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Allgemeine Virologie

Letzte Aktualisierung: 22.8.2024

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Viren sind infektiöse Partikel und potenzielle Krankheitserreger, deren Vermehrungszyklus nur in einer Wirtszelle ablaufen kann („obligat intrazellulärer Parasit“). Eine Infektion mit Viren verläuft in vielen Fällen asymptomatisch, wobei es zu lebenslang persistierenden Infektion kommen kann (z.B. bei Herpesviridae). Da viele infizierte Patienten das Virus schon weitergeben können, bevor sie Symptome zeigen, ist eine hohe Durchseuchung möglich und eine Eindämmung aufgrund fehlender Therapien in vielen Fällen schwierig. Ein wichtiges Beispiel ist das HI-Virus, an dem weltweit ca. 34 Millionen Menschen erkrankt sind und bei dem die Bekämpfung der Übertragung durch Aufklärung und Prophylaxe den größten Stellenwert hat.

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Grundlagentoggle arrow icon

Ein Virus ist ein obligat intrazellulärer Parasit, dessen metabolische Prozesse wie die Synthese von Proteinen von einer Wirtszelle abhängig sind. Es erfüllt damit nicht alle Kriterien des Lebens (wie z.B. einen eigenständigen Stoffwechsel). Eine Sichtbarmachung mit dem Lichtmikroskop ist bei einer Partikelgröße von max. 300 nm (Pockenvirus) nicht möglich. Die Erstbeschreibung eines Virus erfolgte durch Dmitri Iossifowitsch Iwanowski im Jahr 1892.

Aufbau

Viren vermehren sich nicht durch Zweiteilung, sondern durch Zusammenlagerung einzelner Bestandteile, die mithilfe der Wirtszelle produziert werden. Die Viren unterscheiden sich zwar in ihrer Morphologie, eine Darstellung ist aber arbeits- und zeitaufwendig und mittlerweile in der Diagnostik bekannter Erkrankungen nicht mehr üblich. Die wichtigsten Virusbausteine umfassen:

Viraler Lebenszyklus

Viren gelangen nach der Infektion in ihr entsprechendes Wirtsorgan . Dort durchlaufen sie einen langen Replikationszyklus, an dessen Ende die Zusammenlagerung der einzelnen Bestandteile steht.

  1. Anheften (Adsorption) an der Wirtszelle: Infektion mit Viren abhängig von Oberflächenmerkmalen der Wirtszelle (z.B. infiziert das HI-Virus alle Zellen mit CD4-Oberflächenmerkmal)
  2. Eindringen (Penetration) in die Wirtszelle: Unbehüllte Viren durch Endozytose oder Transmembrantransport, behüllte Viren durch Fusion mit der Hülle der potenziellen Wirtszelle oder durch Endozytose
  3. Freisetzung (Uncoating) der Nukleinsäure
  4. Vermehrung (Replikation) der Nukleinsäure und Bildung von Virusproteinen
  5. Zusammenbau (Assembly) der Viruskomponenten im Anschluss an Translation und Transkription
  6. Freisetzung der Viren: Bei behüllten Viren durch Knospung, bei unbehüllten Viren mittels Wirtszelllyse

Der Zeitraum zwischen Uncoating in der Wirtszelle und der Produktion erkennbarer Viruspartikel wird Eklipse genannt.

Pathogenese

Die krankmachende Wirkung des Virus kann auf das Virus selbst oder auf die ausgelöste Immunabwehr zurückzuführen sein, manchmal verläuft eine Infektion aber auch ohne Beeinträchtigung des Wirts. Neben diesen Auswirkungen viraler Infektionen bereiten Viren zusätzlich oft den Weg für anschließende bakterielle Superinfektionen. Folgende Mechanismen viraler Pathogenität können unterschieden werden:

  • Zytolyse: Untergang der Wirtszelle bei Freisetzung der fertigen Viren
  • Immunpathologische Wirtsreaktion: Das Virus selbst ist nicht zytopathogen, die zelluläre Immunantwort durch zytotoxische T-Zellen führt aber dennoch zur Zerstörung infizierter Zellen (z.B. Hepatitis B)
  • Funktionsmodifikation: Bspw. gesteigerte Zellproliferation oder Immortalisierung
  • Latenz: Wirtszelle nicht beeinträchtigt, da das Virusgenom nur minimal transkribiert wird
  • Bakteriophagen: Viren, die bakterielle Zellen befallen
    • Übertragen genetisches Material und ggf. Virulenzfaktoren auf befallenes Bakterium
    • Potenziell therapeutischer Nutzen („Phagentherapie“) [1]

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Diagnostiktoggle arrow icon

Wichtigstes Mittel bei der Diagnostik sind serologische Untersuchungen und der Nukleinsäurenachweis. Um spezifische Mehrproduktionen erkennen zu können, sollten im Zweifel verschiedene Materialien vergleichend untersucht werden .

  • Antikörpernachweis mittels Hämagglutination oder Neutralisationstest
  • Antigennachweis mittels ELISA oder Immunfluoreszenz
  • PCR: I.d.R. für alle wichtigen Viren anwendbar, quantitativer Nachweis der Viruslast (z.B. für HIV, HCV) sowie qualitativer Nachweis möglich
  • Virusisolierung: Voraussetzung für Resistenztestungen (Anwendung z.B. im Rahmen einer HIV-Infektion)

Als weitere diagnostische Mittel werden auch die kulturelle Anzucht und die Elektronenmikroskopie angewendet, diese sind aber eher zeit- und arbeitsaufwendig und haben mittlerweile einen geringen Stellenwert in der Diagnostik viraler Erkrankungen.

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DNA-Viren mit Hülletoggle arrow icon

Herpesviridae

Die größte Familie der behüllten DNA-Viren sind die Herpesviridae, deren humanpathogenen Subfamilien den Menschen als einziges Reservoir haben und eine hohe Durchseuchung aufweisen. Aufgrund der klinischen Bedeutung werden sie in einem gesonderten Kapitel (Herpesvirus-Infektionen) behandelt.

Weitere behüllte DNA-Viren

(Sub‑)Familie und Besonderheiten Erkrankung

Hepadnaviridae

(Ortho‑)Poxviridae

Variolavirus

  • Die Erde wurde 1980 als pockenfrei erklärt

Monkeypox-Virus (Orthopoxvirus simiae, MPXV, MPX-Viren)

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DNA-Viren ohne Hülletoggle arrow icon

(Sub‑)Familie und Besonderheiten Erkrankung

Adenoviridae

  • Adenovirus
    • Mehr als 50 Serotypen
    • Übertragung durch kontaminiertes Wasser oder fäkal-oral
    • Die verschiedenen Serotypen befallen unterschiedliche Zellen und können nach Primärinfektion persistieren

Papillomaviridae

  • Humane Papillomaviren (HPV)
    • Unterscheidung von ca. 100 Genotypen
      • Low-Risk-Subtypen: Bspw. HPV 6 und 11
      • High-Risk-Subtypen: Bspw. HPV 16 und 18 (Weitere: 31, 33, 45, 52, 58 etc.)
    • Übertragung v.a. durch Geschlechtsverkehr
    • Persistiert nach Primärinfektion
    • Prävention durch aktive HPV-Impfung bei Mädchen und Jungen

Polyomaviridae

JC-Viren

  • Übertragung wahrscheinlich schon im Kindesalter
  • Persistiert nach Primärinfektion
BK-Viren
  • Übertragung im Kleinkindalter auf aerogenem Weg
  • Persistiert nach Primärinfektion
  • Polyomavirus-Nephropathie unter Immunsuppression

Parvoviridae

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RNA-Viren mit Hülletoggle arrow icon

Paramyxoviridae

Alle hier aufgeführten Paramyxoviridae kommen nur beim Menschen vor und werden durch Tröpfcheninfektion übertragen.

(Sub‑)Familie und Besonderheiten Krankheiten

Morbilliviren

Rubulaviren

Paramyxoviren
  • Parainfluenzavirus
    • Befällt bevorzugt die oberen Atemwege
    • Erkrankungen sowohl human- als auch veterinärmedizinisch relevant

Flaviviridae

Gattungen/Vertreter und Besonderheiten Krankheiten

Hepaciviren

Flaviviren [2]

FSME-Virus

Gelbfiebervirus

Denguevirus

  • Reservoir des Virus ist der Mensch
  • Vektor sind Stechmücken
    • Vorkommen insb. in Karibik, Südamerika, Südostasien und Ozeanien

Zikavirus

West-Nil-Virus

St.-Louis-Enzephalitis-Virus

Murray-Valley-Enzephalitis-Virus

Japanische-Enzephalitis-Virus

Orthomyxoviridae

(Sub‑)Familie und Besonderheiten Krankheiten

Influenzavirus

  • Drei humanpathogene Arten
  • Unterscheidung von Subtypen durch die Oberflächenantigene Hämagglutinin (H) und Neuraminidase (N)

Influenza-A-Virus

Influenza-B-Virus

  • Einziges Reservoir ist der Mensch
  • Impfung für Risikopersonen empfohlen
  • Eher mild verlaufende Grippe

Influenza-C-Virus

  • Reservoir sind Menschen und Schweine

Weitere behüllte RNA-Viren

(Sub‑)Familie und Besonderheiten Krankheiten

Rhabdoviridae

Coronaviridae

  • Coronavirus: Wichtige Untertypen sind

Retroviridae

Bunyavirales [5] Hantavirus
  • Unterschiedliche Subtypen je nach Region
  • Reservoir sind Nagetiere
    • Mehrere Übertragungswege möglich
Krim-Kongo-hämorrhagisches-Fieber-Virus

Arenaviridae

  • Lassavirus
    • Kommt insb. in Westafrika vor
    • Reservoir sind Nagetiere

Togaviridae

Filoviridae

  • Ebolavirus /Marburgvirus
    • Vorkommen in Zentral- und Westafrika
    • Natürliche Wirte sind vermutlich Fledertiere/Flughunde und Affen

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RNA-Viren ohne Hülletoggle arrow icon

Picornaviridae

Subfamilie und Besonderheiten Krankheiten

Enterovirus

  • Übertragung: Fäkal-oral

Coxsackievirus

ECHO-Virus (Akronym für Enteric Cytopathogenetic Human Orphan Virus)
  • Verursachen ein breites Krankheitsspektrum
Poliovirus

Hepatitis-A-Virus (HAV)

Rhinovirus

Weitere unbehüllte RNA-Viren

(Sub‑)Familie und Besonderheiten Krankheiten

Astroviridae

  • Astrovirus
    • Infektiosität einen Tag vor und nach der klinisch manifesten Erkrankung
    • Übertragung fäkal-oral

Reoviridae

  • Rotavirus

Hepeviridae

  • Hepatitis-E-Virus (HEV)
    • Wild- und Hausschweine haben wahrscheinlich Bedeutung als Reservoir
    • Übertragung fäkal-oral

Caliciviridae

  • Norovirus

Deltaviridae

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Grundlagen der Therapietoggle arrow icon

Virostatika sind gegen Viren gerichtete Medikamente, die ihre Wirkung an verschiedenen Punkten des viralen Vermehrungszyklus entfalten. Durch die enge Verknüpfung der Viren mit ihrer Wirtszelle ist eine Selektivität der Medikamente nicht immer möglich, sodass es zu ausgeprägten Nebenwirkungen für den Menschen kommen kann.

Wichtige Beispiele sind:

Des Weiteren werden auch immunmodulatorische Medikamente wie Interferone eingesetzt (z.B. bei Hepatitis B).

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Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Viren

Viren – Teil 1: Aufbau und Systematik

Viren – Teil 2: Ausbreitung und Vermehrung im Wirt

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