Zusammenfassung
Zu den benignen Erkrankungen der weiblichen Brust zählen entzündliche Geschehen und benigne tumoröse Veränderungen. Als Hauptvertreter der entzündlichen Erkrankungen der weiblichen Brust gilt die Mastitis, die sowohl während der Stillzeit (Mastitis puerperalis) als auch außerhalb dieser (Mastitis non-puerperalis) auftreten kann. Hierbei kommt es aufgrund unterschiedlicher Ätiologien (bakterielle Infektion, Sekretstau, Hautverletzungen etc.) zu einer Entzündung des Drüsengewebes. Klinisch äußert sich diese in den typischen lokalen Entzündungserscheinungen Rötung, Schmerzen und Überwärmung, die häufig von Fieber begleitet werden. Die Behandlung der unterschiedlichen Mastitisformen besteht in der kombinierten Anwendung lokaler physikalischer Maßnahmen (z.B. Kühlung) und einer systemischen Antibiotikagabe zur Behandlung der bakteriellen Infektion. Bei unbehandelt fortschreitenden Infektionsprozessen droht die Bildung eines Abszesses, der operativ mittels Punktion oder Inzision und Drainage entlastet werden muss.
Benigne tumoröse Erkrankungen der Mamma umfassen verschiedenste Diagnosen wie bspw. Lipome, Zysten oder Fibroadenome. Die häufigste Brusterkrankung aus dem benignen Formenkreis ist jedoch die Mastopathie, von der etwa die Hälfte aller Frauen zwischen dem 35. und 65. Lebensjahr betroffen ist. Als Mastopathie werden zyklusabhängige (prämenstruell), proliferierende Veränderungen der Mamma bezeichnet, die vermutlich durch eine hormonelle Dysregulation u.a. zu einem knotigen Umbau der Brust führen können. Die Mastopathie kann in verschiedene Schweregrade unterteilt werden, wobei ausgeprägte Befunde (proliferative Mastopathie mit Atypien) mit einem deutlich erhöhten Karzinomrisiko einhergehen. Therapeutisch bedarf die einfache Mastopathie meist keiner Maßnahmen; bei Beschwerden kann eine lokale oder systemische Hormongabe erfolgen. In schweren Fällen einer proliferativen Mastopathie mit Atypien erfolgt aufgrund des Malignitätspotenzials ein operatives Vorgehen bis hin zur Mastektomie.
Entzündliche Erkrankungen der Mamma
Übersicht
- Mastitis: Entzündung des Drüsengewebes
- Mammaabszess
- Mamillenekzem
Mastitis non-puerperalis
- Definition: Umfasst alle abakteriellen oder bakteriellen Entzündungen der Brust, die außerhalb der Stillzeit auftreten
- Für Informationen zu Entzündungen der Brust während der Stillzeit siehe auch: Mastitis puerperalis
- Epidemiologie: 0,1–2% der gynäkologischen Patientinnen [1]
- 60% der Patientinnen sind <30 Jahre
- Ätiologie
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Bakteriell: Meist Mischinfektion des Brustdrüsengewebes über das Milchgangsystem (selten über den Blutweg)
- Keimspektrum
- 40% Staphylococcus aureus und koagulasenegative Staphylokokken
- 10–20% Anaerobier
- <5% Streptokokken, E. coli u.a.
- Prädisponierende Faktoren, u.a.
- Brusthautverletzungen als Eintrittspforte (z.B. Piercing)
- Rauchen
- Medikamente, z.B. Ovulationshemmer mit hohem Östrogenanteil
- Keimspektrum
- Abakteriell: Hyperprolactinämie unterschiedlicher Genese (z.B. medikamentös, hormonell oder stressinduziert) → Sekretstau → Duktektasie → Periduktale Milcheinlagerung → Abakterielle Entzündung
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Bakteriell: Meist Mischinfektion des Brustdrüsengewebes über das Milchgangsystem (selten über den Blutweg)
- Symptome
- Lokal: Schmerzen, Rötung, und Überwärmung der Brust (unilateral)
- Schwellung der ipsilateralen Lymphknoten in 50%
- Systemisch: Fieber, selten Fortschreiten bis hin zur Sepsis
- Lokal: Schmerzen, Rötung, und Überwärmung der Brust (unilateral)
- Therapie
- Kühlung
- Systemische antibiotische Therapie mit Clindamycin
- Alternativ Flucloxacillin plus Metronidazol
- Ggf. Prolaktinhemmer (z.B. Bromocriptin)
- Bei Abszessbildung: Chirurgische Inzision und Drainage
- Komplikation: Mammaabszess
- Differenzialdiagnosen: Inflammatorisches Mammakarzinom, M. Paget der Mamille
Rezidivierende Verläufe der non-puerperalen Mastitis sind trotz erfolgreicher und adäquater Therapie nicht selten!
Tritt trotz Therapie keine Besserung der Symptomatik ein, sollte eine weitere Diagnostik zum Ausschluss eines malignen Prozesses veranlasst werden (Mammografie, Biopsie)!
Benigne tumoröse Veränderungen der Mamma
Übersicht
- Milchgangspapillom (intraduktales Papillom)
- Fibroadenom der Mamma
- Mastopathie
- Lipom, Hamartom, Atherom
- Zyste
- Schwellung im Rahmen des Brustwachstums bzw. der -differenzierung in der Thelarche
Milchgangspapillom (intraduktales Papillom)
- Definition: Zentrale (solitäre, retromamilläre) und periphere, benigne Epithelproliferation der Milchgänge
- Bei multiplen Papillomen: Milchgangspapillomatose
- Klinische Bedeutung: Assoziation mit in situ- oder invasiven Karzinomen
- Ipsilaterales Karzinomrisiko erhöht
- Charakteristika
- I.d.R. kleine Befunde, die nicht palpabel sind
- Häufig spontane seröse oder ggf blutige Mamillensekretion
- Diagnostik: Galaktografie und histologische Abklärung
- Therapie
- Bei vollständiger Entfernung von einem solitären Papillom in der Stanz-/Vakuumbiopsie: Keine weiteren Therapiemaßnahmen erforderlich
- Bei atypischem oder multiplen Papillomen: Exzision über Milchgangsexstirpation
Fibroadenom der Mamma
- Definition: Benigner Mischtumor aus bindegewebigen/mesenchymalen (Fibrom) und drüsigen/epithelialen Anteilen (Adenom)
- Epidemiologie [2]
- Lebenszeitprävalenz: 10% aller Frauen betroffen
- Häufigster benigner Brusttumor, der Anteil liegt bei 75% der Fälle [3]
- Häufigkeitsgipfel ca. 20.–30. Lebensjahr
- Ätiologie: Fetal versprengtes Gewebe mit östrogenabhängigem Wachstum [4]
- Histologie
- Intra- oder perikanalikuläres Wachstum
- Mitunter ausgedehnte Epithelproliferationen
- Selten reine Fibrome bzw. Adenome
- Makroskopisch gut begrenzt, gelappt, weißlich-glänzende Schnittfläche [2]
- Symptome
- Meist nicht schmerzhafter Knoten
- Langsames Wachstum bzw. konstante Größe (oft 1–3 cm) [5]
- Meist solitär, in ca. 20% multipel oder beidseits
- Diagnostik
- Anamnese: Insb. Größenprogredienz und Familienanamnese beachten
- Klinische Untersuchung
- Beidseitige Palpation der gesamten Brust
- Befund: Leicht verschieblich, deutlich abgrenzbar, elastisch-feste Konsistenz
- Sonografie
- Immer beidseits
- Befund: Solider, echoarmer, scharf begrenzter Knoten mit homogenem Binnenecho und verstärkter Schallfortleitung
- Sonopalpation : Meist wenig komprimierbar, sehr mobil
- Sonografische Stanz- oder Vakuumbiopsie [6]
- Zur Diagnosesicherung, insb. wenn durch Palpation, Sonografie oder Mammografie nicht eindeutig bewiesen werden kann, dass es sich um einen benignen Befund handelt [4]
- Unklarer Befund in der Sonografie (BI-RADS 4)
- Neuer Tastbefund bei postmenopausaler Patientin
- Positive Familienanamnese
- Risikofaktoren (BRCA-Mutation)
- Obligat bei Größenprogredienz
- Ggf. im Verlauf wiederholen
- Mammografie
- Bei Frauen >40 Jahre erwägen [4]
- Befund: Homogene Verschattung
- Differenzialdiagnosen: Die Unterscheidung der einzelnen Differenzialdiagnosen erfolgt histologisch [2]
- Mastopathie
- Phylloides-Tumor
- Mammasarkom
- Mammakarzinom
- Sklerosierende Adenose
- Galaktozele
- Andere benigne Veränderungen der Mamma
- Therapie
- Konservativ [2]
- Indikation: Asymptomatische, junge Frauen mit histologisch gesicherten, größenkonstanten Fibroadenomen (<3 cm)
- Durchführung: Zuwarten, sonografische Kontrolle nach 3–6 Monaten, danach regelmäßige Kontrolle
- Chirurgisch
- Indikation
- Große Fibroadenome (>3 cm) oder schnelles Wachstum
- Schmerzen
- Patientinnenwunsch
- Durchführung: Offene chirurgische Exzision (Goldstandard)
- Indikation
- Konservativ [2]
- Prognose
- Ohne Behandlung oft regredient
- Geringes Malignitätspotenzial
- 0,2% Entartung im Alter zwischen 40 und 60 Jahren [4]
- Meist duktales Carcinoma in situ (DCIS) oder lobuläres Carcinoma in situ (LCIS)
Übersicht über Therapieoptionen bei Fibroadenom der Mamma [2] | |||
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Verfahren | Indikation | Durchführung | Positive und negative Aspekte |
Offene chirurgische Exzision |
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Kryoablation |
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Hochintensiver fokussierter Ultraschall |
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Sonografisch gesteuerte Vakuumbiopsie |
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Subkutane Mastektomie |
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Mastopathie (Mastitis fibrosa cystica, fibrös-zystische Mastopathie)
- Definition: Durch hormonelle Dysregulation ausgelöste Proliferation der epithelialen und mesenchymalen Mammastrukturen, die mit Zystenbildung einhergeht und klinisch als Knoten getastet werden kann
- Kann den gesamten Drüsenkörper betreffen oder nur in bestimmten Arealen auftreten
- Epidemiologie: Bis zu 50% aller Frauen sind in ihrem Leben betroffen (zumeist in der 4.–5. Dekade)
- Ätiologie: Genaue Ätiologie unklar, vermutet wird eine gestörte Östrogen-Gestagen-Relation
- Histopathologie
- Epithelisierte Zysten variablen Durchmessers: Epithel teils mit apokriner Metaplasie
- Fibrose des betroffenen Mammagewebes
- Häufig Mikrokalk in Drüsenlumina
- Duktale Adenose: Gelegentlich vorkommende Hyperplasie und Hypertrophie des duktalen Epithels
Histologische Klassifikation nach Prechtel | ||
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Histologie | Mammakarzinomrisiko | |
Grad I: Einfache Mastopathie |
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Grad II: Einfach proliferative Mastopathie |
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Grad III: Proliferative Mastopathie |
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- Klinik
- Zyklusabhängige prämenstruelle Schmerzen beidseitig (Mastodynie)
- Knotenbildung (Schrotkugelbrust)
- Mamillensekretion
- Diagnostik [7][8]
- Anamnese: Insb. Zyklus- und Medikamentenanamnese
- Labor: Prolactin, Testosteron, Schilddrüsenwerte
- Klinische Untersuchung: Inspektion und Palpation der Mammae
- Bildgebung: Sonografie, ggf. Mammografie
- Ggf. Biopsie
- Therapie
- Grad I/II (einfache Mastopathie)
- Nicht-hormonale Maßnahmen
- Physikalische Maßnahmen (z.B. Kühlung)
- Verzicht auf Methylxanthin-haltige Lebensmittel (z.B. Kaffee, Tee, Schokolade)
- Lokale oder systemische Hormongabe, u.a.
- Lokale Applikation gestagenhaltiger Gele
- Orale Gabe von Gestagenen
- Gabe von Antiöstrogenen
- Prolactinhemmer (z.B. Bromocriptin)
- Nicht-hormonale Maßnahmen
- Grad III (proliferative Mastopathie mit Atypien): Operativ
- Engmaschige Verlaufskontrollen mit jährlicher Mammografie und Sonografie
- Bei Auffälligkeiten
- Exzision der knotigen Veränderungen
- Subkutane Mastektomie mit Erhalt der Mamille
- Grad I/II (einfache Mastopathie)
- Differenzialdiagnose: Mammakarzinom
Das Karzinomrisiko steigt mit dem Grad der Mastopathie an. Bei Grad I besteht kein erhöhtes Malignomrisiko; bei Grad III liegt ein fünffach erhöhtes Risiko für ein Mammakarzinom vor!
Mitunter ist die klinische Differenzierung von benignen Brusttumoren (palpabler Knoten, Schmerzen, zyklusabhängige Schwellung, Galaktorrhö) und einem Karzinom anhand der Symptome nicht möglich!
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
N60.-: Gutartige Mammadysplasie [Brustdrüsendysplasie]
- Inklusive: Fibrozystische Mastopathie
- N60.0: Solitärzyste der Mamma
- Zyste der Mamma
- N60.1: Diffuse zystische Mastopathie
- Zystenmamma
- Exklusive: Mit epithelialer Proliferation (N60.3)
- N60.2: Fibroadenose der Mamma
- Exklusive: Fibroadenom der Mamma (D24)
- N60.3: Fibrosklerose der Mamma
- Zystische Mastopathie mit epithelialer Proliferation
- N60.4: Ektasie der Ductus lactiferi
- N60.8: Sonstige gutartige Mammadysplasien
- N60.9: Gutartige Mammadysplasie, nicht näher bezeichnet
N61: Entzündliche Krankheiten der Mamma [Brustdrüse]
- Inklusive:
- Exklusive: Infektiöse Mastitis beim Neugeborenen (P39.0)
O91.-: Infektionen der Mamma [Brustdrüse] im Zusammenhang mit der Gestation
- Inklusive: Aufgeführte Zustände während der Schwangerschaft, im Wochenbett oder während der Laktation
- Die folgenden fünften Stellen sind bei der Kategorie O91 zu benutzen:
- 0: Ohne Angabe von Schwierigkeiten beim Anlegen
- 1: Mit Angabe von Schwierigkeiten beim Anlegen
- O91.0-: Infektion der Brustwarze im Zusammenhang mit der Gestation
-
Abszess der Brustwarze:
- im Wochenbett
- schwangerschaftsbedingt
-
Abszess der Brustwarze:
- O91.1-: Abszess der Mamma im Zusammenhang mit der Gestation
- Eitrige Mastitis
- Mammaabszess
- schwangerschaftsbedingt
- O91.2-: Nichteitrige Mastitis im Zusammenhang mit der Gestation
- Lymphangitis der Mamma
-
Mastitis:
- interstitiell
- schwangerschaftsbedingt
- o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.