Zusammenfassung
Humane Herpesviren (HHV) gehören zu den DNA-Viren, die charakteristischerweise die Fähigkeit haben, nach einer Erstinfektion lebenslang im menschlichen Organismus zu verbleiben. Die meisten Herpesviren sind für bestimmte Krankheitsbilder verantwortlich und unter einem eigenen Namen bekannt (z.B. Varizella-Zoster-Virus: Windpocken und Herpes zoster; Epstein-Barr-Virus: infektiöse Mononukleose). Die Herpes-simplex-Viren (HSV1, HSV2) befallen vor allem die Schleimhäute. HSV1 verursacht insbesondere die Krankheitsbilder Herpes labialis und Stomatitis aphthosa, HSV2 den Genitalherpes. Ein Hautbefall mit Herpes-simplex-Viren kann lokalisiert (z.B. Herpes digitalis) oder flächig (Eczema herpeticatum) auftreten. Gefürchtet ist die Herpes-simplex-Enzephalitis mit hoher Letalität. Therapiert wird symptomatisch und mit verschiedenen Virostatika.
Überblick
- Alphaherpesviren: Neurotrop und schnell replizierend
- Betaherpesviren: Lymphotrop mit langsamer Replikation
- Gammaherpesviren: Lymphotrop mit onkogenem Potenzial
Subtypen der humanen Herpesviren (HHV) | |||
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HHV-Subtyp | Besonderheiten | Erkrankungen | |
HHV1 | Herpes-simplex-Virus 1 (HSV1) |
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HHV2 | Herpes-simplex-Virus 2 (HSV2) |
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HHV3 | Varizella-Zoster-Virus (VZV) |
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HHV4 | Epstein-Barr-Virus (EBV) |
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HHV5 | Zytomegalievirus (CMV) |
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HHV6 |
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HHV7 | |||
HHV8 | Kaposi-Sarkom-Virus (KSHV) |
Herpes labialis (Lippenherpes)
Erreger
- Herpes-simplex-Virus 1 (HSV1), bei 10–20% auch Herpes-simplex-Virus 2 (HSV2)
Epidemiologie
- Beinahe hundertprozentige asymptomatische Durchseuchung der Bevölkerung mit HSV1
Ätiologie [1]
Herpes labialis ist eine häufige Sekundärmanifestation einer HSV1-Infektion (bei Reaktivierung).
- Übertragungsweg: Direkter oder indirekter Kontakt zu infektiösem Sekret
- Infektiosität: I.d.R. einige Tage
- Pathogenese: Asymptomatische Erstinfektion oder Gingivostomatitis/Tonsillopharyngitis → Verbleiben des Virus in regionalen Ganglien → Symptomatische Reaktivierung bei passagerer Immuninsuffizienz (z.B. Infektion, Stress, vermehrte Sonneneinstrahlung)
Klinik
- Bei Erstinfektion häufig klinisch inapparente Verläufe
- Rezidivierende schmerzende Bläschen an Mund- und Lippenschleimhaut
Insb. bei immungeschwächten Menschen können HSV-Primär-, aber auch HSV-Sekundärmanifestationen schwer und ggf. disseminiert verlaufen!
Diagnostik
- I.d.R. Klinik und Anamnese ausreichend
- Siehe auch: Diagnostik bei Herpes-simplex-Infektionen
Therapie des Herpes labialis [2]
Therapie des Herpes labialis bei Kindern [4]
- Aciclovir topisch
- HSV-Suppressionstherapie
- Bei Immunsupprimierten: Aciclovir (pädiatrisch) i.v.
- Bei Aciclovir-resistenten HSV-Stämmen: Foscarnet i.v.
Stomatitis aphthosa (Gingivostomatitis herpetica)
Erreger
Epidemiologie
- Vor allem Kleinkinder und Immunsupprimierte (bspw. Agranulozytose, HIV)
Ätiologie
Schwerwiegende Manifestation (häufig Erstinfektion) einer Infektion mit Herpes-simplex-Virus 1 (HSV1)
- Übertragungsweg: Direkter oder indirekter Kontakt zu infektiösem Sekret
- Infektiosität
- Bei Primärinfektion: ca. 1–3 Wochen
- Bei Sekundärmanifestation: I.d.R. einige Tage
- Pathogenese: Erstmanifestation (hier: Gingivostomatitis) → Verbleiben des Virus in regionalen Ganglien → Symptomatische Reaktivierung (i.d.R. in Form von Lippenherpes) bei passagerer Immuninsuffizienz (z.B. durch Infektion, Stress, vermehrte Sonneneinstrahlung)
Klinik
- Inkubationszeit: Etwa 3–6 Tage (Spanne 2–12 Tage, bei Neugeborenen bis zu 6 Wochen)
- Sehr schmerzhafte Bläschen und Erosionen der gesamten Mundschleimhaut und Gingiva (betont im vorderen Mundbereich)
- Ggf. Beteiligung der Lippen und des perioralen Bereiches
- Zervikale Lymphknotenschwellung
- Stark reduziertes Allgemeinbefinden mit hohem Fieber
- Häufig Nahrungs- und Trinkverweigerung infolge der Schmerzen
Insb. bei immungeschwächten Menschen können HSV-Primär-, aber auch HSV-Sekundärmanifestationen schwer und ggf. disseminiert verlaufen!
Diagnostik
- I.d.R. Klinik und Anamnese ausreichend
- Siehe: Diagnostik bei Herpes-simplex-Infektionen
- Tzanck-Test positiv
Therapie der Stomatitis aphthosa [2]
- Symptomatische Therapie: Schleimhautpflege und Analgesie
- Dexpanthenol-Lösung topisch
- Bonner Lösung topisch
- Rezeptur
- Dosierung
- Schmerztherapie mit Ibuprofen oder Paracetamol
- Antivirale Therapie
Therapie der Stomatitis aphthosa bei Kindern
- Symptomatische Therapie
- Dexpanthenol-Lösung topisch
- Kamilleextrakt-Gel topisch
- Bonner Lösung topisch
- Rezeptur
- Dosierung
- Schmerztherapie mit Ibuprofen oder Paracetamol
- Antivirale Therapie [4]
- Nur bei schwerer Ausprägung und Vorstellung innerhalb der ersten 24 h:
- Aciclovir (pädiatrisch) i.v.
- Aciclovir (pädiatrisch) p.o.
- HSV-Suppressionstherapie
- Bei Immunsupprimierten: Aciclovir (pädiatrisch) i.v.
Herpes genitalis (Genitalherpes)
Erreger
- Herpes-simplex-Virus 2 (HSV2), seltener Herpes-simplex-Virus 1 (HSV1)
Epidemiologie
Bei Auftreten im Kindesalter muss immer an sexuellen Missbrauch gedacht werden!
Ätiologie [1]
Primär- oder Sekundärmanifestation einer HSV-Infektion
- Übertragungsweg: Fast ausschließlich über Geschlechtsverkehr (direkter Kontakt zu infektiösem Sekret), theoretisch auch indirekter Kontakt möglich
- Infektiosität
- Bei Primärinfektion: ca. 1–3 Wochen
- Bei Sekundärmanifestation: I.d.R. einige Tage
- Pathogenese: Asymptomatische Erstinfektion oder symptomatische genitale Infektion → Verbleiben des Virus in regionalen Ganglien → Symptomatische Reaktivierung bei passagerer Immuninsuffizienz (z.B. Infektion, Stress, vermehrte Sonneneinstrahlung)
Klinik
- Primärinfektion
- Inkubationszeit: Etwa 3–6 Tage (Spanne 2–12 Tage, bei Neugeborenen bis zu 6 Wochen)
- Rötung und Schwellung der Genitalien, Spannungsgefühl, Juckreiz und Brennen, ggf. glasiger Ausfluss
- Schmerzhafte Lymphadenopathie in der Leiste
- Nach einigen Tagen: Auftreten von disseminierten, erodierenden Bläschen im Genitalbereich, die später schmerzhaft oberflächlich ulzerieren
- Reaktivierung
- Wiederauftreten bei Stress bzw. passagerer Immunsuppression: Disseminierte, erodierende Bläschen (s.o.)
Insb. bei immungeschwächten Menschen können HSV-Primär-, aber auch HSV-Sekundärmanifestationen schwer und ggf. disseminiert verlaufen!
Diagnostik
- I.d.R. Klinik und Anamnese ausreichend
- Siehe auch: Diagnostik bei Herpes-simplex-Infektionen
- In der Schwangerschaft siehe: Herpes-simplex-Infektion in der Schwangerschaft
Therapie des Herpes genitalis
Allgemeine Maßnahmen
- Beratung
- Übertragungswege und Hygienemaßnahmen
- Bis zur Abheilung sollte auf sexuelle Kontakte verzichtet werden
- Verwendung von Kondomen ist sinnvoll, bietet aber keinen garantierten Schutz
- Benachrichtigung und Untersuchung des Sexualpartners
- Besondere Vorsicht in der Schwangerschaft (s.u.)
- Diaplazentare Infektionen sind selten, aber schwerwiegend
- Indikationen zur stationären Therapie: I.d.R. ambulantes Prozedere ausreichend, stationäre Aufnahme bei
Medikamentöse Therapie
- Systemische Schmerztherapie
-
Ibuprofen
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Ibuprofen (pädiatrisch)
-
Paracetamol
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Paracetamol (pädiatrisch)
-
Ibuprofen
- Ggf. topische Schmerztherapie (nur bei Erwachsenen)
- Lidocain-Gel oder -Lösung
- Nicht empfohlen wird Benzocain, da es ein hohes Allergisierungspotenzial besitzt
- Ggf. Sitzbäder mit NaCl 0,9%: Mehrmals täglich Sitzbäder in lauwarmer Kochsalzlösung durchführen
- Ggf. topische antimykotische Therapie: Bei Superinfektion mit Candida albicans
- z.B. Clotrimazol topisch (z.B. Mykohaug® C 10 mg/g)
Antivirale Therapie des Herpes genitalis bei Erwachsenen
- Systemische antivirale Therapie
- Aciclovir p.o. oder i.v.
- oder Famciclovir p.o.
- oder Valaciclovir p.o.
- Bei HIV-Patienten wird eine 10-tägige Therapie mit doppelter Dosis empfohlen
- HSV-suppressive Therapie (Prophylaxe)
- Aciclovir p.o.
- oder Valaciclovir p.o.
- Bei ungenügender Wirkung: Therapieversuch mit Famciclovir p.o.
- Bei Aciclovir-resistenten HSV-Stämmen und HIV-Infektion: Foscarnet oder Cidofovir [3]
Vorgehen bei Schwangeren
Antivirale Therapie des Herpes genitalis im Kindesalter [4][5]
- Aciclovir (pädiatrisch) i.v.
- oder Aciclovir (pädiatrisch) p.o.
- Kinder <2 J.
- Kinder ≥2 J.
- Kinder ≥12 bzw. 18 J. können analog den Erwachsenen auch mit Valaciclovir und Famciclovir behandelt werden (s.o.)
- Nicht geeignet bei einer Primärinfektion mit Herpes genitalis ist die alleinige topische Aciclovir-Therapie
- HSV-Suppressionstherapie
- Bei Immunsupprimierten: Aciclovir (pädiatrisch) i.v.
Komplikationen
- Mitbeteiligung der Harnwege
- Enzephalitis
- Neonatale Herpesinfektion des Neugeborenen
Prävention
- Safer Sex, insb. Verwendung von Kondomen
- Aufklärung: Häufig inapparenter Verlauf und damit Risiko für Verbreitung
- Konsequente Schwangerenvorsorge
Eczema herpeticatum
Erreger
- Herpes-simplex-Virus 1 und 2 (HSV1 und 2)
Epidemiologie
- Sehr seltene Erkrankung
Ätiologie
Primär- oder Sekundärmanifestation einer HSV-Infektion
- Übertragungsweg: Direkter oder indirekter Kontakt zu infektiösem Sekret
- Infektiosität
- Bei Primärinfektion: ca. 1–3 Wochen
- Bei Sekundärmanifestation: I.d.R. einige Tage
- Risikogruppen: Patienten mit ekzematös vorgeschädigter Haut
- Atopische Dermatitis!
- (Großflächige) Hautverbrennungen
Klinik
- Inkubationszeit: Etwa 3–6 Tage (Spanne 2–12 Tage, bei Neugeborenen bis zu 6 Wochen)
- Allgemeinsymptome mit Fieber
-
Flächenhafte Infektion der Haut mit ausgedehnter und schmerzhafter Bläschenbildung
- Multiple runde, wie ausgestanzt wirkende, zu großem Beet konfluierende Vesiculae (Bläschen)
- Oft Gesicht und Hals betroffen
Insb. bei immungeschwächten Menschen können HSV-Primär-, aber auch HSV-Sekundärmanifestationen schwer und ggf. disseminiert verlaufen!
Diagnostik
Therapie des Eczema herpeticatum [2]
- Systemische Schmerztherapie
- Ibuprofen
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Ibuprofen (pädiatrisch)
- Paracetamol
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Paracetamol (pädiatrisch)
- Ibuprofen
- Antivirale Therapie
- Aciclovir i.v.
- Bei Aciclovir-resistenten HSV-Stämmen und HIV-Infektion: Foscarnet oder Cidofovir [3]
Antivirale Therapie des Eczema herpeticatum bei Kindern [4]
- Aciclovir (pädiatrisch) i.v.
- oder Aciclovir (pädiatrisch) p.o.
- Kinder <2 J.
- Kinder ≥2 J.
- Bei Immunsupprimierten: Aciclovir (pädiatrisch) i.v.
Komplikationen
- Massiv ausgeprägte bakterielle Superinfektion
- In seltenen Fällen systemische Komplikationen mit letalem Ausgang (Herpes-Meningoenzephalitis, Rhabdomyolyse, Bronchopneumonie)
Das Eczema herpeticatum stellt eine schwere und potenziell lebensbedrohliche Erkrankung dar, weshalb Diagnosestellung und Therapieeinleitung möglichst frühzeitig erfolgen sollten!
Herpes digitalis (Herpes-Panaritium, herpetic whitlow)
Erreger
- Herpes-simplex-Virus 1 (HSV1 in 60%) und 2 (HSV2 in 40%)
Epidemiologie
- I.d.R. Auftreten bei Kindern
Ätiologie
- Übertragungsweg: Meist direkter Kontakt zu infektiösem Sekret, häufig Sekundärinfektion nach Erstinfektion anderer Körperstellen
- Infektiosität
- Bei Primärinfektion: ca. 1–3 Wochen
- Bei Sekundärmanifestation: I.d.R. einige Tage
- Risikogruppen
- Kinder
- Im Gesundheitswesen tätige Personen mit Schleimhautkontakt (z.B. Zahnärzte, HNO-Ärzte)
Klinik
- Inkubationszeit: Etwa 3–6 Tage (Spanne 2–12 Tage, bei Neugeborenen bis zu 6 Wochen)
- Initial: Spannungsgefühl, Juckreiz und Schmerzen im Bereich eines oder mehrerer Finger
- Im Verlauf: Gruppierte Bläschenbildung und kleine Epitheldefekte
Insb. bei immungeschwächten Menschen können HSV-Primär-, aber auch HSV-Sekundärmanifestationen schwer und ggf. disseminiert verlaufen!
Diagnostik
Differenzialdiagnosen
Therapie des Herpes digitalis
- Systemische Schmerztherapie
- Ibuprofen
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Ibuprofen (pädiatrisch)
- Paracetamol
- Für pädiatrische Dosierungen siehe: Paracetamol (pädiatrisch)
- Ibuprofen
- Antivirale Therapie
Antivirale Therapie des Herpes digitalis bei Kindern [4]
Diagnostik
- Klinik und Anamnese
- Ggf. Diagnosesicherung durch Abstrich aus dem Bläschengrund
- Erregernachweis
- Methode der Wahl: PCR oder
- Hohe Sensitivität und Spezifität, Bestimmung von HSV-Typ und Viruslast
- Indikationen: Insb. bei V.a. Herpes genitalis vor Geburt (und V.a. HSV-Enzephalitis aus Liquor)
- Kultur
- Etwas geringere Sensitivität
- Kurzzeitkultur innerhalb 1–2 Tagen fertig
- Methode der Wahl: PCR oder
- Antigennachweis aus Objektträgerpräparat luftgetrocknet, unfixiert
- Direkte Immunfluoreszenz oder
- Enzym-Immunoassay (ELISA)
- Erregernachweis
- Ggf. Nachweis von Anti-HSV-Antikörpern im Serum/Plasma
- Nicht sinnvoll zur schnellen Diagnostik einer akuten Primärinfektion (Ausnahme: Differenzierung von HSV2-Primärinfektion vs. Reaktivierung in der Spätschwangerschaft)
- Sinnvoll zur Evaluation des Trägerstatus
Eine initial negative PCR schließt eine Infektion NICHT aus!
Therapie
Wirkstoffe
Abhängig vom Virus und der Schwere der Infektion stehen lokale und systemische (orale und intravenöse) Virostatika zur Verfügung. Die Wirkstoffe hemmen als Antimetabolit die virale DNA-Polymerase und verhindern die wirtsvermittelte Replikation.
- Aciclovir (Leitsubstanz): Lokale, orale und intravenöse Applikation
- Verwendung bei Herpes zoster (VZV) und Herpes-simplex-Virus-Infektionen (HSV)
- Siehe: Antivirale Therapie des Herpes zoster
- Valaciclovir: Orale Applikation
- Verwendung bei Herpes zoster (VZV) und Herpes genitalis (HSV)
- Famciclovir: Orale Applikation
- Verwendung bei Herpes zoster (VZV) und Herpes genitalis (HSV)
- Brivudin: Orale Applikation
- Verwendung insb. bei Herpes zoster (VZV)
- Bei der Therapie von Herpes-simplex-Virus-Infektionen (HSV) keine Relevanz
- Ganciclovir: Orale und intravenöse Applikation
- Verwendung insb. bei Zytomegalie (CMV)
- Bei der Therapie von Herpes-simplex-Virus-Infektionen (HSV) keine Relevanz
Ein möglichst früher Beginn ist bei einer Herpestherapie entscheidend, da die Viren nur in der Replikationsphase gehemmt werden!
Herpesvirus-Infektionen - Therapievorschläge
- Bei Herpes labialis siehe: Therapie des Herpes labialis
- Bei Stomatitis aphthosa siehe: Therapie der Stomatitis aphthosa
- Bei Herpes genitalis siehe: Therapie des Herpes genitalis
- Bei Schwangeren siehe: Vorgehen bei Herpes genitalis in der Schwangerschaft
- Bei Eczema herpeticatum siehe: Therapie des Eczema herpeticatum
- Bei Herpes digitalis siehe: Therapie des Herpes digitalis
Prävention
Impfung
- HHV1 und 2 (HSV1 und 2): Ein Impfstoff ist derzeit nicht vorhanden, befindet sich aber in Erprobung [1]
- HHV3 (VZV) siehe: Varizellen-Impfung
- HHV4 bis 8: Derzeit keine Impfung verfügbar
Hygienische Maßnahmen
- Bei Herpes labialis
- Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen möglich, gute Händehygiene
- Kontakt zu Patienten möglich unter Einhalten von Hygienemaßnahmen (Mundschutz, Händedesinfektion, ggf. Handschuhe)
- Kontakt der Effloreszenzen bzw. des Bläscheninhalts mit dem Neugeborenen bzw. Immungeschwächten verhindern (kein Küssen!)
- Ist dennoch ein Kontakt des Neugeborenen mit einer Person mit floridem Lippenherpes erfolgt, ist eine präsymptomatische Aciclovir-Therapie des Neugeborenen bis zum Erhalt der diagnostischen Ergebnisse zu erwägen
- Bei mukokutaner Primärinfektion (i.d.R. Gingivostomatitis)
- Meiden von
- Gemeinschaftseinrichtungen, bspw. Kindergarten, Schule (dies gilt für Betreute und Betreuer mit Stomatitis)
- Patientenkontakt insb. zu Neugeborenen und Immungeschwächten (dies gilt für medizinisches Personal und Besuch)
- Meiden von
- Bei Herpes genitalis
- Safer Sex bzw. Verzicht auf Geschlechtsverkehr bei florider Infektion
- Gute Händehygiene, insb. im Hinblick auf Neugeborene
Für alle Herpes-simplex-Infektionen gilt: Kontakt der Effloreszenzen bzw. des Bläscheninhalts mit dem Neugeborenen bzw. Immungeschwächten verhindern!
Besondere Patientengruppen
Herpes-simplex-Infektion in der Schwangerschaft
Herpesvirus-Infektionen bei Schwangeren gleichen im Wesentlichen den Erkrankungen bei nicht-schwangeren Frauen, gehen allerdings insb. bei Herpes genitalis mit der Gefahr einer vertikalen Transmission auf das Kind einher (konnatale Herpes-simplex-Infektion, neonatale Herpes-simplex-Infektion). Im Folgenden wird lediglich auf besondere Aspekte während der Schwangerschaft eingegangen.
Diagnostik [6]
- In Deutschland kein Screening im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorge
- Bestimmung des Immunstatus bei
- Anamnestischen Hinweisen auf Herpes genitalis (bei der Schwangeren oder ihrem Partner / ihrer Partnerin)
- Rezidivierendem Herpes labialis des Partners / der Partnerin und/oder negativer Anamnese für frühere Herpes-Episoden
- Bei V.a. Herpes genitalis: Direkter Erregernachweis (PCR oder Kultur) aus Bläscheninhalt, Blut oder Genitalabstrich
- Zur Unterscheidung zwischen Primärinfektion und Reaktivierung: Zusätzlich Serologie
- Bei nachgewiesener Primärinfektion während der Frühschwangerschaft: Regelmäßige fetale Sonografie, bei Auffälligkeiten ggf. Amniozentese
Therapie
- Vorgehen bei Herpes labialis in der Schwangerschaft siehe: Therapie des Herpes labialis
- Vorgehen bei Herpes genitalis in der Schwangerschaft [1]
- Antivirale Therapie
- Aciclovir p.o.
- Oder Valaciclovir p.o.
- Bei Infektion in der Frühschwangerschaft: Vaginale Geburt
- Bei Infektion ab der 34.–36. SSW: Primäre Sectio caesarea
- Bei rezidivierenden Infektionen: HSV-suppressive Therapie ab der vollendeten 36. SSW bis zur Geburt, um Effloreszenzen am Geburtstermin zu verhindern
- Aciclovir p.o.
- Oder Valaciclovir p.o.
- Bei unumgänglicher vaginaler Entbindung trotz Effloreszenzen bzw. nicht vollständig abgeheilter Infektion sowie bei Schnittgeburt nach vorzeitigem Blasensprung (>4–6 h vor Entbindung)
- Erstversorgung des Neugeborenen: Durch einen Arzt für Kinder- und Jugendmedizin, siehe: Neonatale Herpes-simplex-Infektion
- Antivirale Therapie
- Vorgehen bei HIV-positiven Schwangeren mit Nachweis von Anti-HSV1- und/oder -HSV2-Antikörpern [2]
Prävention
Vertikale Transmission [4]
- Übertragung: Meist während der Geburt (ca. 85%), selten pränatal/diaplazentar (ca. 5%) oder postnatal (10%)
- Risiko einer Übertragung während der Geburt bei floridem Herpes genitalis: Abhängig vom Immunstatus
- Bei Primärinfektion: Ca. 30–60%
- Bei Reaktivierung: <5%
- Mögliche Folgen: Abhängig vom Zeitpunkt der Übertragung
- Während der Schwangerschaft: Konnatale Herpes-simplex-Infektion
- Kurz vor, während oder nach der Geburt: Neonatale Herpes-simplex-Infektion
Bei floridem Herpes genitalis und vaginaler Entbindung besteht während der Geburt ein hohes Risiko für eine vertikale Transmission mit neonataler Herpes-simplex-Infektion!
Neonatale Herpes-simplex-Infektion [4]
Eine neonatale Herpes-simplex-Infektion entsteht durch Virusübertragung kurz vor, während oder nach der Geburt. Kommt es bereits zu einem früheren Zeitpunkt der Schwangerschaft zu einer Transmission, kann es zum klinischen Bild einer konnatalen Herpes-simplex-Infektion kommen.
Erreger
Übertragung
- Kurz vor oder während der Geburt: Aufsteigend oder durch Kontaktinfektion
- Nach der Geburt: Kontaktinfektion
Klinisches Bild
- Lokalisierte Infektion: Herpesbläschen an Kopf (inkl. Augen, Mund, Rachen) und Brust
- ZNS-Infektion (Enzephalitis, Meningoenzephalitis): Lethargie, Opisthotonus, Hyperexzitabilität, epileptische Anfälle
- Systemische Infektion: Septisches Krankheitsbild (mit oder ohne ZNS-Beteiligung)
Diagnostik
- Direkter Erregernachweis (PCR oder Kultur) aus Bläscheninhalt, Blut und Liquor sowie Abstrichen aus Mund, Nasopharynx, Konjunktiva und Stuhl
- Bei floridem Herpes genitalis der Mutter: Beim Kind direkter Erregernachweis (PCR oder Kultur) aus Abstrichen des Oropharynx, der Konjunktiva und des Rektums 24 und 48 Stunden nach der Geburt
- Retrospektiv PCR aus Trockenblut möglich
Therapie
- Frühzeitiger Beginn innerhalb von 24 h entscheidend für die Prognose
- Bei klinischem Verdacht und/oder positivem Erregernachweis: Aciclovir i.v. [4], siehe Aciclovir (pädiatrisch)
- Bei fehlendem Nestschutz und Exposition : Ggf. Aciclovir i.v. [4], siehe Aciclovir (pädiatrisch)
Prävention
- Siehe: Prävention von Herpesviren-Infektionen und Vorgehen bei Herpes genitalis in der Schwangerschaft
Aufgrund der schlechten Prognose einer neonatalen HSV-Infektion sollte jede unklare Neugeboreneninfektion mit Bläschenbildung innerhalb von 24 Stunden nach Symptombeginn mit Aciclovir i.v. behandelt werden!
Studientelegramme zum Thema
- One-Minute Telegram (aus unserer englischsprachigen Redaktion)
- One-Minute Telegram 70-2023-2/3: USPSTF reaffirms: Do not screen asymptomatic patients for HSV!
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Herpes-simplex-Virus (HSV) 1 und 2
Zytomegalievirus (CMV)
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- B00.-: Infektionen durch Herpesviren [Herpes simplex]
- Exklusive: Angeborene Infektion durch Herpesviren (P35.2), Herpangina (B08.5), Infektionen des Anogenitalbereiches durch Herpesviren (A60.‑), Mononukleose durch Gamma-Herpesviren (B27.0)
- B00.0: Ekzema herpeticatum Kaposi
- Varizelliforme Eruption Kaposi
- B00.1: Dermatitis vesicularis durch Herpesviren
- Dermatitis vesicularis durch humanes (Alpha‑)Herpes-Virus, Typ 2 [HSV-2]: Lippe, Ohr
- Herpes simplex facialis
- Herpes simplex labialis
- B00.2: Gingivostomatitis herpetica und Pharyngotonsillitis herpetica
- Pharyngitis durch Herpesviren
- B00.3†: Meningitis durch Herpesviren (G02.0*)
- B00.4†: Enzephalitis durch Herpesviren (G05.1*)
- Enzephalitis und Enzephalomyelitis durch Herpes-simiae-Virus
- Meningoenzephalitis durch Herpesviren
- B00.5: Augenkrankheit durch Herpesviren
- Dermatitis des Augenlides† (H03.1*)
- Iridozyklitis† (H22.0*)
- Iritis† (H22.0*)
- Keratitis† (H19.1*)
- Keratokonjunktivitis† (H19.1*)
- Konjunktivitis† (H13.1*)
- Uveitis anterior† (H22.0*)
- B00.7: Disseminierte Herpesvirus-Krankheit
- Sepsis durch Herpesviren
- B00.8: Sonstige Infektionsformen durch Herpesviren
- Hepatitis durch Herpesviren† (K77.0*)
- Panaritium durch Herpesviren† (L99.8*)
- B00.9: Infektion durch Herpesviren, nicht näher bezeichnet (Infektion durch Herpes-simplex-Virus o.n.A.)
- A60.-: Infektionen des Anogenitalbereiches durch Herpesviren [Herpes simplex]
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.