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Neuropathia vestibularis

Letzte Aktualisierung: 25.2.2025

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Die Neuropathia vestibularis (Synonym: Neuritis vestibularis) ist eine meist einseitige idiopathische Inflammation des N. vestibularis (vestibulärer Anteil des N. VIII), die zum Funktionsausfall des Gleichgewichtsorgans führt. Als Auslöser wird eine Inflammation des vestibulären Anteils des achten Hirnnerven durch Viren diskutiert, auch weil der Symptomatik oft Infekte der oberen Atemwege vorausgehen. Aus völliger Gesundheit heraus kommt es zu einem akuten vestibulären Syndrom mit über Tage anhaltendem Drehschwindel sowie Übelkeit, Erbrechen, Stand- und Gangunsicherheit. Die Diagnose erfolgt klinisch anhand typischer Untersuchungsbefunde und kann durch apparative Funktionsdiagnostik des Vestibularorgans unterstützt werden. Therapeutisch stehen ein physiotherapeutisches Gleichgewichtstraining und eine antiinflammatorische Behandlung mit Glucocorticoiden im Vordergrund. I.d.R. kommt es nach wenigen Tagen zu einer Besserung und innerhalb von 2–3 Wochen zur Symptomfreiheit.

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Dritthäufigste periphere Schwindelursache [1][2]
  • Altersgipfel: 30.–50. Lebensjahr [3]
  • = [3]

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Die Symptomatik resultiert grundsätzlich aus einer Schädigung des N. vestibularis. Prinzipiell sind hierfür verschiedene Ursachen denkbar (z.B. auch eine Kompression des Nerven), i.d.R. wird allerdings eine idiopathische bzw. durch eine virale Infektion bedingte Inflammation angenommen.

  • Häufige zeitliche Assoziation mit oberen Atemwegsinfekten
  • Hypothese: Inflammation in Folge einer reaktivierten HSV1-Infektion [4][5]

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Symptomatiktoggle arrow icon

  • Akut einsetzender und für Tage anhaltender heftiger Schwindel mit Bewegungsillusion (gerichteter Drehschwindel) mit [6]
    • Übelkeit und Erbrechen
    • Gang- und Standunsicherheit durch Fallneigung zur betroffenen Seite
  • Ggf. Anamnese eines kürzlich aufgetretenen grippalen Infekts, meist der oberen Atemwege

Keine kochleären Symptome: Keine Hörminderung, kein Tinnitus!

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Verlaufs- und Sonderformentoggle arrow icon

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Diagnostiktoggle arrow icon

Für das Notfallmanagement bei Schwindel mit zunächst unklarer Ursache siehe: Schwindel - AMBOSS-SOP

Typische Anamnese

  • Anhaltender, in allen Körper-/Kopfpositionen vorhandener Schwindel mit gerichteter Drehbewegungsillusion (Drehschwindel)
    • Meistens rasch-progredienter, gelegentlich auch stotternder oder als plötzlich beschriebener Beginn
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Stand- und Gangunsicherheit mit Fallneigung zu einer Seite
  • Keine Hörstörung

Fokussierte neurologische Untersuchung

Charakteristische Befunde in der neurologischen Untersuchung [1][7]

  • Ausfallnystagmus
    • Unidirektionaler horizontal-torsionaler Spontannystagmus (unprovozierter Nystagmus) zur gesunden Seite (=aktiveres Vestibularorgan)
      • Richtung (der schnellen Phase) des Nystagmus bleibt auch bei Änderung der Blickrichtung gleich, Verstärkung bei Blick zur gesunden Seite
      • Durch Fixation supprimierbar, d.h.
        • ↑ bei Aufhebung der Fixation unter einer Frenzel-Brille
        • ↓ bei Fixation eines Gegenstands
    • Kopfschüttelnystagmus (provozierter Nystagmus) zur gesunden Seite
      • Provokation durch aktives oder passives Kopfschütteln in der Horizontalen für ca. 30 s
      • Bei milder/abklingender Symptomatik (subakute oder chronische Phase einer Neuropathia vestibularis)
  • Gestörter vestibulo-okulärer Reflex (Korrektursakkade ) beim Kopfimpulstest zur betroffenen Seite
  • Stand- und Gangstörung
  • Störung der subjektiven visuellen Vertikalen: Pathologische Abweichung zur betroffenen Seite
    • Eimertest: ≥ +/-2,5° Abweichung von der echten Vertikalen
  • Normales Hörvermögen

Im Gegensatz zu zentralen Schwindelursachen zeigt die Neuropathia vestibularis im HINTS-Protokoll einen pathologischen Kopfimpulstest , einen Ausfallnystagmus (typischerweise Spontannystagmus ), keinen Blickrichtungsnystagmus und keine Skew Deviation!

Kalorische Testung

  • Prinzip: Testung der Erregbarkeit des Gleichgewichtsorgans durch definierte thermische Reizung
  • Durchführung
  • Normalbefund
  • Typischer Befund bei Neuropathia vestibularis: Unter- oder Unerregbarkeit des betroffenen Gleichgewichtsorgans (reduzierter oder fehlender Nystagmus bei Reizung)

Akronym „COWS“ für den Normalbefund der kalorischen Testung: „cold opposite, warm same“!

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Peripher-vestibuläre Differenzialdiagnosen [1]

Zentral-vestibuläre Differenzialdiagnosen [1][8]

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

  • Glucocorticoide: Kurzzeitig
  • Antiemetika: Kurzzeitig und nur bei schwerer Übelkeit/Erbrechen für max. 1–3 Tage
  • Physiotherapeutische Gleichgewichtsübungen [9][11][12] bspw.
    • Aktive Kopfbewegungen, insb. horizontale Drehungen
    • Kontrollierte Augenbewegungen
    • Geh- und Balanceübungen

Weil die antiemetische Therapie die Ausbildung der zentralen Kompensationsmechanismen verzögert, sollte sie nur bei schwerer Symptomatik und nur innerhalb der ersten Tage eingesetzt werden [6]!

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Prognosetoggle arrow icon

  • Meist spontane Heilung innerhalb von 2–3 Wochen
    • Die Prognose hängt von der schnellstmöglichen körperlichen Aktivierung der Patient:innen ab
    • Insb. Ältere mit reduziertem Allgemeinzustand haben deshalb länger bestehende Symptome
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3D-Anatomietoggle arrow icon

In Kooperation mit Effigos bieten wir dir die Möglichkeit, Anatomie auch in 3D zu erfahren. Die Inhalte sind vielfach auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend. Neben Komplettmodellen bieten wir dir auch sprach- oder textgeführte Exkurse zu einzelnen Themen. In allen Versionen hast du die Möglichkeit mit den Modellen individuell zu interagieren, z.B. durch Schneiden, Zoomen oder Aus- bzw. Einblenden bestimmter Strukturen. Eine Übersicht über alle Inhalte findest du in dem Kapitel Anatomische 3D-Modelle. Die unterschiedlichen Pakete zu den 3D-Modellen findest du im Shop.

3D-Modell

Modellansicht

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

  • H81.-: Störungen der Vestibularfunktion

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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