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Retinoide

Letzte Aktualisierung: 9.9.2024

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Retinoide werden therapeutisch bei unterschiedlichen Indikationen eingesetzt. Sie kommen sowohl in der Dermatologie als auch bei onkologischen Erkrankungen zum Einsatz. Für viele Indikationen gibt es keine offizielle Zulassung, sodass sie im Off-Label Use angewandt werden. Mit Retinoiden werden sehr gute Therapieeffekte erzielt, gleichzeitig muss der Einsatz aufgrund der Teratogenität und der z.T. schweren Nebenwirkungen sorgfältig abgewogen und bestimmte Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden. Chemisch betrachtet sind die Retinoide mit Retinol (Vitamin A) verwandt und können über die Bindung an bestimmte Rezeptoren die Expression von Zielgenen unterdrücken oder stimulieren.

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Tretinointoggle arrow icon

Tretinoin (All-trans-Retinsäure, ATRA) [1][2]

Applikation Topisch Systemisch
Zugelassene Indikation
Off-Label Use
Kontraindikationen
Nebenwirkungen
DANI/DALI
  • Bei schweren Leber- und Nierenfunktionsstörungen Dosisreduktion auf 25 mg/m2KOF/d erforderlich
Gravidität/Stillzeit
  • Schwangerschaft und Stillzeit: Kontraindikation
  • Kontrazeption 1 Monat vor, während und bis einschließlich 1 Monat nach Beendigung der Therapie
Standarddosierung
  • Tretinoin 45 mg/m2KOF/d aufgeteilt auf 2 Dosen in allen Therapiephasen
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Isotretinointoggle arrow icon

Isotretinoin (13-cis-Retinsäure) [5][6]

Applikation Topisch Systemisch
Zugelassene Indikation
  • Schwere Formen der Acne vulgaris bei Therapieresistenz ggü. systemischer Antibiotikatherapie in Kombination mit lokaler Therapie [3]
Off-Label Use
Kontraindikationen
Nebenwirkungen
DANI/DALI
  • Schwere Niereninsuffizienz: Therapiebeginn mit niedriger Dosis (z.B. 10 mg/d), Dosissteigerung bis zur max. verträglichen Dosis bzw. max. 1 mg/kgKG/d
  • Lebererkrankungen
Gravidität/Stillzeit
  • Schwangerschaft: Sollte in Schwangerschaft oder im gebärfähigen Alter ohne zuverlässige Kontrazeption nicht angewendet werden
  • Stillzeit: Sollte nicht während der Stillzeit angewendet werden
  • Schwangerschaft und Stillzeit: Kontraindikation
  • Kontrazeption 1 Monat vor, während und bis einschließlich 1 Monat nach Beendigung der Therapie
Dosierung
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Alitretinointoggle arrow icon

Alitretinoin (9-cis-Retinsäure) [10][11]

Applikation Topisch Systemisch
Zugelassene Indikation
Off-Label Use
Kontraindikationen
Nebenwirkungen
DANI/DALI
  • Nierenfunktionsstörung
    • Schwere Nierenfunktionsstörung/terminale Niereninsuffizienz: Kontraindikation
    • Mittelschwere Nierenfunktionsstörung: Anwendung nicht empfohlen
    • Leichte Nierenfunktionsstörung: Keine Dosisanpassung erforderlich
  • Leberfunktionsstörung: Kontraindikation
Gravidität/Stillzeit
  • Gravidität: Kontraindikation
  • Stillzeit: Kontraindikation
  • Schwangerschaft und Stillzeit: Kontraindikation
  • Kontrazeption 1 Monat vor, während und bis einschließlich 1 Monat nach Beendigung der Therapie
Standarddosierung
  • Alitretinoin 2×/d auf die Läsionen auftragen, alle 2 Wochen Dosissteigerung auf max. 3–4×/d möglich
    • Dosisreduktion bei Auftreten von Hautreizungen
    • Therapiedauer: Initial 12 Wochen, bei Ansprechen der Läsionen und Verträglichkeit kann die Therapie fortgeführt werden
  • Alitretinoin initial 30 mg/d, bei schweren Nebenwirkungen Reduktion auf 10 mg/d
    • Therapiedauer 12–24 Wochen, Therapieabbruch bei (fast) vollständigem Abklingen der Beschwerden bzw. wenn sich nach 12 Wochen keine Besserung ergeben hat
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Acitretintoggle arrow icon

Acitretin [12]

Applikation Systemisch
Zugelassene Indikation
Off-Label Use
Kontraindikationen
Nebenwirkungen
DANI/DALI
  • Schwere Nierenfunktionsstörung: Kontraindikation
  • Schwere Leberfunktionsstörung: Kontraindikation
    • Bei bleibender Erhöhung der Leberfunktionsparameter unter Therapie: Therapieabbruch
Gravidität/Stillzeit
  • Schwangerschaft und Stillzeit: Kontraindikation
  • Kontrazeption 1 Monat vor, während und bis einschließlich 3 Jahre nach Beendigung der Therapie
Dosierung
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Adapalentoggle arrow icon

Adapalen [15]

Applikation Topisch
Zugelassene Indikation
Kontraindikationen
Nebenwirkungen
Gravidität/Stillzeit
  • Gravidität: Kontraindikation
  • Stillzeit: Nicht im Brustbereich anwenden
Dosierung
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Bexarotentoggle arrow icon

Bexaroten [16]

Applikation Systemisch
Zugelassene Indikation
Kontraindikationen
Nebenwirkungen
DANI/DALI
Gravidität/Stillzeit
  • Schwangerschaft und Stillzeit: Kontraindikation
  • Kontrazeption 1 Monat vor, während und bis einschließlich 1 Monat nach Beendigung der Therapie
  • Männer unter Therapie müssen für die Zeitspanne ein Kondom verwenden!
Standarddosierung
  • Bexaroten initial 300 mg/m2 KOF/d, bei schweren Nebenwirkungen ggf. Reduktion auf 200 mg/m2 KOF/d bzw. 100 mg/m2 KOF/d, Dosissteigerung möglich, Dosen von >650 mg/m2 KOF/d wurden nicht geprüft
  • Therapiedauer: Solange Nutzen besteht
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Allgemeine Nebenwirkungentoggle arrow icon

Allgemeine Nebenwirkungen bei topischer Anwendung von Retinoiden

Allgemeine Nebenwirkungen bei systemischer Anwendung von Retinoiden

Allgemeine Nebenwirkungen bei systemischer Anwendung von Retinoiden
Organsystem Ausgewählte Nebenwirkungen
Psyche Verwirrtheit, Angstzustände, Depression, Schlaflosigkeit
Nervensystem Kopfschmerzen, erhöhter intrakranieller Druck (Pseudotumor cerebri), Schwindel, Parästhesien
Augen Trockenheit, Nachtblindheit, Erkrankungen der Bindehaut
Atemwege Trockene Nasenschleimhäute
Gastrointestinaltrakt Mundtrockenheit, Übelkeit, Erbrechen, Abdominalschmerz, Diarrhö, Obstipation, Pankreatitis, Cheilitis
Haut und Hautanhangsgebilde Erythem, Ausschlag, Pruritus, Alopezie, Hyperhidrosis
Skelettsystem Knochenschmerzen
Allgemeines Appetit↓, Schüttelfrost, Unwohlsein
Laborparameter Erhöhung der Serumwerte für Triglyceride, Kreatinin, Cholesterin, Transaminasen [22]

Die Nebenwirkungen entsprechen einer Hypervitaminose A!

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Allgemeine Kontraindikationentoggle arrow icon

Allgemeine Kontraindikationen bei topischer Anwendung von Retinoiden

Allgemeine Kontraindikationen bei systemischer Anwendung von Retinoiden

  • Schwangerschaft, Stillzeit, Frauen in gebärfähigem Alter ohne Kontrazeption: Starke teratogene Wirkung bereits nach kurzzeitiger Anwendung
    • Sichere Kontrazeption muss gewährleistet sein, Schwangerschaftstests müssen monatlich erfolgen
    • Bei der Therapie von Männern unter den meisten Wirkstoffen keine Erhöhung der embryonalen Fehlbildungsrate
      • Konzentration in der Samenflüssigkeit nicht ausreichend, um teratogene Effekte zu bewirken
      • Ausnahme Bexaroten! → Kondom muss verwendet werden
  • Schwere Leberfunktionsstörungen
  • Schwere Nierenfunktionsstörungen
  • Hypervitaminose A
  • Gleichzeitige Anwendung von Vitamin A oder anderen Retinoiden
  • Gleichzeitige Tetracyclinbehandlung: Gefahr eines Pseudotumor cerebri
  • Überempfindlichkeit gegenüber Inhaltsstoffen oder Retinoiden, Soja oder Erdnüssen
  • Rote-Hand-Brief zu oralen Retinoiden (Acitretin, Alitretinoin und Isotretinoin): Sorgfältige Patientenselektion und ausführliche Aufklärung in Bezug auf mögliche neuropsychiatrische Nebenwirkungen (insb. Depressionen); absolute Kontraindikation bei Kinderwunsch und während der Schwangerschaft aufgrund der starken Teratogenität [23][24]

Keine Kombination von oralen Retinoiden und Tetracyclinen, da die Entstehung eines Pseudotumor cerebri droht!

Aufgrund der starken Teratogenität muss vor der Therapie mit oralen und topischen Retinoiden eine Schwangerschaft ausgeschlossen und eine sichere Kontrazeption gewährleistet werden!

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Therapieempfehlungentoggle arrow icon

Aufklärung vor systemischer Therapie [7][23][25]

Aufgrund der Teratogenität und der z.T. schwerwiegenden Nebenwirkungen ist eine sorgfältige Aufklärung inkl. Dokumentation essenziell. Das Aushändigen der Patientenbroschüre ist Teil der Aufklärung. Minderjährige müssen im Beisein von mind. einer erziehungsberechtigten Person aufgeklärt werden, bei Sprachbarriere muss die Übersetzung gesichert sein.

  • Kontraindikationen: Erfragen bzw. ausschließen
  • Teratogenität
    • Aufklärung sowohl männlicher als auch weiblicher Patient:innen über das Risiko von Fehlbildungen und Fehlgeburten
    • Patientinnen dürfen während der Therapie und bis 1 Monat/bis zu 3 Jahren (Acitretin) nach Therapieende nicht schwanger werden
    • Patientinnen im gebärfähigen Alter müssen sichere Verhütung entsprechend des Schwangerschaftsverhütungsprogramms betreiben
    • Regelmäßige Schwangerschaftstests bei Patientinnen im gebärfähigen Alter
    • Bei der Therapie von Männern unter den meisten Wirkstoffen keine Erhöhung der embryonalen Fehlbildungsrate
      • Konzentration in der Samenflüssigkeit nicht ausreichend, um teratogene Effekte zu bewirken
      • Ausnahme Bexaroten! → Kondom muss verwendet werden
    • Keine Weitergabe des Medikaments, eventuelle Restbestände nach Therapieende in der Apotheke abgeben
    • Keine Blutspende während der Therapie und bis 1 Monat/3 Jahre (Acitretin) nach Therapieende
  • Nebenwirkungen
  • Patientenbroschüre aushändigen, Checkliste durchgehen und Bestätigungsformular unterschreiben lassen (siehe: Checkliste/Bestätigungsformular für die Ärztin/den Arzt für die Verschreibung von Acitretin, Alitretinoin, Isotretinoin [25])

Überwachung bei systemischer Therapie

Schwangerschaftsverhütungsprogramm bei systemischer Therapie mit Retinoiden [23][25]

  • Entsprechend der Empfehlungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte
  • Geltungsbereich: Frauen im gebärfähigen Alter
  • Aufklärung: Teratogenität, Konsequenzen einer Schwangerschaft unter Therapie
  • Verhütung
    • Gynäkologische Beratung über Verhütungsmethoden
    • Akzeptanz der Methode essenziell für Adhärenz
    • Mind. eine anwenderunabhängige Methode oder zwei sich ergänzende anwenderabhängige Methoden
    • Beginn mind. 1 Monat vor Therapiestart, Ende frühestens 1 Monat/3 Jahre (Acitretin) nach Therapieende
  • Schwangerschaftstest
    • Erster Test mind. 1 Monat nach Beginn der Verhütungsmethode und innerhalb der letzten 3 Tage vor der ersten Verordnung
    • Kontrollschwangerschaftstests monatlich, am Tag der Verschreibung oder bis zu 3 Tage zuvor
    • Verschreibung auf 30 Tage begrenzen, Verschreibung ist nur für 6 Tage gültig
    • Letzter Test einen Monat nach Therapieende bzw. bei Acitretin weiterhin alle 1–3 Monate bis insg. 3 Jahre nach Therapieende
  • Maßnahmen bei (möglicher) Schwangerschaft
  • Rote-Hand-Brief zu Retinoiden: Sorgfältige Patientenselektion und ausführliche Aufklärung in Bezug auf erhöhte Teratogenität und mögliche neuropsychiatrische Nebenwirkungen [23]
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