Zusammenfassung
Das kolorektale Karzinom umfasst Karzinome des Kolons (≥16 cm oral der Anokutanlinie) und des Rektums (<16 cm entfernt von der Anokutanlinie). Prädisponierend sind genetische Faktoren (z.B. HNPCC), Ernährungsstil und verschiedene assoziierte Erkrankungen. Da die meisten kolorektalen Karzinome aus Adenomen entstehen (95%), spielen koloskopische Vorsorgeuntersuchungen eine große Rolle in der Prävention. Klinisch zeigen sich meist nur unspezifische oder gar keine Symptome – ein rektaler Blutabgang sollte jedoch immer an die Möglichkeit eines kolorektalen Karzinoms denken lassen. Diagnostisch ist die komplette Koloskopie mit Biopsie vordergründig. Bei Karzinomnachweis sollte ein umfangreiches Staging angeschlossen werden. In der Therapie des Kolonkarzinoms steht meist die operative Resektion an erster Stelle, auf die bei R0-Resektion stadienabhängig (bei fehlenden Kontraindikationen) eine adjuvante Chemotherapie erfolgt. Das Rektumkarzinom ist im Gegensatz zum Kolonkarzinom einer neoadjuvanten Strahlentherapie zugänglich (Durchführung u.a. abhängig von Lokalisation und Stadium). Falls möglich, sollten Rektumkarzinome bevorzugt kontinenzerhaltend operiert werden.
Du möchtest diesen Artikel lieber hören als lesen? Wir haben ihn für dich im Rahmen unserer studentischen AMBOSS-Audio-Reihe vertont. Den Link findest du am Kapitelende in der Sektion „Tipps & Links“.
Epidemiologie
- Inzidenz: Ca. 60.000 Neuerkrankungen pro Jahr [1]
- Altersverteilung: 90% der kolorektalen Karzinome werden nach dem 55. Lebensjahr diagnostiziert [1]
- Lokalisation
- Rektum: 50%
- Colon sigmoideum: 30%
- Colon transversum und Colon descendens: 10%
- Zäkum und Colon ascendens: 10%
Die Lokalisationshäufigkeit des kolorektalen Karzinoms steigt nach aboral an!
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Prädisponierende Faktoren
- Genetisch
- Familiäre Polyposis-Syndrome (bspw. familiäre adenomatöse Polyposis, Peutz-Jeghers-Syndrom)
- Anamnestisch kolorektale Karzinome in der Familie
- Hereditäres nicht-polypöses Kolonkarzinom-Syndrom (HNPCC)
- Ernährung, Lebensstil
- Rauchen, Alkohol
- Adipositas
- Fettreiche, ballaststoffarme Nahrung
- Viel rotes oder verarbeitetes Fleisch [2]
- Krankheiten mit erhöhtem KRK-Risiko
- Kolorektale Adenome
- Colitis ulcerosa und Morbus Crohn
- Primär sklerosierende Cholangitis
- Koinzidenz mit anderen Malignomen: Mamma-, Ovarial-, Magenkarzinom und zahlreiche weitere
- Diabetes mellitus Typ 2
- Alter: >40 Jahre
Protektive Faktoren
- Körperliche Aktivität
- Schnelle Stuhlpassage
- Ernährung: Ballaststoff-, obst- und gemüsereich, fleischarm
Symptomatik
- Keine auffälligen oder charakteristischen Frühsymptome!
- Plötzliche Veränderung des Stuhlgangs
- Obstipation oder Durchfall
- Rektale Blutabgänge (sichtbar oder okkult)
- „Bleistiftstühle“
- „Falsche Freunde“ (ungewollter Stuhlabgang bei Flatus)
- B-Symptomatik
- Leistungsabfall, Müdigkeit
- Tastbare Raumforderung
- Blutungsanämie
- Bauchschmerzen
- Dauerhaft übel riechender Flatus
- Spätsymptom: Ileussymptomatik
Altersbedingt haben etwa 50% der Patienten mit einem kolorektalen Karzinom gleichzeitig symptomatische Hämorrhoiden. Rektale Blutabgänge sollten daher immer an ein Karzinom denken lassen, auch bei bereits diagnostiziertem Hämorrhoidalleiden! [3]
Lokalisation und Metastasierungswege
Lokalisation und Metastasierungswege des kolorektalen Karzinoms | ||||
---|---|---|---|---|
Karzinom | Abstand von der Anokutanlinie | Lymphogene Metastasierung | ||
Kolonkarzinom |
|
|
| |
Rektumkarzinom | Oberes Drittel |
|
|
|
Mittleres Drittel |
|
|
| |
Unteres Drittel |
|
|
- Bei ¼ der Patienten finden sich zum Diagnosezeitpunkt bereits Lebermetastasen!
- Weitere hämatogene Metastasierungsziele: Insb. Skelett und Gehirn
- Metastasierung auch per continuitatem: Infiltration des umgebenden Binde-/Fettgewebes, ggf. der Nachbarorgane (Harnblase, Dünndarm etc.)
Stadien
TNM-Klassifikation des kolorektalen Karzinoms (Stand 2017) [4]
TNM-Klassifikation des kolorektalen Karzinoms | |
---|---|
TNM | Ausdehnung |
TX | Primärtumor kann nicht beurteilt werden |
T0 | Kein Anhalt für Primärtumor |
Tis | Carcinoma in situ |
T1 | Infiltration der Submukosa |
T2 | Infiltration der Muscularis propria |
T3 | Infiltration der Subserosa (intraperitoneale Anteile), Infiltration des perikolischen, perirektalen Fettgewebes (sekundär retroperitoneale Anteile) |
T4 | Perforation des viszeralen Peritoneums (T4a) oder Infiltration anderer Organe/Strukturen (T4b) |
NX | Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden |
N0 | Keine regionären Lymphknotenmetastasen |
N1 | 1–3 regionäre Lymphknoten |
N2a | 4–6 regionäre Lymphknoten |
N2b | ≥7 regionäre Lymphknoten |
M0 | Keine Fernmetastasen |
M1a | Fernmetastasen: Nur ein Organ betroffen |
M1b | Fernmetastasen: Mehr als ein Organ betroffen |
M1c | Fernmetastasen im Peritoneum, mit oder ohne Befall anderer Organe |
- Veraltet: Dukes-Klassifikation (Stadium A–D), wird zunehmend verlassen
- A: Tumorausbreitung bis max. Muscularis propria
- B: Infiltration des perirektalen Gewebes (über Muscularis propria hinaus)
- C: Lymphknotenmetastasen
- D: Fernmetastasen
Stadieneinteilung der UICC (Union for International Cancer Control)
Vereinfachte Darstellung
Vereinfachte Stadieneinteilung des kolorektalen Karzinoms der UICC | |
---|---|
UICC-Stadium | TNM |
0 | Tis (Carcinoma in situ) |
I | Bis T2, N0, M0 |
II | Ab T3, N0, M0 |
III | Jedes T, N1/N2, M0 |
IV | Jedes T, jedes N, M1 |
Detaillierte Darstellung
Stadieneinteilung des kolorektalen Karzinoms der UICC | ||
---|---|---|
KRK-UICC-Stadium | TNM | |
0 | Tis (Carcinoma in situ) | |
I | Bis T2, N0, M0 | |
II | IIA | T3, N0, M0 |
IIB | T4a, N0, M0 | |
IIC | T4b, N0, M0 | |
III | IIIA | Bis T2, N1, M0 oder T1, N2a, M0 |
IIIB | T3/T4, N1, M0 oder T2/T3, N2a, M0 oder T1/T2, N2b, M0 | |
IIIC | T4a, N2a, M0 oder T3/T4a, N2b, M0 oder T4b, N1/N2, M0 | |
IV | IVA | Jedes T, jedes N, M1a |
IVB | Jedes T, jedes N, M1b | |
IVC | Jedes T, jedes N, M1c |
Diagnostik
Zum Screening siehe: Prävention des kolorektalen Karzinoms.
Basis-Staging bei allen kolorektalen Karzinomen [2]
- Digital-rektale Untersuchung [5]
- Komplette Koloskopie mit Biopsie [2]
- Goldstandard zur Detektion kolorektaler Polypen und Karzinome
- Zum Vorgehen beim Auffinden suspekter Läsionen siehe: Therapie bei Kolonpolypen
- Bei unklarem Befund bzw. OP-Indikation: Markierung der Läsion mittels Clip (bei zeitnaher OP) oder Tusche (nicht direkt in die Läsion, sondern nah daneben ) [2]
- Bei inkompletter Koloskopie, bspw. wegen Stenose
- Präoperativ zusätzlich CT- oder MR-Kolonografie möglich
- Postoperativ komplette Koloskopie durchführen (3–6 Monate nach Operation)
- Bildgebung
- Abdomensonografie
- Röntgen-Thorax in 2 Ebenen
- Tumormarker
- CEA-Bestimmung als Ausgangswert vor Therapiebeginn
- Andere Tumormarker wie CA-19-9 werden aktuell nicht empfohlen [2]
Adenokarzinome treten in bis zu 5% der Fälle multipel auf → Suche nach weiteren Tumoren!
Zusätzliche Bildgebung bei unklaren Befunden, Fernmetastasen- oder Infiltrationsverdacht
- CT von Abdomen, Becken und/oder Thorax
- Alternativ zur CT speziell bei V.a. Lebermetastasen: Kontrastmittelgestützte Lebersonografie, PET-CT
- Bei Skelettmetastasen: MRT und/oder PET-CT
- Bei Hirnmetastasen: cMRT mit und ohne Kontrastmittel, alternativ cCT mit und ohne Kontrastmittel (bei Kontraindikation für MRT)
Spezielles Staging bei Rektumkarzinom
- Bei allen nachgewiesenen Rektumkarzinomen
-
Starre Rektoskopie
- Ermöglicht genaue Bestimmung des Abstandes von Karzinom zur Anokutanlinie
- Entscheidend für die Therapieplanung und den Kontinenzerhalt
- Koloskopische Untersuchung mit flexiblem Endoskop kann keine exakte Höhenangabe liefern!
- Siehe auch: Lokalisation und Metastasierungswege beim KRK
- MRT des Beckens (alternativ CT des Beckens): Ermittlung des Abstandes vom Tumor zur mesorektalen Faszie
-
Starre Rektoskopie
- Bei lokal begrenztem Tumor : Rektale Endosonografie zur Bestimmung der Infiltrationstiefe (T-Stadium) [2]
- Bei V.a. Übergriff auf Vagina/Adnexe/Uterus bzw. Blase: Gynäkologisches bzw. urologisches Konsil
Pathologie
- Meist Adenokarzinom [2][6]
- Ca. 90% der kolorektalen Karzinome entstehen aus Adenomen
- Häufigkeit des Adenomtyps: Tubulär > tubulovillös > villös
- Entartungsrisiko des Adenoms abhängig von dessen [7]
- Größe (>1 cm)
- Dysplasiegrad [2]
- Histologischer Typ: Villös > tubulovillös > tubulär [8][9]
- Anzahl der Adenome ≥3
- Lebensalter
- Tumorgenese [7]
- Insb. über Adenom-Karzinom-Sequenz
- Weitere: Serratierter Karzinogeneseweg, „Mischtyp“
- Sonderformen [6]
- Muzinöses (schleimbildendes) Adenokarzinom („Gallertkarzinom“)
- Siegelringzellkarzinom
- Kleinzelliges Karzinom
- Plattenepithelkarzinom
- Undifferenziertes Karzinom
- Adenosquamöses Karzinom (Rarität)
90% aller Kolonkarzinome sind Adenokarzinome!
„Je villöser, desto böser!“
Zum Vergleich: Normalbefunde
Differenzialdiagnosen
Dünndarmtumoren
- Epidemiologie
- Inzidenz: Ca. 6/100.000 Einwohner pro Jahr (Stand 2016) [1]
- Mehrheitlich benigne
- Maligne Dünndarmtumoren (ca. 1–3% aller malignen gastrointestinalen Tumoren)
- 50% Neuroendokrine Neoplasien (NEN) [1]
- 10% Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) [1]
- Weitere bspw. Adenokarzinome, maligne Lymphome
- Komplikationen
- Blutung
- Ileus
- Metastasierung
- Ggf. Karzinoid-Syndrom bei neuroendokrinem Dünndarmtumor
- Diagnostik: Sonografie, Hydro-MRT, Videokapselendoskopie
- Therapie: Dünndarmresektion, bei R1-Resektion additive Chemotherapie wie beim Kolonkarzinom
- Prognose bei Malignität: 5-Jahres-Überlebensrate von ca. 20%
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Erstlinientherapie des kolorektalen Karzinoms
- Vor Behandlungsbeginn: Beurteilung der Situation und des Therapieziels
- Entscheidung über Erstlinientherapie abhängig von 3 Faktoren
- Allgemeinzustand
- Lokalisation und Ausdehnung des Tumors
- Kuratives Therapieziel bei (potenziell) resektabler Erkrankung
- Eher palliative Therapie bei disseminierter oder wahrscheinlich nicht-resektabler Erkrankung, Oligometastasierung
- Molekularbiologie des Tumors
- Interdisziplinäre Tumorkonferenz [2]
- Vorstellung nach Abschluss der Erstlinientherapie immer empfohlen
- Prätherapeutische Vorstellung bei
- Allen Rektumkarzinomen
- Kolonkarzinomen im Stadium IV
- Lokalrezidiven
- Metachroner Metastasierung
- Geplantem lokalablativen Verfahren
- Weitere onkologische Aspekte
- Adäquate Schmerztherapie und Ernährung sicherstellen, supportive Therapie optimieren
- Psychosoziale und psychoonkologische Angebote anbieten
Jedes Rektumkarzinom sollte prätherapeutisch in einer Tumorkonferenz vorgestellt werden!
Stadiengerechte Therapie des Kolonkarzinoms [2]
KRK-UICC-Stadium | TNM | Leitliniengerechte Therapieempfehlung |
---|---|---|
0–I | Tis bis T1 |
|
T2, N0, M0 |
| |
II | Bis T4, N0, M0 |
|
III | Jedes T, N1, M0 |
|
IV | Jedes T, jedes N, M1 |
|
Stadiengerechte Therapie des Rektumkarzinoms [2]
TNM | Leitliniengerechte Therapieempfehlung | ||
---|---|---|---|
0–I | Tis bis T1 |
| |
T2, N0, M0 |
| ||
II | Bis T4, N0, M0 |
| |
III | Jedes T, N1, M0 | ||
IV | Jedes T, jedes N, M1 |
|
Rektumkarzinome des oberen Drittels werden i.d.R. wie Kolonkarzinome behandelt: Primäre Operation, adjuvante Chemotherapie!
Grundsätze der chirurgischen Therapie
- Resektionsausmaß abhängig von Tumorlokalisation und Gefäßversorgung des betroffenen Darmabschnitts
- En-bloc-Resektion: Betroffener Darmabschnitt wird als Ganzes entfernt inkl. mitbetroffener benachbarter Strukturen
-
Lymphadenektomie
- Resektion der Lymphknoten im Lymphabflussgebiet des Tumors
- Histologische Untersuchung von ≥12 Lymphknoten notwendig zur sicheren Beurteilung des Lymphknotenstatus (N-Klassifikation) [2]
- OP-Verfahren: Offenes und laparoskopisches Verfahren gleichermaßen möglich
- Intraoperatives Staging der Leber
- Inspektion, bei offener OP zusätzlich Palpation
- Nadelbiopsie bei unklarer Läsion
- Sonderfall kolorektale Mehrfachkarzinome [2][2]
- Vorkommen: Mehrere synchrone Tumoren vorhanden in bis zu 5% der Fälle!
- Behandlung richtet sich nach den einzelnen Karzinomen
- Keine routinemäßige Kolektomie
- Ggf. Anlage mehrerer Anastomosen nötig
- Für weitere allgemeine Informationen siehe auch: Generelle Prinzipien bei darmchirurgischen Eingriffen
Therapie des nicht-metastasierten Kolonkarzinoms
Operative Therapie
- Therapieziel: Primäre Resektion mit kurativer Intention
- Lokal inoperable Tumoren: Anlage eines endständigen Stomas oder eines Bypasses als Umgehungsweg (z.B. Ileotransversostomie) zur Erhaltung der Darmpassage
- Durchführung: Kombination mit kompletter mesokolischer Exzision (CME)
- Prinzip: Komplette operative Entfernung des viszeralen mesokolischen Fettgewebes
- Ziel: Erhalt der mesokolischen Schichten bei maximaler lokaler Radikalität mit maximaler LK-Entfernung
- Siehe auch: Stadiengerechte Therapie des Kolonkarzinoms
OP-Verfahren abhängig von der Tumorlokalisation
OP-Verfahren bei nicht-metastasierten Kolonkarzinomen abhängig von der Tumorlokalisation | ||
---|---|---|
Tumorlokalisation | OP-Verfahren | |
Zäkum | Hemikolektomie rechts | |
Colon ascendens | ||
Colon transversum | Rechte Flexur | Erweiterte Hemikolektomie rechts |
Mittleres Colon transversum | Transversumresektion | |
Linke Flexur | Erweiterte Hemikolektomie links | |
Colon descendens | Hemikolektomie links, ggf. radikuläre Sigmaresektion | |
Für tiefergehende Informationen zu den einzelnen OP-Verfahren siehe: Kolorektale Eingriffe!
Adjuvante Chemotherapie bei nicht-metastasiertem Kolonkarzinom
- UICC-Stadium I: Keine adjuvante Chemotherapie empfohlen
- UICC-Stadium II: Je nach Risikofaktoren und Mikrosatellitenstatus empfohlen („Kann-Situation“)
- Bei Mikrosatelliteninstabilität (MSI) keine adjuvante Chemotherapie
- Bei Risikofaktoren : Chemotherapie erwägen
- Ohne Risikofaktoren: Einzelfallentscheidung
- UICC-Stadium III: Immer empfohlen
- Voraussetzung: R0-Resektion des Primärtumors
- Kontraindikationen [2]
- Schlechter Allgemeinzustand (ECOG >2), schwere Infektion, eingeschränkte Lebenserwartung durch Komorbiditäten
- Leberzirrhose (Child B oder C)
- Schwere KHK oder Herzinsuffizienz (NYHA III oder IV)
- (Prä‑)terminale Niereninsuffizienz
- Blutbildungsstörung
- Durchführung [2]
- Beginn: Postoperativ baldmöglichst (meistens innerhalb von 8 Wochen)
- Dauer: 3–6 Monate, je nach Risiko-Nutzen-Abwägung
- UICC-Stadium II: Monotherapie mit Fluoropyrimidinen
- UICC-Stadium III: Kombitherapie mit Oxaliplatin
- FOLFOX: Folinsäure + 5-FU + Oxaliplatin
- XELOX (CAPOX): Capecitabin + Oxaliplatin
- Bei Patienten >70 Jahre sollte keine Therapie mit Oxaliplatin erfolgen
- Bei Kontraindikationen gegen Oxaliplatin sollte eine Monotherapie mit Fluoropyrimidinen erfolgen
Keine Radiatio am Kolon! Kolonkarzinome sind relativ strahlenunempfindlich.
Therapie des nicht-metastasierten Rektumkarzinoms
Neoadjuvante Therapie bei nicht-metastasiertem Rektumkarzinom [2][10][11]
- Indikationen
- Keine Indikation
- UICC-Stadium I
- cT1/2-Tumoren im unteren und mittleren Drittel mit radiologisch fraglichem LK-Befall
- cT3a/b-Tumoren im mittleren Drittel mit lediglich limitierter Infiltration ins perirektale Fettgewebe in der MRT-Diagnostik sowie ohne V.a. LK-Metastasen oder extramurale Gefäßinvasion
- Relative Indikation: Tumoren im oberen Drittel mit hohem Risiko für Lokalrezidive
- Absolute Indikation: Tumoren des unteren und mittleren Rektumdrittels im UICC-Stadium II und III
- Keine Indikation
- Durchführung: Drei Schemata möglich
- Radiotherapie als Kurzzeitbestrahlung (5×5 Gy), Operation innerhalb von 10 Tagen oder mit verlängertem Intervall bis zur Operation
- Intervall bis zu 12 Wochen: Wenn Downsizing angestrebt wird, Kombination mit oder ohne Chemotherapie möglich
- Intervall 4–8 Wochen: Wenn Downsizing notwendig und Chemotherapie kontraindiziert ist (als Alternative zur konventionell fraktionierten Radiochemotherapie)
- Konventionell fraktionierte Radiochemotherapie, Operation nach 6–8 Wochen
- Totale neoadjuvante Therapie (TNT): Kurzzeitbestrahlung + präoperative Chemotherapie, dann Operation oder Watch and wait [10][11]
- Radiotherapie als Kurzzeitbestrahlung (5×5 Gy), Operation innerhalb von 10 Tagen oder mit verlängertem Intervall bis zur Operation
Operative Therapie
- Therapieziel: Resektion mit kurativer Intention
- Rektumkarzinome des oberen Drittels: I.d.R. primäre Operation [2]
- Rektumkarzinome des mittleren und unteren Drittels: I.d.R. erst neoadjuvante (Radio‑)Chemotherapie, danach Operation
- Durchführung
- Es stehen drei OP-Verfahren zur Auswahl
- Kombination mit partieller oder totaler mesorektaler Exzision
- Partielle mesorektale Exzision (PME) bei Karzinomen des oberen Rektumdrittels
- Totale mesorektale Exzision (TME) bei Karzinomen des mittleren bzw. unteren Rektumdrittels
- Siehe auch: Sicherheitsabstände bei mesorektaler Exzision
-
Kontinenzerhaltende Operationsverfahren möglichst bevorzugen
- Radikale Operation des Rektumkarzinoms mit TME und tiefer Anastomose: Anlage eines (passageren) Deviationsstomas empfohlen
- Sonderfall Low-Risk-Frühkarzinome : Lokale Exzision, bevorzugt durch transanale endoskopische Mikrochirurgie [2]
- Siehe auch: Stadiengerechte Therapie des Rektumkarzinoms
OP-Verfahren abhängig von der Tumorlokalisation
OP-Verfahren bei nicht-metastasierten Rektumkarzinomen abhängig von der Tumorlokalisation | ||
---|---|---|
Tumorlokalisation | OP-Verfahren | |
Oberes Rektumdrittel | ||
Mittleres Rektumdrittel | ||
Unteres Rektumdrittel | ||
Unteres Rektumdrittel, tiefsitzendes Rektumkarzinom |
Sicherheitsabstände bei mesorektaler Exzision
- Oberes Rektumdrittel
- Partielle mesorektale Exzision (PME)
- Distaler Sicherheitsabstand von mind. 5 cm
- Mittleres Rektumdrittel: Totale mesorektale Exzision (TME)
- Unteres Rektumdrittel
- Totale mesorektale Exzision (TME)
- Distaler Sicherheitsabstand von mind. 1–2 cm (bei Low-Grade-Tumor) bzw. 5 cm (bei High-Grade-Tumor)
- Nach neoadjuvanter Radiochemotherapie kann ein Sicherheitsabstand von 0,5 cm ausreichen
- Voraussetzung: Resektionsränder frei von makro- und mikroskopischem Tumorgewebe im Schnellschnitt
- Ultima Ratio, falls Sicherheitsabstand nicht einzuhalten ist: Abdominoperineale Rektumexstirpation (APR) mit TME
Adjuvante Therapie bei nicht-metastasiertem Rektumkarzinom [2]
- UICC-Stadium I und R0-Resektion: Keine adjuvante Therapie empfohlen
- UICC-Stadium II und III
-
Adjuvante bzw. additive Radiochemotherapie empfohlen bei Vorliegen von Risikofaktoren für ein Lokalrezidiv, bspw.
- R1-Resektion
- Intraoperative Tumorperforation
- Unzureichende TME-Qualität
- Stadium: pN2, pT3 im unteren Rektumdrittel (bei anderer Tumorlokalisation ab pT4)
-
Adjuvante Chemotherapie empfohlen bei
- Tumorlokalisation im oberen Drittel ohne hohes Risiko für Lokalrezidive
- R0-Resektion, keine adjuvante Radiochemotherapie erfolgt
- Keine neoadjuvante Radiochemotherapie erfolgt
-
Adjuvante bzw. additive Radiochemotherapie empfohlen bei Vorliegen von Risikofaktoren für ein Lokalrezidiv, bspw.
- Sonderfall Z.n. neoadjuvanter Radiochemotherapie: Keine Empfehlung für oder gegen eine adjuvante Chemotherapie laut aktueller Leitlinie [2]
Therapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms
Molekularbiologische Diagnostik
- Zeitpunkt: Durchführung möglichst vor Beginn der Erstlinientherapie
- RAS-Mutationsstatus
- Durchführung: Analyse von Gewebe des Primärtumors oder der Metastasen, alternativ aus Tumor-DNA im Blut
- Häufigkeit: KRAS- oder NRAS-Mutation bei ca. 50% der metastasierten kolorektalen Karzinome vorhanden
- Therapeutische Konsequenz: Keine Anti-EGFR-Therapie bei Vorliegen einer RAS-Mutation durchführen
- BRAF-Mutationsstatus
- Durchführung: Als Stufendiagnostik nach Ausschluss einer RAS-Mutation oder als Panel-Diagnostik
- Häufigkeit: BRAF-V600-Mutation bei ca. 10% der metastasierten kolorektalen Karzinome vorhanden
- Therapeutische Konsequenz: BRAF-V600-Mutation bedingt ungünstigere Prognose → Ggf. frühzeitig intensive Chemotherapie anstreben (bspw. mit FOLFOXIRI + Bevacizumab)
- Pharmakogenetische Diagnostik
- Durchführung: Ggf. Dihydropyrimidin-Dehydrogenase analysieren vor Beginn einer Fluoropyrimidin-Therapie (Ziel: Prädiktion der Toxizität)
- Therapeutische Konsequenz: Dosisreduktion empfohlen bei Mangel an Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (bspw. DPYD*2A-Polymorphismus)
- Mikrosatellitenstatus
- Durchführung: Insb. bei V.a. familiären Darmkrebs empfohlen
- Therapeutische Konsequenz: Kein Einfluss auf Erstlinientherapie, jedoch ggf. auf Zweitlinientherapie
- HER2-Status
Erstlinientherapie [2]
- Erstlinientherapie des kolorektalen Karzinoms in interdisziplinärer Tumorkonferenz festlegen
- Partizipative Entscheidungsfindung unter Einbeziehung des Patientenwillens
- Komplementäre bzw. unkonventionelle Behandlungsansätze erfragen
- Einschätzung der Therapiefähigkeit anhand des Allgemeinzustands
- Guter Allgemeinzustand (ECOG 0–1): Intensive Chemotherapie möglich
- Reduzierter Allgemeinzustand (ECOG ≥2): Chemotherapie eingeschränkt möglich
- Schlechter Allgemeinzustand: Keine Chemotherapie möglich
Insb. der Allgemeinzustand entscheidet über die Erstlinientherapie. Ein hohes Lebensalter alleine rechtfertigt keine Festlegung der geeigneten Behandlungsstrategie!
Behandlungsstrategie bei gutem Allgemeinzustand [2]
- Therapieziel: Maximale Tumorreduktion
- Durchführung
-
Gute Prognose und resektable Metastasierung : Primäre Metastasenresektion
- Keine adjuvante oder additive Therapie nach Resektion von Lebermetastasen durchführen
- Ungünstige Prognose und resektable Metastasierung: Primär systemische Therapie erwägen
- Möglichst effektive Chemotherapie durchführen
- Dynamik der Erkrankung unter Chemotherapie beobachten → Ermöglicht Entscheidung über weiteres Vorgehen
- Bei erfolgreicher Stabilisierung: Zügige Resektion innerhalb von 2–3 Monaten anstreben
- Sehr kleine Metastasen: Primäre Entfernung von Metastasen (≤1 cm) erwägen
-
Nicht-resektable Metastasierung: Primär systemische Therapie
- Möglichst effektive Chemotherapie durchführen
- Sekundäre Resektabilität bzw. lokalablative Verfahren in regelmäßigen Abständen von ca. 2–3 Monaten reevaluieren
- Ausnahme: Bei stenosierendem Tumor bzw. Hb-relevanter Blutung ggf. Entfernung des Primärtumors [2][2]
- Oligometastasierung: Lokalablative Verfahren oder lokoregionäre Verfahren erwägen
-
Gute Prognose und resektable Metastasierung : Primäre Metastasenresektion
- Kriterien für Resektabilität von Lebermetastasen
- Ausschluss nicht resezierbarer extrahepatischer Manifestation des Tumors
- <70% des Lebergewebes betroffen
- <3 Lebervenen und <7 Segmente befallen
- Keine Leberinsuffizienz oder -zirrhose (Child B/C)
- Keine ausgeprägte Komorbidität
- Prognose-Einschätzung bei Lebermetastasen: Fong-Score
- Risikofaktoren
- Lymphknotenpositiver Primärtumor
- Krankheitsfreier Zeitraum zwischen Primärtumorresektion und Nachweis einer Lebermetastase <12 Monate
- Größe der Metastase >5 cm
- Metastasenanzahl >1
- Präoperatives CEA >200 ng/mL
- Beurteilung
- 0 Risikofaktoren: Niedrigrisikogruppe
- 1–2 Risikofaktoren: Intermediäre Risikogruppe
- 3–5 Risikofaktoren: Hochrisikogruppe
- Risikofaktoren
- Mögliche Schemata zur intensiven Chemotherapie
- Therapieregime molekularpathologischer Subgruppen
- RAS-Wildtyp: Chemotherapie-Doublette und
- Linksseitiger Tumor: Mit oder ohne Bevacizumab und mit Anti-EGFR-Therapie
- Rechtsseitiger Tumor: Mit oder ohne Bevacizumab
- RAS-Mutation: Chemotherapie-Doublette mit oder ohne Bevacizumab
- BRAF-Mutation: Bspw. Chemotherapie-Triplette mit oder ohne Bevacizumab
- RAS-Wildtyp: Chemotherapie-Doublette und
Erstlinientherapie bei gutem Allgemeinzustand: Therapieregime molekularpathologischer Subgruppen | ||
---|---|---|
Linksseitiges Karzinom | Rechtsseitiges Karzinom | |
RAS-Wildtyp |
|
|
RAS-Mutation |
| |
BRAF-Mutation |
| |
Mikrosatelliteninstabilität |
| |
HER2-Überexpression |
|
Bei RAS-Wildtyp-Tumoren beeinflusst die Tumorlokalisation die Wahl des geeigneten Therapieregimes!
Bei (potenziell) resektablen Metastasen kann eine kurative Behandlung des metastasierten kolorektalen Karzinoms gelingen! [2]
Behandlungsstrategie bei reduziertem Allgemeinzustand [2]
- Primär resektable Erkrankung
- Therapieziel: Therapiefähigkeit wiederherstellen
- Durchführung
- Nebenwirkungsarme Bridging-Therapien, bspw.
- Fluoropyrimidine mit oder ohne Bevacizumab
- Anti-EGFR-Monotherapie erwägen bei RAS-Wildtyp
- Operabilität/Resektabilität in regelmäßigen Abständen von ca. 8 Wochen reevaluieren
- Nebenwirkungsarme Bridging-Therapien, bspw.
- Primär nicht-resektable Erkrankung
- Therapieziel: Primär palliative, symptomatische Behandlung
- Durchführung
- Initial 5-FU (oder Capecitabin) + Bevacizumab oder
- Dosisreduzierte Chemotherapie (mit FOLFOX, FOLFIRI oder XELOX) mit oder ohne Bevacizumab
- Anti-EGFR-Monotherapie erwägen bei RAS-Wildtyp und Tumorlokalisation im linksseitigen Kolon (ab linker Flexur) oder Rektum
- Sonderfall: Reduzierter Allgemeinzustand aufgrund der Tumorerkrankung
- Intensive Therapie erwägen, wenn der schlechte Allgemeinzustand (ECOG >1) v.a. durch die maligne Erkrankung bedingt ist
- Risiken hierbei gegeneinander abwägen
Behandlungsstrategie bei schlechtem Allgemeinzustand
- Supportive Therapie („Best supportive Care“), siehe auch: Supportive Therapie bei onkologischen Erkrankungen
- Palliativmedizinische Aspekte beachten
Zweitlinientherapie und spätere Therapielinien
- Entscheidung über Zweitlinientherapie des metastasierten kolorektalen Karzinoms abhängig von 3 Faktoren
- Molekularbiologie des Tumors
- Lokalisation und Ausdehnung des Tumors
- Wahl, Ansprechen und Toxizität der Erstlinientherapie
- Erneute molekularbiologische Diagnostik
- RAS- und BRAF-Mutationsstatus erneut bestimmen bei RAS-/BRAF-Wildtyp
- Voraussetzung: Erstlinientherapie enthielt keine Anti-EGFR-Therapie
Lokalablative Verfahren [2][2]
- Allgemein: Einsatz nach Entscheidung der Tumorkonferenz
- Lebermetastasen
- Thermoablation (Radiofrequenzablation, Mikrowellenablation)
- Indikation: Nicht-resektable Metastasierung, Inoperabilität aufgrund eines schlechten Allgemeinzustandes
- Einsatz insb. nach bereits erfolgter Leberresektion oder in Kombination mit Leberresektion
- Laserinduzierte interstitielle Thermotherapie (LITT)
- Indikation: Nicht-resektable Lebermetastasen
- Einsatz nur innerhalb klinischer Studien
- Weitere Verfahren mit geringer Evidenz: Strahlentherapie, Brachytherapie
- Thermoablation (Radiofrequenzablation, Mikrowellenablation)
- Lungenmetastasen
- Thermoablation (Radiofrequenzablation, Mikrowellenablation)
- Indikation: Lungenmetastasen bis zu 3 cm (max. 3 Metastasen pro Lunge)
- Weitere Verfahren mit geringer Evidenz: Strahlentherapie
- Thermoablation (Radiofrequenzablation, Mikrowellenablation)
Lokoregionäre Verfahren [2]
- Selektive interne Radioembolisation (selektive intraarterielle Radiotherapie, Selective internal Radiation Therapy, SIRT)
- Indikation: Disseminierte Lebermetastasen und keine anderen Therapieoptionen vorhanden
- Einsatz nur innerhalb klinischer Studien
- Intraarterielle Chemotherapie der Leber
- Hepatisch intraarterielle Chemotherapie (HAI)
- Intraarterielle Applikation Irinotecan-beladener Microbeads
Therapie der Peritonealkarzinose [2]
- Indikation: Isolierte, limitierte Peritonealkarzinose
- Durchführung: Zytoreduktive Chirurgie, gefolgt von einer hyperthermen intraperitonealen Chemotherapie (HIPEC)
- Voraussetzungen
- Peritoneal Cancer Index <20
- Keine extraabdominellen Metastasen vorhanden
- Makroskopisch komplette Entfernung aller Tumormanifestationen möglich
- Einsatz in spezialisierten Zentren, bevorzugt im Rahmen von Studien
Perioperatives Management
Klinikeigene Standards sind zu beachten!
Präoperatives Management
- Besonderheiten
- Labordiagnostik
- Blutgruppe, Bereitstellung (Einkreuzen) von Blutkonserven
- CEA-Bestimmung
- Ggf. Stomaanzeichnung
- Rektumkarzinom: Anlage eines (ggf. passageren) Stomas als fester Bestandteil der Operation
- Abdominoperianale Rektumexstirpation: Aufklärung über permanente Kolostomie!
- Labordiagnostik
- Für allgemeine Hinweise zum präoperativen Management siehe
- Für darmchirurgische Besonderheiten siehe
Postoperatives Management
- Besonderheiten
- Häufiger Einsatz eines PDK bzw. von Schmerzpumpen
- Perioperative Thromboseprophylaxe über 4 Wochen fortführen
- Für allgemeine Hinweise zum postoperativen Management siehe: Postoperatives Management
- Für darmchirurgische Besonderheiten siehe
Nachsorge
UICC-Stadium I [2]
- Nach R0-Resektion: Lediglich koloskopische Nachsorge
- Zeitpunkt: Innerhalb von 6–12 Monaten postoperativ, danach alle 5 Jahre
UICC-Stadien II und III (bei kurativem Ansatz)
-
Rektum- und Kolonkarzinom
-
Alle 6 Monate für mind. 2 Jahre, anschließend alle 12 Monate (für weitere 3 Jahre)
- Anamnese, körperliche Untersuchung
- CEA-Bestimmung [2]
- CA-19-9
- Abdomensonografie
- Innerhalb von 6–12 Monaten postoperativ, danach alle 5 Jahre: Koloskopie [2]
-
Alle 6 Monate für mind. 2 Jahre, anschließend alle 12 Monate (für weitere 3 Jahre)
- Nur bei Rektumkarzinom
- 3 Monate nach Abschluss der Therapie: CT-Untersuchung
- Alle 6 Monate für mind. 2 Jahre: Sigmoidoskopie
- Alle 12 Monate (für insg. 5 Jahre): Röntgen-Thorax
Nachsorge des kolorektalen Karzinoms im UICC-Stadium II und III | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Maßnahmen | Nach 3 Monaten | Nach 6 Monaten | Nach 1 Jahr | Nach 18 Monaten | Nach 2 Jahren | Nach 3, 4 und 5 Jahren | |
Rektum- und Kolonkarzinom | Anamnese, körperliche Untersuchung, CEA, Abdomensonografie | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | |
Koloskopie | Innerhalb von 6–12 Monaten postoperativ, danach alle 5 Jahre | ||||||
Nur Rektumkarzinom | CT | ✓ | |||||
Ggf. Sigmoidoskopie (siehe oben) | ✓ | ✓ | ✓ | ✓ | |||
Röntgen-Thorax | ✓ | ✓ | ✓ |
80% der Rezidive treten in den ersten beiden Jahren nach Behandlung auf!
Prognose
- Relative 5-Jahres-Überlebensrate bei kolorektalem Karzinom: Insg. ca. 62% in Deutschland (Stand 2015/2016) [1][12]
- Kolonkarzinom: Adjuvante Chemotherapie verbessert 5-Jahres-Überlebensrate im Stadium III signifikant [2]
- Rektumkarzinom: Neoadjuvante Therapie senkt die Lokalrezidivrate [13]
Die Qualität der operativen Versorgung beeinflusst die Prognose maßgeblich! [2]
Prävention
Darmkrebsvorsorge [2][2]
Laut der S3-Leitlinie „Kolorektales Karzinom“ (Vorsorge/Früherkennung asymptomatische Bevölkerung - Leitlinienprogramm Onkologie S3-Leitlinie Kolorektales Karzinom) stehen drei Optionen zur Früherkennung kolorektaler Karzinome (Sekundärprävention) bei Gesunden ab 50 Jahren ohne erhöhtes Risiko zur Auswahl.
- Nicht-Risikopersonen
- Alter ≥50 Jahre
- Männer
- Standardverfahren: Koloskopie
- Alternativ: Jährlich Stuhltest auf okkultes Blut (nach Krebsfrüherkennungsrichtlinie)
- Frauen: Jährlich Stuhltest auf okkultes Blut (nach Krebsfrüherkennungsrichtlinie) [14]
- Männer
- Alter ≥55 Jahre: Koloskopie (+ DRU)
- Bei unauffälligem Befund: Koloskopie nach 10 Jahren wiederholen, ggf. kürzere Nachsorgeintervalle beachten
- Bei vollständiger Koloskopie ist kein Stuhltest auf okkultes Blut nötig
- Falls Koloskopie abgelehnt wird: Alle fünf Jahre Sigmoidoskopie und jährlicher Stuhltest auf okkultes Blut
- Falls auch Sigmoidoskopie abgelehnt wird: Jährlich Stuhltest auf okkultes Blut
- Alter ≥50 Jahre
- Risikopersonen
-
Verwandte ersten Grades von Patienten mit kolorektalem Karzinom: Komplette Koloskopie idealerweise 10 Jahre vor dem Alterszeitpunkt des Auftretens des Karzinoms beim Indexpatienten, spätestens jedoch im Alter von 40–45 Jahren
- Bei unauffälligem Befund: Wiederholung mind. alle 10 Jahre
- Verwandte ersten Grades von Patienten mit Adenom, das vor dem abgeschlossenen 50. Lebensjahr entdeckt wurde: Komplette Koloskopie idealerweise zehn Jahre vor dem Alterszeitpunkt des Nachweises des Adenoms beim Indexpatienten
- Bei unauffälligem Befund: Wiederholung mind. alle 10 Jahre
- Bei genetischer Vorbelastung (FAP, HNPCC): Individuelle Vorsorge
- Verwandte ersten Grades von Patienten mit kolorektalem Karzinom mit Mikrosatellitenstabilität (MSS) und Zutreffen der Amsterdam-II-Kriterien: Komplette Koloskopie ab 25 Jahren, alle 3–5 Jahre wiederholen
- Verwandte ersten Grades von Patienten mit kolorektalem Karzinom mit Zutreffen der Bethesda-Kriterien und Nicht-Zutreffen der Amsterdam-II-Kriterien: Komplette Koloskopie in kürzeren Abständen (mind. alle 3 Jahre)
- Zum Karzinomüberwachungsprogramm bei Patienten mit Colitis ulcerosa siehe auch: Überwachungskoloskopien bei Colitis ulcerosa
- Vorgehen beim Nachweis von IEN im Rahmen einer Colitis ulcerosa, siehe auch: Intraepitheliale Neoplasien bei Colitis ulcerosa
-
Verwandte ersten Grades von Patienten mit kolorektalem Karzinom: Komplette Koloskopie idealerweise 10 Jahre vor dem Alterszeitpunkt des Auftretens des Karzinoms beim Indexpatienten, spätestens jedoch im Alter von 40–45 Jahren
Nachsorge nach Polypektomie (Stand Leitlinie DGVS 2019) [2] | |
---|---|
Histologie des/der entfernten Polypen | Empfohlenes Intervall bis zur Kontroll-Koloskopie |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Die Koloskopie bei Nicht-Risikopatienten wird bei Männern ab 50 Jahren, bei Frauen ab 55 Jahren von den gesetzlichen Krankenkassen getragen. Bei Risikopatienten können früher Koloskopien durchgeführt werden!
Bei Personen, die an der Koloskopie-Vorsorge/Früherkennung entsprechend der Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-R) teilnehmen, sollte keine zusätzliche Untersuchung auf fäkales okkultes Blut (FOBT) erfolgen. (DGIM - Klug entscheiden in der Gastroenterologie)
Fäkaler okkulter Bluttest (FOBT)
Allgemeines [2]
- FOBT = Fäkaler okkulter Bluttest = Blut-im-Stuhl-Test
- Prinzip
- Screeningverfahren zur Sekundärprävention des kolorektalen Karzinoms
- Nachweis von okkultem Blut mittels Stuhlprobe
- Varianten
- gFOBT = Guajakbasierte FOBT bzw. Guajak-Tests (z.B. Haemoccult-Test®)
- iFOBT = Immunologischer FOBT
- Zu beachten bei allen FOBT: Falsch-positive Befunde bei Schlucken von eigenem Blut (z.B. bei Zahnfleischbluten oder Epistaxis)
- Indikation
- Bei V.a. okkultes Blut
- Im Rahmen der Darmkrebsvorsorge jährlich, sofern keine vollständigen Koloskopien durchgeführt werden
- Konsequenz: Nach aktueller Leitlinie besteht bei jedem positiven Testergebnis die Indikation für eine komplette Koloskopie (siehe auch: Darmkrebsvorsorge)
Bei jedem positiven Testergebnis wird aktuell eine endoskopische Untersuchung des gesamten Dickdarms empfohlen!
gFOBT = Guajakbasierte FOBT bzw. Guajak-Tests (z.B. Haemoccult-Test®)
- Prinzip und Durchführung
- Stuhlproben werden auf mit Guajakharz imprägniertes Filterpapier gestrichen und mit Wasserstoffperoxid versetzt
- Bei Vorhandensein von Blut: Blauer Farbumschlag des Filterpapiers
- Vorteile: Günstig, relativ einfache Handhabung
- Nachteile: Es wird nicht spezifisch Hämoglobin nachgewiesen!
- Falsch-positive Ergebnisse z.B. bei Verzehr von rotem Fleisch (Myoglobin)
- Falsch-negative Ergebnisse z.B. bei Aufnahme von Antioxidantien wie Ascorbinsäure
Unbedingt Fachinformation des jeweiligen Präparates beachten! Bei nicht ausreichender Einweisung des Patienten bzw. unsachgemäßer Durchführung sinkt die Sensitivität und Spezifität deutlich!
iFOBT = Immunologischer FOBT
- Prinzip und Durchführung
- Stuhlprobe wird mittels Auffangvorrichtung in ein spezielles Probenröhrchen gefüllt und laborchemisch untersucht, i.d.R. ist eine einmalige Probenentnahme ausreichend
- Nachweis eines spezifisch humanen Hämoglobins
- Vorteile gegenüber Guajak-Test
- Höhere Sensitivität und Spezifität
- Keine Testverfälschungen durch Myoglobin (nach Verzehr von rotem Fleisch) oder Säuren
Medikamentöse Prophylaxe
- Eine Studienanalyse verschiedener randomisierter Studien zur ASS-Kardioprotektion konnte einen protektiven Effekt einer Langzeittherapie mit Acetylsalicylsäure (≥75 mg/Tag) für Ösophagus-, Pankreas-, Lungen-, Magen-, Prostata- und das kolorektale Karzinom belegen
- Neuere Ergebnisse hinterfragen diese Studien [15]
- Laut aktueller Leitlinie sollen ASS, COX2-Hemmer oder Statine nicht zur Prophylaxe des kolorektalen Karzinoms eingenommen werden [2]
Acetylsalicylsäure beziehungsweise COX2-Hemmer sollen nicht zur Primärprävention des kolorektalen Karzinoms in der asymptomatischen Bevölkerung eingenommen werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Gastroenterologie)
Studientelegramme zum Thema
- HOMe Studientelegramme Innere Medizin
- Studientelegramm 263-2023-2/3: NordICC – wie effektiv ist die Vorsorgekoloskopie?
- DGIM-Studientelegramm 1-2019-5/8: Routinemäßiger Clip-Verschluss nach endoskopischer Resektion größerer Kolonpolypen möglicherweise ineffektiv zur Prophylaxe von Nachblutungen
- Studientelegramm 77-2019-1/3: Steigende Inzidenz kolorektaler Karzinome in den USA
- Studientelegramm 20-2018-1/3: Schützen Nüsse vor einem Darmkrebs-Rezidiv?
- One-Minute Telegram (aus unserer englischsprachigen Redaktion)
- One-Minute Telegram 68-2023-3/3: They tested their poo, but didn’t follow through
- One-Minute Telegram 65-2022-1/3: 2022 U.S. Preventive Services Task Force: summary of recommendations
- One-Minute Telegram 62-2022-3/3: Colonoscopy for colorectal cancer screening saves lives, but only if you get one
- One-Minute Telegram 50-2022-1/3: The aspirin debate rages on: 2022 USPSTF updated recommendations.
- One-Minute Telegram 41-2021-2/2: 2021 U.S. Preventive Services Task Force: Summary of recommendations
Interesse an wöchentlichen Updates zur aktuellen Studienlage im Bereich der Inneren Medizin? Abonniere jetzt das Studientelegramm (Beiträge zur Inneren Medizin in Kooperation mit HOMe sowie zur Überversorgung in der Inneren Medizin mit der DGIM). Zusätzlich haben wir auch das englische One-Minute-Telegram und den AMBOSS-Podcast im Angebot. Alle Links zur Anmeldung findest du am Seitenende unter "Tipps & Links".
Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Kolorektales Karzinom
Kolorektales Karzinom – Teil 1
Kolorektales Karzinom – Teil 2
Kolorektales Karzinom – Teil 3
Kolorektales Karzinom – Teil 4
Kolorektales Karzinom – Teil 5
Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- C18.-: Bösartige Neubildung des Kolons
- C18.0: Zäkum
- Ileozäkalklappe [Bauhin]
- C18.1: Appendix vermiformis
- C18.2: Colon ascendens
- C18.3: Flexura coli dextra [hepatica]
- C18.4: Colon transversum
- C18.5: Flexura coli sinistra [lienalis]
- C18.6: Colon descendens
- C18.7: Colon sigmoideum
- Sigma (Flexur)
- Exklusive: Rektosigmoid, Übergang (C19)
- C18.8: Kolon, mehrere Teilbereiche überlappend
- C18.9: Kolon, nicht näher bezeichnet
- Dickdarm o.n.A.
- C18.0: Zäkum
- C19: Bösartige Neubildung am Rektosigmoid, Übergang
- Inklusive: Kolon mit Rektum, Übergang vom Rektum zum Colon sigmoideum
- C20: Bösartige Neubildung des Rektums
- Inklusive: Ampulla recti
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.