Zusammenfassung
Xeroderma pigmentosum ist eine seltene Erbkrankheit, die durch eine Störung der Nukleotidexzisionsreparatur verursacht wird. Betroffene haben ein hohes Risiko für Haut- und Augenschäden durch UV-Strahlung, z.B. Sonnenbrand, prämaligne und maligne Hautläsionen, trockene Augen und Keratitis. Zudem kann eine progressive Neurodegeneration auftreten, die das Gehör und den Gang beeinträchtigt. Gentests können die Diagnose bestätigen. Die Behandlung konzentriert sich auf die Vorbeugung von UV-bedingten Haut- und Augenschäden durch strenge Lichtschutzmaßnahmen, häufige Untersuchungen auf Komplikationen und die Behandlung von Haut-, Augen- und/oder neurologischen Manifestationen, sofern dies angezeigt ist.
Epidemiologie
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Autosomal-rezessiver Erbgang [2]
- Genetische Mutationen verursachen Defekte der Nukleotidexzisionsreparatur
Symptomatik
- Hautmanifestationen [2]
- Beginn in der frühesten Kindheit
- Blasenbildende Verbrennungen nach minimaler Sonneneinstrahlung bei ca. 60% der Betroffenen [1]
- Lentigines solares, Xerosis cutis und Poikilodermie durch wiederholte Exposition gegenüber Sonnenlicht
- Entstehung von Präkanzerosen (z.B. aktinische Keratosen) und malignen Hauttumoren bereits in der frühen Kindheit [2]
- Okuläre Manifestationen [1][3]
- Photophobie und trockene Augen
- Atrophie der Augenlider, Verlust der Wimpern
- Keratitis, Hornhauttrübung, Sehverlust
- Malignome
- Neurologische Manifestationen: Progressive Neurodegeneration bei ca. 25% der Betroffenen [2]
- Kognitive Beeinträchtigung
- Schallempfindungsschwerhörigkeit
- Ataxie
- Spastik [4]
- Verminderte tiefe Muskeldehnungsreflexe
Bei Patient:innen mit Xeroderma pigmentosum verursacht minimale UV-Strahlung oft schwere Hautschäden und erhöht das Hautkrebsrisiko! [1]
Diagnostik
- Diagnosestellung durch spezialisierte Zentren
- Genetische Tests [4]
- Zellulärer Test auf defekte DNA-Nukleotidreparatur aus einer Stanzbiopsieprobe von minimal sonnenexponierter Haut [1]
Xeroderma pigmentosum kann pränatal mittels Fruchtwasseruntersuchung oder Chorionzottenbiopsie diagnostiziert werden! [4]
Differenzialdiagnosen
- Weitere Erkrankungen mit gestörter DNA-Reparatur
- Weitere Erkrankungen mit gesteigerter Fotosensibilität, z.B.
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Prävention von Schäden durch UV-Strahlung [1][5]
- Strenge Sonnenschutzmaßnahmen für Haut und Augen
- Hautkrebsscreening und augenärztliche Untersuchung alle 3–6 Monate [5][6]
- Ggf. pharmakologische Prävention von Plattenepithelkarzinomen der Haut erwägen, z.B. mittels systemischer Retinoide [3]
Personen mit Xeroderma pigmentosum haben ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin-D-Mangel, da sie weniger UV-Licht ausgesetzt sind. Der Vitamin-D-Spiegel sollte daher regelmäßig überprüft und ein Mangelzustand behandelt werden! [3][7]
Management spezifischer Krankheitsmanifestationen [1][6]
- Behandlung durch ein multidisziplinäres Behandlungsteam (z.B. Dermatologie, Ophthalmologie und Neurologie)
- Hauterkrankungen [4]
- Rechtzeitige und angemessene Therapie von
- Präkanzerosen, siehe z.B. Therapie aktinischer Keratosen
- Malignen Hauttumoren, siehe z.B. Therapie des Plattenepithelkarzinoms der Haut, Malignes Melanom - Therapie des Primärtumors
- Rechtzeitige und angemessene Therapie von
- Augenerkrankungen
- Symptomatische Therapie bei trockenen Augen (z.B. Tränenersatzmittel) [8]
- UV-protektive Kontaktlinsen
- Behandlung von UV-induzierten Augenschäden und Tumoren
- Neurologische Erkrankungen [1][5]
- Regelmäßiges Screening auf Hörverlust
- Nach Bedarf Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie [6]
Allgemeines [1]
- Humangenetische Beratung: Sollte allen Betroffenen angeboten werden
- Ressourcen für den Umgang mit psychosozialen Problemen zur Verfügung stellen, z.B. [7]
- Selbsthilfegruppen für Betroffene und Angehörige
- Psychologische Beratung
Komplikationen
- Maligne Hauttumoren in jungem Alter (<20 Jahre)
- Maligne Tumoren des Auges
- Hirntumoren
- Lungenkarzinom
Personen mit Xeroderma pigmentosum haben ein erhöhtes Risiko für Lungenkrebs und sollten auf Tabakkonsum verzichten! [3]
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- Variable Lebenserwartung, erheblich eingeschränkt bei [1][3]
- Neurologischen Manifestationen
- Unzureichendem UV-Schutz
- Haupttodesursache: Maligne Hauttumoren [3]
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- Q82.-: Sonstige angeborene Fehlbildungen der Haut
- Exklusive: Acrodermatitis enteropathica (E83.2), angeborene erythropoetische Porphyrie (E80.0), Pilonidalzyste oder Pilonidalsinus (L05.‑), Sturge-Weber- (Dimitri‑) Syndrom (Q85.8)
- Q82.1: Xeroderma pigmentosum
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.