nicht pausiert werden!
Die Defibrillation kann bei den Helfern Kammerflimmern auslösen! Bei der Schockabgabe darf deswegen keiner der Helfer den Patienten oder elektrisch leitfähige Teile (bspw. Beatmungsbeutel) berühren!
Automatisierter externer Defibrillator (AED) [6]
- Beschreibung: Durch Laien bedienbare Geräte zur Analyse des Herzrhythmus mit integrierter Möglichkeit zur Schockabgabe (Defibrillation) bei Vorliegen einer defibrillierbaren Rhythmusstörung
- Wichtige Grundsätze bei der Verwendung
- Platzierung der Klebeelektroden anterior-lateral , dann Sprachführung bzw. Bildschirmanweisungen folgen
- Alternative Platzierung: Anterior-posterior
- Analyse des Herzrhythmus erfolgt alle 2 min, währenddessen Patienten nicht berühren
- Bei empfohlener Schockabgabe: Sicherstellen, dass niemand den Patienten berührt, dann Schock freigeben (Auslöseknopf)
- Unterbrechungen der Herzdruckmassage so kurz wie möglich halten (insb. sofortige Wiederaufnahme nach Schockabgabe)
- Anwendung auch an Kindern ab 8 Jahren möglich
- AED-Benutzung durch Fachpersonal: Bei manchen Geräten besteht die Option zur EKG-gesteuerten, manuellen Bedienung
- Platzierung der Klebeelektroden anterior-lateral , dann Sprachführung bzw. Bildschirmanweisungen folgen
Notfall-EKG-Diagnostik
Übersichtstabelle: Notfall-EKG-Diagnostik | ||
---|---|---|
EKG-Befund | Folge | |
Defibrillierbare Rhythmen | ||
Pulslose ventrikuläre Tachykardie |
|
|
Kammerflimmern |
|
|
Nicht-defibrillierbare Rhythmen | ||
Asystolie |
|
|
Pulslose elektrische Aktivität (PEA) |
|
|
Postreanimationsphase
Definitionen
- ROSC („Return of Spontaneous Circulation“): Wiedereinsetzen des Spontankreislaufs während einer Reanimation
- Zeichen
- Wiedererfühlen des Pulses, Zurückkommen des Blutdrucks
- Früher Hinweis bei beatmeten Patienten: Anstieg des exspiratorischen CO2 in der Kapnografie
- Zeichen
- Postreanimationssyndrom („Post-Cardiac Arrest Syndrome“): Gesamtheit pathophysiologischer Prozesse nach Kreislaufstillstand mit erfolgreicher Reanimation
Management der Postreanimationsphase [8]
- Ziele
- Ursachensuche
- Prävention von Hirnschäden
- Kardiale Dysfunktion behandeln
- Hämodynamische und metabolische Situation optimieren
- Allgemeinmaßnahmen
- 30° Oberkörperhochlagerung
- Legen einer Magensonde
- Sedierung für mind. 24 h
- Atemwegssicherung
- Bei komatösen/sedierten Patienten
- Endotracheale Intubation mit Kapnografie (falls noch nicht etabliert) und maschinelle Beatmung
- Normokapnie anstreben!
- Bei nur kurz andauerndem Kreislaufstillstand, rascher Rückkehr zur Spontanatmung und fehlendem Anhalt für neurologische Defizite
- Möglicherweise keine endotracheale Intubation notwendig
- Bei SpO2 <94%: Sauerstoffgabe über eine Gesichtsmaske
- Bei komatösen/sedierten Patienten
- Temperaturkontrolle bei komatösen Personen nach ROSC [9][10]
- Kontinuierliche Messung der Körperkerntemperatur empfohlen
- Aktive Prävention von Fieber (definiert als Körperkerntemperatur >37,7 °C) für mind. 72 h, bspw. durch
- Gabe von Antipyretika (bspw. Paracetamol, Metamizol)
- Physikalische Maßnahmen (bspw. kalte Waschung, Anbringen von Kühlpackungen)
- Gerätebasierte Maßnahmen (bspw. Kühlmatten, intravasaler Kühlkatheter)
- Milde Hypothermiebehandlung (Zieltemperatur 32–36 °C) kann subgruppenspezifisch erwogen werden
- Beginn möglichst zeitnah nach ROSC
- Keine aktive Wiedererwärmung zum Erreichen einer Normothermie
- Keine prähospitale Kühlung durch schnelle Gabe großer Mengen kalter Infusionslösung
- Monitoring
- Mittlerer arterieller Blutdruck ≥65 mmHg, Zielblutdruck systolisch >100 mmHg (Zur Erfolgskontrolle an ausreichender Urinproduktion orientieren!)
- Herzfrequenz: Tachykardie vermeiden! Bradykardie erst bei HF ≤40/min behandeln
- Urinproduktion (>0,5 mL/kgKG/h)
- Normalisierung des Lactats
- Normoglykämie anstreben
- Kalium: 4,0–4,5 mmol/L (drohende Hyper- und Hypokaliämien!)
- Bei hämodynamischer Instabilität
- Echokardiografie (Einschätzung der kardialen Beeinträchtigung)
- Volumengabe + Noradrenalin + ggf. Dobutamin
- Bei unzureichendem Behandlungserfolg: Extrakorporale Unterstützungssysteme erwägen (veno-arterielle ECMO oder ECLS)
- Ursachensuche und spezifische Therapie
- 12-Kanal-EKG: Abklärung kardialer Ursache
- Bei V.a. kardiale Ischämie: Herzkatheteruntersuchung
- Schädel- und Thorax-CT: Abklärung respiratorischer oder neurologischer Ursachen
- Ganzkörper-CT: Bei Hinweisen auf traumatische oder hämorrhagische Ursache
- Bei klarer Ursache: Entsprechender Transfer, bspw. zur Herzkatheteruntersuchung, ITS oder OP
- 12-Kanal-EKG: Abklärung kardialer Ursache
- Abklärung weiterer Komplikationen: Bspw. Röntgen-Thorax
- Prognoseabschätzung bei komatösen ROSC-Patienten [11]
- Berücksichtigung mehrerer Prädiktoren
- Klinische bzw. neurologische Untersuchung
- Neurophysiologische Untersuchungen (EEG, SEP)
- Bestimmung der neuronenspezifischen Enolase (NSE)
- Zerebrale Bildgebung (CT/MRT)
- Beachtung von Störfaktoren
- Berücksichtigung mehrerer Prädiktoren
Für komatöse Personen nach ROSC wird eine aktive Prävention von Fieber (definiert als Körperkerntemperatur >37,7 °C) für mind. 72 h empfohlen!
Reanimations-assoziierte Komplikationen
- Rippenfrakturen
- Verletzungen von Bauchorganen/Brustorganen mit inneren Blutungen (abdominell/thorakal/Hämatoperikard) → Schneller Nachweis durch Sonografie von Abdomen und Thorax
-
Posthypoxische Myoklonien: Unwillkürliche, kurze, arrhythmische Zuckungen
- Generalisiert oder seltener lokal (z.B. nur Gesicht oder eine Extremität)
- Treten die Myoklonien unmittelbar nach einer Reanimation auf, ist dies ein prognostisch ungünstiges Zeichen für eine hypoxische Enzephalopathie
Verzichts- bzw. Abbruchkriterien
Hintergrund [12]
- Entscheidung über Beginn bzw. Fortführung einer Reanimation kann medizinisch und ethisch herausfordernd sein
- Entspricht die Maßnahme dem Patientenwillen?
- Hat die Maßnahme einen medizinischen Nutzen?
- Liegen alle relevanten Informationen zur Entscheidungsfindung vor?
- Verzichts- bzw. Abbruchkriterien sollen ärztliches und pflegerisches Personal bei der Entscheidungsfindung unterstützen
In die Entscheidungsfindung über den Beginn bzw. Fortführung von Wiederbelebungsmaßnahmen sollten das gesamte Team sowie ggf. die Angehörigen einbezogen werden!
Die Folgen einer nicht oder verzögert begonnenen Reanimation können nicht rückgängig gemacht werden – im Allgemeinen empfiehlt sich daher der Beginn von Wiederbelebungsmaßnahmen!
Verzichts- bzw. Abbruchkriterien gemäß European Resuscitation Council [13]
- Verzichtskriterien
- Nicht gegebene Sicherheit der reanimierenden Personen
- Vorliegen sicherer Todeszeichen
- Vorliegen einer entsprechenden Patientenverfügung
- Abbruchkriterien
- Anhaltende Asystolie nach 20 min Advanced Life Support und Ausschluss reversibler Ursachen eines Kreislaufstillstands
- Nicht-beobachteter Kreislaufstillstand mit Asystolie bzw. PEA in der initialen Rhythmusanalyse und
- Ausbleiben eines ROSC oder
- Überwiegen des Schädigungsrisikos durch anhaltende Reanimation gegenüber dem potenziellen Nutzen
- Starke Hinweise auf eine Ablehnung prolongierter Wiederbelebungsmaßnahmen durch die reanimierte Person
- Uneindeutige Kriterien
- Dauer der Wiederbelebungsmaßnahmen
- Zeit ohne bzw. nur mit geringem kardialen Auswurf
- Sonografisch nachgewiesener Kreislaufstillstand
- Ausbleiben eines ROSC
- Pupillengröße bzw. Pupillenreflex
- Initialer Lactatwert, Serumkalium
- Endtidales CO2
- Temperatur
- Vorerkrankungsprofil
- Ursache des Kreislaufstillstands
Die Entscheidung, ob bzw. wie lange eine Reanimation durchgeführt wird, muss stets individuell getroffen werden! Die Gründe für einen Verzicht auf bzw. den Abbruch von Wiederbelebungsmaßnahmen sollten in diesem Zusammenhang klar dokumentiert werden!
Exkurs: ToR-Regeln und „Slow Code“ [13]
- ToR-Regeln: Abbruchregeln für die Reanimation bei außerklinischem Herzstillstand (ToR = „Termination of Resuscitation“)
- Verschiedene Konzepte vorhanden, bspw.
- BLS-ToR-Regel (Basic Life Support) [14][15]
- ALS-ToR-Regel (Advanced Life Support) [14][16]
- Modifizierte Goto-ToR-Regel [17]
- Anwendung durch das International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) empfohlen
- Verschiedene Konzepte vorhanden, bspw.
- „Slow Code“: Umgangssprachliche Bezeichnung für eine absichtlich suboptimal durchgeführte Reanimation
- Wiederbelebungsmaßnahmen werden als aussichtslos bzw. nicht indiziert angesehen
- Reanimation erfolgt nur unter dem Vorwand, das Leben der betroffenen Person zu retten
- Bewertung des European Resuscitation Council: Irreführende Praxis, an der sich ärztliches Personal nicht beteiligen soll
Besondere Patientengruppen
Reanimation von Neugeborenen und Kindern
Das Vorgehen bei der Reanimation von Neugeborenen und Kindern weicht wegen anatomischer Besonderheiten und der meist respiratorischen Genese eines Kreislaufstillstandes in diesem Alter teilweise vom Vorgehen bei der Erwachsenenreanimation ab. Im Folgenden sind grundlegende Unterschiede zur Erwachsenenreanimation aufgeführt, die konkreten Reanimationsalgorithmen sind in den entsprechenden SOPs dargestellt: [5][18][19]
Allgemeines Vorgehen [5][20]
- Neugeborene unmittelbar nach der Geburt
- Initial fünf Beatmungshübe mit verlängerter Inspirationszeit (2–3 s); nachfolgend Wiederbeurteilung (Atmung, Herzfrequenz), sicheres Etablieren suffizienter Beatmung, erst anschließend Thoraxkompressionen
- Verhältnis Thoraxkompressionen zu Beatmung = 3:1
- Säuglinge, Kinder und Jugendliche
- Initial fünf Beatmungen, nachfolgend Wiederbeurteilung, erst anschließend Thoraxkompressionen
- Verhältnis Thoraxkompressionen zu Beatmung
- Einzel- oder Laienhelfende: 30:2
- Professionelle Helfende: 15:2
- Weiteres Vorgehen ist ähnlich dem bei Erwachsenen
Ein Kreislaufstillstand bei Neugeborenen, Säuglingen und Kindern ist meist respiratorisch bedingt. Daher steht die Beatmung stärker im Vordergrund als bei Erwachsenen! [5][20]
Ersthelfende ohne Kenntnisse der Reanimation von Kindern können den BLS-Algorithmus für Erwachsene anwenden!
Technik der Beatmung
Optimale Kopfposition
- Neugeborene und Säuglinge: Neutralposition oder Schnüffelstellung [19][21][22]
- Neutralposition
- Definition: Ausrichtung der Medianlinie parallel zur Auflage, Blickrichtung beim Geradeausblick senkrecht nach oben
- Einsatz: Zum Freimachen der Atemwege bei Neugeborenen/Säuglingen
- Durchführung: Schulterrolle (ca. 2 cm dickes Tuch unter den Schultern)
- Schnüffelstellung
- Durchführung: Nackenrolle unterlegen
- Neutralposition
- Kinder: Kopf überstrecken
Beatmung ohne Hilfsmittel
- Kinn anheben
- Neugeborene/Säuglinge
- Kinder: Mund-zu-Mund-Beatmung
Technik der Thoraxkompressionen
- Neugeborene/Säuglinge: Zwei-Finger- oder Zwei-Daumen-Technik
- Zwei-Finger-Technik
- Einsatz: Thoraxkompressionen durch Einzelhelfende
- Durchführung: Zwei Fingerspitzen (Zeige- und Mittelfinger) nebeneinander auf die untere Hälfte des Sternums setzen
- Zwei-Daumen-Technik
- Einsatz: Thoraxkompressionen durch mehrere Helfende
- Vorteil: Effektivste Technik für Thoraxkompressionen bei Neugeborenen und Säuglingen
- Durchführung: Unteren Teil des Thorax mit beiden Händen mit geschlossenen Fingern umfassen, beide Daumen auf das untere Drittel des Sternums setzen (neben- oder übereinander)
- Zwei-Finger-Technik
- Kinder: Kompression mit dem Handballen
Gefäßzugang bei Neugeborenen [23]
- Nabelvenenkatheter (NVK)
- Definition: Zentralvenöser Katheter, der in die Nabelvene (V. umbilicalis) Neugeborener eingeführt wird
- Indikation
- Reanimation Neugeborener
- Kritisch kranke Frühgeborene und reife Neugeborene
- Volumenzufuhr, Medikamentenapplikation inkl. vasoaktiver Substanzen
- Messung des zentralen Venendrucks (ZVD)
- Austauschtransfusion, Hämodilution
- Diagnostische Blutentnahmen möglich
- Kontraindikationen
- Fehlbildungen: Nabelfehlbildungen, Omphalozele, Gastroschisis
- Infektionen: Omphalitis, Peritonitis, nekrotisierende Enterokolitis
- Komplikationen
- Katheterassoziierte Infektion
- Pfortaderthrombose
- Verletzung des Leberparenchyms
- Anlage
- Katheter entlüften und im geschlossenen System verwenden, um Luftembolien zu vermeiden
- Desinfektion von Nabelschnurstumpf und umliegender Haut
- Abbinden der Nabelschnur proximal der Nabelschnurklemme
- Kürzen der Nabelschnur mit Skalpell
- Nabelvene mit Knopfsonde dilatieren
- Nabelvenenkatheter einführen und bis in die V. cava inferior vorschieben
- Lagekontrolle
- Unter Reanimation: Durch Aspiration von Blut
- Bei längerer Verwendung: Sonografie oder Röntgen von Thorax und Abdomen a.p.
- Fixierung des NVK
Einführlänge eines Nabelvenenkatheters [24] | |
---|---|
Geburtsgewicht (g) | Einführlänge (cm) |
<1.000 | 6 |
1.000–<1.500 | 7 |
1.500–<2.000 | 8 |
2.000–<2.500 | 9 |
≥2.500 | 10–12 |
Reanimation von Schwangeren [25]
Der Reanimationsalgorithmus bei Schwangeren entspricht dem Erwachsener. Allerdings sind die folgenden schwangerschaftsspezifischen Besonderheiten zu beachten.
- Atemwegssicherung [26]
- In der Schwangerschaft erschwert
- Ggf. frühzeitige endotracheale Intubation
- Thoraxkompressionen: Bei fortgeschrittener Schwangerschaft weiter kranial auf dem Sternum aufsetzen [26]
- Defibrillation: Bevorzugt Klebeelektroden verwenden [27]
- Ursachen des Kreislaufstillstandes untersuchen und behandeln (parallel zur Reanimation) [27]
- Schwangerschaftsabhängige Ursachen
- Blutung (siehe auch: Blutung während der Schwangerschaft; intra- und postpartale Blutung)
- Fruchtwasserembolie
- Sepsis/Triple I
- Hypertensive Schwangerschaftserkrankung und HELLP-Syndrom
- Anästhesiologische Komplikationen (bspw. Komplikationen bei rückenmarksnaher Regionalanästhesie)
- Medikamentennebenwirkungen (z.B. Oxytocin, Magnesium, Opioide)
- Nicht-schwangerschaftsabhängige Ursachen: Reversible Ursachen eines Kreislaufstillstands
- Schwangerschaftsabhängige Ursachen
- Verhinderung aortokavaler Kompression (parallel zur Reanimation, insb. ab 20. SSW) [27][28][29]
- Manuelle Uterusverlagerung nach links
- Linksseitenlagerung (15–30°), wenn weiterhin suffiziente Thoraxkompressionen gewährleistet sind
- Notsectio, wenn der Spontankreislauf nicht rasch (innerhalb von 4 min) wieder einsetzt
Die Behandlung sollte schnellstmöglich interdisziplinär (durch Anästhesie, Geburtshilfe und Neonatologie) erfolgen!
In der fortgeschrittenen Schwangerschaft komprimiert der gravide Uterus evtl. die V. cava inferior und/oder die Aorta abdominalis! Dadurch verringert sich ggf. die Effektivität der Reanimationsmaßnahmen! [28]
Sonstiges
- Präkordialer Faustschlag
- Kräftiger Faustschlag auf die untere Hälfte des Sternums
- Mechanische Erschütterung soll zur Konversion in einen regelmäßigen Herzrhythmus führen
- Durchführung nur in den ersten Sekunden eines beobachteten Herz-Kreislauf-Stillstandes sinnvoll
- Maßnahme wird in den aktuellen Reanimationsleitlinien nicht mehr erwähnt [32]
- Perkussionsstimulation („Percussion Pacing“) [4]
- Rhythmische Faustschläge (50–70/min) auf den linken Rand des Sternums
- Mechanische Erschütterung soll elektrische Herzerregung hervorrufen
- Durchführung kann bei extremer Bradyarrhythmie erwogen werden
- Wirksamkeit der Maßnahme nicht erwiesen
- Hustenreanimation („Cough CPR“)
- Tiefer Atemzug gefolgt von kräftigem, rhythmischem Husten
- Resultierende linksatriale/-ventrikuläre und aortale Druckerhöhung soll zur Stabilisierung des Herzrhythmus führen
- Durchführung nur bei erhaltenem Bewusstsein durch die betroffene Person selbst möglich
Die wichtigste Maßnahme bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand ist die ohne Zeitverlust konsequent durchgeführte Herzdruckmassage!
Perkussionsstimulation und Hustenreanimation können zwar im Einzelfall erwogen werden, dürfen jedoch keinesfalls die leitliniengerechten Reanimationsmaßnahmen verzögern!
Studientelegramme zum Thema
- HOMe Studientelegramme Innere Medizin
- Studientelegramm 189-2021-1/3: Die VAM-IHCA-Studie – ernüchternde Daten zur “In-Hospital-Reanimation”
- Studientelegramm 41-2018-1/3: Under Pressure – Adrenalin bei Reanimationen?
- One-Minute Telegram (aus unserer englischsprachigen Redaktion)
- One-Minute Telegram 107-2024-1/3: Shocking news: defibrillator pad positioning may affect ROSC in cardiac arrest
- One-Minute Telegram 65-2022-2/3: Better outcomes with alternative defibrillation strategies
- One-Minute Telegram 57-2022-1/3: Cooling after out-of-hospital cardiac arrest mitigates the association between higher epinephrine doses and poor neurological outcomes
- One-Minute Telegram 37-2021-2/3: Vasopressin plus methylprednisolone for cardiac arrest: Can a cocktail save lives?
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AMBOSS-Podcast zum Thema
AMBOSS-Award 2024: Region der Lebensretter e.V. (Dezember 2024)
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