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Morbus Perthes

Letzte Aktualisierung: 9.1.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Der Morbus Perthes ist eine idiopathische selbstlimitierende aseptische Knochennekrose des Femurkopfes. Im Verlauf deformiert und dezentralisiert der Femurkopf häufig, was unbehandelt im Erwachsenenalter meistens zu einer Koxarthrose führt. Die Erkrankung manifestiert sich typischerweise im Alter zwischen 3 und 7 Jahren. Je jünger das Kind bei Erkrankungsbeginn ist, desto besser ist die Prognose.
Betroffene Kinder beklagen belastungsabhängige Hüftschmerzen, die häufig ins gleichseitige Knie ausstrahlen und zu Schonhinken führen. Frühstadien lassen sich nur mittels MRT nachweisen. Erst im weiteren Verlauf sind Veränderungen in der konventionellen Röntgenaufnahme sichtbar. Es gibt mehrere radiologische Klassifikationen zur Beurteilung des Erkrankungsausmaßes, um bei prognostisch ungünstigen Zeichen ggf. operativ einzugreifen. Ziel ist es hierbei, den Femurkopf durch die Gelenkpfanne möglichst vollständig zu überdachen („Containment“) und somit eine weitgehend physiologische Formung des Kopfes zu gewährleisten. Bei leichten Formen des Morbus Perthes sind v.a. im Alter <6 Jahren häufig eine Belastungsreduktion und Verlaufskontrollen ausreichend.

Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS-Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion „Tipps & Links“.

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Inzidenz: Ca. 1/10.000 Kinder [1][2][3]
    • Geografische Unterschiede [2]
  • Alter: Häufigkeitsgipfel 3–7 Jahre
  • Geschlecht: > (4:1)
  • Bilaterales Auftreten: Zeitversetzt in ca. 10% der Fälle [4]

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

  • Unklare Genese: Vermutlich multifaktoriell → Durchblutungsstörung → Mechanische Schwächung der Epiphyse [2][3][4][5]
  • Risikofaktoren
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Klassifikationtoggle arrow icon

Klassifikationen des Morbus Perthes

Herring-Klassifikation

Lateral-Pillar-Klassifikation nach Herring [4][6]
Einteilung Beteiligung der lateralen Säule
Stadium A (Herring A)
  • 100% der Höhe erhalten bzw. nicht betroffen
Stadium B (Herring B)
  • >50% der Höhe erhalten
Stadium B/C (Herring B/C)
  • 50% der Höhe erhalten
  • Schlechte Ossifikation der lateralen Säule
Stadium C (Herring C)
  • <50% der Höhe erhalten

Waldenström-Klassifikation

Elizabethtown-Klassifikation (Waldenström-Klassifikation modifiziert von Joseph et al.) [7][8]
Einteilung Befund
Initialstadium (I) Frühes Stadium (Ia)
Spätes Stadium (Ib)
Fragmentationsstadium (II) Frühes Stadium (IIa)
  • Beginnende Fragmentation der Epiphyse
  • 1–2 vertikale Fissuren in der Epiphyse
Spätes Stadium (IIb)
  • Fortgeschrittene Fragmentation der Epiphyse
  • Kein Anzeichen für Wiederaufbau
Reparationsstadium (III) Frühes Stadium (IIIa)
Spätes Stadium (IIIb)
  • Ausdehnung der Reossifikation: >⅓ der Breite der Epiphyse
Endstadium (IV) Stadium IV
  • Endzustand mit/ohne Defekt

Catterall-Klassifikation

Klassifikation nach Catterall [9]
Einteilung Befund in der Bildgebung Ausmaß der Femurkopfbeteiligung
Gruppe 1
  • Umschriebener anteriorer Epiphysenanteil betroffen
  • Selten Metaphysenbeteiligung
  • Keine Fraktur, kein Kollaps
  • Keine Sequesterbildung
  • Anterolateraler Quadrant
Gruppe 2
  • Größerer anteriorer Epiphysenanteil betroffen
  • Einbruch des Femurkopfes mit Sequesterbildung
  • Vitale Knochenanteile medial und lateral des Sequesters mit erhaltener Epiphysenhöhe
  • Anteriores Drittel bis zur Hälfte
Gruppe 3
  • Große Epiphysenanteile nekrotisch
  • Meist ausgeprägte Metaphysenbeteiligung
Gruppe 4
  • Nekrose der gesamten Epiphyse mit frühzeitigem Kollaps
  • Ausgeprägte Metaphysenbeteiligung

Klassifikation nach Salter und Thompson

Klassifikation nach Salter und Thompson [9]
Einteilung Ausmaß der subchondralen Fraktur
Gruppe A
  • <50% der Femurkopfkontur
Gruppe B
  • >50% der Femurkopfkontur

Stulberg-Klassifikation

Stulberg-Klassifikation [10]
Grad Morphologischer Befund Koxarthroserisiko
I
  • Gering
II
III
  • Moderat
IV
V
  • Asphärische Inkongruenz
  • Hoch

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Pathophysiologietoggle arrow icon

  • Risikofaktoren: Multifaktorielle Genese, siehe auch: Morbus Perthes - Ätiologie
  • Folge: Durchblutungsstörung des Femurkopfes Nekrose → Ggf. subchondrale Fraktur → Deformation
  • Ablauf [4]
    1. Initialstadium (4–6 Wochen): Rezidivierende Durchblutungsstörung des Femurkopfes → Subchondrale Nekrose Fraktur der subchondralen Trabekelstruktur → Ggf. beginnende Schmerzen (ohne röntgenradiologische Veränderungen )
    2. Kondensationsstadium (6–12 Monate): Nekrotischer Knochenanteil kollabiert → Femurkopf flacht ab und sklerosiert → Femurkopfknorpel ggf. bei Dezentrierung/Extrusion verformt und/oder sekundär geschädigte knöcherne Epiphyse/Wachstumsfuge
    3. Fragmentationsstadium (18–24 Monate): Avaskulärer Knochen wird resorbiert und durch faserknorpeliges Gewebe ersetzt → Steigende Gefahr einer Femurkopffehlstellung in der Pfanne und -deformierung
    4. Reparationsstadium: Wiederaufbau des Femurkopfes durch Verknöcherung des faserknorpeligen Gewebes → Rasche Abnahme der Plastizität →
      • Spontane Restitutio ad integrum (ca. 50% der Fälle): Spontane Reossifizierung des Femurkopfes mit passender sphärischer Form oder
      • Weitere Deformierungen während des Wachstums mit
        • Coxa magna: Übermäßig großer Femurkopf oder
        • Schwere Kopfdeformität
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Symptomatiktoggle arrow icon

  • Leitsymptom: (Belastungsabhängiges) Schonhinken
  • Weitere Symptome
    • Bewegungseinschränkung
    • Schmerzen: Hüft- oder Oberschenkelschmerzen mit Ausstrahlung ins Knie (Knieschmerzen)

Bei Knieschmerzen im Kindesalter muss auch an Morbus Perthes gedacht werden!

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Diagnostiktoggle arrow icon

Anamnese [4]

  • Symptombeginn
    • Erinnerliches Trauma
    • Vorausgegangener Infekt
  • Akutes Krankheitsgefühl
  • Beschwerden
    • Belastungsabhängigkeit der Beschwerden
    • Ermüdbarkeit oder Lauffaulheit
    • Symptomfreie Intervalle
  • Vorerkrankungen
  • Familienanamnese

Körperliche Untersuchung [4][5]

Apparative Diagnostik [4][11]

Head-at-Risk-Zeichen nach Catterall
Zeichen Knöcherne Veränderung
Laterale Kalzifikation
  • Kalkschatten lateral der Epiphyse
  • Gefahr des exzentrischen Wachstums
Subluxation
  • Lateralisation des Femurkopfes
  • Gefahr des Überdachungsdefizits und der Deformierung
Metaphysäre Beteiligung
  • Osteonekrose der angrenzenden Metaphyse
  • Gefahr des vorzeitigen Fugenschlusses und folgender Deformität
Gage-Zeichen
Horizontalisierung der Wachstumsfuge

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Differenzialdiagnosen

Coxitis fugax (transiente Synovitis) [4]

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Therapieschema Morbus Perthes

  • Problematik bei der Entscheidungsfindung [1]
  • Ziel
    • Während der Erkrankung: Schmerzfreiheit, Erhalt der Mobilität und Beweglichkeit
    • Nach Ausheilung der Erkrankung: Erreichen eines sphärischen Gelenks bei möglichst freier Beweglichkeit
  • Aufklärung: Mögliche Erkrankungsdauer, notwendige regelmäßige Verlaufskontrollen, gelenkschonende Sportmöglichkeiten

Eine kausale Therapie ist bisher nicht möglich!

Therapieprinzip: Containment-Therapie

  • Physiologische Wechselwirkung: Acetabulum und Femurkopf beeinflussen während des Wachstums gegenseitig ihre Form
  • Gefahr bei Morbus Perthes: Verlagerung des Femurkopfes nach lateral → Unzureichende Überdachung durch das Acetabulum (unzureichendes „Containment“) → Femurkopf durch Pfannenrand deformiert
  • Ziel: Gelenkkongruenz von Femurkopf und Acetabulum verbessern („Containment“)
  • Prinzip: Femurkopf so überdachen bzw. im Acetabulum zentrieren, dass ein laterales Abgleiten während der Neubildung des Femurkopfes verhindert wird
  • Resultat: Möglichst physiologische Nachbildung des Femurkopfes durch gleichmäßige Druckverteilung

Konservative Therapie [4][5][6][14]

  • Typische Indikation: Adäquates Containment
    • Frühes Stadium der Erkrankung bei
      • Kindern <6 Jahre
      • Kindern 6–8 Jahre und <50% Femurkopfnekrose
    • Späteres Stadium der Erkrankung und
      • Gute Beweglichkeit
      • Keine bzw. wenig Beschwerden
  • Vorgehen
  • Radiologische Verlaufskontrolle
    • Aktives Stadium: Alle 3 Monate
    • Nach Abheilung: Alle 6–12 Monate bis zum Wachstumsabschluss

Bei Containment-Verlust während der konservativen Therapie muss die Operationsindikation überprüft werden! [15]

Operative Therapie [1][4][5][6][14][15]

Es ist weiterhin unklar, mit welchem Therapieverfahren das beste Outcome erreicht werden kann!

Prinzipiell wird ein konservatives Vorgehen bei Kindern <6 Jahre und eher mildem Verlauf bei erhaltenem Containment empfohlen, wogegen eine operative Therapie bei Containment-Verlust und/oder späterem Erkrankungsbeginn (Alter ≥6 Jahre) indiziert ist. [1]

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Komplikationentoggle arrow icon

Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.

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Prognosetoggle arrow icon

Prognosefaktoren bei Morbus Perthes [4]
Faktor Günstige Prognose Ungünstige Prognose
Alter bei Erkrankungsbeginn
  • <6 Jahre
  • >6 Jahre
Geschlecht
  • Männlich
  • Weiblich
Beweglichkeit im Hüftgelenk
  • Gut
  • Schlecht
Ausdehnung der Knochennekrose (Herring-Klassifikation)
Erkrankungsstadium bei Therapiebeginn
  • Frühstadium
  • Spätstadium
Radiologische Head-at-Risk-Zeichen
  • Nicht vorhanden
  • Vorhanden

Je jünger das Alter bei Erkrankungsbeginn, desto besser die Prognose!

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Meditrickstoggle arrow icon

In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.

Morbus Perthes (Video frei verfügbar)

Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

  • M91.-: Juvenile Osteochondrose der Hüfte und des Beckens
  • M12.86: Coxitis fugax (Sonstige näher bezeichnete Arthropathien, anderenorts nicht klassifiziert [5. Stelle: 0-9] Transitorische Arthropathie)

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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