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Wernicke-Enzephalopathie

Letzte Aktualisierung: 6.10.2023

Zusammenfassungtoggle arrow icon

Die Wernicke-Enzephalopathie ist ein neurologischer Notfall, bei dem es aufgrund eines Vitamin-B1-Mangels (Thiamin-Mangel) zu einer Beeinträchtigung des zerebralen Energiestoffwechsels mit neurologischen Funktionsstörungen kommt. Zu den Symptomen gehören u.a. die Störung der Okulomotorik, Ataxie, Desorientiertheit und Vigilanzminderung. Ursächlich ist zumeist eine Mangelernährung bei Alkoholabhängigkeit. Die Diagnose wird klinisch gestellt. Die MRT-Darstellung von symmetrischen Läsionen in den Corpora mamillaria, im Thalamus und im Mittelhirn stützt die Diagnose. Wird unverzüglich eine intravenöse Therapie mit hochdosiertem Thiamin eingeleitet, können sich die Symptome teilweise oder vollständig zurückbilden. Das Krankheitsbild wird häufig erst verzögert oder gar nicht diagnostiziert. Daraus resultiert eine hohe Letalität und der häufige Übergang in ein Korsakow-Syndrom. Bei letzterem handelt es sich um ein Defektsyndrom bei chronischem Vitamin-B1-Mangel. Das klinische Bild wird von einer ausgeprägten antero- und retrograden Amnesie sowie von Konfabulationen geprägt.

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Epidemiologietoggle arrow icon

  • Prävalenz (in Autopsien): 0,3–0,8% (Deutschland), klinisch seltener diagnostiziert
  • Geschlecht: > (1,7:1)
  • Alter: In jedem Lebensalter möglich

Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.

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Ätiologietoggle arrow icon

Ursache der Wernicke-Enzephalopathie ist ein Vitamin-B1-Mangel (Thiamin-Mangel), der bereits nach ca. 2–3 Wochen andauernder Mangelsituation zu erwarten ist, je nach vorbestehendem Thiaminspiegel auch schon früher. Bei folgenden Faktoren besteht ein Risiko für einen Thiaminmangel (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

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Pathophysiologietoggle arrow icon

Thiamin ist in der aktiven Form Thiaminpyrophosphat ein Coenzym des Kohlenhydratstoffwechsels . Infolge einer Mangelernährung kann die Zufuhr von Thiamin unzureichend sein. Dies ist gehäuft bei Alkoholabhängigen der Fall. Auch die Resorption aus dem Duodenum ist bei Alkoholmissbrauch beeinträchtigt. Die Aktivierung durch die Thiamin-Pyrophosphokinase kann ebenso wie die Speicherung von Thiamin durch Ethanol bzw. begleitende Lebererkrankungen beeinträchtigt sein.

Der beeinträchtigte Kohlenhydrat-Abbau führt zu einem gestörten zerebralen Energiestoffwechsel. Aus diesem resultieren eine beeinträchtigte mitochondriale Funktion, erhöhter oxidativer Stress, entzündliche Veränderungen und neuronale Funktionsstörungen. Über eine Mitbeteiligung von Astrozyten kommt es zur Lactatazidose und Downregulation von Glutamattransportern. Diese Vorgänge führen zu einer gesteigerten Exzitotoxizität und zu einer Störung der Blut-Hirn-Schranke. In der Summe kommt es durch die zahlreichen Funktionsstörungen zur Neurodegeneration.

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Symptomatiktoggle arrow icon

Die Wernicke-Enzephalopathie tritt akut oder subakut auf und geht mit folgenden möglichen Symptomen einher:

Die häufig beschriebene Symptomtrias aus gestörter Okulomotorik, Bewusstseinsstörung und Ataxie tritt nur bei etwa 15% der Patienten auf – ihre Abwesenheit schließt die Diagnose Wernicke-Enzephalopathie also nicht aus!

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Diagnostiktoggle arrow icon

Klinische Diagnosestellung

Zusatzdiagnostik

  • Die Verdachtsdiagnose einer Wernicke-Enzephalopathie kann durch Zusatzdiagnostik gestützt werden, unauffällige Zusatzdiagnostik schließt die Diagnose jedoch nicht aus
  • Zur Differenzialdiagnose: Bildgebung des Kopfes (vorzugsweise MRT), ggf. auch Liquor- und EEG-Diagnostik sinnvoll
  • Wernicke-Enzephalopathie ohne bekannte Ursachen eines Vitamin-B1-Mangels: Interdisziplinäre Ursachenforschung (etwa Tumorsuche, HIV-Test)

Bildgebung des Kopfes

Eine unauffällige Bildgebung schließt eine Wernicke-Enzephalopathie nicht aus!

Labordiagnostik [2]

EEG

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Pathologietoggle arrow icon

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Differenzialdiagnosentoggle arrow icon

Bei der Verdachtsdiagnose einer Wernicke-Enzephalopathie sollte zügig eine Substitutionstherapie begonnen werden. Nichtsdestotrotz müssen andere Erkrankungen, die zu Symptomen wie (sub)akuten Okulomotorikstörungen, Desorientiertheit und/oder Vigilanzminderung führen, differenzialdiagnostisch bedacht werden:

AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

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Therapietoggle arrow icon

Die Datenlage zur Thiamingabe ist unzureichend und die Empfehlungen weichen in verschiedenen Quellen sehr stark voneinander ab. [1][2][3]

Aufgrund der schlechten Prognose einer nicht-therapierten Wernicke-Enzephalopathie sollte bereits beim geringsten Verdacht niederschwellig eine Therapie mit Thiamin i.v. erfolgen.

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Prognosetoggle arrow icon

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Korsakow-Syndromtoggle arrow icon

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Präventiontoggle arrow icon

Die Datenlage zur Thiamingabe ist unzureichend und die Empfehlungen weichen in verschiedenen Quellen sehr stark voneinander ab. [1][4][7]

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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025toggle arrow icon

Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.

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