Zusammenfassung
Die eiweißreiche Kost der Wohlstandsgesellschaften führt durch höhere Calcium-, Harnsäure- und Oxalatausscheidungen über den Urin dazu, dass Harnsteine in diesen Ländern ein häufiges Krankheitsbild darstellen. Weitere Ursachen sind insbesondere in pathologisch veränderten Stoffwechselvorgängen (z.B. Hyperparathyreoidismus) zu finden. Das potenziell äußerst schmerzhafte Krankheitsbild macht sich durch Koliken entlang des gesamten Urogenitaltraktes bemerkbar. Einen wegweisenden Befund stellt die Hämaturie dar. Neben der symptomatischen Therapie mit Analgetika und Spasmolytika steht die Rezidivprophylaxe im Vordergrund. Günstig ist grundsätzlich eine reichliche Flüssigkeitszufuhr sowie die Anpassung der Ernährung. Bleibt ein spontaner Steinabgang aus oder ist er aufgrund der Größe oder Lage des Konkrements unwahrscheinlich, so ist eine interventionelle Steintherapie notwendig.
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Epidemiologie
- Häufigkeitsgipfel: 30.–60. Lebensjahr
- Geschlecht: ♂ > ♀
- Lebenszeitprävalenz: ∼5% der deutschen Bevölkerung
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Klassifikation
Harnsteine - Vereinfachter Überblick
Ätiologie | Prozentualer Anteil | Spezielle Maßnahmen / Prophylaxe | Röntgenpositivität | ||
---|---|---|---|---|---|
Alkalisierung des Harns | Ansäuerung des Harns | ||||
Calciumoxalatsteine |
| ca. 75% | ✓ | – | ✓✓ |
Struvitsteine | ca. 10% | – | ✓ | ✓ | |
Harnsäuresteine | ca. 5–10% | ✓ | – | – | |
Calciumphosphatsteine | zusammen <5% | – | ✓ | ✓✓ | |
Zystinsteine |
| ✓ | – | ✓ | |
Xanthinsteine |
| – | – | – |
Calciumoxalatsteine
- Häufigkeit: Ca. 75% aller Steine
- Formen
- Calciumoxalat-Monohydrat-Steine (auch „Whewellit“ genannt)
- Calciumoxalat-Dihydrat-Steine (auch „Weddellit“ genannt)
- Ätiologie
- Hyperkalzämie, Hyperoxalurie, oxalatreiche Ernährung (Kaffee, Kakao, Nüsse, Rhabarber, rote Bete, Spinat)
- Erkrankungen mit Gallensäureverlust (z.B. Morbus Crohn, Kurzdarmsyndrom)
- Prophylaxe
- Behandlung der Hyperkalzämie
- Anpassung der Ernährung
- Alkalisierung des Harns: Alkalizitrate, z.B. Kaliumnatriumhydrogencitrat oder Natriumbicarbonat → Aufhebung der Säurestarre
- Ggf. Magnesium , ggf. Thiazide
- Für Dosierungen und genaues Vorgehen siehe auch: Calciumoxalatsteine - Nachsorge
Struvitsteine (Magnesiumammoniumphosphat/Tripelphosphatsteine)
- Häufigkeit: Ca. 10% aller Steine
- Ätiologie: Harnwegsinfekte, bevorzugt durch Urease-bildende Keime (v.a. Proteus-Infektionen, selten Klebsiella, Pseudomonas und Staphylokokken)
- Urease-produzierende Keime führen zur Alkalisierung des Harns (pH >7) und zur Erhöhung der Ammoniumkonzentration im Harn
- Wird das Löslichkeitsprodukt der drei steinbildenden Ionen (Magnesium Mg2+, Ammonium NH4+, Phosphat PO43−) überschritten: Bildung von Struvitsteinen
- Prophylaxe
- Eradikation des Harnwegsinfekts durch antibiogrammgerechte Therapie
- Ansäuern des Harns (mit Methionin)
- Identifikation von möglichen Abflussstörungen und frühzeitige Steinentfernung
- Für Dosierungen und genaues Vorgehen siehe auch: Struvitsteine - Nachsorge
Einerseits provozieren Harnwegsinfekte die Entstehung von Struvitsteinen, andererseits erhöhen Harnsteine wiederum das Risiko für Harnwegsinfekte. Es gilt diesen Teufelskreis zu durchbrechen!
Harnsäuresteine (Urat)
- Häufigkeit: Ca. 5–10% aller Steine
- Ätiologie: Hyperurikämie (begünstigt bei adipösen Patienten)
- Therapie bzw. Prophylaxe
- Alkalisierung des Harns über mehrere Wochen (orale „Chemolitholyse“): Alkalizitrate, z.B. Kaliumnatriumhydrogencitrat oder Natriumbicarbonat → Aufhebung der Säurestarre
- Allopurinol
- Für Dosierungen und genaues Vorgehen siehe auch: Harnsäuresteine - Nachsorge
Urikosurika (z.B. Benzbromaron) bewirken eine vermehrte Harnsäureausscheidung und verstärken somit die Steinbildung!
Weitere seltenere Steine
- Calciumphosphatsteine
- Ätiologie
- Formen
- Brushitsteine
- Carbonatapatitsteine
- Prophylaxe: Behandlung der Hyperkalzämie, ggf. bei Carbonatapatitsteinen Ansäuern des Harns (mit Methionin) , ggf. Thiazide
- Für Dosierungen und genaues Vorgehen siehe auch: Calciumphosphatsteine - Nachsorge
- Zystinsteine
- Definition: Autosomal-rezessiv vererbte Rückresorptionsstörung von Aminosäuren (u.a. Zystin)
- Ätiologie: Zystinurie
- Klinik: Rezidivierende Nierensteine bereits im Kindesalter
- Diagnostik: Nitroprussidprobe (Zyanid-Nitroprussid-Probe)
- Prophylaxe: Alkalisierung des Harns (Alkalizitrate oder Natriumbicarbonat, z.B. Kaliumnatriumhydrogencitrat)
- Für Dosierungen und genaues Vorgehen siehe auch: Zystinsteine - Nachsorge
- Xanthinsteine
- Ätiologie: Genetischer Defekt der Xanthinoxidase oder iatrogen
- Prophylaxe
- Purinarme Kost
- Hohe Flüssigkeitsaufnahme
- Medikamentös induzierte Steine
-
Steinbildung durch Kristallisation des Wirkstoffs im Harn
- Aciclovir, Indinavir, Sulfonamide, Allopurinol, Aminopenicilline, Ceftriaxon, Fluorchinolone
- Steinbildung durch nachteilige Auswirkung auf die Urinzusammensetzung
- Acetazolamid, Ascorbinsäure, Furosemid, Topiramat, Vitamin-D-Präparate, Einnahme von Calcium-, Magnesium und Aluminiumsalzen
-
Steinbildung durch Kristallisation des Wirkstoffs im Harn
Symptomatik
Harnsteine (Urolithiasis) können im gesamten Urogenitaltrakt lokalisiert sein (Niere = Nephrolithiasis mit Unterscheidung von Nierenbecken-, Nierenkelch- und Nierenausgusssteinen, Harnleiter = Ureterolithiasis, Harnblase = Zystolithiasis, Harnröhre = Urethralithiasis)
- Beginn der Symptome häufig nach Übertritt des Steines in den Ureter
- Allgemein
- Unruhiger Patient
- Ggf. Makrohämaturie
- Fieber, Dysurie, ggf. Schüttelfrost: Dringender Verdacht auf komplizierte Harnwegsinfektion!
- Abdominelle Symptomatik
-
Kolikartige Schmerzen (Flanke und Abdomen)
- Mögliche Schmerzausstrahlung in Unterbauch, Leiste, Labien oder Hoden
- Ggf. klopfschmerzhafte Nierenlager
- Übelkeit und Erbrechen
- Paralytischer Subileus möglich (reflektorisch)
-
Kolikartige Schmerzen (Flanke und Abdomen)
Je nach Lage des Steins kann sich eine Urolithiasis wie eine Hodentorsion, aber auch wie eine Appendizitis präsentieren!
Diagnostik
Diagnostisch-therapeutischer Ablauf bei akuter Kolik
- Anamnese und körperliche Untersuchung
- Abnahme einer Urin- und Blutprobe
- Sonografie und bei fortbestehendem V.a. Urolithiasis: Beginn einer Schmerztherapie
- CT (nativ) bei Stauungsniere und Begleitsymptomen (etwa Fieber)
Labordiagnostik
- Urindiagnostik
- Nachweis einer Mikrohämaturie
- Ggf. Hinweise auf Harnwegsinfekt (Leukozyturie, positives Nitrit)
- Ggf. bei unbekannter Steinart (vor Steinanalyse) Urin-pH-Tagesprofil
- Blutabnahme
Bildgebung
- Indikation: Obligat bei Verdacht auf Urolithiasis
- Zielsetzung
- Nachweis oder Ausschluss eines Steins
- Beurteilung von Größe und Lokalisation des Steins
- Einschätzung der anatomischen Verhältnisse und eventueller Komplikationen (insb. Stauung)
- Methoden
-
Sonografie (klinisch meist Methode der 1. Wahl)
- Ziel: Darstellung von Konkrementen und sekundärer Stauung, Ausschluss von Differenzialdiagnosen
- Lagerung: Rückenlage, Hände unter dem Kopf
- Sonden: Sektoren- und Konvexschallköpfe (3,5–5 MHz)
- Flankenschnitt: Längsdarstellung der Niere; anschließend Drehung um 90° für Querdarstellung
- Nierensteine: Echoreich, echofreier Schallschatten, darstellbar ab 2–3 mm Durchmesser
- Harnleitersteine: Meist nicht direkt darstellbar (bis auf nahe der Blase und nahe der Niere gelegene Konkremente), jedoch indirekte Hinweise (Stauung)
- Dokumentation von Ektasiegrad, Konkrementen (+ Größe), Parenchymdicke, anderen Nierenpathologien
-
CT
- Nativ-CT ist Standardmethode der weiterführenden Diagnostik bei Verdacht auf Harnleitersteine
- Konkremente nahezu aller Zusammensetzungen in allen Abschnitten (insb. auch Harnleiter) darstellbar
- Mittlerweile auch in der Akutdiagnostik weit verbreitet
-
Konventionelles Röntgen (Abdomenübersichtsaufnahme) .
- Röntgenpositiv (schattengebend): Calciumhaltige Steine
- Schwach röntgenpositiv: Struvitsteine, Zystinsteine
- Röntgennegativ: Harnsäuresteine, Indinavirsteine, Xanthinsteine
- Kontrastmitteldarstellung des Hohlraumsystems: Insb. bei Indikation zur interventionellen bzw. operativen Therapie
- CT mit Kontrastmittel (Darstellung des Hohlsystems zur Interventionsplanung)
- Ausscheidungsurogramm (i.v. Urografie)
- Retrograde Ureteropyelografie: Einbringen von Röntgenkontrastmittel in den Ureter nach Zystoskopie
-
Sonografie (klinisch meist Methode der 1. Wahl)
Die Sonografie ist bei Verdacht auf Urolithiasis auch in der Akutsituation die Untersuchungsform der ersten Wahl. Bei unklaren Befunden oder Verdacht auf Harnleitersteine kann eine CT-Untersuchung im Anschluss durchgeführt werden!
Weitere Maßnahmen
- Steinanalyse: Bei jedem Patienten sollte eine Steinanalyse mit qualitätsgesicherten Methoden erfolgen
- Infrarotspektroskopie
- Röntgendiffraktionsanalyse
- Polarisationsmikroskopie
Calciumhaltige Steine sind bereits im konventionellen Röntgen gut sichtbar!
Risikostratifizierung der Urolithiasis
- Risikostratifizierung: Patienten mit einer Urolithiasis müssen in Niedrig- und Hochrisikogruppe eingeteilt werden
- Niedrigrisikogruppe: Allgemeine Harnsteinmetaphylaxe
- Hochrisikogruppe: Spezielle Harnsteinmetaphylaxe
- Kriterien für die Einordnung in die Hochrisikogruppe
- Häufig rezidivierende Urolithiasis (≥3 Steine innerhalb von 3 Jahren)
- Urolithiasis bei Kindern und Jugendlichen
- Positive Familienanamnese
- Bestimmte Steinarten bzw. Ursachen der Steinbildung
- Genetische Stoffwechselstörung
- Hyperparathyreoidismus und Sarkoidose als Ursache einer Hyperkalzämie
- Chronische gastrointestinale Erkrankungen
- Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
- Zustände der Malabsorption (z.B. Zöliakie, ggf. auch nach bariatrischer Chirurgie)
- Harnsäuresteine und insb. Infekt-assoziierte Monoammoniumuratsteine
- Calciumphosphatsteine
- Urologische Problemkonstellationen
- Residualsteine 3 Monate nach erfolgter Intervention
- Nephrokalzinose
- Bilaterale große Konkrementmasse
- Harnabflussstörungen anderer Ursache
- Siehe auch: Spezifische Harnsteinmetaphylaxe bei Hochrisiko-Patienten
Erweiterte metabolische Diagnostik bei Hochrisikopatienten
- Indikation: Bei allen Patienten in der Hochrisikogruppe; je nach der in der Steinanalyse ermittelten Steinart variiert das Untersuchungsprofil
- Grundlage jedweder weiterführenden Diagnostik sind die Befunde der Basisdiagnostik inkl. Steinanalyse
Blutabnahme
- Parathormon im Serum: Bei Nachweis einer Hyperkalzämie im Serum und insb. auch bei Nachweis von Calciumoxalat- und Calciumphosphatsteinen
Sammelurindiagnostik
- Prinzip: Bestimmung der Tagesausscheidung steinfördernder bzw. die Steinbildung verhindernder Bestandteile des Urins
- Indikation
- Als Erstdiagnostik im Rahmen der erweiterten Diagnostik bei Hochrisikopatienten
- Zur Therapiekontrolle nach Einleitung einer speziellen Metaphylaxe, initial nach 3–6 Monaten, im Verlauf jährlich
- Durchführung
- Unter Alltagsbedingungen
- Es sollten mind. zwei 24-h-Sammelurinproben untersucht werden
- Ideale Voraussetzungen
- Infektfreiheit des Harnabflusstraktes
- Möglichst Steinfreiheit des Patienten, also mindestens 3 Wochen nach letztmaliger Intervention
- Absprache mit dem untersuchenden Labor über Sammelmodalitäten und spezielle Anforderungen der Probenlagerung und des Probentransports
Leitbefunde in der Sammelurindiagnostik
Parameter im Sammelurin | Grenzwerte | Diagnostische Verwertbarkeit |
---|---|---|
pH-Wert | konstant >5,8 | Hinweis auf renal-tubuläre Azidose |
konstant >7 | Hinweis auf (chronische) Harnwegsinfektion | |
konstant ≤5,8 | Hinweis auf sog. „Säurestarre“ | |
Spezifisches Gewicht | >1,010 kg/L | Hinweis auf unzureichende Trinkmengen |
Calcium | >5 mmol/d | Relevante Hyperkalzurie, Metaphylaxe indiziert |
≥8 mmol/d | Manifeste Hyperkalzurie | |
Oxalat | >0,5 mmol/d | Hyperoxalurie |
0,45–0,85 mmol/d | Milde Hyperoxalurie | |
≥1 mmol/d | Hinweis auf primäre Hyperoxalurie | |
Harnsäure | >4 mmol/d | Manifeste Hyperurikosurie |
Citrat | <1,7 mmol/d | Hypocitraturie |
Magnesium | <3 mmol/d | Hypomagnesiurie |
Ammonium | >50 mmol/d | Hyperammonurie |
Zystin | >0,8 mmol/d | Hinweis auf Zystinurie |
Phosphat | >0,8 mmol/d | Hyperphosphaturie |
Urin-pH-Tagesprofil
- Prinzip: Mehrfach tägliche Bestimmung des pH-Wertes im Einmalurin mit geeigneten Indikatorteststreifen
- Indikation
- Diagnostisch: Mehrfach zur pH-Bestimmung im Tagesverlauf als Erweiterung der Basisdiagnostik bei Hochrisikopatienten
- Therapeutisch: Fortlaufend zur Therapiesteuerung bei Einnahme alkalisierender bzw. ansäuernder Substanzen
- Durchführung: Mindestens 4x/Tag Bestimmung des pH-Werts aus Einmalurin und Dokumentation der Werte nach Bedarf
Differenzialdiagnosen
- Darmerkrankungen (Appendizitis, Divertikulitis u.a.)
- Gynäkologische Erkrankungen (Adnexitis, Extrauteringravidität u.a.)
- Ausstrahlung der Schmerzen sehr variabel, daher theoretisch alle Ursachen eines akuten Abdomens
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Schmerztherapie bei Urolithiasis
- Metamizol (1. Wahl bei starken Schmerzen) i.v.
- Diclofenac (bei moderaten Schmerzen)
- Paracetamol (Alternative zu Metamizol und Diclofenac, insb. in Schwangerschaft) i.v. , rektal oder p.o.
- Opioide (bei Versagen von Nicht-Opioiden, keine spasmolytische Wirkung, im Vergleich mehr unerwünschte Wirkungen)
- Veraltet: Butylscopolamin
- Das Spasmolytikum sollte gemäß Leitlinie aufgrund fehlender Wirkung auf den Nierendruck nicht (mehr) eingesetzt werden [1]
Konservative Therapie
- Indikation: Bei Uretersteinen ≤5 mm kann bei komplikationslosem Verlauf unter konservativen Maßnahmen ein spontaner Abgang abgewartet werden
- Maßnahmen
- Schmerztherapie (s.o.), insbesondere Diclofenac p.o.
- Supportive medikamentöse Therapie für Spontanabgang (Medical Expulsive Therapy): Alphablocker (z.B. Tamsulosin )
- Erhöhung der Trinkmenge
- Körperliche Bewegung
- Aushändigung von Sieben zur Filterung des Urins beim Wasserlassen für die Asservierung und Analyse abgegangener Konkremente
- Regelmäßige Verlaufskontrollen (alle 1–2 Wochen)
- Sonografie: Harntransportstörung?
- Laborchemische Urinuntersuchung
Interventionelle Therapie
Harnableitung
- Indikation
- Frustrane konservative Therapie
- Hochgradige Obstruktion mit Harnstauungsniere oder postrenalem Nierenversagen
- Infizierte Harnstauungsniere
- Verfahren
- Harnleiterschienung: Retrograde Harnleiterspiegelung (Ureterorenoskopie) und Einlage eines Doppel-J-Katheters
- Perkutane Nephrostomie
- Nephrektomie Bei infizierter Harnstauungsniere im Einzelfall zu erwägen
- Antibiotische Therapie: Bei infizierter Harnstauungsniere
Steinentfernung bei Urolithiasis
- Indikation
- Niedrige Wahrscheinlichkeit eines Spontanabgangs
- Ausgeschöpfte Analgesie
- Anhaltende Obstruktion
- Voraussetzung
- Ausschluss oder antibiotische Anbehandlung eines Harnwegsinfekts
- Mehrtägige Harnableitung bei „signifikanter“ Infektion und Obstruktion (lt. Leitlinie [1])
- Methoden
- Ureterorenoskopie (URS) mit Steinentfernung
- Perkutane Nephrolithotomie (auch perkutane Nephrolitholapaxie, PNL)
- Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL)
- Die Erfolgsrate wird u.a. durch Adipositas, sehr harte Steine sowie anatomische Engen/Abflussstörungen distal des Steins negativ beeinflusst
- Kontraindikationen
- Blutgerinnungsstörung (auch durch Antikoagulantien oder Thrombozytenaggregationshemmer)
- Schwangerschaft
- Lokales Aneurysma
- Abflussstörung distal des Steins
- Pankreatitis
- ESWL bei Kindern: Besserer Therapieerfolg (= höhere Steinfreiheitsraten) als bei Erwachsenen
- Offene und laparoskopische Ureterolithotomie
- Vorgehen bei Harnleitersteinen
-
Ureterorenoskopie (URS)
- Die URS ist der ESWL bei distalen Uretersteinen und größeren Konkrementen überlegen
-
Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL)
- Stellenwert: Die ESWL ist der URS bei kleinen proximalen Konkrementen leicht überlegen
- Offene und laparoskopische Ureterolithotomie
- Anwendung bei sehr großen Harnleitersteinen
-
Ureterorenoskopie (URS)
- Vorgehen bei Nierensteinen
-
Ureterorenoskopie (URS)
- Gute Ergebnisse bis zu einem Steindurchmesser von 20 mm, Methode 1. Wahl bei Unterpolsteinen bis 20 mm Durchmesser
-
Perkutane Nephrolithotomie (PNL)
- Bei Steindurchmesser größer als 20 mm Methode 1. Wahl (auch bei Unterpolsteinen)
-
Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL)
- Gute Ergebnisse bis zu einem Steindurchmesser von 20 mm
-
Ureterorenoskopie (URS)
Sowohl nach konservativer als auch nach operativer Therapie sind radiologische Verlaufskontrollen indiziert!
Allgemeine Harnsteinmetaphylaxe
- Für Harnstein-spezifische Informationen: Spezifische Harnsteinmetaphylaxe bei Hochrisiko-Patienten
- Reichlich Flüssigkeitszufuhr: Mindestens 2,5 L pro Tag
- Keine zuckergesüßten Softdrinks
- Spezifisches Gewicht in Urindiagnostik sollte <1,010 kg/L sein
- Ernährung kochsalzarm, ausgewogen und ballaststoffreich
- Möglichst reduzierte Oxalatzufuhr (Ernährungsberatung sinnvoll)
- Proteinzufuhr 0,8–1,0 g/kgKG/d
- Gewichtsreduktion bei Übergewicht anstreben
- Regelmäßige körperliche Aktivität
- Ggf. stressabbauende Maßnahmen
- Nach Steintherapie
- Asymptomatische Patienten: Ultraschallkontrolle innerhalb von 3 Monaten
- Symptomatische Patienten oder V.a. Residualfragmente: CT-Verlaufskontrolle (nativ) möglich
- Therapieerfolg der ESWL mittels Bildgebung (Röntgen bei schattengebenden Konkrementen innerhalb von 3 Monaten) prüfen
Spezifische Harnsteinmetaphylaxe bei Hochrisiko-Patienten
- Therapiekontrolle: Durch die wiederholte Untersuchung von Sammelurin nach Einleitung therapeutischer Maßnahmen zur Metaphylaxe kann der Effekt auf den zu beeinflussenden Parameter bei Bedarf objektiviert werden
- pH-Einstellung: Die Einstellung des Urin-pH-Wertes kann durch Selbstkontrolle des Patienten (Urin-pH-Tagesprofil) durchgeführt und dokumentiert werden
- Ansäuerung als Therapieprinzip: L-Methionin als 1. Wahl
- Alkalisierung des Urins: Alkalizitrate (1. Wahl), alternativ Natriumhydrogencarbonat-Präparate (bei Niereninsuffizienz oder Elektrolytstörungen)
Calciumoxalatsteine - Nachsorge
- Bei Hyperkalzurie
- >5 mmol/d : Alkalizitrate bzw. Natriumhydrogencarbonat
- ≥8 mmol/d : Zusätzlich Thiazide
- Bei Hypozitraturie: Alkalizitrate
- Bei Hyperoxalurie: Diätetische Restriktion von Oxalat, Magnesiumsubstitution , ausreichende Calciumzufuhr
- 0,5–1,0 mmol/d: Alkalizitrate
- >1 mmol/d: Pyridoxin
- Bei Hyperurikosurie: Alkalizitrate
- Zusätzlich Allopurinol
Calciumphosphatsteine - Nachsorge
- Brushitsteine: HCT wenn Hyperkalzurie >8 mmol/d
- Karbonatapatitsteine
- Bei Hyperkalzurie
- >5 mmol/d : Alkalizitrate bzw. Natriumhydrogencarbonat
- ≥8 mmol/d : Alkalizitrate bzw. Natriumhydrogencarbonat und HCT
- Bei pH kontinuierlich >5,8
- Diagnostik bez. Harnwegsinfektion und renal-tubulärer Azidose
- L-Methionin mit pH-Ziel 5,8–6,2
- Bei Hyperkalzurie
Harnsäuresteine - Nachsorge
- Bei pH anhaltend <5,8
- Alkalizitrate bzw. Natriumhydrogencarbonat oder Natriumbicarbonat, Therapiesteuerung nach Urin-pH
- Bei Hyperurikosurie >4 mmol/d: Allopurinol, Dosierung abhängig vom Vorliegen einer Hyperurikämie
- Keine Hyperurikämie: Allopurinol
- Bei Hyperurikämie: Allopurinol
Ammoniumuratsteine - Nachsorge
- Bei pH >6,5
- Ausschluss Harnwegsinfekt, ggf. antibiotische Therapie zur Infektsanierung
- Bei fehlendem Infekt: L-Methionin mit Ziel-pH 5,8–6,2
- Bei Hyperurikosurie: Allopurinol
Struvitsteine - Nachsorge (Magnesium-Ammonium-Phosphatsteine)
- Infektsanierung vorrangig: Ggf. ist auch Durchführung einer antibiotischen Prophylaxe zu erwägen
- Bei Rezidiven trotz Infektfreiheit: L-Methionin mit Ziel pH 5,8–6,2
Zystinsteine - Nachsorge
- Hohe Trinkmenge: Eine Urinproduktion von 3,5 L täglich sollte sichergestellt sein, bei Kindern wird eine Trinkmenge von etwa 1,5 L/m2 KOF empfohlen
- Alkalisierung des Urins: Alkalizitrat oder Natriumbicarbonat mit Ziel-pH >7,5
- Nach Zystinausscheidung
Metaphylaxe seltener Steinformen
- Dihydroxyadenin-Steine
- Trinkmenge von 3,5–4,0 L täglich
- Purinarme Kost
- Verringerung der Dihydroxyadenin-Ausscheidung durch Allopurinol
- Xanthinsteine: Purinarme Kost und hohe Trinkmenge (>3 L/d)
Komplikationen
- Harnwegsinfektion mit Fieber und der Gefahr der Pyelonephritis und Urosepsis
- Harnstauung mit möglicher Infektion des gestauten Urins (infizierte Harnstauungsniere)
- Fornixruptur
- Definition: Einreißen des Nierenbeckens durch Druckerhöhung im Kelchsystem mit Austritt von Urin (sog. Urinom)
- Diagnostik: Steinnachweis sowie retroperitoneale, perirenale Flüssigkeitsansammlung in der Abdomen-CT
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Studientelegramme zum Thema
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- Studientelegramm 301-2025-3/3: SWEETSTONE: Sweet Idea!
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Urolithiasis
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- N20.-: Nieren- und Ureterstein
- Exklusive: Mit Hydronephrose (N13.2)
- N20.0: Nierenstein
- Nephrolithiasis o.n.A.
- Nierenausgussstein
- Nierenkonkrement oder -stein
- Parenchymstein
- N20.1: Ureterstein
- N20.2: Nierenstein und Ureterstein gleichzeitig
- N20.9: Harnstein, nicht näher bezeichnet
- N21.-: Stein in den unteren Harnwegen
- Inklusive: Mit Zystitis und Urethritis
- N21.0: Stein in der Harnblase
- Blasenstein
- Stein in Blasendivertikel
- Exklusive: Nierenausgussstein (N20.0)
- N21.1: Urethrastein
- N21.8: Stein in sonstigen unteren Harnwegen
- N21.9: Stein in den unteren Harnwegen, nicht näher bezeichnet
- N22.-:* Harnstein bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
- N22.0*: Harnstein bei Schistosomiasis [Bilharziose] (B65.0†)
- N22.8*: Harnstein bei sonstigen anderenorts klassifizierten Krankheiten
- N23: Nicht näher bezeichnete Nierenkolik
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.