Zusammenfassung
Die Anorexia nervosa (AN) gehört u.a. zusammen mit der Bulimia nervosa (BN) und der Binge-Eating-Störung (BES) zu den Essstörungen. Gemeinsame Merkmale dieser Erkrankungen sind ein gestörtes Essverhalten sowie eine übermäßige (gedankliche) Beschäftigung mit dem Thema Essen. Grundsätzlich können Essstörungen jederzeit einem Syndromwandel unterliegen und ineinander übergehen. Während bei der Anorexia nervosa meist das Untergewicht dominiert, stehen bei der Bulimia nervosa regelmäßig auftretende Essattacken und gegenregulierende Maßnahmen (bspw. Erbrechen) im Vordergrund. Die Binge-Eating-Störung ist ebenfalls durch regelmäßig auftretende Essattacken (ohne gegenregulierende Maßnahmen) und konsekutives Übergewicht geprägt.
Komplikationen (bspw. Elektrolytentgleisungen) können u.a. durch wiederholtes Erbrechen und/oder Abführmittelmissbrauch entstehen. Bei restriktivem Essverhalten kann sich ein sog. Starvationssyndrom mit u.a. Bradykardie und Amenorrhö (bei Frauen) entwickeln. Wichtige Therapiebausteine sind Psychoedukation, Psychotherapie und der Abbau von Therapieambivalenz. Insb. bei der Anorexia nervosa spielen auch das Ernährungsmanagement und die Gewichtsrehabilitation eine wichtige Rolle.
Übersicht
Einteilung [1]
- 3 Hauptstörungen (Gegenstand dieses Kapitels)
- Weitere Fütter-/Essstörungen, u.a.
- Fütterstörung im frühen Kindesalter (F98.2): Nahrungsverweigerung bzw. extrem wählerisches Essverhalten im Kindes- und Kleinkindesalter ohne Nachweis eines organischen Korrelats [2]
- Hinweise
- Durchschnittliche Fütterzeit von mehr als 45 min
- Nahrungsaufnahme wird mind. 1 Monat als problematisch erlebt
- Ursachen
- Interaktionsstörung zwischen Elternteil und Kind → Kind braucht mehr Zeit, um den Prozess des Essens zu erlernen → Die Verweigerung führt zu Schuldgefühlen bei den Eltern, die eine Angst vor dem Fütterprozess entwickeln → Dieses Verhalten verstärkt die Verweigerung von der Seite des Kindes
- Posttraumatisch: Bspw. nach postnatalen Operationen, Intubationen etc.
- Teils begleitet von: Ruminationsstörung [1]
-
Repetitive, willkürliche Regurgitation bereits geschluckter Nahrung
- Anschließend: Erneutes Schlucken oder Ausspucken der Nahrung
- Ohne somatische Ursache (bspw. Übelkeit, Reflux)
- Erstmanifestation i.d.R. im frühen Kindesalter
-
Repetitive, willkürliche Regurgitation bereits geschluckter Nahrung
- Hinweise
- Avoidant and restrictive Food Intake Disorder (ARFID) [1]
- Restriktives Essverhalten aufgrund starker Sensibilität bzgl. Nahrungsmittelsensorik (Aussehen, Geruch etc.)
- Starke Mangelernährung / Untergewicht möglich (ähnlich wie bei Anorexia nervosa)
- Erstmanifestation i.d.R. im frühen Kindesalter
- Pica (F98.3) [1][2]
- Wiederholtes Essen ungenießbarer Substanzen, bspw. Lehm, Papier
- Konsum regulärer Nahrungsmittel i.d.R. ungestört
- Häufig bei: Kindern, Schwangeren, Menschen mit Intelligenzminderung, Autismus-Spektrum-Störung
- Fütterstörung im frühen Kindesalter (F98.2): Nahrungsverweigerung bzw. extrem wählerisches Essverhalten im Kindes- und Kleinkindesalter ohne Nachweis eines organischen Korrelats [2]
Übersicht der Hauptstörungen
Gegenüberstellung von Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und Binge-Eating-Störung [3] | |||
---|---|---|---|
Anorexia nervosa (AN) | Bulimia nervosa (BN) | Binge-Eating-Störung (BES) | |
Allgemeine Merkmale (Auswahl) [4] |
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Spezifische Merkmale (Auswahl) [4] |
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Körpergewicht [1] |
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Ein Unterscheidungsmerkmal zwischen der AN vom bulimischen Typus und der BN ist das Untergewicht bzw. der Gewichtsverlust bei AN! [1]
Epidemiologie
Epidemiologie der Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und Binge-Eating-Störung[3] | |||
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Anorexia nervosa (AN) | Bulimia nervosa (BN) | Binge-Eating-Störung (BES) | |
Geschlechterverteilung | |||
Lebenszeitprävalenz | |||
Erkrankungsbeginn |
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Die Binge-Eating-Störung ist die häufigste Essstörung!
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
Die Ursache der Essstörungen ist am ehesten multifaktoriell bedingt und insb. durch biologische sowie psychosoziale Einflüsse zu erklären. Dabei wird von einem komplexen Vulnerabilitäts-Stress-Modell ausgegangen. [3][4]
- Genetik: Familiäre Häufung (v.a. bei Anorexia nervosa )
- Neurophysiologie, u.a. Veränderung von
- Neurotransmittersystemen (u.a. Dopamin, Serotonin, Opiate)
- Belohnungsverarbeitung (suchtähnlicher Mechanismus möglich)
- Psychosoziale Risikofaktoren, bspw.
- Persönlichkeitsstruktur mit hohem Leistungsanspruch und niedrigem Selbstwert [7]
- Belastende Lebensereignisse, bspw. (körperliche, emotionale) Misshandlung
- Starke Reifungskonflikte in Kindheit/Jugend [5][7]
- „Schlankheitsideal“ [1]
Symptomatik
Bei allen Essstörungen liegt ein gestörtes Verhältnis zum Thema „Essen“ vor, dem i.d.R. eine Störung von Emotionswahrnehmung und -ausdruck zugrunde liegt. [4][5]
Anorexia nervosa
Typische Merkmale der Anorexia nervosa [2][3][4]
- Körperschemastörung, häufig mit
- Angst vor Gewichtszunahme (Gewichtsphobie) [5]
- Tragen kaschierender Kleidung
- Untergewicht (durch fehlende Gewichtszunahme bei Kindern oder Gewichtsverlust )
- Altersunabhängig: Körpergewicht mind. 15% unterhalb des zu erwartenden Gewichts [8]
- Bei Erwachsenen: BMI ≤17,5 kg/m2
- Verhaltensweisen, die zu Gewichtsabnahme führen
- Restriktiver Typus: Vermeiden von (hochkalorischer) Nahrungsaufnahme
- Bulimischer Typus: Aktive Maßnahmen zur Gewichtsreduktion, bspw. [1]
- Erbrechen
- Exzessive sportliche Betätigung
- Medikamentenmissbrauch: U.a. Laxanzien, Diuretika, L-Thyroxin
- Siehe auch: Diagnostische Kriterien der Anorexia nervosa nach ICD-10
Atypische Verläufe einer Anorexia nervosa (F50.1), bei denen typische Symptome (bspw. Untergewicht) fehlen, treten zunehmend auf!
Mögliche somatische Folgen [3][4]
Bulimia nervosa
Typische Merkmale der Bulimia nervosa [1][2][4][5]
- Wiederholte Essanfälle: Konsum außergewöhnlich großer Nahrungsmengen innerhalb kurzer Zeit
- Mind. 2×/Woche über 3 Monate [3]
- Mit Kontrollverlusterleben
- Insb. Konsum (hochkalorischer) Nahrungsmittel, die sonst eher gemieden werden
- Häufige Auslöser
- Unangenehme Gefühle
- Vorangegangener Verzicht auf (bestimmte) Nahrungsmittel
- (Heiß‑)Hunger
- Auch möglich als subjektiv erlebte Essanfälle (oft bei Kindern und Jugendlichen)
- Konsumierte Nahrungsmenge ist nicht außergewöhnlich groß
- Mit Kontrollverlusterleben
- Einsatz kompensatorischer Maßnahmen, bspw.
- (Selbstinduziertes) Erbrechen
- Exzessive körperliche Anstrengung (insb. Sport)
- Passagere Hungerperioden
- Medikamentenmissbrauch: Laxanzien, L-Thyroxin, Diuretika, Appetitzügler
- Insulin-Purging
- Beachte: Komplikationen bei wiederholtem Erbrechen und Diuretika- bzw. Laxanzienabusus
- Körperschemastörung
- Suchtartiges Verlangen zu Essen
Binge-Eating-Störung
Typische Merkmale der Binge-Eating-Störung [1][4][5]
- Wiederholte Essanfälle: Konsum außergewöhnlich großer Nahrungsmengen innerhalb kurzer Zeit
- Mind. 1×/Woche über 3 Monate
- Einhergehen mit
- Kontrollverlusterleben
- Erheblichem Leidensdruck, Ekel- und/oder Schuldgefühlen
- Auslöser: I.d.R. unangenehme Gefühle
- Auch möglich als subjektiv erlebte Essanfälle (oft bei Kindern und Jugendlichen)
- Konsumierte Nahrungsmenge ist nicht außergewöhnlich groß
- Mit Kontrollverlusterleben
- Ohne (regelmäßige) kompensatorische Maßnahmen: Folglich häufige Komorbidität mit Übergewicht und Adipositas
Diagnostik
Screening [1]
- Empfohlen
- Im Rahmen der J1 (Kindervorsorgeuntersuchung)
- Insb. bei Patient:innen mit
- Wachstumsverzögerung (im Kindes- und Jugendalter)
- Niedrigem oder hohem Körpergewicht
- Starker Gewichtszunahme/-abnahme
- Amenorrhö, Infertilität
- Sorgen bzgl. des eigenen Körpergewichts (bei Normalgewicht)
- Ätiologisch unklaren gastrointestinalen Beschwerden
- (Beruflicher) Tätigkeit im Bereich: Unterhaltung, Mode, Ernährung, Leistungssport [9]
- Zahnschäden [1]
Exploration [1][4]
- Allgemeine Exploration
- Psychiatrische Anamnese, inkl. Genussmittel- und Suchtanamnese
- Erhebung des psychopathologischen Befundes
- Siehe auch: Diagnostisches Gespräch in der Psychiatrie
- Gezielte Exploration [7]
- Gibt es Besonderheiten beim Essverhalten?
- Nahrungsmittelauswahl
- Mahlzeitenstruktur
- Essanfälle
- Rituale
- Besteht Angst vor einer Gewichtszunahme oder dem Wiegen?
- Hat sich das Körpergewicht in letzter Zeit verändert?
- Welches Körpergewicht wird angestrebt?
- Werden aktive Maßnahmen zur Gewichtsabnahme ergriffen?
- Intensive körperliche Aktivität
- Häufige Kälte-/Wärmeexposition (bspw. durch Saunabesuch)
- Erbrechen
- Missbrauch von Substanzen (bspw. Diuretika, Laxanzien)
- „Insulin-Purging“ bei Diabetes mellitus Typ 1
- Wie wird der eigene Körper bewertet (Körperschemastörung)?
- Gibt es Veränderungen des Zyklus oder der Libido?
- Gibt es Besonderheiten beim Essverhalten?
- Diagnostische Kriterien der Essstörungen prüfen
- Komorbiditäten und Differenzialdiagnosen abklären, siehe auch:
- Psychiatrische Komorbiditäten bei Essstörungen
- Differenzialdiagnosen bei Essstörungen
Somatische Diagnostik [1][4]
Die somatische Diagnostik dient sowohl der Erfassung somatischer Komplikationen/Komorbiditäten als auch der Differenzialdiagnostik.
- Allgemeine körperliche Untersuchung inkl.
- Blutdruck, Puls
- Körpertemperatur
- Erfassung von BMI und Gewichtsverlauf
- Pubertätsstadium nach Tanner (im Kindes- und Jugendalter)
- Untersuchung des Herzens (inkl. EKG, ggf. Echokardiografie)
- Untersuchung des Abdomens (ggf. Sonografie) [4]
- Inspektion der Mundhöhle und Speicheldrüsen sowie der Haut
- Neurologische Untersuchung
Labordiagnostik
- Differenzialblutbild
- Elektrolyte (Na+, K+, Ca2+, Magnesium, Phosphat)
- Amylase, Lipase
- CRP, BSG
- Glucose
- TSH
- Leberwerte
- Nierenwerte
- Urinstatus
- Ggf. Sexualhormone: LH, Progesteron, Östradiol
Testpsychologische Verfahren (Auswahl) [1][4]
Die nachfolgend gelisteten Fragebögen sind (mit Ausnahme des EDI-2) frei verfügbar und unter Tipps & Links zu finden.
- Eating Disorder Inventory-2 (EDI-2)
- Standardverfahren (international)
- Selbst-Rating mit 11 Skalen
- Für Jugendliche und Erwachsene
- Zeitaufwand: I.d.R. 20–25 min
- Eating Disorder Examination (EDE)
- Strukturiertes Experteninterview
- Für Jugendliche und Erwachsene
- Zeitaufwand: I.d.R. 45–60 min
- Eating Disorder Examination-Questionnaire (EDE-Q)
- Selbst-Rating (auch für Screening geeignet)
- Für Jugendliche und Erwachsene
- Zeitaufwand: I.d.R. <15 min
- Eating Disorder Examination für Kinder (ChEDE)
- Strukturiertes Experteninterview
- Für Kinder im Alter von 8–14 Jahren
- Zeitaufwand: I.d.R. 45 min
ICD-10
Anorexia nervosa
Diagnostische Kriterien der Anorexia nervosa nach ICD-10 [2] | |
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A |
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B |
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C |
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D |
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E |
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Differenzierungen |
Bulimia nervosa
Diagnostische Kriterien der Bulimia nervosa nach ICD-10 [2] | |
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A |
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B |
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C |
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D |
|
Differenzierungen |
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Binge-Eating-Störung [3]
- Nicht eigenständig gelistet
- Wird unter F50.9 (Essstörung, nicht näher bezeichnet) codiert
ICD-11
Anorexia nervosa [3][10]
- Wesentliche Änderungen
- Gewichtskriterium
- Amenorrhö entfällt als diagnostisches Kriterium
- Einteilung in Schweregrade
- AN mit kritisch erniedrigtem Körpergewicht: BMI <14 kg/m2 oder <0,3. BMI-Perzentil (im Kindes- und Jugendalter)
- AN mit signifikant erniedrigtem Körpergewicht: BMI 14– 18,5 kg/m2 oder 0,3.–5. BMI-Perzentil (im Kindes- und Jugendalter)
- AN in Remission mit normalem Körpergewicht: BMI >18,5 kg/m2 oder >5. BMI-Perzentil (im Kindes- und Jugendalter)
- Mehr Informationen zur ICD-11 (deutsche Entwurfsfassung) unter Tipps & Links
Bulimia nervosa [3][10]
- Wesentliche Änderungen
- Erforderliche Frequenz der Essanfälle gesunken: Mind. 1×/Woche (innerhalb von 3 Monaten)
- Genauere Definition eines Essanfalls: Erhebliche Nahrungsaufnahme innerhalb kurzer Zeit
- Im Vergleich zur Nahrungsmenge, die Gesunde unter ähnlichen Umständen konsumieren
- Mit Kontrollverlusterleben bzgl. des eigenen Essverhaltens
- Mehr Informationen zur ICD-11 (deutsche Entwurfsfassung) unter Tipps & Links
Binge-Eating-Störung [3]
- Eigenständig gelistet
- Mehr Informationen zur ICD-11 (deutsche Entwurfsfassung) unter Tipps & Links
Komorbiditäten
Psychische Komorbiditäten [3]
Essstörungen treten häufig zusammen mit psychischen Komorbiditäten auf, insb.:
- Affektive Störungen
- In bis zu 50% der Fälle
- Bspw. Depression, Dysthymie [7]
- Angststörungen (insb. soziale Phobie)
- Zwangsstörungen
- Substanzmissbrauch/-abhängigkeit
- Persönlichkeitsstörungen
- ADHS
- NSSV
Somatische Komorbiditäten [1][3][4][11]
Essstörungen scheinen mit Autoimmunerkrankungen (insb. Zöliakie, CED, Diabetes mellitus ) assoziiert zu sein. Der Zusammenhang gilt für beide Richtungen .
Differenzialdiagnosen
Wichtig ist insb. auch die Abgrenzung der Essstörungen untereinander. Siehe hierzu: Gegenüberstellung von Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und Binge-Eating-Störung.
Differenzialdiagnosen bei Essstörungen [1][4] | |
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Klinisches Bild | Differenzialdiagnosen |
Untergewicht |
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Übergewicht |
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Erbrechen |
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Essanfälle |
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Exkurs: Orthorexie
Allgemeines [3]
- Definition: Außergewöhnlich starres und gesundheitsbewusstes Ernährungsverhalten
- Nicht mit dem primären Ziel der Gewichtsreduktion
- Keine eigenständige Diagnose (auch nicht in der ICD-11)
- Prävalenz
- In der Allgemeinbevölkerung: Ca. 1–6,9% (insg. unzuverlässige Daten)
- Deutlich erhöht in Assoziation mit Essstörungen: Orthorexie als
- Risikofaktor für die Entwicklung einer Essstörung
- „Restzustand“ bzw. „Kompromiss“ bei ausgeprägter Essstörung
Klinisches Bild und Diagnostik [3]
- Typische Merkmale, u.a.
- Starre Kategorisierung in „gesunde“ und „ungesunde“ Nahrungsmittel
- Zwanghafte und alltagsdominierende Beschäftigung damit
- Ausgeprägte Sorge, infolge „ungesunder“ Ernährung zu erkranken
- Festlegung strikter Ernährungsregeln
- Selbstbestrafung bei Verstößen
- Gefühl der Kontrolle und Sicherheit bei Einhaltung
- Psychosoziale Einbußen aufgrund erheblicher „Fixierung“ auf Ernährungsverhalten
- Starre Kategorisierung in „gesunde“ und „ungesunde“ Nahrungsmittel
- (Differenzial‑)Diagnostik
- Empfohlene Messinstrumente
- Düsseldorfer Orthorexie Skala (DOS)
- Eating Habits Questionnaire (EHQ)
- Insb. abzugrenzen von
- Empfohlene Messinstrumente
Therapie [3]
Es liegen keine gesonderten Leitlinienempfehlungen vor, weshalb die Behandlungsempfehlungen ähnlicher Erkrankungen (insb. Essstörungen, Zwangsstörung) als Orientierung dienen.
- Initial: Therapiemotivation fördern (ich-syntone Störung )
- Mittel der Wahl: Psychotherapie, insb. kognitive Verhaltenstherapie
- Psychoedukation
- Kognitive Verzerrungen (bzgl. Ernährung) bearbeiten
- Ziele
- Ernährungsverhalten normalisieren und ggf. negative Folgen adressieren
- Mangelernährung
- Psychosoziale Einbußen
- Verbesserung der Emotionsregulation
- Ernährungsverhalten normalisieren und ggf. negative Folgen adressieren
Therapie
Allgemeine Therapieempfehlungen bei Essstörungen [1][3]
Für störungsspezifische Informationen siehe: Anorexia nervosa - Therapie, Bulimia nervosa - Therapie, Binge-Eating-Störung - Therapie
- Grundlegendes
- Tragfähige therapeutische Beziehung aufbauen
- Frühzeitig behandeln und dadurch Chronifizierung verhindern
- Guten Informationsfluss zwischen den Behandelnden herstellen
- Therapieambivalenz berücksichtigen: Behandlungsmotivation immer wieder prüfen und fördern [7]
- Gesamtbehandlungsplan erstellen
- Komorbiditäten sowie somatische Aspekte berücksichtigen und ggf. ergänzend behandeln
- Störungsspezifische Behandlung wählen
- Klare Therapievereinbarungen treffen [5]
- Kleinschrittig vorgehen [5]
- Potenzielle Versorgungslücken beachten und schließen (bspw. poststationär )
- Im Anschluss an ambulante Psychotherapie: Regelmäßige Kontrolltermine vereinbaren
Aufgrund der häufig bestehenden Therapieambivalenz sollte die Behandlungsmotivation immer wieder geprüft und gefördert werden!
Zentrale Therapieinhalte bei Essstörungen [1][5]
- Psychoedukation [3]
- Inkl. Ätiologie, Prognose und Therapieoptionen
- Ggf. Angehörige einbeziehen (insb. bei Minderjährigen)
- Training der emotionalen und interozeptiven Wahrnehmung (u.a. Hunger- und Sättigungsgefühl)
- Durch körperorientierte Übungen wie
- Entspannungsverfahren
- Meditation
- Durch körperorientierte Übungen wie
- Training von Gefühlsausdruck
- U.a. durch Training sozialer Kompetenzen
- Voraussetzung: Adäquate Wahrnehmung von Gefühlen
- Ernährungsberatung
- Welche Nahrungsmenge ist angemessen?
- Welche Nahrungsbestandteile sind wichtig?
- Kognitive Strategien: Bspw. Bearbeitung dysfunktionaler Kognitionen (u.a. dichotomes Denken) [7]
Anorexia nervosa
Allgemein [1]
- Verlauf beobachten
- Gewichtsentwicklung und somatische Komplikationen , u.a.
- Auch nach Therapieende
- Zwangsmaßnahmen: Mittel der letzten Wahl!
- Bei akuter Selbstgefährdung und
- Wenn alle anderen Maßnahmen gescheitert sind
- Siehe auch: Allgemeine Therapieempfehlungen bei Essstörungen
Therapeutische Aufgabe [5]
- Vertrauensvolle und transparente Interaktion schaffen
- „Funktion“ der Essstörung und assoziierte Ängste verstehen, insb.
- Vermeidung
- Selbstwertstabilisierung [7]
- Veränderungsmotivation fördern
- Autonomie- und Kontrollbestreben der Betroffenen berücksichtigen (kein Machtkampf!)
Es soll kein Machtkampf zwischen Patient:innen und Behandelnden entstehen!
Setting [1][3][5]
Da die Anorexia nervosa oft einen langen Behandlungsprozess erfordert, können – je nach Krankheitsphase – ambulante oder (teil‑)stationäre Therapiesettings sinnvoll sein. Im Folgenden sind Anhaltspunkte aufgeführt, die für das jeweilige Behandlungssetting sprechen. [1]
Ambulantes Setting
- Moderates Untergewicht (BMI: 16–17,5 kg/m2)
- Gute Therapiemotivation
- Im Anschluss an eine stationäre Behandlung
Teilstationäres Setting
- Unzureichende Besserung im ambulanten Setting
- Im Anschluss an eine stationäre Behandlung („Step-down-Ansatz“)
- Bei bereits mehrfachen stationären Aufenthalten in der Vergangenheit
Stationäres Setting
- Klar messbare Kriterien
- Rascher/Anhaltender Gewichtsverlust (>20% innerhalb von 6 Monaten)
- Starkes Untergewicht: BMI <15 kg/m2 oder <3. BMI-Perzentil (im Kindes- und Jugendalter)
- Vitale Gefährdung, gekennzeichnet durch bspw. [1]
- Bradykardie (HF <40/min) oder Tachykardie (HF >110/min)
- Hypotonie <90/60 mmHg
- Hypothermie ≤36,0 °C
- Ausgeprägte Blutbildveränderungen
- Hypokaliämie ≤3 mmol/L (insb. mit EKG-Veränderung)
- Blutglucose <60 mg/dL
- Weitere Kriterien
- Fehlende Besserung im ambulanten/teilstationären Setting (in 3 Monaten )
- Starke bulimische Symptomatik (bspw. Laxanzienabusus)
- Unzureichende Ressourcen bzw. störende Faktoren im ambulanten Setting (bspw. familiäre Struktur/Interaktion)
- Mangelnde Krankheitseinsicht
- Suizidalität, relevante psychiatrische Komorbidität
- Notwendigkeit einer multiprofessionellen Behandlung (typischerweise im stationären Setting verfügbar [12])
- Notwendigkeit von Unterbringung, Zwangsmaßnahmen
Therapiebausteine
Ernährungsmanagement und Gewichtsrehabilitation bei Anorexia nervosa [1][3]
Therapieziele
- Normalisierung des Essverhaltens, bspw. durch
- Begleitetes Essen (u.a. im Restaurant) [1]
- Kochgruppen
- Normalisierung des Körpergewichts
Das Zielgewicht sollte sich am prämorbiden Gewicht orientieren und individuell festgelegt werden!
Vorgehen
- Individueller Behandlungsvertrag: Gemeinsame Festlegung des Konzepts, inkl. [3][5]
- Unter- und Obergrenzen der angestrebten Gewichtsentwicklung (bspw. pro Woche)
- Positiver Verstärkungen
- Möglicher Zwischenziele
- Höhe der Kalorienzufuhr: Individuell festlegen
- Kalorienbedarf für eine Gewichtszunahme sehr schwer abzuschätzen
- Abhängig vom Ausmaß der Unterernährung
- Bei milder bis moderater Symptomatik: Nicht zu niedrig
- Bei BMI <16 kg/m2: Empfehlungen zum Refeeding-Syndrom beachten!
- Am Verlauf der Gewichtszunahme orientieren
- Darreichung
- Möglichst orale Mischkost
- Alternativ oder zusätzlich: Flüssignahrung
- Vorteil: Konzentrierte Energiezufuhr möglich
- Nachteil: Keine Normalisierung des Essverhaltens
- Magensonde/PEG: In Absprache mit Patient:in oder als Zwangsmaßnahme
- Kontrolle und Management wichtiger Elektrolyte und Vitamine: Bspw. Substitution von
- Phosphat [13]
- Unter Beachtung der Nierenfunktion
- Prophylaktisch oder spiegeladaptiert
- Kalium
- Auf HRST achten
- Siehe auch: Therapie der Hypokaliämie
- Natrium
- Ursache klären: SIADH ? Übermäßige Trinkmenge (zur Regulation von Hunger)?
- Langsam ausgleichen (CAVE: Zentrale pontine Myelinolyse!), siehe auch: Therapie der Hyponatriämie
- Magnesium
- Thiamin (bei starkem Untergewicht), siehe auch: Thiaminsubstitution (prophylaktisch)
- Östrogen (siehe: Osteoporoseprophylaxe bei Mädchen und Frauen mit Anorexia nervosa)
- Phosphat [13]
Psychotherapie [1][3][4]
- Therapeutische Inhalte, u.a.
- Verhaltens- und Situationsanalysen
- Selbstwert und Selbstvertrauen verbessern
- Siehe auch: Zentrale Therapieinhalte bei Essstörungen
- Empfohlene Verfahren (im ambulanten Setting) [3]
- Für Erwachsene
- FPT: Fokale psychodynamische Therapie
- CBT-E: Cognitive behavioral Therapy - Enhanced
- MANTRA: Maudsley Model of Anorexia Nervosa Treatment (kein Richtlinienverfahren)
- SSCM: Specialist supportive clinical Management (kein Richtlinienverfahren)
- Für Kinder und Jugendliche: Familienbasierte Therapie
- Für Erwachsene
Medikamentöse Therapie [1][3]
- Allgemein
- Nicht routinemäßig empfohlen
- Nicht als Mittel für Gewichtszunahme nutzen
- Nur als Off-Label Use
- Atypische Antipsychotika
- Ggf. erwägen bei
- Massiv eingeschränktem Denken bzgl. Gewicht und Essen
- Nicht anders kontrollierbarer Hyperaktivität
- Auswahl einer
- Substanz mit geringem Risiko für EPMS, insb. Olanzapin (siehe auch: Nebenwirkungsprofile gängiger Antipsychotika)
- Niedrigen Dosis
- Behandlungsdauer: Nur während bestehender Symptomatik, nicht als Dauertherapie
- Ggf. erwägen bei
Bulimia nervosa
Allgemein [1][3][4]
Die allgemeinen Therapieempfehlungen bei Essstörungen sollten beachtet werden.
- Setting: Vorzugsweise ambulant
- Therapie der Wahl: Psychotherapie
- Therapiefrequenz und -dauer
- Frequenz: Mind. 1 Sitzung/Woche
- 1. Monat: 2 Sitzungen/Woche erwägen
- Gesamtdauer: Mind. 25 Sitzungen
- Frequenz: Mind. 1 Sitzung/Woche
Therapiebausteine
Psychotherapie [1][3][4]
- Therapeutische Inhalte, u.a.
- Verhaltens- und Situationsanalysen
- Affektregulation und Impulskontrolle verbessern [1]
- Selbstwert und Selbstvertrauen verbessern
- Siehe auch: Zentrale Therapieinhalte bei Essstörungen
- Empfohlene Verfahren
- 1. Wahl: Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
- Ggf. auch in Form internetbasierter Interventionen
- 2. Wahl
- Für Erwachsene
- Für Kinder und Jugendliche
- 1. Wahl: Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
Medikamentöse Therapie [1][3]
- SSRI: Fluoxetin (einziges zugelassenes Medikament in Deutschland)
- Einsatz
- Bei Erwachsenen
- Ergänzend zur Psychotherapie
- Häufig schneller Wirkeintritt (nach 7 Tagen)
- Hohe Zieldosis: 60 mg/d
- Behandlungsversuch: Mind. 4 Wochen
- Einsatz
- Andere SSRI: Off-Label Use
Binge-Eating-Störung
Allgemein [1][3][4]
Die allgemeinen Therapieempfehlungen bei Essstörungen sollten beachtet werden.
- Setting: Vorzugsweise ambulant
- Therapie der Wahl: Psychotherapie
Therapiebausteine
Psychotherapie [1][3][4]
- Therapeutische Inhalte, u.a.
- Expositionsbehandlung bzgl. Essen
- Verhaltens- und Situationsanalysen
- Impuls- und Affektregulation verbessern
- Selbstwert und Selbstvertrauen verbessern
- Siehe auch: Zentrale Therapieinhalte bei Essstörungen
- Empfohlene Verfahren für Erwachsene
- 1. Wahl: Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
- Ggf. auch in Form internetbasierter Intervention
- 2. Wahl
- 3. Wahl
- 1. Wahl: Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
Ggf. Behandlung von Adipositas [4][5]
- Nicht über erhebliche Reduktion der Energiezufuhr
- Körperliche Aktivität fördern
- Ggf. bariatrische Chirurgie erwägen bei
- Adipositas permagna oder
- Adipositas Grad II (BMI: 35,0–39,9) plus erhebliche körperliche Komorbidität und Versagen konservativer Methoden
- Siehe auch: Therapie der Adipositas
Medikamentöse Therapie [3][4]
- Nur wenn Psychotherapie nicht verfügbar/erwünscht/erfolgreich [1]
- Keine zugelassenen Medikamente (in Deutschland)
- Erwägbare Substanzen (Off-Label Use!)
- Nach Absetzen der Medikation: Häufig Rückfälle
Komplikationen
Syndromwandel [1][3]
- Übergang/Entwicklung zu anderer Essstörung oder psychiatrischer Störung
- Insb. Anorexia nervosa → Bulimia nervosa
Komplikationen bei wiederholtem Erbrechen und Diuretika- bzw. Laxanzienabusus [3][4]
- Elektrolytmangel: U.a. Hyponatriämie, Hypokalzämie, Hypokaliämie (CAVE: Herzrhythmusstörungen, Nierenschädigung)
- Störungen des Säure-Basen-Haushalts
- Bei Laxanzienabusus: Metabolische Azidose
- Bei Erbrechen: Metabolische Alkalose
- Bei häufigem Erbrechen ggf.
- Vergrößerte Speicheldrüsen
- Zahnschmelzdefekte, Karies [1]
- Wunden/Schwielen an Fingerrückseite („Russell-Zeichen“)
- Petechiale Blutungen
- Mundwinkelrhagaden
- Heiserkeit
- Hyperamylasämie
Komplikationen bei Mangelernährung bzw. Untergewicht
Starvationssyndrom
Starvationssyndrom durch Mangelernährung [3][4] | |
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Organsystem | Symptome |
Herz und Kreislauf | |
Körpertemperatur | |
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|
Knochendichteminderung bei Untergewicht [1]
- Auftreten und Umfang
- Bereits innerhalb des ersten Erkrankungsjahres
- Verlust an Knochendichte pro Jahr: Ca. 1% [3]
- Empfehlungen
- Kontrolle der Knochendichte bei
- Anhaltender Erkrankung (>2 Jahre)
- Knochenschmerzen und/oder -frakturen (spontan)
- Osteoporoseprophylaxe bei Mädchen und Frauen mit Anorexia nervosa [3]
- Bei anhaltender Amenorrhö (>1 Jahr) und Alter >15 Jahre
- Einsatz transdermaler Östrogensubstitution (keine oralen Ovulationshemmer)
- Ggf. supportive Gabe von Calcium und Vitamin D
- Bei festgestellter Knochendichteminderung
- Wichtigste Maßnahme: Gewichtsrehabilitation
- Vermeidung von Aktivitäten mit hoher Sturzgefahr/Gewichtsbelastung
- Kontrolle der Knochendichte bei
Refeeding-Syndrom [1][3][13][14]
- Definition: Potenziell tödliche metabolische Entgleisung mit
- Massiver Insulinfreisetzung durch rasche Erhöhung der Energiezufuhr bei vorangegangener Mangelernährung [4]
- Elektrolytverschiebungen, insb. Hypophosphatämie
- Auftreten: Nach jeglicher Form der Mangelernährung möglich (nicht nur bei Essstörungen) [15]
- Erhöhtes Risiko insb. bei
- Bei Anorexia nervosa: Deutlich seltener als zuvor angenommen
- Symptomatik: Unspezifisch und vielfältig, u.a.
- Tachykardie
- Tachypnoe
- Ödeme (peripher und zentral)
- Mögliche Folgen: Bspw. epileptische Anfälle, Delir, Rhabdomyolyse, Herzrhythmusstörung
- Empfehlungen zur Prophylaxe und Behandlung: Engmaschiges klinisches Monitoring und Substitution von Vitamin B1
- Kontrolle und ggf. Korrektur von
- Elektrolyten (insb. Phosphat, Magnesium, Kalium, Natrium)
- Vitalparametern (Herz- und Atemfrequenz, Blutdruck, Sauerstoffsättigung)
- Blutzucker
- Flüssigkeitsbilanz
- Nierenparametern
- Kontrollzeitpunkte
- Vor Beginn des Nahrungsaufbaus
- 1.–3. Tag: 1–2×/Tag
- 4.–6. Tag: Mind. alle 2 Tage
- 7.–10. Tag: Mind. 1–2×/Woche
- Kontrolle und ggf. Korrektur von
Komplikationen bzgl. Fertilität und Schwangerschaft [1]
- Bei Anorexia nervosa
- Schwangerschaftsentstehung oft erschwert
- Risiko anhaltender Amenorrhö (trotz Gewichtsrehabilitation) → Infertilität
- Bei Bulimia nervosa: Unregelmäßiger Zyklus → Mehr ungeplante Schwangerschaften
- Peri-/Postpartale Komplikationen, u.a. [3]
- Postpartale Depression↑
- Sectio-caesarea-Rate↑
- Geburtsgewicht↓
Komplikationen bei Komorbidität mit Diabetes mellitus Typ 1 [3]
Eine komorbide Essstörung wirkt sich oft prognostisch schlecht auf den Verlauf des Diabetes mellitus Typ 1 aus.
- Ketoazidosen↑, Mortalität↑
- Insulin-Purging (sog. Erbrechen über die Niere)
- Definition: Bewusstes Unterdosieren/Weglassen von Insulin
-
Ziel: Gewichtszunahme verhindern durch
- Reduktion der Glucoseaufnahme nach intrazellulär
- Ausscheidung von Glucose mit dem Harn
- Folge: Schlecht eingestellter Diabetes, Gefahr eines hyperglykämischen Komas
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
Prognose/Verlauf von Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und Binge-Eating-Störung [3] | |||
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Anorexia nervosa (AN) | Bulimia nervosa (BN) | Binge-Eating-Störung (BES) | |
Verlauf |
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Mortalitätsrisiko [5] |
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Negative Prädiktoren (Auswahl) |
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Studientelegramme zum Thema
- Studientelegramm 228-2022-3/3: Fokus SARS-CoV-2: Zunahme von Essstörungen
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Meditricks
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Anorexie
Anorexie – Teil 1: Grundlagen
Anorexie – Teil 2: Pathophysiologie und Klinik
Anorexie – Teil 3: Diagnostik und Therapie
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Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- F50.-: Essstörungen
- F50.0-: Anorexia nervosa
- Exklusive: Appetitverlust (R63.0), Psychogener Appetitverlust (F50.8)
- F50.00: Anorexia nervosa, restriktiver Typ
- Anorexia nervosa, ohne Maßnahmen zur Gewichtsreduktion
- F50.01: Anorexia nervosa, aktiver Typ
- Anorexia nervosa, bulimischer Typ
- Anorexia nervosa, mit Maßnahmen zur Gewichtsreduktion
- F50.08: Sonstige und nicht näher bezeichnete Anorexia nervosa
- Anorexia nervosa o.n.A.
- F50.00: Anorexia nervosa, restriktiver Typ
- F50.1: Atypische Anorexia nervosa
- F50.2: Bulimia nervosa
- Bulimie o.n.A.
- Hyperorexia nervosa
- F50.3: Atypische Bulimia nervosa
- F98.2: Fütterstörung im frühen Kindesalter
- Eine Fütterstörung mit unterschiedlicher Symptomatik, die gewöhnlich für das Kleinkindalter und frühe Kindesalter spezifisch ist. Im Allgemeinen umfasst die Nahrungsverweigerung extrem wählerisches Essverhalten bei angemessenem Nahrungsangebot und einer einigermaßen kompetenten Betreuungsperson in Abwesenheit einer organischen Krankheit. Begleitend kann Rumination – d.h. wiederholtes Heraufwürgen von Nahrung ohne Übelkeit oder eine gastrointestinale Krankheit – vorhanden sein.
- Rumination im Kleinkindalter
- Exklusive: Anorexia nervosa und andere Essstörungen (F50.‑), Fütterprobleme bei Neugeborenen (P92.‑), Fütterschwierigkeiten und Betreuungsfehler (R63.3), Pica im Kleinkind- oder Kindesalter (F98.3)
- F98.3: Pica im Kindesalter
- Anhaltender Verzehr nicht essbarer Substanzen wie Erde, Farbschnipsel usw.. Sie kann als eines von vielen Symptomen einer umfassenderen psychischen Störung wie Autismus auftreten oder sie kann als relativ isolierte psychopathologische Auffälligkeit vorkommen; nur das letztere wird hier kodiert. Das Phänomen ist bei intelligenzgeminderten Kindern am häufigsten. Wenn eine solche Intelligenzminderung vorliegt, ist als Hauptdiagnose eine Kodierung unter F70–F79 zu verwenden.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.