Zusammenfassung
Primäre maligne Knochentumoren (Knochensarkome) sind eine histopathologisch und klinisch uneinheitliche Gruppe seltener Krebserkrankungen. Sie werden zwar oft gemeinsam betrachtet, unterscheiden sich jedoch erheblich in ihrer Differenzialdiagnostik, Therapie und Prognose. Aus diesem Grund wird bereits bei einer entsprechenden Verdachtsdiagnose die Einbindung in spezialisierte Behandlungszentren empfohlen. Zu den häufigsten Knochensarkomen gehören das Osteosarkom und Ewing-Sarkom (Auftreten insb. im zweiten Lebensjahrzehnt) sowie das Chondrosarkom (Auftreten insb. im höheren Erwachsenenalter). Sekundäre maligne Knochentumoren können bspw. als Spätfolge einer Strahlentherapie auftreten.
Knochenmetastasen sind deutlich häufiger als primäre bzw. sekundäre maligne Knochentumoren. Am häufigsten metastasieren multiples Myelom, Lungenkarzinom, Mammakarzinom und Prostatakarzinom ins Knochengewebe. Pathophysiologisch lassen sich in diesem Zusammenhang osteolytische Metastasen von osteoblastischen Metastasen unterscheiden.
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Epidemiologie
- Seltene Krebserkrankung
- 700–800 Neuerkrankungen/Jahr
- 400 Sterbefälle/Jahr
- <0,2% aller Malignome
- Knochenmetastasen: Inzidenz ca. 20-mal höher
- Häufigste Lokalisation: Femur, Tibia, Becken, Wirbelsäule
- Kinder
- Ca. 5% aller Malignome
- Häufigste Knochensarkome: Ewing-Sarkom, Osteosarkom
- Erwachsene
- Junges Erwachsenenalter (18–34 Jahre): Ca. 1% aller Malignome, später ca. 0,1%
- Häufigste Knochensarkome: Osteosarkom, Chondrosarkom
- 5% Folgeneoplasien [4]
Das Ewing-Sarkom und das Osteosarkom sind die häufigsten Knochensarkome in der Kindheit! Bei Erwachsenen sind es das Chondrosarkom und das Osteosarkom! [1][2][3]
Maligne Knochentumoren bei Kindern
Epidemiologie der malignen Knochentumoren bei Kindern (<18 Jahre) [4] | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Alter | Geschlechterverhältnis | ||||||
<1 Jahr | 1–4 Jahre | 5–9 Jahre | 10–14 Jahre | 15–17 Jahre | Gesamt | ||
Neuerkrankungen | 4 | 54 | 182 | 520 | 356 | 1.116 | ♂ > ♀ |
Inzidenz | 0,6 | 1,9 | 5,1 | 13,7 | 14,7 | 7,5 |
Die höchste Inzidenz findet sich bei älteren Kindern und Jugendlichen, insg. sind Jungen etwas häufiger betroffen als Mädchen! [4]
Maligne Knochentumoren bei Erwachsenen
Epidemiologie der malignen Knochentumoren bei Erwachsenen | ||||
---|---|---|---|---|
Jahre 2004–2018 [2] | 2018 [5] | |||
Frauen | Männer | Frauen | Männer | |
Neuerkrankungen | 2.106 | 2.656 | 360 | 500 |
Neuerkrankungsrate | 0,72 | 0,94 | 0,7 | 1,1 |
Das mittlere Erkrankungsalter liegt im 5. Lebensjahrzehnt, insg. sind Männer etwas häufiger betroffen als Frauen! [2]
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie und Pathogenese
Risikofaktoren
- Genetische Prädisposition, bspw.
Auswahl genetischer Veränderungen und assoziierter Sarkome [6][7] | |||
---|---|---|---|
Genetische Mutation | Erbgang | Assoziiertes Sarkom | Assoziierte Erkrankungen / Syndrome |
TP53 | Autosomal-dominant | Knochen- und Weichgewebesarkom | Li-Fraumeni-Syndrom |
RB1 | Autosomal-dominant | Osteosarkom | Retinoblastom |
RECQL2, RECQL3, RECQL4 | Autosomal-rezessiv | Osteosarkom | Werner-Syndrom, Bloom-Syndrom, Rothmund-Thomson-Syndrom |
RPS19 | Autosomal-dominant | Osteosarkom | Diamond-Blackfan-Anämie |
TNFRSF11A, TNFRSF11B, SQSTM1, PDB4, ZNF687 | Autosomal-dominant / unbekannt | Osteosarkom | Morbus Paget |
EXT1, EXT2 | Autosomal-dominant | Chondrosarkom | Multiple kartilaginäre Exostosen |
- Ionisierende Strahlung [6][8]
- Häufig Folge einer Strahlentherapie
- Erhöhte Inzidenz von Weichteil- und Knochentumoren
- Latenz von >3 Jahren
- Dosisabhängiges Risiko [9][10]
- Eher selten
- (Berufliche) Exposition [11][12][13]
- Ionisierende Strahlung oder Radionukleotide
- Agrochemikalien, insb. Pestizide
- Organischer Staub
Karzinogenese [14][15]
- Komplexe Vorgänge, sehr unterschiedlich und noch z.T. unerforscht
- Genetische Alteration, bspw.
- Verändertes Genom
- Mutation in Schlüssel-Gen oder Signaltransduktion
- Dysregulation der Transkription
- Adäquate Mikroumgebung → Nische für Tumorzellen (siehe auch: Tumormikroumgebung)
- Interaktion zwischen Tumorzelle und Mikroumgebung → Wachstum und Metastasierung des Sarkoms
Klassifikation
Histo-immuno-morphologische Klassifizierung von Knochentumoren gemäß WHO (World Health Organization) 2020 [16] | |||
---|---|---|---|
Dignität | |||
Kategorie | Benigne | Intermediär | Maligne |
Chondrogene Tumoren |
|
| |
Osteogene Tumoren | |||
Fibrogene Tumoren | — |
|
|
Vaskuläre Tumoren des Knochens |
|
| |
Osteoklastische riesenzellreiche Tumoren |
| ||
Notochordale Tumoren |
| — |
|
Andere mesenchymale Tumoren des Knochens |
|
|
|
Hämatopoetische Neoplasien des Knochens |
|
| |
Undifferenzierte/nicht-klassifizierte Tumoren (klein, rundzellig) | — |
|
Symptomatik
- Frühe Stadien: Häufig asymptomatisch , kein typisches Beschwerdebild
- Ggf. lokale Symptome
- Nächtliche und/oder belastungsabhängige Schmerzen
- Bewegungs- und/oder Funktionseinschränkung
- Sicht- und/oder tastbare Raumforderung
- Lymphknotenschwellung
- Pathologische Fraktur
- Ggf. systemische Symptome
- B-Symptomatik
- Appetitlosigkeit
- Anämie
Diagnostik
Anamnese
- Lebensalter
- Lokalisation, Beginn und Verlauf der Beschwerden
- Systemische Erkrankungssymptome
- Begleiterkrankungen und Vormedikation
- Vorbestehendes Trauma
Körperliche Untersuchung
- Inspektion
- Palpation des Tumors
- Palpation der regionalen Lymphknoten
- Bewegungsprüfung
- Überprüfung pDMS
Labordiagnostik [19]
- Differenzialblutbild, Gerinnungsparameter und klinische Chemie
- Entzündungsparameter: BSG und CRP
- Serumspiegel bspw. für
- Alkalische Phosphatase
- Osteocalcin und Knochen-Sialoprotein
- LDH
- Ferritin
- Liquid Biopsy [20][21]
Bildgebende Diagnostik
Auswahl bildgebender Verfahren zur Diagnostik maligner Knochentumoren [17][18][22] | |||
---|---|---|---|
Verfahren | Typische Indikationen | Mögliche Befunde | Bemerkungen |
Konventionelle Röntgenaufnahme |
|
|
|
Magnetresonanztomografie |
| ||
Computertomografie |
|
|
|
PET/CT/MRT |
|
|
|
Skelettszintigrafie |
|
Biopsie [23][24]
- Indikation: Diagnosesicherung
- Voraussetzung
- Durchführung in spezialisierten Zentren
- Ausreichend lokale Bildgebung vor Biopsie
- Entnahmeort
- Areal der geringsten Differenzierung ohne Nekrosen
- Gewährleistung der kompletten Entfernung des Zugangs bei anschließender Resektion
- Gewährleistung ausreichendenAbstands zu größeren Nerven und Gefäßen
- Vorgehen
- Bevorzugt mittels Inzisionsbiopsie (offen-chirurgisch)
- Zugangsweg möglichst kurz und direkt
- Atraumatisches Arbeiten
- Suffiziente Blutstillung
- Gewinnung einer ca. 1 cm3 großen Gewebeprobe
- Einlage einer Drainage
- Alternative Methoden
- Stanzbiopsie: Nur in Ausnahmefällen [17]
- Exzisionsbiopsie: Nur in Ausnahmefällen
- Feinnadelbiopsie: Nicht geeignet
- Bevorzugt mittels Inzisionsbiopsie (offen-chirurgisch)
- Ziel/Ergebnis
- Histopathologische Subtypisierung, siehe auch: Maligne Knochentumoren - Klassifikation
- Grading
- Staging
- Molekularpathologische Untersuchungen
Diagnostischer Algorithmus bei malignen Knochentumoren [1]
Exkurs: Röntgendiagnostik
Topografie
- Diaphyse: Ewing-Sarkom, osteofibröse Dysplasie
- Metaphyse: Großteil der Sarkome, bspw. Osteosarkom
- Epiphyse: Chondroblastom, Riesenzelltumor, klarzelliges Chondrosarkom
- Weichgewebe
Periostreaktionen
- Definition: Anlagerung oder Resorption von Knochensubstanz der Compacta
- Vorkommen: Sekundärphänomen bei der Destruktion von Knochengewebe, bspw. infolge von Tumoren, Traumen oder Entzündungen
- Typen
- Kontinuierliche Periostreaktion: Hinweis auf eher langsam wachsende Prozesse
- Unterbrochene Periostreaktion: Hinweis auf eher aggressiv wachsende Prozesse
- Komplexe/kombinierte Periostreaktion: Hinweis auf eine Beschleunigung des Wachstums
Übersicht der Periostreaktionen
Periostreaktionen | |||||
---|---|---|---|---|---|
Art | Typ | Erklärung | Bemerkung | ||
Kontinuierlich | Mit Resorption von Compacta |
|
|
| |
Ohne Resorption von Compacta |
|
|
| ||
|
|
|
| ||
|
|
| |||
|
|
| |||
Unterbrochen |
|
|
| ||
|
|
| |||
|
| ||||
|
|
| |||
|
|
| |||
Komplex/kombiniert | — |
|
|
Randzone
- Beurteilung der Wachstumsrate
- Destruktion des Knochens
- Lodwick-Klassifikation
- Abschätzung der Dignität in Abhängigkeit des Destruktionsmusters
- Im klinischen Alltag häufig genutzte Einteilung
Lodwick-Klassifikation [26] | ||||
---|---|---|---|---|
Grad | Destruktionsmuster | Bemerkung | ||
I |
|
|
|
|
|
|
| ||
|
|
| ||
II |
|
| ||
III |
|
|
Matrixmineralisation [26]
- Mineralisation
- Osteolysen
- Osteolysen mit Matrixmineralisation
Differenzialdiagnosen
- Prozesse mit lokaler Schwellung an den Extremitäten
- Hämatom
- Myositis ossificans
- Ganglion bzw. Zyste, bspw. Baker-Zyste
- Knochen- oder Weichteiltophus bei Gicht
- Rheumaknoten bei rheumatoider Arthritis
- Prozesse mit lokaler Schwellung und/oder knöchernen Veränderungen
Die größte differenzialdiagnostische Herausforderung ist die Abgrenzung benigner von malignen knöchernen Veränderungen!
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Stadien
Grading
Histopathologisches Grading (G) primärer Knochensarkome [30] | ||
---|---|---|
Kategorie | Definition | Einteilung |
GX | Grad kann nicht beurteilt werden | — |
G1 | Gut differenziert | Low-grade |
G2 | Mäßig differenziert | High-grade |
G3 | Wenig differenziert | High-grade |
Staging
TNM-Klassifikation
TNM-Klassifikation maligner Knochentumoren (2018) [17][30] | |||
---|---|---|---|
Kriterium | |||
Kategorie | Extremitäten, Stamm, Schädel | Wirbelsäule | Becken |
TX | Tumor kann nicht beurteilt werden | ||
T0 | Kein Anhalt für Primärtumor | ||
T1 | Tumor ≤8 cm | Tumor begrenzt auf ein Wirbelsegment oder zwei angrenzende Segmente | Tumor auf ein Beckensegment beschränkt |
T2 | Tumor >8 cm | Tumor begrenzt auf drei angrenzende Wirbelsegmente | Tumor auf ein Beckensegment beschränkt mit extraossärer Ausbreitung oder zwei Beckensegmente ohne extraossäre Ausbreitung |
T3 | Diskontinuierliche Ausbreitung im primär befallenen Knochen | Tumor begrenzt auf ≥4 angrenzende Wirbelsegmente oder jedes nicht-angrenzende Segment | Tumor betrifft zwei Beckensegmente mit extraossärer Ausbreitung |
T4 | — | Ausbreitung in den Spinalkanal oder die großen Gefäße | Tumor betrifft drei Beckensegmente oder die großen Gefäße |
NX | Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt werden | ||
N0 | Kein Anhalt für regionalen Lymphknotenbefall | ||
N1 | Regionaler Lymphknotenbefall | ||
MX | Fernmetastasen können nicht beurteilt werden | ||
M0 | Keine Fernmetastasen | ||
M1A | Lungenmetastasen | ||
M1B | Knochen- oder andere Fernmetastasen |
AJCC-Klassifikation
Die Einteilung des Knochensarkoms erfolgt auf Basis der TNM-Klassifikation. Therapieempfehlungen richten sich nach der aktuellen AJCC-Klassifikation, in die zusätzlich die histologische Differenzierung eingeht. Es gibt (momentan) keine Stadieneinteilung für Knochensarkome der Wirbelsäule oder des Beckens.
Stadieneinteilung (AJCC 2018) [17][30][31] | |||||
---|---|---|---|---|---|
Stadium | Primärer Tumor (T) | Regionale Lymphknoten (N) | Fernmetastasen (M) | Grading (G) | Zusammenfassung |
IA | T1 | N0 | M0 | G1, GX | T1, low-grade |
IB | T2, T3 | T2 oder T3, low-grade | |||
IIA | T1 | G2, G3 | T1, high-grade | ||
IIB | T2 | T2, high-grade | |||
III | T3 | T3, high-grade | |||
IVA | Jedes T | M1A | Jedes G | Lungenmetastase(n) | |
IVB | N1 | Jedes M | Regionale Lymphknoten befallen | ||
Jedes N | M1B | Knochen- oder andere Fernmetastasen |
Chirurgisches Staging gemäß der Musculoskeletal Tumor Society (MSTS)
Stadieneinteilung maligner Knochentumoren nach der Musculoskeletal Tumor Society (MSTS) [31][32] | |||
---|---|---|---|
Stadium | Grading (G) | Tumorausbreitung (T) | Metastasen (M) |
IA |
|
|
|
IB |
| ||
IIA |
|
| |
IIB |
| ||
III |
|
|
|
Therapie
Generelle Behandlungsprinzipien
- Individuelles Vorgehen
- In spezialisierten Zentren
- Interdisziplinäre Zusammenarbeit
- Multimodales Therapiekonzept
- Schmerztherapie
Chirurgische Therapie des lokalisierten malignen Knochentumors
- Ziele
- R0-Resektion [34]
- En-bloc-Resektion inkl. Biopsiezugang
- Möglichst Funktionserhalt der Extremität
- Indikation: Operable Tumoren [34][35]
- Wahl des Verfahrens abhängig von [34]
- Ausdehnung des Tumors im Knochen und extraossärer Beteiligung
- Lage(beziehungen), insb. zu Nerven und Gefäßen
- Vorhandensein von Skip-Metastasen
- Epiphysen- oder Gelenkbeteiligung
- Verfahren: Exakte präoperative Therapieplanung im interdisziplinären Tumorboard [36][37][38][39]
- Extremitätenerhaltendes Vorgehen (Limb Salvage) angestrebt
- Kompartmentresektion
- Segmentamputation
- Amputation
- Rekonstruktion abhängig von [34]
- Patientenwunsch
- Therapieadhärenz
- Funktionellem Anspruch
- Anatomischen Bedingungen
- Prognostischen Faktoren
- Präferenzen/Expertise des chirurgischen Teams
- Prognose
- Rezidive abhängig vom Resektionsgrad [40]
- Abhängig von histologischem Typ, Grad und Stage
- Ausmaß der Resektion: Insg. 4 Möglichkeiten entsprechend der Resektionsränder nach Enneking [32]
Resektionsränder nach Enneking [32] | ||
---|---|---|
Bezeichnung | Beschreibung | Entsprechung |
Intraläsionale Resektion | Resektionsrand liegt innerhalb des Tumors | R2-Resektion |
Marginale Resektion | Resektionsrand liegt an der Pseudokapsel des Tumors | R1-Resektion |
Weite Resektion | Tumor und eine umgebende Schicht gesunden Gewebes werden entfernt | R0-Resektion |
Kompartmentresektion | Vollständige (radikale) Resektion des Tumors und des entsprechenden Muskelkompartiments | R0-Resektion |
Chemotherapie [1][41]
- Indikation
- Präoperative Verkleinerung des Tumors
- Reduktion bzw. Verkleinerung von (Lungen‑)Metastasen
- Behandlung von Mikrometastasen
- Vorgehen
- Neoadjuvant und/oder adjuvant
- Meist Kombinationstherapie
- Meist mehrere Zyklen
Strahlentherapie [1][42][43]
- Indikation
- Lokale Kontrolle [44]
- Schmerzreduktion bei palliativer Behandlung
- Vorgehen
- Bestimmung des Zielvolumens
- Dosisapplikation
- Ultraharte Röntgenstrahlen (Photonen)
- Intensitätsmodulierte Bestrahlung
- Partikelstrahlung (Protonen)
- Interaktion mit Chemotherapeutika möglich [45][46]
- Postoperative Bestrahlung: Einschluss des gesamten Operationsgebietes notwendig
Zusätzliche Therapiemodalitäten [47][48]
- Indikation
- Vorgehen
- Ablationsverfahren [49]
- Medikamente der zielgerichteten Tumortherapie
- Immunmodulation
- Hemmung der Angiogenese
- Eingriff in die Tumormikroumgebung
- Zelluläre Immuntherapie
Primäre maligne Knochentumoren
Übersicht der primären malignen Knochentumoren | |||
---|---|---|---|
Ewing-Sarkom | Osteosarkom | Chondrosarkom | |
WHO-Klassifikation | Undifferenzierter Tumor (klein, rundzellig) | Osteogener Tumor | Chondrogener Tumor |
Altersgruppe | Kinder/Jugendliche | Jugendliche/junge Erwachsene | Erwachsene |
Symptome/Klinik | Teilweise erst spät: Schwellung, Schmerzen, Bewegungseinschränkung | ||
Hauptlokalisation | Diaphysen langer Röhrenknochen, Becken | Metaphysen langer Röhrenknochen | Becken, stammnahe Extremitäten |
Metastasierung | Hämatogen in die Lunge | ||
Beispiele für Malignitätszeichen im Röntgen | Osteolysen, unscharfe Begrenzung, Codman-Dreieck, Periostlamellierung, Spicula | ||
Diagnosesicherung | Biopsie | ||
Therapie | Multimodales Therapiekonzept | Radikale Resektion | |
Besonderheit | Ggf. BSG-Erhöhung (DD: Osteomyelitis) | Wenig strahlensensibel | Wenig strahlen- und chemosensibel |
Ewing-Sarkom
- Definition: Hochmaligner mesenchymaler Tumor des Knochens und des Weichgewebes
- Ätiologie
- Unklare Genese
- Fusion der Gene EWSR1-FLI1 in >85%
- Genetische Abstammung [52]
- Epidemiologie
- Symptome/Klinik
- Keine Frühsymptome, ggf. belastungsabhängige Schmerzen und Schwellung
- Im weiteren Verlauf ggf. generalisiertes Krankheitsgefühl mit Fieber
- Lokalisation: Diaphysen der langen Röhrenknochen (insb. der unteren Extremität), Becken
- Metastasierung: Lunge, Knochen, Knochenmark
- Diagnostik
- MRT und Röntgen, siehe: Diagnostische Merkmale in der konventionellen Röntgenaufnahme
- Staging: CT-Thorax, Szintigrafie , Knochenmarkuntersuchung
- Biopsie: Histopathologische Sicherung [53]
- Histologie: Undifferenziertes, klein-rund-blauzelliges Bild
- Immunhistochemie
- Molekularpathologie
- Einteilung
- WHO-Klassifikation: Ewing-Sarkom
- Stadieneinteilung nach TNM-Klassifikation
- Risikogruppierung
Risikogruppierung der EWING-2008-Studie [54] | ||
---|---|---|
Risikogruppe | Kriterien | 5-Jahres-Überlebensrate (%) |
Standard |
|
|
Hoch |
|
|
Sehr hoch |
|
|
- Therapie: Multimodales Therapiekonzept
- Behandlungsdauer: 8–12 Monate
- Sequenzieller Ablauf: Neoadjuvante Chemotherapie → Lokaltherapie (operativ und/oder radiotherapeutisch) → Adjuvante Chemotherapie
- Risikoadaptierte Therapie nach initialer Chemotherapie
- Chemotherapie
- Induktionstherapie
- Postoperativ: Risikoadaptiert je nach Lokalbefund
- Operation
- Ziel: R0-Resektion
- Resektion von (Lungen‑)Metastasen
- Strahlentherapie
- Indikation abhängig von Radikalität der Operation und Risikogruppierung
- Bei Inoperabilität: Möglichkeit der lokalen Kontrolle
- Bei Metastasen
- Zielgerichtete Tumortherapie: Noch kein Standard in der Behandlung
- Prognose
-
5-Jahres-Überlebensrate
- >80% bei multimodalem Therapiekonzept und lokoregionaler Erkrankung
- Ca. 20% bei extrapulmonalen Metastasen
- Schlechtere Prognose abhängig von mehreren Faktoren, bspw.
- Tumorgröße >8 cm oder >200 mL
- Alter >13 Jahre
- Männliches Geschlecht
- Schlechtes Ansprechen auf Chemotherapie
- Metastasen
- Rezidivwahrscheinlichkeit: 30–40%
-
5-Jahres-Überlebensrate
- Nachuntersuchung
- Primärtumorregion
- Metastasen
- Nebenwirkungen der Behandlung
- Akute Toxizität
- Chronische Toxizität
Typisch für hochmaligne Knochentumoren wie das Ewing-Sarkom ist eine zwiebelschalenartige Abhebung des Periosts im Röntgenbild!
Die Therapie des lokalisierten Ewing-Sarkoms im Kindes- und Jugendalter beinhaltet eine intervallkomprimierte Chemotherapie mit abwechselnden Zyklen aus Vincristin-Doxorubicin-Cyclophosphamid (VDC) und Ifosfamid-Etoposid (IE)! [18]
Osteosarkom
- Definition: Knochen- bzw. osteoidbildender mesenchymaler Tumor
- Ätiologie
- Unklare Genese
- Assoziation mit Mutation des RB-Proteins und TP53-Inaktivierung
- Sekundär: Morbus Paget
- Epidemiologie
- Seltener Tumor
- Häufigster primärer maligner Knochentumor
- Häufigkeitsgipfel: 16.–25. Lebensjahr und >65 Jahre
- Geschlechterverhältnis: ♂ > ♀
- Symptome/Klinik
- Keine Frühsymptome, später belastungsabhängiger Schmerz
- Ggf. lokale Schwellung und Bewegungseinschränkung
- Lokalisation: Häufig kniegelenksnahe Metaphysen
- Metastasierung: Hämatogen, meist Lunge, dann Skelettsystem
- Diagnostik
- MRT und Röntgen, siehe: Diagnostische Merkmale maligner Knochentumoren im konventionellen Röntgen
- Staging: Lunge und Skelettsystem i.d.R. ausreichend
- Biopsie [56]
- Nachweis osteoidbildender Tumorzellen
- Heterogenes Bild: Osteoblasten, Chondroblasten, Fibroblasten
- Netzartige Osteoidtrabekel, atypische polymorphe Zellen
- Einteilung
- Lokalisation
- Intramedullär
- Knochenoberfläche: Parosteal oder periosteal
- Extraskelettal, siehe auch: Weichgewebetumoren
- WHO-Klassifikation: Osteogener Tumor
- Lokalisation
WHO-Klassifikation der Osteosarkome (2020) [17] | |
---|---|
Malignitätsgrad | Subtyp |
Grad 1 (low-grade) |
|
Grad 2 (intermediär) |
|
Grad 3 (high-grade) |
|
- Therapie: Multimodales Therapiekonzept [55][57][58]
- Behandlungsdauer: 9–12 Monate
- Sequenzieller Ablauf: Neoadjuvante Chemotherapie → Operation → Adjuvante Chemotherapie
- Chemotherapie: Meist prä- und postoperativ bei einer hohen Inzidenz von Mikrometastasen
- Kombination: Hochdosis-Methotrexat, Doxorubicin, Cisplatin (und Ifosfamid)
- Präoperativ: Überwachung der Entwicklung des Primärtumors notwendig
- Spezielle Protokolle bei Lebensalter >40 Jahre [59]
- Operation
- Ziel: R0-Resektion
- Resektion von Metastasen bei kurativem Therapieansatz
- Operationspräparat
- Resektionsränder
- Größe des Tumors
- Grading
- Histologisches Tumoransprechen auf die Chemotherapie
- Strahlentherapie
- Zielgerichtete Tumortherapie: Noch kein Standard in der Behandlung
- Prognose: 5-Jahres-Überlebensrate: 60–70%
- Nachuntersuchung
- Primärtumorregion
- Metastasen
- Nebenwirkungen der Behandlung
- Akute Toxizität
- Chronische Toxizität
Das Osteosarkom ist wenig strahlensensibel!
Chondrosarkom
- Definition: Chondroide Matrix produzierender mesenchymaler Tumor
- Typischerweise langsam infiltrierendes Wachstum
- Ätiologie
- Primär: Unklare Genese mit sporadischer Mutationen
- Sekundär: Transformation benigner kartilaginärer Tumoren
- Epidemiologie
- Seltener Tumor
- Zweithäufigster primärer maligner Knochentumor
- Mittleres Erkrankungsalter: 60 Jahre
- Symptome/Klinik
- Lokale Schwellung, unspezifische Beschwerden
- Lokalisation: Becken, stammnahe Extremitäten (Femur, Humerus), Rippen
- Metastasierung: Ca. 23%, meistens pulmonal [61]
- Diagnostik
- Diagnostische Merkmale in der konventionellen Röntgenaufnahme
- Verkalkungen
- Osteolysen, bspw. „Mottenfraß“
- Ausdünnen oder Durchbrechen der Kortikalis
- MRT: Anreicherung von Kontrastmittel
- Biopsie
- Histologie: Lobuläre Struktur mit ggf. fibrösen Septen, Tumorzellen unterschiedlicher Differenzierung, chondroide Matrix [62]
- Molekularpathologie [63]
- Diagnostische Merkmale in der konventionellen Röntgenaufnahme
- Einteilung
- WHO-Klassifikation: Chondrogener Tumor
- Stadieneinteilung nach TNM-Klassifikation und AJCC-Klassifikation
- Therapie [61]
- Operation: R0-Resektion
- Chemotherapie
- Wenig wirksam
- Bisher keine standardisierten Therapieprotokolle [64]
- Strahlentherapie
- Wenig wirksam
- Bei palliativer oder ausgereizter operativer Therapie ggf. indiziert
- Zielgerichtete Tumortherapie: Noch kein Standard in der Behandlung
- Prognose
- 5-Jahres-Überlebensrate: 10–80%
- Rezidivneigung insb. bei unvollständiger Resektion
Das Chondrosarkom ist wenig chemo- und strahlensensibel!
Sonderfall: Knochenmetastasen
Allgemeines [67][68][69][70]
- Definition: Maligner Tumor als Absiedlung eines Primärtumors im Knochengewebe
- Ätiologie
- Häufigster Primärtumor: Mamma-, Prostata-, Lungen-, Nierenzell- und Schilddrüsenkarzinom
- Häufigster knöchern metastasierender Tumor: Multiples Myelom
- Altersabhängige Verteilung
- >25 Jahre: Lungen-, Prostata- und Mammakarzinom
- <20 Jahre: Endokrine Tumoren und Weichgewebetumoren
- Epidemiologie
- Lokalisation: Wirbelsäule, Rippen, Becken, proximales Femur
Symptome und Diagnostik [67][68]
- Skelettale Komplikationen [71][72]
- Schmerzen
- Pathologische Fraktur
- Neurologische Symptome
- Epidurale Rückenmarkskompression mit/ohne Myelopathie
- Radikuläre Symptome bei Nervenwurzelkompression
- Hyperkalzämie
- B-Symptomatik
- Diagnostik
- Lokale Bildgebung
- Staging: Szintigrafie, PET-CT/MRT
Einteilung und Charakteristika von Knochenmetastasen
Einteilung und Charakteristika von Knochenmetastasen [33][66][73] | ||||
---|---|---|---|---|
Typ | Radiologisches Erscheinungsbild | Symptome | Primärtumor | Produktion von Faktoren |
Osteolytische Metastase |
| |||
Osteoblastische Metastase |
|
|
| |
Osteolytisch-osteoblastische Metastase |
|
|
|
Therapie [67][68]
- Ziele
- Therapieplanung bei Wirbelsäulenmetastasen [74]
- Neurologie
- Knöcherne Stabilität
- Strahlensensibilität
- Gesamtprognose
- Therapieplanung bei Extremitätenmetastasen [67]
- Lokalisation der Läsion
- Schmerzcharakter
- Art der Läsion
- Grad der Kortikalisdestruktion
- Operatives Vorgehen
- Resektion gemäß den Resektionsränder nach Enneking
- Stabilisierung: Tumorprothese, Verbundosteosynthese, Wirbelkörperersatzimplantate mit spinaler Stabilisierung
- Lokale Strahlentherapie [75]
- Lokale Schmerzsymptomatik
- Bewegungseinschränkung
- Stabilitätsminderung (Frakturgefahr)
- Akute Rückenmarkskompression
- Adjuvant bei operativer Resektion und Stabilisierung
- Osteoprotektive medikamentöse Therapie [76]
- Verzögerung des Auftretens von skelettalen Komplikationen
- Normalisierung des Knochenstoffwechsels
- Schmerzlinderung
- Verbesserung der Lebensqualität
- Weitere Therapiemöglichkeiten, bspw.
- Thermofrequenzablation
- Perkutane Zementoplastie
- Medikamente der zielgerichteten Tumortherapie
- Siehe auch: Besondere Schmerzkonzepte in der Palliativmedizin
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In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Maligne Knochentumoren
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
Bösartige Neubildungen des Knochens und des Gelenkknorpels (C40-C41)
- Exklusive: Knochenmark o.n.A. (C96.7), Synovialmembran (C49.‑)
C40.-: Bösartige Neubildung des Knochens und des Gelenkknorpels der Extremitäten
- C40.0: Skapula und lange Knochen der oberen Extremität
- C40.1: Kurze Knochen der oberen Extremität
- C40.2: Lange Knochen der unteren Extremität
- C40.3: Kurze Knochen der unteren Extremität
- C40.8: Knochen und Gelenkknorpel der Extremitäten, mehrere Teilbereiche überlappend
- C40.9: Knochen und Gelenkknorpel einer Extremität, nicht näher bezeichnet
C41.-: Bösartige Neubildung des Knochens und des Gelenkknorpels sonstiger und nicht näher bezeichneter Lokalisationen
- Exklusive: Knochen der Extremitäten (C40.‑), Knorpel: Extremitäten (C40.‑), Larynx (C32.3), Nase (C30.0), Ohr (C49.0)
- C41.0-: Knochen des Hirn- und Gesichtsschädels
- Knochen der Augenhöhle
- Oberkiefer
- Exklusive: Karzinom jeden Typs, außer intraossären oder odontogenen Ursprungs: Oberkieferzahnfleisch (C03.0), Sinus maxillaris (C31.0), Unterkieferknochen (C41.1)
- C41.01: Kraniofazial
- Knochen der Augenhöhle
- Os ethmoidale, frontale, occipitale, parietale, sphenoidale, temporale
- C41.02: Maxillofazial
- Gesichtsknochen o.n.A.
- Maxilla
- Nasenmuschel
- Oberkiefer
- Os nasale und zygomaticum
- Vomer
- C41.1: Unterkieferknochen
- Mandibula
- Exklusive: Karzinom jeden Typs, außer intraossären oder odontogenen Ursprungs: Unterkieferzahnfleisch (C03.1), Zahnfleisch o.n.A. (C03.9), Oberkieferknochen (C41.02)
- C41.2: Wirbelsäule
- C41.3-: Rippen, Sternum und Klavikula
- C41.4: Beckenknochen
- C41.8: Knochen und Gelenkknorpel, mehrere Teilbereiche überlappend
- Bösartige Neubildung des Knochens und des Gelenkknorpels, deren Ursprungsort nicht unter den Kategorien C40-C41.4 klassifiziert werden kann
- C41.9: Knochen und Gelenkknorpel, nicht näher bezeichnet
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.