Zusammenfassung
Hirntumoren können wie alle Tumoren histologisch benigne oder maligne sein. Maligne Tumoren sind durch Infiltration von hirneigenem Gewebe rasch lebenslimitierend, aber auch benigne Tumoren gehen nicht selten mit einer schlechten Lebenserwartung einher, da das Hirngewebe in seiner vorgegebenen Knochenschutzhülle (dem Schädel) dem Tumorwachstum nicht ausweichen kann. Folglich sind lebenslimitierende Einklemmungen aufgrund einer Erhöhung des Hirndrucks möglich. Erstsymptome stellen in der Regel diffuse Kopfschmerzen oder epileptische Anfälle dar. Die Lokalisation des Hirntumors bestimmt die klinischen Symptome; so können bspw. Tumoren des Frontalhirns durch psychische Veränderungen im Sinne einer vermehrten Reizbarkeit oder auffälliger Gedächtnisschwäche symptomatisch werden. Störungen des Bewusstseins und neurologische Ausfälle sind Spätsymptome oder Zeichen eines schnellen Tumorwachstums. Die Verdachtsdiagnose wird durch eine MRT bestätigt. Bei unklaren Befunden werden die Raumforderungen zunächst im Verlauf kontrolliert, Heilung verspricht jedoch nur die vollständige Entfernung des Tumors. Postoperativ kann mittels histologischer Differenzierung des Tumors in WHO-Grad I–IV eine grobe Prognose abgeschätzt werden. Ist der Tumor maligne, folgt oftmals eine Bestrahlung u./o. Chemotherapie.
Die WHO-Klassifikation der Tumoren des zentralen Nervensystems wurde 2021 von der WHO überarbeitet und angepasst. [1] In diesem Kapitel führen wir die WHO-Klassifikation der Tumoren des zentralen Nervensystems (2021) auf, sie ist jedoch ansonsten noch nicht vollständig in unsere Inhalte eingearbeitet. Die AMBOSS-Redaktion bittet um Entschuldigung, dass sich die Aktualisierung unserer Inhalte an dieser Stelle verzögert.
Epidemiologie
- Zweithäufigste maligne Tumorerkrankung des Kindesalters (ca. 20% der kindlichen Krebserkrankungen)
- Lokalisation: Zumeist intrakraniell (ca. 45% supratentoriell, ca. 52% infratentoriell), selten intraspinal (ca. 3%)
- Ca. 2% der Krebserkrankungen im Erwachsenenalter
- Lokalisation: Meist supratentoriell
Allgemeine Symptome von Hirntumoren
- Diffuse Kopfschmerzen
- Epileptische Anfälle
- Wesensänderung
- Fokal-neurologische Ausfälle (Paresen, Aphasie)
- Siehe auch: Hirndruckzeichen (Nüchternerbrechen, Vigilanzstörungen etc.)
Allgemeine radiologische Zeichen eines malignen Hirntumors
Bei klinischem Verdacht auf einen Hirntumor wird in erster Linie eine MRT mit oder ohne Kontrastmittel durchgeführt. Die folgenden radiologischen Zeichen sprechen für ein malignes Geschehen:
- Starke, inhomogene KM-Aufnahme (durch gesteigerte Vaskularisation)
- Nekrotische Areale innerhalb des Tumors
- Gefäßinfiltration
- Unregelmäßige Begrenzung
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Infiltration der Liquorräume → Konsekutive Liquorzirkulationsstörung mit Hydrozephalus möglich
Klassifikation und WHO-Einteilung von Hirntumoren
Hirntumoren werden gemäß der „WHO-Klassifikation der Tumoren des zentralen Nervensystems“ eingeteilt. Dabei wird für jeden Hirntumor die passende Klassifikation und die passende Gradeinteilung (WHO-Grad) vergeben.
Die WHO-Klassifikation der Tumoren des zentralen Nervensystems wurde 2021 von der WHO überarbeitet und angepasst. [1] Im Folgenden führen wir die neue Fassung auf; sie ist jedoch ansonsten noch nicht vollständig in unsere Inhalte eingearbeitet. Die AMBOSS-Redaktion bittet um Entschuldigung, dass sich die Aktualisierung unserer Inhalte an dieser Stelle verzögert.
WHO-Klassifikation für Hirntumoren
- Bezeichnet den Tumortyp ausgehend von der Tumorhistologie (d.h. vorliegendes Wachstumsmuster/Gewebsarchitektur, vorkommende Zelltypen)
- Berücksichtigt seit 2016 auch definierte genetische Abweichungen im Tumorgewebe (sog. molekulare Biomarker wie bspw. die IDH-Mutation)
- Beispiel: „Anaplastisches Astrozytom, IDH-mutiert“
- Für einen Überblick zu den häufigsten Entitäten der neuen Klassifikation siehe: WHO-Klassifikation der Tumoren des zentralen Nervensystems (2021)
WHO-Gradeinteilung für Hirntumoren (WHO-Grad I–IV)
- Jeder klassifizierte Tumor hat seinen zugehörigen WHO-Grad, z.B. „Anaplastisches Astrozytom, IDH-mutiert (WHO-Grad III)“
- Der WHO-Grad basiert auf histologischen Malignitätskriterien (z.B. Zellkernatypien, mitotische Aktivität, invasiv-destruierendes Wachstum, Nekrosen)
- Ist eines von mehreren Kriterien, die Auskunft über die prognostizierte Überlebenszeit des Patienten geben
WHO-Grade der häufigsten Hirntumoren | ||
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WHO-Grad | Prognose bei Therapie | Häufigste hirneigene Tumoren |
I |
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II |
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III |
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IV |
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WHO-Klassifikation der Tumoren des zentralen Nervensystems (2021)
Im Vergleich zur alten Klassifikation von 2016 wurden u.a. den molekularen Biomarkern eine größere Bedeutung beigemessen, neue Tumorentitäten ergänzt oder die Nomenklatur bestehender Entitäten angepasst sowie eine flexiblere Gradeinteilung der einzelnen Tumoren ermöglicht. Aus Übersichtsgründen wird hier nur eine Auswahl der häufigsten Entitäten dargestellt. Für die vollständige Klassifikation sowie eine Auflistung der vorgenommenen Änderungen im Vergleich zur alten Klassifikation sei auf die Originalquelle verwiesen. [1]
- Gliome
- Diffuse Gliome vom adulten Typ
- Umschriebene astrozytische Gliome
- Ependymale Tumoren (Ependymome)
- Embryonale Tumoren
- Tumoren der kranialen und paraspinalen Nerven
- Schwannom (bspw. Akustikusneurinom)
- Neurofibrom
- Meningeome
- Hämatolymphoide Tumoren
- Tumoren der Sellaregion
- Kraniopharyngeom, adamantinomatös oder papillär
- Hypophysenadenom
- Hirnmetastasen
Differenzialdiagnose Hirntumor
- Hinweis: Astrozytom (inklusive Glioblastom) und Oligodendrogliom sowie Meningeom und Neurinom werden in eigenen Kapiteln behandelt.
Medulloblastom | Ependymom | Kraniopharyngeom | Hirnmetastase | |
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Kurzbeschreibung |
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Alter |
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Lokalisation |
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Symptome |
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MRT/CT |
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Additive Diagnostik |
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Therapie |
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WHO-Grad |
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Prognose |
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- C70.-: Bösartige Neubildung der Meningen
- C70.0: Hirnhäute
- C70.1: Rückenmarkshäute
- C70.9: Meningen, nicht näher bezeichnet
- C71.-: Bösartige Neubildung des Gehirns
- Exklusive: Hirnnerven (C72.2–C72.5), Retrobulbäres Gewebe (C69.6)
- C71.0: Zerebrum, ausgenommen Hirnlappen und Ventrikel
- Supratentoriell o.n.A.
- C71.1: Frontallappen
- C71.2: Temporallappen
- C71.3 Parietallappen
- C71.4: Okzipitallappen
- C71.5: Hirnventrikel
- Exklusive: IV. Ventrikel (C71.7)
- C71.6: Zerebellum
- C71.7: Hirnstamm
- Infratentoriell o.n.A.
- IV. Ventrikel
- C71.8: Gehirn, mehrere Teilbereiche überlappend
- C71.9: Gehirn, nicht näher bezeichnet
- C72.-: Bösartige Neubildung des Rückenmarkes, der Hirnnerven und anderer Teile des Zentralnervensystems
- Exklusive: Meningen (C70.‑), Periphere Nerven und autonomes Nervensystem (C47.‑)
- C72.0: Rückenmark
- C72.1: Cauda equina
- C72.2: Nn. olfactorii [I. Hirnnerv]
- C72.3: N. opticus [II. Hirnnerv]
- C72.4: N. vestibulocochlearis [VIII. Hirnnerv]
- C72.5: Sonstige und nicht näher bezeichnete Hirnnerven
- Hirnnerven o.n.A.
- C72.8: Gehirn und andere Teile des Zentralnervensystems, mehrere Teilbereiche überlappend
- C72.9: Zentralnervensystem, nicht näher bezeichnet
- Nervensystem o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.