Zusammenfassung
Hepatitis B zählt zu den häufigsten Viruserkrankungen des Menschen und wird v.a. sexuell, aber auch parenteral oder perinatal weitergegeben. Nach meist mehreren Monaten Inkubationszeit kommt es in den meisten Fällen zu einer asymptomatischen oder milde verlaufenden akuten Hepatitis. In etwa 5% der Fälle entsteht jedoch eine persistierende, asymptomatische HBV-Trägerschaft oder eine chronische Hepatitis mit hohem Risiko für die Entwicklung einer Leberzirrhose sowie eines hepatozellulären Karzinoms. Diagnostisch ist die Serologie entscheidend: Als Screening-Test wird das HBs-Antigen (HBsAg) bestimmt, das etwa 2–5 Monate nach Infektion nachweisbar ist. Bei Ausheilung kommt es im Verlauf zu einer Normalisierung des HBsAg, wohingegen als Zeichen der Immunität (auch nach Impfung) die Anti-HBs-Antikörper ansteigen (sog. Serokonversion). Die chronische Hepatitis ist u.a. durch ein Persistieren des HBsAg sowie der HBV-DNA und evtl. durch hohe Transaminasen gekennzeichnet. Eine antivirale Therapie kann mit Interferon-α oder Nukleosid-/Nukleotidanaloga erfolgen. Die Prophylaxe der Hepatitis B besteht in einer Impfung (Totimpfstoff), die bei jedem Menschen bereits im Rahmen der Grundimmunisierung empfohlen wird.
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Definition
Die folgenden Verlaufsformen einer HBV-Infektion werden u.a. anhand serologischer Parameter unterschieden. Für Details siehe: Einordnung in Verlaufsformen einer HBV-Infektion.
- Akute HBV-Infektion: HBV-Infektion , die <6 Monate anhält
- Akute Hepatitis B: Akute HBV-Infektion, die Zeichen einer Hepatitis aufweist
- Chronische HBV-Infektion: HBV-Infektion , die >6 Monate anhält
- Chronische Hepatitis B: Chronische HBV-Infektion, die Zeichen einer Hepatitis aufweist
- Asymptomatische HBV-Trägerschaft: Chronische HBV-Infektion, die keine Zeichen einer Hepatitis aufweist
- Okkulte HBV-Infektion: Chronische HBV-Infektion, die mitunter nur eine gering positive HBV-DNA als einzigen auffälligen HBV-Laborparameter aufweisen kann.
Die chronische Hepatitis B unterscheidet sich von der chronischen HBV-Infektion durch die zusätzlichen Zeichen einer Leberentzündung!
Epidemiologie
- Eine der häufigsten Virusinfektionen des Menschen
- Regional unterschiedliche Verteilung [1]
-
Prävalenz in Deutschland [1]
- Persistierende HBsAg-positive HBV-Infektionen: 0,4–0,8%
- Anti-HBc-Antikörper-positiv: 7%
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Erreger
- Hepatitis-B-Virus
- DNA-Virus („Hepadnavirus“)
- Besitzt eine reverse Transkriptase
Infektionswege der HBV-Infektion
- Sexuell: ⅔ aller Infektionen
-
Parenteral
- Nadelstichverletzung, Verletzung mit kontaminierten OP-Instrumenten: Übertragungsrisiko bei positiver Indexperson ca. 30% (Dreier-Regel)
- Kontaminierte Blutprodukte
- Gemeinsame Nadeln
- Perinatal (dann bis zu 90% chronisch) [2]
Pathophysiologie
Die Schädigung der Leberzellen bei akuter Hepatitis B entsteht durch eine zelluläre Immunantwort. Infizierte Hepatozyten, die an ihrer Zelloberfläche Virusantigene präsentieren, werden durch HBV-spezifische CD8+-zytotoxische T-Zellen zerstört.
Symptomatik
Inkubationszeit
- 1–6 Monate
Akuter Verlauf der Hepatitis-B-Infektion
- Asymptomatischer Verlauf (ca. ⅔ der Fälle)
- Akute, meist ikterische Hepatitis (ca. ⅓ der Fälle)
-
Akuter Verlauf mit eher unspezifischen Symptomen (wie bei allen Virushepatitiden)
- Grippale Symptomatik, Oberbauchschmerzen, Müdigkeit, Druckgefühl unter dem rechten Rippenbogen, Appetitlosigkeit
- Meist nach 3–6 Wochen rückläufig
- Evtl. extrahepatische Manifestation (Hautausschlag, Arthralgie, Myalgie, neurologische/kardiale/hämatologische Beteiligung)
-
Akuter Verlauf mit eher unspezifischen Symptomen (wie bei allen Virushepatitiden)
- Insg. kommt es bei über 90% zur Ausheilung
Chronischer Verlauf der Hepatitis-B-Infektion
- Viruspersistenz: 5% aller HBV-Infektionen
- Davon 70% gesunde Träger:innen (Carrier)
- Und 30% chronische Hepatitis
20% der Patient:innen mit chronischer Hepatitis entwickeln innerhalb von 10 Jahren eine Leberzirrhose!
Extrahepatische Manifestationen der Hepatitis B
Bei 10–20% der Patient:innen mit chronischer Hepatitis B finden sich ganz unterschiedliche extrahepatische Manifestationen, die u.a. auf zirkulierende Immunkomplexe aus Virusbestandteilen, Antikörpern und Komplementfaktoren zurückzuführen sind.
- Vaskulitische Veränderungen
- Membranöse Glomerulonephritis
- Neuritis und periphere Polyneuropathie
- Hautveränderungen
Diagnostik
Anamnese und körperliche Untersuchung
- Klinische Symptomatik (siehe auch: Symptome bei Hepatitis B )
- Familien- und Partneranamnese
- Risikofaktoren (siehe auch: Indikationen für ein Hepatitis-B-Screening)
Bei engem Kontakt zu Hepatitis-B-Infizierten sollte ein Hepatitis-B-Screening sowie bei fehlender Immunität eine Impfung angeboten werden!
HBV-Labordiagnostik
Indikationen für ein Hepatitis-B-Screening [1]
Ein Screening spezifischer Hepatitis-B-Parameter sollte v.a. bei Zeichen einer Hepatitis, bei Risikofaktoren für einen schweren Verlauf oder bei hohem Expositionsrisiko durchgeführt werden.
- Erhöhte Leberwerte und/oder klinische Zeichen einer Hepatitis (siehe: Symptome bei Hepatitis B)
- Vorerkrankungen, aufgrund derer ein schwerer Verlauf einer Hepatitis B zu erwarten ist
- Lebererkrankungen: Insb. Leberzirrhose, Leberfibrose, hepatozelluläres Karzinom
- Chronische Niereninsuffizienz mit Dialysepflichtigkeit
- HIV-Infektion, HCV-Infektion
- Bestehende oder geplante Immunsuppression
- Therapie mit Immunsuppressiva
- Therapie mit B-Zell-depletierenden Antikörpern (Rituximab)
- Chemotherapie
- Empfänger von Knochenmarks- oder Organtransplantaten vor und nach Transplantation
- Angeborene Immunschwäche
- Blut-, Gewebe-, Samen- und Organspender
- Erhöhtes Expositionsrisiko
- Personen mit Migrationshintergrund aus Regionen mit erhöhter HBsAg-Prävalenz (siehe auch: Epidemiologie der Hepatitis B)
- Enge Kontaktpersonen von HBV-Infizierten, insb.
- Personen mit häufig wechselnden Sexualkontakten
- Medizinisches Personal
- Aktive und ehemalige Konsumierende von i.v. Drogen
- Personen in psychiatrischen Einrichtungen, Fürsorgeeinrichtungen für Zerebralgeschädigte oder Verhaltensgestörte sowie Justizvollzugsanstalten
- Schwangerschaft [3]
Durchführung des Hepatitis-B-Screenings [1][4]
- Initiale Parameter
- HBsAg (nach 2–5 Monaten nachweisbar )
- Ggf. Anti-HBc-Antikörper (i.d.R. Anti-HBc-Gesamt )
- Bei Schwangeren sehen die Mutterschaftsrichtlinien nur eine Bestimmung von HBsAg vor
- Interpretation und nächste Schritte
- Beide positiv → Akute/chronische Hepatitis B bzw. HBV-Infektion, Bestimmung zusätzlicher spezifischer HBV-Parameter
- Nur HBsAg positiv → Durchführung eines HBsAg-Bestätigungstests
- Nur Anti-HBc-Antikörper positiv → Zusätzliche Bestimmung von Anti-HBs-Antikörpern notwendig
- Anti-HBs-AK positiv → Ausgeheilte HBV-Infektion, evtl. erneute Kontrollen alle 3–12 Monate bis Anti-HBs-AK ≥10 IE/L
- Anti-HBs-AK negativ (sog. „Anti-HBc-only“-Konstellation) → Durchführung eines Anti-HBc-Bestätigungstests [4]
- Beide negativ → Keine HBV-Infektion, ggf. Impfung empfehlen
Das Screening basiert auf der Bestimmung von HBsAg und Anti-HBc-Antikörpern. Sind beide Parameter positiv, kann von einer Infektion ausgegangen werden. Sind beide negativ, ist sie ausgeschlossen!
Vorgehen nach positivem Screening-Befund [1]
Nach Diagnose einer Hepatitis-B-Infektion sollten weitere Laboruntersuchungen durchgeführt werden, damit eine Zuordnung zu einer Verlaufsform mit entsprechender Planung der weiteren Betreuung und Therapie erfolgen kann.
- Zusätzliche spezifische HBV-Parameter (für eine Übersicht siehe: Diagnostisch relevante Virusbestandteile und Antikörper)
- Unspezifische Werte zum Einschätzen der Krankheitsaktivität
- Blutbild
- Transaminasen, De-Ritis-Quotient (AST/ALT)
- Akute Hepatitis
- De-Ritis-Quotient <1: Unkomplizierte Hepatitis B bei dennoch deutlich erhöhten Transaminasen
- De-Ritis-Quotient >1: Fulminante Hepatitis B
- Chronische Hepatitis
- De-Ritis-Quotient ≥1, Transaminasen variabel (eher <100 IE/L; bei aktivem Verlauf meist >100 IE/L)
- Akute Hepatitis
- AP, γGT, Bilirubin, Serumalbumin, γ-Globuline
- Gerinnungsparameter (INR/Quick, pTT)
- FIB-4-Score: Zum Ausschluss einer fortgeschrittenen Leberfibrose
Einordnung in Verlaufsformen einer HBV-Infektion [1]
Die Diagnosesicherung und Unterscheidung bspw. der akuten und chronischen Verlaufsformen gelingt anhand der Bestimmung der Virusantigene, der Antikörper und der Virus-DNA (siehe auch: HBV-Labordiagnostik). Ca. 5–10% der akuten Infektionen bei Erwachsenen persistieren über 6 Monate und gehen in eine chronische Hepatitis B über. Bei Neugeborenen hingegen verläuft die Hepatitis-B-Infektion in bis zu 90% der Fälle chronisch, die Rate an Chronifizierungen nimmt mit steigendem Lebensalter ab. [2]
Akute Verläufe, ausgeheilte Infektionen und Z.n. Impfung
- Akute Hepatitis B
- Verlauf ≤6 Monate
- HBsAg↑ und Anti-HBc-IgM↑↑
- Transaminasen↑↑
- Ausgeheilte Hepatitis B
- Nachweis von Anti-HBc- und Anti-HBs-Antikörpern ≥10 IE/L
- Durchgemachte Hepatitis B: Anti-HBs-AK positiv (90%) und Anti-HBc-AK positiv. Die „Serokonversion“ von HBsAg zu Anti-HBs-AK markiert die Ausheilung der Erkrankung.
- Sonderfall: Anti-HBs-AK negativ
- HBsAg negativ
- HBV-DNA negativ
- Nachweis von Anti-HBc- und Anti-HBs-Antikörpern ≥10 IE/L
- Z.n. HBV-Impfung
- Anti-HBs-Antikörper positiv, Anti-HBc-Antikörper jedoch negativ!
Chronische Verläufe einer HBV-Infektion
- Chronische Hepatitis B
- HBsAg↑ >6 Monate
- Anti-HBe- und Anti-HBs-Antikörper steigen nicht an (keine Serokonversion)
- Zeichen der Leberzellschädigung
- Transaminasen erhöht
- Leberbiopsie mit Zeichen der chronischen Hepatitis
- Spätfolgen: Leberzirrhose, HCC
- HBeAg positiv oder negativ
- HBV-DNA initial >2.000 IE/mL
- Asymptomatische HBV-Trägerschaft
- HBsAg↑ >6 Monate
- Anti-HBs-Antikörper steigen nicht an (keine Serokonversion)
- Keine Zeichen der Leberzellschädigung
- Normale Transaminasen
- Leberbiopsie ohne wesentliche Hepatitis
- Zwei Verlaufsformen
- Okkulte HBV-Infektion
- HBsAg negativ
- Anti-HBc-Antikörper↑ (ggf. negativ [5])
- Anti-HBs-Antikörper negativ (oder <10 IE/L)
- HBV-DNA positiv (≥20 IE/mL)
Weitere Diagnostik [1]
- Sonografie Abdomen
- Transiente Leberelastografie (FibroScan) [6]
- Gut geeignet zum Ausschluss einer Zirrhose
- Geringe Sensitivität bei leichter Fibrose
- Verfälschung bei starker Entzündung möglich
- Zur Beurteilung des Stadiums einer Leberfibrose/-zirrhose sollten zusätzlich die Transaminasen betrachtet werden
- Leberbiopsie
- Goldstandard hinsichtlich
- Indikationen
- Zur Bestätigung einer Leberzirrhose: Bei inkonklusiven Laborparametern und nur, wenn sich daraus therapeutische Konsequenzen ergeben [6]
- Zur Verlaufskontrolle
- Nutzen-Risiko-Abwägung: Bei Leberzirrhose aufgrund eines erhöhten Blutungsrisikos
Bei unklaren serologischen Befunden (bspw. HBV-DNA >2.000 IE/mL und normale Transaminasen) kann eine Leberbiopsie zur Beurteilung der Entzündungsaktivität (Grading) und des Fibroseausmaßes (Staging) erfolgen!
- Abklärung von Koinfektionen
- Hepatitis C: Anti-HCV-Antikörper; wenn positiv: Zusätzlich von HCV-RNA
- Hepatitis D: Anti-HDV-Antikörper; wenn positiv: Zusätzlich von HDV-RNA
- Hepatitis E: Anti-HEV-IgM, bei Immunsuppression HEV-RNA im Stuhl mittels RT-PCR
- Ggf. HIV-Test
- Abklärung des Hepatitis-A-Impfstatus: Anti-HAV-IgG
Bei Hepatitis B-Infektion und fehlender Immunität gegen Hepatitis A soll eine Impfung gegen Hepatitis A erfolgen, um eine zusätzliche potenzielle Leberschädigung zu vermeiden!
Übersicht und Interpretation der Hepatitis-B-Parameter (Virusbestandteile und Antikörper)
Diagnostisch relevante Virusbestandteile und Antikörper (HBV) [1] | ||
---|---|---|
Virusbestandteil | Korrespondierender Antikörper | |
HBsAg (Surface-Antigen)
| Anti-HBs-Antikörper
| |
HBcAg (Core-Antigen)
| Anti-HBc-Antikörper
| |
HBeAg (Envelope-Antigen oder exkretorisches Antigen )
| Anti-HBe-Antikörper
| |
HBV-DNA: DNA des Hepatitis-B-Virus
| — |
Die Serokonversion zu Anti-HBs-Antikörpern mit Verlust des „Aktivitätsmarkers“ HBsAg zeigt die Ausheilung der HBV-Infektion an!
Übersicht der Befunde der Hepatitis-B-Parameter bei verschiedenen Verlaufsformen
Parameter | ||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
HBsAg | Anti-HBs-Antikörper | Anti-HBc-IgM | Anti-HBc-IgG | HBeAg | Anti-HBe-Antikörper | HBV-DNA | Transaminasen | |||
↑ | — | ↑↑ | — | ↑ | — | — oder ↑ | ↑↑ | |||
Ausgeheilte Hepatitis B | — | ↑ (selten auch —) | — | ↑ | — | ↑ | — | — | ||
Z.n. HBV-Impfung | — | ↑ | — | — | — | — | — | — | ||
Chronische Hepatitis B | HBeAg-positiv | ↑ | — | — | ↑ | ↑ | — | ↑–↑↑ | ↑–↑↑ | |
HBeAg-negativ | — | |||||||||
Asymptomatische HBV-Trägerschaft | HBeAg-positiv | ↑↑ | — | — | ↑ | ↑ | — | ↑↑↑ | — | |
HBeAg-negativ | ↑ | — | — | ↑ | — | ↑ | — oder ↑ | — | ||
Okkulte HBV-Infektion | — | — (oder ↑ ) | — (oder ↑ ) | — oder ↑ | — | ↑ | ↑ | — (oder ↑ ) |
Pathologie
- Akute Hepatitis B und andere akute Virushepatitiden
- Eosinophile Einzelzellnekrosen (sog. „Councilman-Körperchen“)
- Kupffer-Zellproliferation (auch Stern- bzw. Kupffer-Stern-Zelle genannt)
- Brückennekrosen
- Chronische Hepatitis B und andere chronische Virushepatitiden
- Lymphohistiozytäre, periportale Infiltrate
- Mottenfraßnekrose: Periportale Leberzellnekrose mit lymphozytärer Infiltration , spricht für eine chronisch aktive Hepatitisform und ist ein prognostisch ungünstiges Zeichen
- Fibröse Septen
- Nur bei Hepatitis B: Milchglashepatozyten
Milchglashepatozyten kommen nur bei der Hepatitis B vor, während Mottenfraßnekrosen, fibröse Septen und periportale Infiltrate auch bei anderen chronischen Virushepatitiden zu finden sind!
Zum Vergleich: Normalbefunde
Differenzialdiagnosen
Therapie der akuten Hepatitis B
- Normaler Verlauf: Keine spezifische Therapie [1]
- Schwerer Verlauf, insb. fulminante Hepatitis: Frühzeitige Therapieeinleitung und Anbindung an ein Lebertransplantationszentrum [1]
- Kriterien: Einschränkung der Lebersynthese mit Gerinnungsstörung, Verlängerung der Prothrombinzeit, Quick-Wert unter 50%
- Medikamente: Nukleosidanalogon oder Nukleotidanalogon
- Verlaufskontrollen [1]
-
HBsAg, Anti-HBs-Antikörper alle 3–12 Monate bis zur Serokonversion
- HBsAg negativ, Anti-HBs-AK >10 IE/L: Ausheilung
- HBsAg negativ, Anti-HBs-AK <10 IE/L: Bestimmung von HBV-DNA, Kontrolle nach 12 Monaten
- Transaminasen, Quick: Abhängig vom klinischen Bedarf, engmaschige Überwachung bei schwerem Verlauf
-
HBsAg, Anti-HBs-Antikörper alle 3–12 Monate bis zur Serokonversion
Therapie der chronischen Hepatitis B und chronischen HBV-Infektion
Antivirale Therapie [1]
Indikationen
Die Indikation zur Therapie ist insb. abhängig von der Entzündungsaktivität (ALT, Histologie), der Virusaktivität (HBV-DNA) und dem Fibrosestatus der Leber (Leberelastografie, Histologie).
- Risiko für Komplikationen (Leberzirrhose, HCC)
- Wiederholt erhöhte Transaminasen (oder histologischer Nachweis einer Entzündung bzw. Fibrose der Leber) und HBV-DNA >2.000 IE/mL
- Bei HBeAg-Positivität: Auch schon ab einem Alter >30 Jahre bzw. bei hochnormalen ALT-Werten (Männer >30 IE/L, Frauen >19 IE/L) möglich
- Komorbiditäten bzw. Folgeschäden
- Leberzirrhose und HBV-DNA positiv (unabhängig vom Wert)
- HCC und HBV-DNA positiv
- HBV-assoziierte extrahepatische Komplikationen
- Risiko einer HBV-Reaktivierung, insb. vor geplanter immunsuppressiver Therapie
- B-Zell-depletierende Immuntherapie (bspw. mit Rituximab)
- Stammzell- oder Knochenmarkstransplantation
- Andere immunsupprimierende Therapien (Einzelfallentscheidung)
- Risiko einer Transmission
- Personal im Gesundheitswesen
- Schwangere mit erhöhter HBV-DNA (perinatale vertikale Übertragung möglich)
- Personen mit häufig wechselnden Sexualpartnern
Therapieziele
Ziel der Therapie ist es, Folgeerkrankungen wie bspw. ein HCC zu verhindern und dadurch die Mortalität zu senken. Außerdem sollen Übertragungen und Reaktivierungen vermieden werden. Zur Überprüfung des Therapieerfolgs werden Surrogatmarker genutzt.
- Hauptziel: Dauerhafte Suppression der HBV-DNA
- Allgemein: Mind. unter 2.000 IE/mL
- Bei Leberzirrhose: HBV-DNA unter die Nachweisgrenze nach 48 Wochen
- Bei verletzungsträchtigen Tätigkeiten: HBV-DNA <200 IE/mL
- Bei Schwangeren: HBV-DNA <200.000 IE/mL bis vor Geburt
- Weitere Ziele
- HBsAg-Verlust, Serokonversion zu Anti-HBs-Antikörpern
- HBeAg-Verlust, Serokonversion zu Anti-HBe-Antikörpern
- Normalisierung der ALT
Medikamente
Zur antiviralen Therapie können Nukleosid- bzw. Nukleotidanaloga oder PEG-Interferon-α eingesetzt werden. Bei der Therapieauswahl sollte geprüft werden, ob die Behandlung mit PEG-Interferon-α möglich und sinnvoll ist .
Medikamentenauswahl zur HBV-Therapie [9] | ||
---|---|---|
PEG-Interferon-α | Nukleosid- oder Nukleotidanalogon | |
Vorteile |
|
|
Nachteile |
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|
Bevorzugte Therapie bei |
|
|
- PEG-Interferon-α
- Kontraindikationen, u.a.
- Fortgeschrittene oder dekompensierte Leberzirrhose (Child B/C)
- Dialysepflichtigkeit
- Schwangerschaft
- Für weitere Kontraindikationen siehe: Kontraindikationen der Interferontherapie
- Vor Therapiebeginn : Bestimmung von
- Therapiedauer: I.d.R. 48 Wochen
- Therapiemonitoring
- Blutbild
- TSH vor und während Therapie alle 8 Wochen
- Transaminasen, AP, γGT, Bilirubin, Serumalbumin, γ-Globuline, Quick: Vor Therapie, dann alle 3 Monate
- ALT alle 4 Wochen
- HBV-DNA quantitativ: Bestimmung vor Therapie, dann alle 3 Monate
- HBeAg: Bestimmung vor Therapie, dann alle 3 Monate bis zur Serokonversion
- Anti-HBe-Antikörper: Bestimmung vor Therapie und bei HBeAg-Verlust
- HBsAg quantitativ: Vor Therapie, dann nach 12 und 24 Wochen
- Kontraindikationen, u.a.
- Nukleosid- oder Nukleotidanalogon: Entecavir (ETV) oder Tenofovir (TDF oder TAF ) , Lamivudin (LAM), Telbivudin (TBV) und Adefovir (ADV)
- Kontraindikation
- Für Entecavir und Adefovir bei Schwangerschaft
- Zusätzliche Aufklärung nötig
- Bei stillenden Müttern und Fortführung der Therapie
- Therapiedauer: Mind. 3–5 Jahre
- Therapiemonitoring
- HBV-DNA quantitativ: Bestimmung vor Therapie, im 1. Jahr alle 3 Monate, dann bei virologischem Ansprechen alle 6 Monate
- HBeAg: Bestimmung vor Therapie, dann alle 6–12 Monate bis zur Serokonversion
- Anti-HBe-Antikörper: Bestimmung vor Therapie und bei HBeAg-Verlust
- HBsAg quantitativ: Vor und während der Therapie
- Transaminasen, AP, γGT, Bilirubin, Serumalbumin, γ-Globuline, Quick: Vor Therapie, dann alle 3 Monate
- Resistenzbestimmung: Bei Nicht-Ansprechen oder Therapieversagen
- Regelmäßiges Monitoring von Kreatinin und GFR vor und während der Therapie, ggf. Dosisanpassung
- Auf Lactatazidosen achten
- Therapieansprechen
- Therapieende: Bei HBsAg-Verlust (zweimal bestätigt innerhalb von 6 Monaten)
- Bei HBeAg-Positivität: Therapieende 12 Monate nach HBeAg-Verlust und Serokonversion zu Anti-HBe-Antikörpern möglich
- Bei HBeAg-Negativität: Beendigung vor HBsAg-Verlust möglich, wenn HBV-DNA mind. 3 Jahre negativ und engmaschige Kontrollen gewährleistet
- Kontraindikation
Eine Kombinationstherapie wird nicht empfohlen!
Wenn kein Kriterium für ein Therapieende erreicht wird, sollte eine Therapie mit einem Nukleosid- oder Nukleotidanalogon bei guter Verträglichkeit und Therapieansprechen ggf. langfristig erfolgen!
HCC-Screening
- Für detaillierte Informationen siehe: HCC-Screening
Ein HCC-Screening soll unter Therapie und auch nach Therapieende mind. alle 6 Monate erfolgen!
Keine antivirale Therapie (nur Überwachung)
- Indikationen
- Ggf. bei asymptomatischer HBV-Trägerschaft
- Inaktiv (HBeAg negativ und HBV-DNA negativ)
- Niedrigvirämisch (HBeAg negativ und HBV-DNA ≤2.000 IE/mL) mit wiederholt normalen ALT-Werten und keinem Hinweis auf eine mind. moderate Leberfibrose
- Ggf. hochvirämisch (HBeAg↑ und HBV-DNA >2.000 IE/mL), wenn wiederholt normale ALT-Werte und kein Hinweis auf eine mind. moderate Leberfibrose
- Ggf. bei chronischer Hepatitis B mit Kontraindikationen für eine antivirale Therapie
- Ggf. bei asymptomatischer HBV-Trägerschaft
- Monitoring (alle 6–12 Monate): Blutuntersuchungen und HBV-Diagnostik
- Chronische Hepatitis B: Alle 6 Monate
- Blutbild
- Transaminasen, AP, γGT, Bilirubin, Serumalbumin, γ-Globuline, Quick
- HBV-DNA quantitativ
- HBeAg; wenn negativ: Anti-HBe-Antikörper
- HBsAg (ggf. quantitativ); wenn negativ: Anti-HBs-Antikörper
- Sonografie-Abdomen, ggf. Fibrosediagnostik
- Ggf. AFP im Rahmen des HCC-Screenings
- Asymptomatische HBV-Trägerschaft: Alle 6 oder alle 12 Monate
- HBeAg; wenn negativ: Anti-HBe-Antikörper
- HBsAg (ggf. quantitativ); wenn negativ: Anti-HBs-Antikörper
- Asymptomatische HBV-Trägerschaft und Schwangerschaft: Mind. alle 3 Monate bis mind. 6 Monate nach Entbindung
- Asymptomatische HBV-Trägerschaft mit negativer HBV-DNA vor Transplantation
- HBV-DNA alle 3 Monate
- Asymptomatische HBV-Trägerschaft und replikative Hepatitis C
- Therapie: Analog einer HCV-Monoinfektion (siehe: Therapie der Hepatitis C)
- Monitoring: HBV-DNA und ALT
- Chronische Hepatitis B: Alle 6 Monate
Bei asymptomatischen Verläufen mit geringer Virusaktivität kann unter engmaschiger Überwachung auf eine antivirale Therapie verzichtet werden. Falls Hinweise auf eine (Re‑)Aktivierung auftreten, muss jedoch eine Reevaluation erfolgen!
Komplikationen
- Akute Hepatitis B
- Fulminantes Leberversagen
- Posthepatitissyndrom
- Chronische Müdigkeit, Kraftlosigkeit
- Übelkeit, Appetitlosigkeit
- Evtl. Oberbauchschmerzen
- Reaktivierung einer durchgemachten HBV-Infektion unter Immunsuppression (siehe auch: Prophylaxe einer HBV-Reaktivierung)
- Chronischer Verlauf
- Leberfibrose, Leberzirrhose
- Hepatozelluläres Karzinom
PAGE-B-Score zur Berechnung des HCC-Risikos bei chronischer HBV-Infektion [10] | ||
---|---|---|
Punkte | ||
Alter | 16–29 Jahre | 0 |
30–39 Jahre | 2 | |
40–49 Jahre | 4 | |
50–59 Jahre | 6 | |
60–69 Jahre | 8 | |
>70 Jahre | 10 | |
Geschlecht | Weiblich | 0 |
Männlich | 6 | |
Thrombozytenzahl | ≥200 × 109/L | 0 |
100–199 × 109/L | 6 | |
<100 × 109/L | 9 | |
≤9 Punkte: 5-Jahres-HCC-Risiko 0% 10–17 Punkte: 5-Jahres-HCC-Risiko 3% ≥18 Punkte: 5-Jahres-HCC-Risiko 17% |
- Hepatische Dekompensationen
- Siehe auch: Akut-auf-chronisches Leberversagen
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Koinfektion mit Hepatitis D
- Epidemiologie: 5% aller chronisch HBV-Infizierten tragen auch das Hepatitis-D-Virus
- Erreger: Hepatitis-D-Virus (HDV), inkomplettes RNS-Virusoid
- Infektionsweg: Infektion ist nur in Zusammenhang mit einer Hepatitis B möglich
- Sexuell
- Parenteral
- Perinatal
- Verlauf: Abhängig vom Hepatitis-B-Status
- Simultaninfektion: Führt zur Verstärkung der akuten Hepatitis, jedoch kommt es bei 90% zur Ausheilung
- Superinfektion bei chronischer HBV-Infektion: Chronifizierung mit Erhöhung des Risikos für eine Leberzirrhose
- Selten: Fulminanter Verlauf mit akutem Leberversagen
- Diagnostik: Bestimmung von Anti-HDV-Antikörpern; wenn positiv: Zusätzlich von HDV-RNA
- Monitoring: HDV-RNA
- Therapie siehe: Therapie der akuten Hepatitis B und Therapie der chronischen Hepatitis B
- Bei fulminanter Hepatitis D und dekompensierter Leberzirrhose: Evaluierung einer Lebertransplantation
Prävention
Aktive Impfung gegen Hepatitis B [11]
- Die STIKO empfiehlt allen Kindern (bis 17 Jahre) die Impfung gegen Hepatitis B (als Standardimpfung)
- Grundimmunisierung: Ab dem Alter von 2 Monaten
- Siehe auch: STIKO-Impfkalender
- Impfstoff: Totimpfstoff (Subunit-Impfstoff: Oberflächenprotein HBsAg)
- Bevorzugt Einsatz von Kombinationsimpfstoffen
- Mit Tetanus, Diphtherie, Poliomyelitis, Pertussis und Haemophilus influenzae Typ b (siehe auch: Sechsfach-Impfstoff)
- Mit Hepatitis A (siehe auch: Hepatitis-A-B-Kombinationsimpfstoff)
- Alternativ monovalenter Impfstoff
- Siehe auch: Hepatitis-B-Impfstoffe
- Bevorzugt Einsatz von Kombinationsimpfstoffen
- Grundimmunisierung: Innerhalb des 1. Lebensjahres
- 3 Impfdosen im Alter von 2, 4 und 11 Monaten
- Mit 6-fach-Impfstoff empfohlen
- Auffrischungsimpfung: Nach STIKO nicht generell empfohlen, Ausnahmen siehe: Indikations- /berufsbedingte Impfung
- Nach Grundimmunisierung im Säuglingsalter, unbekannten Anti-HBs-Antikörpern und neu aufgetretenem Hepatitis-B-Risiko : Erneute Impfung mit anschließender Kontrolle der Anti-HBs-Antikörper
- Nachholimpfung
- Kinder im Alter von ≤17 Jahre: 3 Impfdosen
- Erwachsene ≥18 Jahre: Nur bei gesundheitlichen bzw. berufsbedingten Risikofaktoren (s.u.)
- Indikationsimpfung
-
Immundefizienz/-suppression oder Grunderkrankung, die einen schweren Verlauf einer Hepatitis-B-Erkrankung erwarten lässt
- Jährlich Kontrolle der Anti-HBs-Antikörper, bei Werten <100 IE/L Auffrischungsimpfung empfohlen
- Erhöhtes nicht-berufliches Expositionsrisiko
- Alle 10 Jahre Kontrolle der Anti-HBs-Antikörper, bei Werten <100 IE/L Auffrischungsimpfung empfohlen
-
Immundefizienz/-suppression oder Grunderkrankung, die einen schweren Verlauf einer Hepatitis-B-Erkrankung erwarten lässt
- Berufsbedingte Impfung
- Personal im Gesundheitsdienst
- Polizeikräfte
- Personal in Einrichtungen mit erhöhtem Expositionsrisiko
- Bei erfolgter Grundimmunisierung einmalige Auffrischungsimpfung, 4–8 Wochen später Titerkontrolle
- Nur bei hohem Expositionsrisiko: Kontrolle der Anti-HBs-Antikörper alle 10 Jahre mit Auffrischungsimpfung bei Titer <100 IE/L
- Reiseimpfung: Nach individueller Risikoabwägung, siehe auch DTG-Reiseimpfungen-Hepatitis B
- Postexpositionelle Impfung siehe: Postexpositionsprophylaxe bei Hepatitis B
Allen Personen der unter Indikationen für ein Hepatitis-B-Screening genannten Risikogruppen, die HBsAg- und Anti-HBc-Antikörper-negativ sind und über keinen ausreichenden Impfschutz verfügen, soll eine Impfung angeboten werden. In der Schwangerschaft muss eine Impfindikation allerdings streng geprüft sein!
Überprüfung des Impferfolgs (nach STIKO-Empfehlung)
- Indikation
- Nicht generell empfohlen bei Grundimmunisierung im Kindesalter
- Immer erforderlich bei Grundimmunisierung jenseits des Kindesalters (Bestimmung des Anti-HBs-Antikörper-Titers 4–8 Wochen nach letzter Impfstoffdosis)
- Zielwert des Anti-HBs-Antikörper-Titers: ≥100 IE/L
- Nach Grundimmunisierung 10–99 IE/L: Low-Responder → Gabe einer weiteren Impfstoffdosis und erneute Titerkontrolle nach 4–8 Wochen
- Falls dadurch weiterhin kein ausreichender Schutz besteht: Bis zu zwei weitere Impfdosen mit anschließender Titerkontrolle
- STIKO-Empfehlung für Gesundheitspersonal mit weiterhin unzureichendem Schutz: Anwendung eines alternativen Hepatitis-B-Impfstoffs [12]
-
Nach Grundimmunisierung <10 IE/L: Non-Responder → Zunächst Ausschluss einer chronischen Hepatitis-B-Infektion (Bestimmung von HBsAg und Anti-HBc-AK)
- Keine chronische Hepatitis-B-Infektion → Vorgehen wie bei Low-Responder
- Nach Grundimmunisierung 10–99 IE/L: Low-Responder → Gabe einer weiteren Impfstoffdosis und erneute Titerkontrolle nach 4–8 Wochen
Postexpositionsprophylaxe bei Hepatitis B [13]
Indikation
- Nach Nadelstichverletzungen oder Kontakt der Schleimhaut/geschädigten Haut mit möglicherweise HBsAg-positivem Blut
- Negativer HBsAg-Status der Indexpatient:innen: Keine weiteren Maßnahmen
- Positiver HBsAg-Status der Indexpatient:innen: Vorgehen in Abhängigkeit vom Impfstatus der Exponierten
- Unbekannter HBsAg-Status der Indexpatient:innen: HBsAg-Bestimmung innerhalb von 48 h
- Wenn Testung nicht möglich: Vorgehen wie bei positivem HBsAg-Status
- Neugeborene HBsAg-positiver Mütter oder von Müttern mit unbekanntem HBsAg-Status (unabhängig vom Geburtsgewicht)
Vorgehen
Vorgehen je nach Impfstatus
- Exposition vollständig Geimpfter: Vorgehen in Abhängigkeit vom letzten Anti-HBs-Antikörper-Wert
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Anti-HBs-Antikörper-Messung innerhalb der letzten 10 Jahre
- Anti-HBs-AK ≥100 IE/L: Keine Maßnahmen
- Anti-HBs-AK 10–99 IE/L: Sofortige Anti-HBs-AK-Messung, Vorgehen abhängig vom Testergebnis (siehe: Postexpositionsprophylaxe in Abhängigkeit vom aktuellen Anti-HBs-Antikörper-Wert)
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Anti-HBs-AK <10 IE/L: Bestimmung von HBsAg, Anti-HBc- und Anti-HBs-AK, danach sofort Simultanimpfung (ohne das Testergebnis abzuwarten)
- Ausnahme Anti-HBs-AK zu einem früheren Zeitpunkt ≥100 IE/L: Alleinige Aktivimpfung
- Anti-HBs-Antikörper-Messung zuletzt vor ≥10 Jahren oder noch nie (oder unbekanntes Ergebnis): Sofortige Anti-HBs-AK-Messung, Vorgehen abhängig vom Testergebnis (siehe: Postexpositionsprophylaxe in Abhängigkeit vom aktuellen Anti-HBs-Antikörper-Wert)
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Anti-HBs-Antikörper-Messung innerhalb der letzten 10 Jahre
- Exposition unvollständig Geimpfter
- Sofortige Anti-HBs-Antikörper-Messung, Vorgehen abhängig vom Testergebnis (siehe: Postexpositionsprophylaxe in Abhängigkeit vom aktuellen Anti-HBs-Antikörper-Wert)
- Vervollständigung der Grundimmunisierung (ggf. mit gekürztem Impfschema)
- Exposition Ungeimpfter und bekannter Non-Responder (dauerhaft Anti-HBs-Antikörper <10 IE/L)
- Bestimmung von HBsAg, Anti-HBc- und Anti-HBs-AK, danach sofort Simultanimpfung (ohne das Testergebnis abzuwarten)
- Bei Ungeimpften: Vervollständigung der Grundimmunisierung mit 2 weiteren Impfstoffdosen im Verlauf
Postexpositionsprophylaxe in Abhängigkeit vom aktuellen Anti-HBs-Antikörper-Wert
- Anti-HBs-AK ≥100 IE/L: Keine Maßnahme
- Anti-HBs-AK 10–99 IE/L: Alleinige Aktivimpfung
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Anti-HBs-AK <10 IE/L oder Titerbestimmung nicht möglich
- Anti-HBs-AK zu einem früheren Zeitpunkt ≥100 IE/L: Alleinige Aktivimpfung
- Anti-HBs-AK waren nie ≥100 IE/L oder unbekannt: Simultanimpfung
- Zum Ablauf nach Nadelstichverletzungen siehe: Vorgehen bei Nadelstichverletzung
Hepatitis-B-Immunprophylaxe bei Neugeborenen von HBsAg-positiven Müttern bzw. Müttern mit unbekanntem HBsAg-Status
- Serologische HBsAg-Testung bei allen Schwangeren
- Bei positivem HBsAg-Status der Mutter
- Internationale Leitlinien (EASL, AASLD, WHO) empfehlen eine antivirale Therapie mit Tenofovir bei einer HBV-Viruslast der Mutter >200.000 IE/mL
- Simultanimpfung des Neugeborenen postpartal am besten sofort, spätestens innerhalb von 12 h: Aktivimpfung mit Hepatitis-B-Totimpfstoff und gleichzeitig Passivimpfung mit Hepatitis-B-Immunglobulin
- Im Verlauf Vervollständigung der aktiven Hepatitis-B-Grundimmunisierung
- Reifgeborene: 2 mögliche Impfschemata
- Insg. 4 Impfdosen im Alter von 0, 1, 2 und 12 Monaten
- Oder insg. 3 Impfdosen im Alter von 0, 1 und 6 Monaten
- Frühgeborene: Insg. 4 Impfdosen im Alter von 0, 1, 2 und 12 Monaten
- Reifgeborene: 2 mögliche Impfschemata
- Bei unbekanntem HBsAg-Status der Mutter bzw. wenn eine Testung vor und kurz nach der Geburt nicht möglich ist
- Alleinige aktive Hepatitis-B-Impfung des Neu- oder Frühgeborenen (unabhängig vom Geburtsgewicht) postpartal am besten sofort, spätestens innerhalb von 12 h
- Bei nachträglicher Feststellung eines positiven HBsAg-Status der Mutter: Nachholen der Passivimpfung des Neugeborenen mit Hepatitis-B-Immunglobulin innerhalb von 7 Tagen postnatal
- Nach Abschluss der Grundimmunisierung des Neugeborenen einer HBsAg-positiven Mutter
- Immer serologische Kontrolle 4–8 Wochen nach der letzten Impfstoffdosis (HBsAg, Anti-HBs- und Anti-HBc-Antikörper)
- Falls keine Immunität nachweisbar: Erneute Impfdosis und serologische Kontrolle
- Bei Säuglingen mit einem Geburtsgewicht <1.000 g: Kontrolle der Anti-HBs-Antikörper bereits 4 Wochen nach der 2. Impfung
- Anti-HBs-AK ≥100 IE/L: 3. Impfdosis 5 Monate nach der 2. Impfdosis
- Anti-HBs-AK <100 IE/L: 3. Impfdosis umgehend und erneute Kontrolle der Anti-HBs-AK nach 4 Wochen
- Anti-HBs-AK ≥100 IE/L: 4. Impfdosis 9 Monate nach der 3. Impfdosis
- Anti-HBs-AK <100 IE/L: 4. Impfdosis umgehend und erneute Kontrolle der Anti-HBs-AK nach 4 Wochen
- Immer serologische Kontrolle 4–8 Wochen nach der letzten Impfstoffdosis (HBsAg, Anti-HBs- und Anti-HBc-Antikörper)
Prophylaxe einer HBV-Reaktivierung
- Obligat nach Lebertransplantation: Nukleosid-/Nukleotidanalogon plus Hepatitis-B-Immunglobulin (HBIG)
- Standardschema
- 10.000 IE HBIG i.v. in der anhepatischen Phase
- 2.000 IE HBIG an den Folgetagen bis zur HBsAg-Negativität
- Anschließend 1.000–2.000 IE HBIG i.v. alle 4 Wochen, Ziel Anti-HBc-Antikörper ≥100 IE/L
- Alternativen im Verlauf: 400–800 IE pro Monat oder 2.000 IE alle 3 Monate
- Bei ausreichender Compliance: Umstellung auf HBIG s.c.
- Bei <75 kgKG: 500 IE s.c. 1× wöchentlich
- Bei ≥75 kgKG: 1.000 IE s.c. 1× wöchentlich
- Standardschema
- Vor geplanter immunsuppressiver Therapie
- Bei geplanter Stammzelltransplantation
- Bei Erhalt eines Organs von Anti-HBc-Antikörper-positiven Spender:innen
- Bei Erhalt eines Organs von HBsAg-positiven Spender:innen: Nukleosid-/Nukleotidanalogon plus Hepatitis-B-Immunglobulin (HBIG)
Meldepflicht
Hepatitis-B-Virus
- Arztmeldepflicht
- Nach § 6 IfSG: Namentliche Meldepflicht einer akuten Hepatitis-B-Infektion
- Nach IfSGMeldeVO (nur in Sachsen ): Namentliche Meldepflicht erregerspezifisch bei akuten Hepatitis-B-Infektionen sowie chronischen Infektionen oder Carrierstatus
- Nach ThürIfKrMVO (nur in Thüringen ): Namentliche Meldepflicht nur bei Krankheits- und Todesfällen an chronischer Infektion
- Labormeldepflicht
- Nach § 7 IfSG: Namentliche Meldepflicht bei allen Erregernachweisen, auch ohne Hinweis auf eine akute Infektion bzw. bei chronischer Infektion oder Carrierstatus
- Nach IfSGMeldeVO (nur in Sachsen ): Namentliche Meldepflicht bei Erregernachweis, auch bei chronischer Infektion oder Carrierstatus [gegenstandslos]
- Nach ThürIfKrMVO (nur in Thüringen ): Namentliche Meldepflicht bei Erregernachweis, auch ohne Nachweis einer akuten Infektion [gegenstandslos]
Hepatitis-D-Virus
- Arztmeldepflicht nach § 6 IfSG
- Namentliche Meldepflicht einer akuten Hepatitis-D-Infektion
- Labormeldepflicht nach § 7 IfSG
- Namentliche Meldepflicht bei allen Erregernachweisen, auch ohne Hinweis auf eine akute Infektion
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Hepatitis B
Hepatitis B – Teil 1: Erreger, Infektion, Klinik
Hepatitis B – Teil 2: Diagnostik
Hepatitis B – Teil 3: Therapie
Hepatitiden: Histopathologie
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
B16.-: Akute Virushepatitis B
- B16.0: Akute Virushepatitis B mit Delta-Virus (Begleitinfektion) und mit Coma hepaticum
- B16.1: Akute Virushepatitis B mit Delta-Virus (Begleitinfektion) ohne Coma hepaticum
- B16.2: Akute Virushepatitis B ohne Delta-Virus mit Coma hepaticum
- B16.9: Akute Virushepatitis B ohne Delta-Virus und ohne Coma hepaticum
- Akute Hepatitis B (viral) o.n.A.
B18.-: Chronische Virushepatitis
- B18.0: Chronische Virushepatitis B mit Delta-Virus
- B18.1-: Chronische Virushepatitis B ohne Delta-Virus
- B18.11: Chronische Virushepatitis B ohne Delta-Virus, Phase 1
- B18.12: Chronische Virushepatitis B ohne Delta-Virus, Phase 2
- Aktive chronische Hepatitis B
- Chronische Virushepatitis B ohne Delta-Virus, HBeAg positiv, mit Entzündungsaktivität, hochreplikativ
- B18.13: Chronische Virushepatitis B ohne Delta-Virus, Phase 3
- B18.14: Chronische Virushepatitis B ohne Delta-Virus, Phase 4
- B18.2: Chronische Virushepatitis C
- B18.8: Sonstige chronische Virushepatitis
- B18.9: Chronische Virushepatitis, nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.
Studientelegramme zum Thema
- HOMe Studientelegramme Innere Medizin
- Studientelegramm 219-2022-1/3: Mehr Eintracht: Hepatitis-B-Auffrischungsimpfung für alle?
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