Zusammenfassung
Die Haut ist das größte Organ des Menschen und erfüllt zahlreiche essenzielle Funktionen. Sie schützt den Körper bspw. vor schädlichen Umwelteinflüssen und Krankheitserregern. Daher spielt die Hautreinigung und -pflege eine wichtige Rolle. In der Pflege von Patient:innen können individuell angepasste Maßnahmen dazu beitragen, die natürliche Hautfunktion zu erhalten, wiederherzustellen oder zu unterstützen. Zudem lässt sich bestimmten Hautveränderungen durch eine gezielte Pflege vorbeugen.
Dieses Kapitel orientiert sich am aktuellen Expertenstandard „Erhaltung und Förderung der Hautintegrität in der Pflege“ des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP).
- Für weitere Informationen
- Zur Anatomie und Physiologie der Haut siehe auch: Haut und Hautanhangsgebilde
- Zur Dekubitusprophylaxe siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Dekubitusprophylaxe
- Zur Pflege bei chronischen Wunden siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Chronische Wunden
Medizinische Grundlagen
Skin Tears
- Definition: Traumatische Wunde der Epidermis und Dermis durch mechanische Ursachen , insb. bei älteren Personen, Menschen mit chronischen und/oder akut lebensbedrohlichen Erkrankungen sowie bei Neugeborenen, Säuglingen und Kindern
- Risikofaktoren, bspw.
- Hohes Alter oder Neugeborene/Säuglinge
- Chronische oder akut lebensbedrohliche Erkrankung
- Polypharmazie
- Erhöhtes Sturzrisiko , siehe auch: Sturzprophylaxe
- Beeinträchtigungen in
- Mobilität
- Kognition
- Sensorik
- Visueller und/oder auditorischer Wahrnehmungsfähigkeit
- Aktivitäten des alltäglichen Lebens
- Abgeheilte Skin Tears
- Langzeitanwendung von Corticosteroiden
- Schlechter Ernährungszustand und Flüssigkeitshaushalt
- Veränderungen der Haut, bspw.
- Atrophische Haut („Pergamenthaut“)
- Xerosis cutis
- Durch UV-Strahlen-geschädigte Hautareale
- Ödeme
- Verwendung von medizinischem Klebstoff
- ISTAP Skin Tear Klassifikation
- Komplikationen: Insb. Wundheilungsstörungen und -infektionen
- Prävention, bspw. durch
- Regelmäßige Hautinspektionen, individuell angepasste Hautpflege
- Sturzprophylaxe, ggf. Absicherung spitzer/scharfkantiger Möbelstücke
- Reduktion von Scher- und Reibungskräften bei Transfer und Positionierung
- Anpassung der medikamentösen Therapie durch ärztliches Personal
- Kurze, abgerundete Fingernägel (bei Personal sowie bei Betroffenen), Verzicht auf Schmuck
- Verzicht auf Verbandsstoffe mit Klebstoff (wenn möglich)
- Wenn unvermeidbar: Silikonbeschichtete Verbandsstoffe nutzen, auf atraumatische Entfernung achten
- Kleidung, die Arme und Beine bedeckt (ggf. auch Schienbein- und Armschoner)
- Ggf. Unterpolsterung der Patientenarmbänder
- Ggf. Einbindung einer Ernährungsberatung
Pflege bei Xerosis cutis
- Definition: Trockene Haut durch fehlende Fette und/oder Feuchtigkeit
- Symptome
- Trockene, raue Haut
- Schuppungen
- Pruritus
- Schmerzen
- Brennen
- Spannungsgefühl
- Ggf. Vergröberung des Hautbilds, Erytheme, Exkoriationen
- Mögliche Ursachen der Xerosis cutis (Auswahl)
- Umgebungsfaktoren
- UV-Strahlung
- Niedrige Temperaturen
- Geringe Luftfeuchtigkeit
- Verhaltensbedingte Faktoren
- Heiße Wassertemperaturen
- Ausgiebiges Duschen bzw. Baden
- Nutzung von Seifen und Reinigungsmitteln mit hohem pH-Wert (≥7)
- Erkrankungen
- Dermatologisch, bspw. atopische Dermatitis
- Internistisch, bspw. Diabetes mellitus, chronische Nierenerkrankung, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, HIV-Infektion
- Psychiatrisch, bspw. Alkoholabhängigkeit, Waschzwang, Anorexia nervosa
- Weitere Faktoren
- Beruflich bedingter, häufiger Kontakt zu Flüssigkeiten oder anderen schädlichen Substanzen
- Dehydratation, vermehrtes Schwitzen
- Mangelernährung
- Schwangerschaft
- Medikamente
- Umgebungsfaktoren
Einschätzung des Hautzustandes
Risikofaktoren für Hautprobleme
- Alter: Säuglinge (<1 Jahr) oder höheres Lebensalter
- Vorerkrankungen, insb.
- Diabetes Mellitus
- Adipositas
- Chronisch venöse Insuffizienz
- Inkontinenz
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit
- Menschen mit beeinträchtigter Mobilität, insb. bei erhöhtem Dekubitusrisiko und/oder bestehenden Dekubitalulzera
- Medikamente, insb.
Pflegerische Erstanamnese
Grundlegendes
- Bei pflegerischer Aufnahme
- Immer kurze Ersteinschätzung des Hautzustandes durchführen
- Wenn Probleme vorliegen bzw. pflegerische Anamnese nicht möglich: Intensivierte Einschätzung durchführen
- Keine Auffälligkeiten bei Ersteinschätzung: Erneute Beurteilung
- In regelmäßigen hausinternen Abständen
- Bei Verschlechterung des Zustands mit V.a. Auswirkungen auf die Haut
- Bei Angaben von Symptomen durch Patient:innen
Aspekte in der pflegerischen Erstanamnese
- Zurückliegende und gegenwärtige dermatologische Erkrankungen bzw. Symptome
- Gewohnheiten bei Reinigung und Pflege
- Unverträglichkeiten bzw. Allergien
- Auffälligkeiten oder Veränderungen bzgl. der Haut, bspw.
- Juckreiz
- Wunden
- Schuppung
- Vermehrtes Schwitzen
- Spannungsgefühle
- Brennen oder Schmerzen
- Hämatome, rissige Haut
- Ggf. verwendete Produkte
Intensivierte Einschätzung
Grundlegendes
- Zunächst Anamnese vertiefen, dann Haut inspizieren
- Fremdanamnese: Insb. bei Patient:innen, die sich nicht äußern können
- Erneute Beurteilung
- Bei Hautproblemen bedingt durch Gefäßerkrankungen: Abklärung durch (fach‑)ärztliches Personal
- Keine Empfehlung eines bestimmten Assessments
- Dokumentation aller Ergebnisse
Aspekte in der intensivierten Einschätzung
Beispiele für pflegerisch relevante Aspekte in der intensivierten Hauteinschätzung | |
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Körperpflege |
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Ernährung |
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(Familiäre) Vorerkrankungen | |
Auslöser |
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Beeinträchtigungen in verschiedenen Lebensbereichen |
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Ressourcen |
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Unterstützung |
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Beobachtung der Haut
Die Hautinspektion ist relevant, um Veränderungen (bspw. durch die Erkrankung, das Alter oder die eingenommene Medikation) zu erkennen. Insb. bei (erhöhter Gefahr der Entstehung von) Dekubitalulzera ist die genaue Beobachtung und Dokumentation des Hautzustandes auch haftungsrechtlich relevant.
- Hinweise zur Durchführung
- Gesamten Körper inkl. Zehenzwischenräume und Hautanhangsgebilde wie Nägel inspizieren
- Ergänzende Palpation: Insb. bei Menschen mit Hauttyp IV bis VI und bei Auffälligkeiten
- Genaue, zeitnahe Dokumentation (ggf. inkl. Fotodokumentation) der intensivierten Einschätzung
- Bei Unsicherheiten und Auffälligkeiten ärztliches Personal informieren
- Merkmale
- Farbe: Bspw. gerötet, normal, bläulich, blass, bräunlich
- Beschaffenheit: Bspw. trocken, schuppig, überwärmt, fettig, kühl
- Veränderungen: Bspw. Intertrigo, Ödeme, verminderter Hautturgor , Papeln, Bläschen, Verhärtungen
- Wunden: Bspw. Erosionen, chronische Wunden
- Weitere Auffälligkeiten: Bspw. Juckreiz, Brennen, Schmerzen, Spannungsgefühle
- Besondere Patientengruppen
- Neugeborene
- Oftmals nach der Geburt physiologische Rötungen bzw. Vernix caseosa
- Bei anhaltendem Juckreiz oder Schuppungen sowie Milchschorf ärztliches Personal informieren
- Säuglinge und Kleinkinder: Beobachtung auf Windeldermatitis, bei V.a. sekundäre Pilzinfektion → Zusätzliche Mundinspektionen
- Inkontinenz: Beobachtung auf Rötung, übermäßige Feuchtigkeit und oberflächliche Wunden im Intimbereich, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Inkontinenz-assoziierte Dermatitis
- Erhöhtes Intertrigorisiko: Beobachtung (insb. von Hautfalten) auf oberflächliche Wunden und Rötungen sowie auf sekundäre Pilzinfektionen, siehe auch: Pflege bei intertriginöser Kandidose
- Menschen mit Hautatrophie („Pergamenthaut“) und erhöhtem Risiko für Skin Tears: Insb. Beobachtung der Arme und Beine auf verheilte Skin Tears, Hämatome und Wunden
- Menschen mit Xerosis cutis: Insb. Beobachtung der Beine und Füße
- Neugeborene
Allgemeine Hautpflege
Hautpflege bei Erwachsenen
- Häufigkeit und Auswahl von Produkten
- Mind. 1×/d nach dem Waschen
- Bestenfalls mit bereits von den Patient:innen genutzten, geeigneten Wasser-in-Öl-Produkten
- Ggf. Patient:innen bzw. pflegende Angehörige auf ungeeignete und/oder schädliche Produkte hinweisen
- Bei Auswahl der Produkte auf Unverträglichkeiten achten
- Waschen
- Lauwarme Wassertemperatur
- Hautneutrale bis saure Reinigungsmittel (pH-Wert ca. 5–7) benutzen
- Bäder, insb. mit heißem Wasser, und langes Duschen vermeiden
- Nur leichten Druck beim Waschen ausüben
- Besser trocken tupfen anstatt reiben
- Insb. in Hautfalten und Zehenzwischenräumen auf vollständige Trockenheit achten
- Insb. bei mehrfacher Hautreinigung am Tag: Pflegende Wasch- und Reinigungstücher zur einmaligen Verwendung nutzen, deren Pflegestoffe nicht abgewaschen werden („No-rinse“-Produkte)
- Herstellerangaben beachten
- Nutzen: Reduktion bzw. Prävention von trockener Haut , ggf. zusätzlicher Schutz der Haut durch verbleibenden Fettfilm, ggf. Verminderung von Hautreizungen
- Zu beachten: Potenzielle Allergene und hautreizende Stoffe werden nicht abgewaschen
- Einsatz erfolgt nach individuellen Präferenzen der Patient:innen sowie nach pflegerischer Indikation und möglichen Unverträglichkeiten
- Bei (potenziell) infektiösen Hauterkrankungen: Wiederverwendbare Handtücher und Waschlappen für betroffene Hautareale vermeiden
- Beratung, insb. zu
- Risikofaktoren und Prävention von Hautveränderungen
- Maßnahmen der Hautpflege
- Auswahl geeigneter Produkte
- Bei Entlassung bzw. Verlegung: Weitergabe aller notwendigen Informationen (i.d.R. mittels Pflegeüberleitungsbogen)
- Für weitere Informationen zur Hautpflege bei
- Inkontinenz: Reinigung und Pflege der Haut bei Inkontinenz
- Diabetes mellitus, insb. bei gleichzeitigem Auftreten von Xerosis cutis: Hautpflege bei Diabetes mellitus
- Erhöhtem Intertrigorisiko: Intertrigoprophylaxe
Spezielle Maßnahmen bei Xerosis cutis
- Nur nicht-betroffene Hautbereiche mit Wasser waschen
- Nur geringe Menge an Reinigungsprodukten an ausgewählten Stellen verwenden
- Bei stark betroffener Haut: Pflegende Reinigungstücher benutzen
- Hautpflege mit Wasser-in-Öl-Produkten und zugesetzten Feuchthaltefaktoren (Häufigkeit je nach Ausprägung der Hauttrockenheit)
- Auf alkoholhaltige Produkte verzichten
Spezielle Maßnahmen bei erhöhtem Risiko für Skin Tears
- Sehr sanft mit der Haut umgehen
- Hautpflege mit Wasser-in-Öl-Produkten mind. 2×/d, insb. bei Menschen >75 Jahre
Hautpflege bei Neugeborenen und Säuglingen
- Hygienische Aspekte
- Direkt nach der Geburt: Hautreinigung mittels weichem Tuch
- Umgebung zum Wickeln und Baden: Raumtemperatur bei 26–28 °C, Fenster und Türen schließen
- Baden: Ab 2. Tag nach Geburt, danach alle paar Tage
- Wassertemperatur mit Thermometer auf 37 °C einstellen
- Max. 5–10 min baden lassen
- Pflegeprodukte (pH-Wert ca. 5,5–7) auf Eignung für Neugeborene/Säuglinge überprüfen, nur geringe Menge verwenden
- Besser trocken tupfen anstatt reiben
- Hautpflege nach dem Baden mit geeigneten Mitteln
- Ggf. zwischen den Bädern Reinigung mit feuchten Tüchern
- Reinigung des Windelbereichs: I.d.R. mit geeigneten Reinigungstüchern , Rückstände ggf. mit Babyöl lösen
- Hautbeobachtung
- Mind. 1×/d, im Windelbereich bei jedem Wechsel der Windel
- Auf Hautfalten und Zwischenräume achten
- Insb. Farbe und weitere Veränderungen der Haut mit anschließender Dokumentation
- Bei trockener Haut
- Kontakt mit Wasser reduzieren
- Ggf. öfter reinigen mit geeigneten Reinigungstüchern
- Hautpflege nach Wasserkontakt intensivieren
Windeldermatitisprophylaxe
- Windeln regelmäßig wechseln
- Sitz der Windel kontrollieren: Reibung vermeiden, nicht zu fest anlegen
- Beschaffenheit der Windeln: Idealerweise luftdurchlässig, ohne chemische Zusätze oder Duftstoffe
- Reinigen der Windelregion nur mit sauberem, warmem Wasser
- Trockenheit sicherstellen: Zeit ohne Tragen von Windeln verlängern
- Ggf. Hautschutzmittel verwenden, die für Säuglinge und Neugeborene geeignet sind
- Für weitere Informationen siehe auch
Produktauswahl
Hautreinigung
- (Klassische) Seife
- pH-Wert >7 (alkalisch), kann dadurch den physiologischen sauren pH-Wert der Haut beeinflussen
- Starke Reinigungswirkung, entfettet ggf. und trocknet aus
- Zugesetzt sind bspw. rückfettende Substanzen, Duftstoffe
- Anwendung nur bei starker Verschmutzung oder sehr fettiger Haut
- Seife möglichst sparsam einsetzen, um den Säureschutzmantel der Haut nicht unnötig zu belasten
- Syndet
- Künstliches Reinigungsmittel mit waschaktiven Substanzen, das i.d.R. deutlich hautschonender ist
- pH-Wert größtenteils leicht sauer und somit bzgl. des pH-Wertes der Haut neutral
- Anwendung bei normaler Haut
- Meist in flüssiger Form , teilweise sind rückfettende Substanzen, Duftstoffe, Desinfektionsmittel zugesetzt
- Bei Allergieneigung und vorbestehenden Hauterkrankungen: Produkte mit möglichst wenig (potenziellen) Allergenen verwenden
Hautpflege
- Grundsätze
- Begriffe nicht einheitlich definiert und große Produktauswahl vorhanden
- Herstellerangaben beachten, bei Unsicherheiten ggf. im Team austauschen
- Bei (V.a.) Unverträglichkeiten von Inhaltsstoffen Produkt nicht mehr nutzen!
- Bei Allergieneigung und vorbestehenden Hauterkrankungen: Produkte mit möglichst wenig (potenziellen) Allergenen verwenden
- Arten von Hautpflegeprodukten nach Mischverhältnis des Fett- und Wasseranteils
- Öl-in-Wasser-Produkte
- Wasser-in-Öl-Produkte
- Fett und Öle
- Auswahl der Produkte: Bspw. anhand
- pH-Wert
- Zähflüssigkeit bzw. Verteilbarkeit
- Abgrenzung von lipophilen und hydrophilen Produkten
- Lipophile Produkte: Bspw. Wasser-in-Öl-Produkte, Fettsalben; eher schwer wasserlöslich, d.h. schwer mit Wasser abzuwaschen
- Hydrophile Produkte: Bspw. Öl-in-Wasser-Produkte; eher leicht wasserlöslich
- Nicht zur Hautpflege geeignet
- Dermatologische Lokaltherapeutika
- Hautpuder
- Schüttelmixturen
- Pasten/Pudersalbe
- Salben (halbfest, wasserfrei oder wasserarm)
- Gele (aus Wasser und Gelbildnern)
- Franzbranntwein
Das (fach‑)ärztliche Personal sollte ggf. über fortbestehende Hautprobleme informiert werden und kann dann ein Rezept für spezielle Hautcremes ausstellen!