Zusammenfassung
Eine Infektion mit Hepatitis A ist vor allem in subtropischen und tropischen Regionen wahrscheinlich, verursacht aber auch in westlichen Industrieländern etwa ein Viertel aller akuten Hepatitiden. Die fäkal-orale Ansteckung ist dabei während der 14-tägigen Inkubationszeit bis etwa 14 Tage nach Krankheitseintritt möglich. Während die Erkrankung bei Kindern meist asymptomatisch verläuft, führt sie mit steigendem Alter häufiger zu fulminanten und potenziell bedrohlichen Verläufen. Eine Chronifizierung ist bei Hepatitis A jedoch nicht zu erwarten. Diagnostisch erfolgt wie bei allen Virushepatitiden die Bestimmung der Serologie: Anti-HAV-IgM ist als akuter Marker während der aktuellen Infektion erhöht – Anti-HAV-IgG hingegen bleibt nach Infektion oder Impfung lebenslang erhöht und spricht für Immunität. Die prophylaktische Impfung wird nur für gefährdete Personen (z.B. im Gesundheitswesen) empfohlen. Bei zugrundeliegender, gefährdender Lebererkrankung ist auch eine Simultanimpfung (Totimpfstoff + Immunglobuline) möglich.
Differenzialdiagnostisch sollte auch an die seltenere, aber klinisch eng verwandte Hepatitis E gedacht werden. Für Schwangere ist diese besonders bedrohlich, da eine Infektion während der Schwangerschaft in bis zu 20% der Fälle einen fulminanten Verlauf zeigt.
Epidemiologie
- Vorkommen
- Vor allem in subtropischen und tropischen Regionen
- Durch (touristische) Reisen kommt es aufgrund der Infektiosität auch zu lokalen Ausbrüchen in eigentlich Hepatitis-A-freien Regionen
- Häufige Erkrankung → In westlichen Ländern verursacht die Hepatitis A etwa 1/4 aller klinisch auffälligen Hepatitiden
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Erreger: Hepatitis-A-Virus (RNA-Virus, Picornavirus)
- Infektionsweg
- Fäkal-oral
- Kontaminierte Lebensmittel und Wasser
- Epidemisches Auftreten (aufgrund Infektiosität) möglich
- Infektiosität: 14 Tage (Inkubationszeit) vor und bis 14 Tage nach (fäkale Ausscheidung) Erkrankungsbeginn
Symptomatik
Inkubationszeit
- 14–50 Tage
Symptome
Bei Kindern verläuft die Infektion zumeist asymptomatisch. Symptomatik und fulminante Verläufe nehmen mit dem Lebensalter und Co-Infektionen (Hepatitis B) zu.
- Fieber, subjektives Krankheitsgefühl
- Hautausschlag
-
Ikterischer Verlauf: Bei über 80% der Erwachsenen kommt es zu einer akuten Hepatitis mit Ikterus
- Sehr selten: Fulminanter Verlauf mit Leberversagen
- Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
Eine Hepatitis A chronifiziert nie!
Diagnostik
- Anti-HAV-IgM↑: Aktuelle Infektion
- Anti-HAV-IgG↑
-
Klinische Chemie
- Deutlicher Anstieg der Transaminasen
- De-Ritis-Quotient typischerweise <1 (Werte >1 bei fulminantem Verlauf)
- Lebersyntheseparameter: Gesamteiweiß bzw. Albumin↓, Gerinnung (insb. Quick↓), Cholinesterase↓ bei sehr seltener fulminanter Hepatitis mit akutem Leberversagen
- Deutlicher Anstieg der Transaminasen
Ein positiver IgG-Wert entspricht einer Immunität gegenüber HAV!
Differenzialdiagnosen
- Andere akute Hepatitiden, insb.
Hepatitis E
- Erreger: Hepatitis-E-Virus (HEV), RNA-Virus
- Infektionsweg
- Fäkal-oral
- Parenteral (nur in der virämischen Phase)
- Zoonotisch: Durch ungenügend gegartes Schweine- bzw. Wildfleisch
- Klinik
- Inkubationszeit: 14–70 Tage
- Asymptomatisch oder ähnliche Beschwerden wie bei einer symptomatischen Hepatitis A
- Normalerweise keine Chronifizierung!
- Fulminanter Verlauf (ca. 3%), hierbei gestörte Lebersynthese (Gesamteiweiß bzw. Albumin↓, Quick↓, Cholinesterase↓)
- Diagnostik: Anti-HEV-IgM
- Therapie: Keine kausale Therapie möglich
Bei Schwangeren sind fulminante Verläufe deutlich häufiger (bis ca. 20%) und können lebensbedrohlich für Mutter und Kind sein!
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
- Symptomatisch
- Erkrankung verläuft in den meisten Fällen selbstlimitierend, Normalisierung der Leberfunktion in den meisten Fällen innerhalb von mehreren Wochen bis 6 Monaten
- Selten auch fulminanter Verlauf mit akutem Leberversagen möglich
Prävention
Hepatitis-A-Impfung [1]
- Indikation: Keine generelle Impfempfehlung
- Serologische Vortestung auf Anti-HAV-Antikörper: Nicht routinemäßig empfohlen
- Nur sinnvoll bei Personen nach längerem Aufenthalt in Endemiegebieten oder Aufwachsen in Familien aus Endemiegebieten oder Geburt vor 1950
- Impfstoff: Totimpfstoff (Ganzpartikelimpfstoff)
- Kombinationsimpfstoff mit Hepatitis B
- Monovalenter Impfstoff
- Siehe auch: Hepatitis-A-Impfstoff
- Impfschema (Grundimmunisierung)
- Kombinationsimpfstoff mit Hepatitis B: 3 Impfdosen
- Monovalenter Impfstoff: 2 Impfdosen im Abstand von 6–18 Monaten
- I.d.R. keine Auffrischungsimpfung notwendig (Impfschutz über 25–30 Jahre)
- Indikationsimpfung
- Sexualverhalten mit erhöhtem Expositionsrisiko
- Erkrankungen mit häufiger Übertragung von Blutbestandteilen
- Risikopersonen für unbeabsichtigte Übertragung von Blutbestandteilen
- In psychiatrischen Betreuungseinrichtungen lebende Personen
- Berufsbedingte Impfung
- Personal im Gesundheitsdienst
- Berufe mit Abwasserkontakt
- Personal in Gemeinschaftseinrichtungen
- Reiseimpfung
- Aufenthalt in Endemieregionen (Osteuropa, Asien, Australien, Mittel- und Südamerika, Afrika) [2]
- Weitere reisemedizinische Empfehlungen siehe DTG-Reiseimpfungen-Hepatitis A
Postexpositionsprophylaxe bei Hepatitis A [1]
- Indikation: Kontakt zu Hepatitis-A-Erkrankten (insb. in Gemeinschaftseinrichtungen)
- Postexpositionelle Hepatitis-A-Impfung: 1. Impfung mit monovalentem HAV-Totimpfstoff innerhalb von 14 Tagen nach Exposition; 2. Impfdosis nach Fachinformation
- Hepatitis-A-Simultanimpfung: 1. Impfung mit monovalentem HAV-Totimpfstoff plus simultane Gabe von Immunglobulinen; 2. Impfdosis nach Fachinformation
Bei einer postexpositionellen Impfung muss immer ein monovalenter Impfstoff verwendet werden, weil der Kombinationsimpfstoff 50% weniger Hepatitis-A-Antigen enthält!
Maßnahmen bei Hepatitis-A-Epidemien [3]
Allgemeine Maßnahmen
- Identifizieren und Beheben der Ursache des Ausbruchs, i.d.R. kontaminiertes Trinkwasser oder kontaminierte Lebensmittel
- Riegelungsimpfung bei Hepatitis-A-Ausbrüchen: Impfung infektionsgefährdeter Personen im Umfeld eines Ausbruchs
- Impfung mittels Totimpfstoff, der ein 2-Dosen-Schema zulässt
- Bei besonders gefährdeten Personen: Simultanimpfung
Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen
- Postexpositionelle Impfung innerhalb von 14 Tagen nach Exposition (s.o.), ggf. Simultanimpfung
- Einhalten von Hygieneregeln: Höhepunkt der Infektiosität in der späten Inkubationsphase (1–2 Wochen vor Auftreten des Ikterus)
- Händedesinfektionsmittel mit viruzider Wirksamkeit (z.B. Desderman® pure, Sterillium® Virugard, Skinman® complete pure) und Tragen von Handschuhen
- Sanitär- und Flächen-Desinfektion
- Isolation von
- Personen mit Hepatitis-A-Erkrankung oder -Verdacht für bis zu 2 Wochen nach Auftreten der ersten Symptome bzw. 1 Woche nach Auftreten des Ikterus
- Im stationären Bereich: Eigene Toilette und konsequente Händehygiene
- Kontaktpersonen ohne Impfschutz oder früher durchgemachte Erkrankung
- Nicht erforderlich ist die Isolation von Kontaktpersonen mit bestehendem Impfschutz oder früher durchgemachter Erkrankung
- Personen mit Hepatitis-A-Erkrankung oder -Verdacht für bis zu 2 Wochen nach Auftreten der ersten Symptome bzw. 1 Woche nach Auftreten des Ikterus
- Nach § 34 Abs. 1 IfSG Ausschluss von Schulen und anderen Gemeinschaftseinrichtungen
- Für Kontaktpersonen
- Nach Postexpositionsimpfung über mind. 2 Wochen
- Ohne Postexpositionsimpfung über mind. 4 Wochen
- Für Personen mit Hepatitis-A-Erkrankung oder -Verdacht
- Bis keine Infektionsgefahr mehr besteht
- Für Kontaktpersonen
- Personen mit Hepatitis-A-Erkrankung oder -Verdacht dürfen nicht in Lebensmittelberufen (definiert in § 42 IfSG) tätig sein
Meldepflicht
Hepatitis-A-Virus
- Arztmeldepflicht
- Nach § 6 IfSG
- Namentliche Meldepflicht einer akuten Hepatitis-A-Infektion
- Namentliche Meldepflicht bei Verdachts- oder Krankheitsfall einer akuten infektiösen Gastroenteritis wenn
- Eine Person aus der Lebensmittelbranche betroffen ist oder
- ≥2 Personen von einem möglichen epidemischen Zusammenhang betroffen sind
- Nach IfSGMeldeVO (nur in Sachsen ): Namentliche Meldepflicht erregerspezifisch
- Nach § 6 IfSG
- Labormeldepflicht nach § 7 IfSG
- Namentliche Meldepflicht bei Erregernachweis und Hinweisen auf eine akute Infektion
- Meldepflicht für Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 und § 34 (6) IfSG
- Namentliche Meldepflicht bei Verdachts- und Krankheitsfällen
Hepatitis-E-Virus
- Arztmeldepflicht nach § 6 IfSG
- Namentliche Meldepflicht einer akuten Hepatitis-E-Infektion
- Labormeldepflicht nach § 7 IfSG
- Namentliche Meldepflicht bei Erregernachweis und Hinweisen auf eine akute Infektion
- Meldepflicht für Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen nach § 33 und § 34 (6) IfSG
- Namentliche Meldepflicht bei Verdachts- und Krankheitsfällen
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Hepatitis A
Hepatitiden: Histopathologie
Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- B15.-: Akute Virushepatitis A
- B15.0: Virushepatitis A mit Coma hepaticum
- B15.9: Virushepatitis A ohne Coma hepaticum
- B17.-: Sonstige akute Virushepatitis
- B17.2: Akute Virushepatitis E
- B17.8: Sonstige näher bezeichnete akute Virushepatitis
- B17.9: Akute Virushepatitis, nicht näher bezeichnet
- Akute (infektiöse) Hepatitis o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.