Zusammenfassung
Bei der Trigeminusneuralgie handelt es sich um einen blitzartig einschießenden einseitigen Gesichtsschmerz. Er ist extrem stark und tritt bevorzugt im Versorgungsgebiet des 2. und 3. Trigeminusastes auf. Der Schmerz hält einige Sekunden an und kann bis zu 100-mal pro Tag auftreten. Schmerzereignisse sind in Ruhe möglich oder können durch Triggerfaktoren wie Kauen oder Berührung ausgelöst werden. Der Leidensdruck der Betroffenen ist sehr hoch. Man unterscheidet eine klassische Form, der ein pathologischer Kontakt zwischen N. trigeminus und einem Gefäß zugrunde liegt, von einer sekundären Form, die bspw. im Rahmen einer Multiplen Sklerose auftritt. Lässt sich bildgebend keine ursächliche strukturelle Läsion feststellen, spricht man von einer idiopathischen Trigeminusneuralgie. Alle drei Formen können mit rein paroxysmalen Schmerzattacken einhergehen oder aber auch von einem Dauerschmerz begleitet sein. Die medikamentöse Behandlung erfolgt v.a. mit Carbamazepin. Auch eine operative Dekompression (mikrovaskuläre Dekompression nach Jannetta), eine Ausschaltung von Schmerzfasern durch Hitze oder eine Bestrahlung des N. trigeminus können sinnvoll sein.
Epidemiologie
- Inzidenz: 4–42 pro 100.000 Personen pro Jahr
- Lebenszeitprävalenz: 0,16–0,7%
- Geschlechterverhältnis: ♀ > ♂ (3:2)
- Mittleres Erkrankungsalter: 53–57 Jahre
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Klassische Trigeminusneuralgie
- Verdrängung bzw. Kompression des N. trigeminus durch benachbarte Gefäße (neurovaskuläres Kompressionssyndrom)
- Nervenkompression → Lokale Demyelinisierung → Generierung ektoper Impulse an demyelinisierten Fasern → Hyperexzitation und Signalübertragung zwischen demyelinisierten sensiblen und nozizeptiven Fasern
- In ca. 80% der Fälle Kompression des N. trigeminus durch die A. cerebelli superior (sog. „Jannetta-Mechanismus“)
- Im Verlauf auch Atrophie der Trigeminuswurzel möglich [1]
- Verdrängung bzw. Kompression des N. trigeminus durch benachbarte Gefäße (neurovaskuläres Kompressionssyndrom)
- Sekundäre Trigeminusneuralgie
- Trigeminusneuralgie bei neurologischer Grunderkrankung, bspw.
- Multiple Sklerose
- Raumforderungen (insb. Tumoren im Bereich des Kleinhirnbrückenwinkels, bspw. Meningeome oder Schwannome des N. vestibulocochlearis)
- Arteriovenöse Malformationen
- Hirnstammischämien
- Trigeminusneuralgie bei neurologischer Grunderkrankung, bspw.
- Idiopathische Trigeminusneuralgie
- Trigeminusneuralgie ohne Vorliegen bzw. Nachweis eines Auslösers
- Mutation neuronaler spannungsabhängiger Natriumkanäle als möglicher Pathomechanismus
Symptomatik
- Leitsymptom: Blitzartig einschießende, heftige, einseitige Gesichtsschmerzen
- Mögliche Triggerfaktoren: Kauen, Schlucken, Sprechen oder Berührungen (bspw. beim Waschen des Gesichts, Zähneputzen etc.)
- Auftreten als einzelne Attacke oder in Serien, teilweise bis zu 100×/Tag
- Betroffen ist meist der 2. (N. maxillaris) und/oder der 3. Trigeminusast (N. mandibularis)
- Mögliche Begleitphänomene
- Reflektorische Spasmen der mimischen Muskulatur während der Attacke
- Dumpfer Dauerschmerz zwischen den Attacken [1]
Die Trigeminusneuralgie ist durch blitzartig einschießende, heftige, einseitige Gesichtsschmerzen gekennzeichnet, die sowohl spontan auftreten als auch durch Kauen, Schlucken, Sprechen oder Berührungen ausgelöst werden können!
Diagnostik
Übersicht der Diagnostik bei Trigeminusneuralgie [1] | ||||
---|---|---|---|---|
Diagnostik | Trigeminusneuralgie | Trigeminusneuropathie | ||
Klassisch | Sekundär | Idiopathisch | ||
Anamnese und klinische Untersuchung |
|
| ||
|
|
|
| |
MRT |
|
|
|
|
Neurophysiologie |
|
|
|
|
Liquorpunktion |
|
|
|
|
Ein Gefäß-Nerven-Kontakt ohne eine Atrophie der Nervenwurzel kommt auch bei Gesunden oder auf der Gegenseite häufig vor und hat an sich keinen pathologischen Wert!
Anamnese und klinische Untersuchung [1]
- Strukturierte Kopfschmerzanamnese, inkl.
- Bereits durchgeführte Diagnostik und Therapie
- Psychosoziale Anamnese
- Neurologische Untersuchung mit Fokus auf Untersuchung der Hirnnerven
- Beurteilung von Schleimhäuten und Zahnstatus, ggf. zahnärztliche Untersuchung
Diagnosekriterien der Trigeminusneuralgie der International Headache Society [1]
Diagnosekriterien der Trigeminusneuralgie der International Headache Society | |
---|---|
Kriterien | Beschreibung |
A |
|
B |
|
C |
|
D |
|
Apparative Diagnostik [1]
- cMRT
- Indikation: Ausschluss/Nachweis von Raumforderungen, demyelinisierenden Prozessen (MS) und anderen Ursachen einer sekundären Trigeminusneuralgie
- Durchführung: T2-gewichtete Dünnschichtdarstellung des N. trigeminus und des Hirnstammes, ggf. zusätzliche Sequenzen
- cCT: Hochaufgelöste CT-Angiografie bei Kontraindikationen für cMRT oder cCT bei V.a. knöcherne Läsionen
- Interpretation der Befunde: Gefäß-Nerven-Kontakt nicht zwingend pathologisch
- Klassische Trigeminusneuralgie: Zusätzlicher Nachweis einer neurovaskulären Kompression mit morphologischen Veränderungen der Wurzel des N. trigeminus mittels MRT oder im chirurgischen Eingriff
- Sekundäre Trigeminusneuralgie: Zusätzlicher Nachweis einer Grunderkrankung, die Neuralgie verursachen kann
- Idiopathische Trigeminusneuralgie: Kein Nachweis eines pathologischen Gefäß-Nerven-Kontakts oder einer anderen auslösenden Erkrankung
Die Diagnosesicherung der Trigeminusneuralgie erfolgt klinisch (anhand der typischen Schmerzsymptomatik), die Abgrenzung der drei Formen anhand der Bildgebung!
Neurophysiologische Diagnostik (fakultativ)
- Ziel: Nachweis einer weiteren Funktionsstörung des N. trigeminus (bspw. Sensibilitätsstörung) [1]
- Blinkreflex
- Ziel: Nachweis einer Affektion des 1. Trigeminusastes (N. ophthalmicus)
- Befund
- Klassische Trigeminusneuralgie: Häufig normal
- Sekundäre Trigeminusneuralgie: Fehlen der Reflexantworten 1 und 2 möglich
- Trigeminus-SEP
- Ziel: Nachweis einer Affektion des 2. und 3. Trigeminusastes (N. maxillaris bzw. N. mandibularis)
- Befund
- Klassische Trigeminusneuralgie: Häufig normal
- Sekundäre Trigeminusneuralgie: Verlängerte Latenzen im betroffenen Ast möglich
- Masseterhemmreflex (Kieferöffnungsreflex)
- Ziel: Nachweis einer Affektion des 3. Trigeminusastes (N. mandibularis)
- Befund
- Klassische Trigeminusneuralgie: Häufig normal
- Sekundäre Trigeminusneuralgie: Abnorme Befunde beider Reflexantworten möglich
Weitere Diagnostik
- Liquorpunktion
- Verdacht auf eine entzündliche Genese
- Ausschluss einer Multiplen Sklerose
- Inkl. PCR auf VZV bei Z.n. Herpes Zoster im entsprechenden Gebiet [2]
- Bei atypischen Befunden: HNO-ärztliche, zahnärztliche oder stomatologische Vorstellung
Differenzialdiagnosen
- Clusterkopfschmerz
- Paroxysmale Hemikranie
- SUNCT-Syndrom [2]
- Anhaltender idiopathischer Gesichtsschmerz (früher: Atypischer Gesichtsschmerz)
- Migräne
- Schmerzhafte Trigeminusneuropathie [2]
- Erkrankungen des Kauapparates, der Zähne oder des Kiefers
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Allgemeine Therapieprinzipien
- Medikamentöse Therapie
- Langzeittherapie: Medikamentöse Basistherapie (zur Prophylaxe von Attacken und Milderung der Attackenstärke)
- Akuttherapie: Bei Bedarf zusätzlich zur Langzeittherapie (bei Exazerbation)
- Kombinationstherapie: Kombination zweier Mittel zur Langzeittherapie
- Langsame Titration nach therapeutischem Effekt
- Bei gutem Ansprechen: Langsame Reduktion/Ausschleichen im Verlauf der Therapie
- Bei unzureichender Wirkung bzw. Unverträglichkeit von Mitteln der 1. Wahl: Umstellung auf Mittel der 2. Wahl (Monotherapie) oder Kombinationstherapie
- Interventionelle und operative Therapie: Bei inadäquater Wirkung der medikamentösen Langzeittherapie bzw. intolerablen Nebenwirkungen erwägen, bspw.
- Mikrovaskuläre Dekompression nach Jannetta (kurativer Ansatz)
- Perkutane Radiofrequenzthermokoagulation des Ganglion trigeminale
- Radiochirurgische Therapie
- Primär kausale Therapie: Bei sekundärer Trigeminusneuralgie anstreben
Behandlungsalgorithmus [1]
- Behandlungsbeginn mit Mitteln der 1. Wahl
- Monotherapie mit Carbamazepin
- Alternativ Monotherapie mit Oxcarbazepin (Off-Label Use)
- Bei Therapieversagen von Mitteln der 1. Wahl
- Optimierung der medikamentösen Therapie
- Unzureichende Verträglichkeit bei guter Wirkung: Umstellung auf Mittel der 2. Wahl
- Unzureichende Wirkung bei guter Verträglichkeit
- Kombinationstherapie mit Mitteln der 2. Wahl oder
- Umstellung auf Mittel der 2. Wahl
- Zusätzlich Indikation prüfen für interventionelle bzw. operative Therapie
- Optimierung der medikamentösen Therapie
- Bei Therapieversagen von Mitteln der 2. Wahl: Optimierung der medikamentösen Therapie
- Kombinationstherapie mit Mitteln der 3. Wahl oder
- Umstellung auf Mittel der 3. Wahl
Übersicht wichtiger Wirkstoffe zur Langzeit- und Akuttherapie bei Trigeminusneuralgie | ||
---|---|---|
Beispiele für Wirkstoffe [1] | ||
1. Wahl | ||
Langzeittherapie | Akuttherapie | |
2. Wahl |
|
|
3. Wahl |
|
Gängige Schmerzmittel wie NSAID sind bei der Trigeminusneuralgie wirkungslos – die medikamentöse Therapie erfolgt i.d.R. mit Anfallssuppressiva!
Mono- und Kombinationstherapien zur Langzeittherapie [1]
Übersicht wichtiger Wirkstoffe zur Langzeittherapie der Trigeminusneuralgie in Mono- oder Kombinationstherapie | ||
---|---|---|
Medikament | Monotherapie | Kombinationstherapie mit Carbamazepin oder Oxcarbazepin |
Gabapentin | ✓ | ✓ |
Pregabalin | ✓ | ✓ |
Lamotrigin | ✓ | (✓) |
Onabotulinumtoxin A | ✓ | ✓ |
Phenytoin | ✓ | (✓) |
Baclofen | — | ✓ |
Topiramat | ✓ | ✓ |
Bei Kombinationstherapien von Carbamazepin oder Oxcarbazepin mit anderen Medikamenten zur Langzeittherapie sind das Interaktionspotenzial und Kontraindikationen zu beachten!
Medikamentöse Therapie
Langzeittherapie
Mittel der 1. Wahl
- Carbamazepin p.o. , langsame Dosissteigerung bei älteren Personen
- Alternativ als schnellwirksame Suspension bei Schwierigkeiten mit dem Tabletten-Schlucken
- Ansprechen auf die Therapie: Initial ca. 80%, langfristig ca. 50%
- Im Verlauf: Höhere Dosen notwendig für denselben Effekt
- Bei Wirkabschwächung zu Therapiebeginn: Spiegelkontrolle (Zielbereich 4–12 μg/mL), ggf. Aufdosierung nötig
- Oxcarbazepin p.o. (Off-Label Use)
- Vorteile gegenüber Carbamazepin: Schnellerer Wirkeintritt, weniger Nebenwirkungen , weniger Interaktionspotenzial
- Nachteil gegenüber Carbamazepin: Höheres Risiko für dosisabhängige Hyponatriämie
- Umstellung von Carbamazepin auf Oxcarbazepin
- Bei untolerierbaren Nebenwirkungen oder Interaktionen von Carbamazepin (trotz guter Wirksamkeit)
- Verhältnis 1 : 1,5 (200 mg Carbamazepin = 300 mg Oxcarbazepin)
- Einzeitiges Vorgehen möglich
Mittel der 2. Wahl
- Gabapentin p.o. (Off-Label Use)
- Monotherapie oder Kombinationstherapie mit Carbamazepin bzw. Oxcarbazepin möglich
- Vorteile: Bessere Verträglichkeit als Mittel der 1. Wahl, geringes Interaktionspotenzial
- Nachteil: Geringere Wirksamkeit (Monotherapie oft nicht ausreichend)
- Pregabalin p.o. (Off-Label Use)
- Monotherapie oder Kombinationstherapie mit Carbamazepin bzw. Oxcarbazepin möglich
- Vor- und Nachteile analog zu Gabapentin
- Zusätzlicher Vorteil: Anxiolytische Wirkung
- Lamotrigin p.o. (Off-Label Use)
- Monotherapie oder Kombinationstherapie mit Carbamazepin bzw. Oxcarbazepin möglich
- Vorteil: Bessere Verträglichkeit als Mittel der 1. Wahl
- Zu beachten bei Kombinationstherapie mit Carbamazepin: Beschleunigter Abbau von Lamotrigin durch Enzyminduktion
- Nicht geeignet zur Akuttherapie: Sehr langsame Aufdosierung nötig aufgrund des Risikos für (allergische) Hautreaktionen
- Onabotulinumtoxin A s.c. (Off-Label Use)
- Monotherapie oder Kombinationstherapie mit Carbamazepin bzw. Oxcarbazepin möglich
- Variable Wirkdauer (3–14 Monate)
- Vorteile: Bei intraoralen Schmerzen auch submukosale Injektion möglich
- Nachteile: Hohe Kosten , Risiko für Gesichtsasymmetrie nach Applikation
- Phenytoin p.o.
- Monotherapie oder Kombinationstherapie mit Carbamazepin bzw. Oxcarbazepin möglich
- Einziges Mittel der 2. Wahl mit Zulassung für die Trigeminusneuralgie
- Vorteil: Schnelle Aufsättigung möglich
- Nachteile: Eher ungeeignet zur Langzeittherapie aufgrund zahlreicher Interaktionen, Komplikationen auch bei Anwendung zur Akuttherapie möglich, kann Carbamazepin-Spiegel über Enzyminduktion beeinflussen
- Regelmäßige Kontrolle des Plasmaspiegels (Zielbereich 10–20 μg/mL)
- Baclofen p.o. (Off-Label Use)
- Nur als Kombinationstherapie mit Carbamazepin möglich
- Langsame Aufdosierung
- Kein abruptes Absetzen
- Topiramat p.o. (Off-Label Use)
- Monotherapie oder Kombinationstherapie mit Carbamazepin bzw. Oxcarbazepin möglich
- Ggf. vorteilhaft bei sekundärer Trigeminusneuralgie aufgrund einer Multiplen Sklerose
- Zu beachten: Rote-Hand-Brief zu Topiramat
Akuttherapie
Mittel der 2. Wahl [1]
- Phenytoin i.v.
- Langsame i.v. Gabe bei schwerer Exazerbation
- Bei Bedarf weitere Aufsättigung bzw. Fortführung
- Ersatz durch anderes Präparat nach klinischer Stabilisierung
- Lidocain (Off-Label Use) intranasal oder intraoral bzw. Lidocain i.v.
- Lokalanästhetikum, bspw. Ropivacain s.c. (Off-Label Use) als Add-on zu Carbamazepin p.o.
- Therapiehinweis: Applikation an Nervenaustrittspunkten bzw. Triggerpunkten im Gesicht
- Pimozid p.o. (Off-Label Use)
- Sumatriptan s.c. (Off-Label Use)
Interventionelle und operative Therapie
Auswahl des Verfahrens
- Generell: Individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung
- Mikrovaskuläre Dekompression nach Jannetta (kurativ)
- Erwägen bei klassischer Trigeminusneuralgie (mit pathologischem Gefäß-Nerven-Kontakt)
- Kontraindikation: Trigeminusneuropathie
- Ablative Verfahren (symptomatisch)
- Erwägen bei therapieresistenter nicht-klassischer Trigeminusneuralgie sowie bei klassischer Trigeminusneuralgie und Kontraindikationen für eine OP
- Kontraindikation: Trigeminusneuropathie mit anhaltenden Sensibilitätsstörungen
- Invasive Neuromodulation (symptomatisch): Erwägen bei nicht-klassischer Trigeminusneuralgie und Trigeminusneuropathie (mit Läsion des N. trigeminus )
Mikrovaskuläre Dekompression nach Jannetta
- Indikation bei klassischer Trigeminusneuralgie: Untolerierbare Nebenwirkungen oder Therapieversagen der medikamentösen Behandlung
- Kein adäquates Ansprechen auf Monotherapie
- Erfolglose Kombinationstherapie
- OP-Zeitpunkt: Möglichst frühzeitig erwägen
- Prinzip: Aufhebung des Gefäß-Nerven-Kontakts zwischen N. trigeminus und (meist) der A. cerebelli superior durch Einbringen eines kleinen Stücks Material (bspw. Teflon)
- Durchführung
- Allgemeinanästhesie
- Halbsitzende Position oder Seitenlagerung
- Subokzipitale, retromastoidale Kraniotomie (Eingriff in der hinteren Schädelgrube )
- Darstellung des Austritts des N. trigeminus aus dem Hirnstamm
- Mobilisierung und Verlagerung des komprimierenden Gefäßes
- Einbringen eines Interponats , bspw. aus Teflon
- Erfolgsquote: 98% nach OP
- Rezidivrate: 9,6%
- Komplikationen
- Perioperative Mortalität 0,5%
- Hörverlust auf operierter Seite (gelegentlich)
- Hypästhesie im Versorgungsgebiet des N. trigeminus (gelegentlich)
Die mikrovaskuläre Dekompression nach Jannetta ist die einzige kausale Therapieoption!
Ablative Verfahren
Perkutane Radiofrequenzthermokoagulation des Ganglion trigeminale (Ggl. Gasseri)
- Prinzip: Destruktives Verfahren mit Schädigung der nozizeptiven Fasern des Ganglions durch thermische Koagulation
- Durchführung
- Elektive Analgosedierung
- Zugang über das Foramen ovale (unter Durchleuchtungskontrolle) mit Radiofrequenzsonde
- Prüfung der Elektrodenlage durch elektrische Stimulation
- Applikation von Wärme (65–75 °C für 60–70 s), gepulst oder kontinuierlich
- Erfolgsquote: >90% nach Eingriff, 83–92% nach 2 Jahren
- Rezidivrate: 8–50%
- Komplikationen
- Hypästhesie im Versorgungsbereich des N. trigeminus
- Parese der Kaumuskulatur
- Ausfall des Kornealreflexes, trockenes Auge
- Anaesthesia dolorosa
- Andere perkutane Verfahren mit Schädigung des Ganglions
- Glycerinrhizolyse
- Ballonkompression
Radiochirurgische Verfahren
- Prinzip: Hirnstammnahe stereotaktische Bestrahlung des N. trigeminus mittels Gamma-Knife® oder Linearbeschleuniger , einmalig mit Dosen zwischen 70 und 90 Gy
- Ergebnisse: Verzögerter Wirkeintritt (i.d.R. 2 Wochen bis 2 Monate)
- Erfolgsquote
- Im Vergleich zu anderen Verfahren geringer, steigt mit zunehmender Dosis
- Etwa 70% Schmerzfreiheit nach Eingriff
- Etwa 45% nach 5 Jahren und 25% nach 10 Jahren
- Insb. bei sekundärer Trigeminusneuralgie durch Multiple Sklerose: Initial guter Erfolg des Verfahrens
- Komplikationen
- Vergleichsweise niedrige Komplikationsrate
- Sensibilitätsstörungen häufig (ca. 25%)
Invasive Neuromodulation
- Prinzip: Implantation subkutaner Elektroden über den Austrittspunkten des N. trigeminus im Gesicht zur peripheren Nervenstimulation
- Ergebnisse
- Erfolgsquote: Ca. 60%
- Komplikationen: Infektionen, Notwendigkeit einer Revisions-OP
Weitere Therapieansätze
Nicht-invasive Neuromodulation [1]
- Prinzip: Kontinuierliche oder repetitive transkutane Strom- oder Magnetstimulation des N. trigeminus wie bspw. transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS), transkranielle Gleichstromstimulation, repetitive transkranielle Magnetstimulation
- Ergebnisse: Deutliche Schmerzreduktion ohne relevante Nebenwirkungen in einzelnen Studien
Multimodale Schmerztherapie [1]
- Prinzip: Physiotherapie, Psychotherapie und Edukation zusätzlich zur medikamentösen Schmerztherapie
- Ergebnisse: Schmerzreduktion um 50% über 2 Jahre bei der Hälfte der Patient:innen
Akupunktur [1]
- Prinzip: Akupunktur zusätzlich zur Carbamazepin-Therapie
- Ergebnisse: Signifikante Reduktion der Schmerzintensität, hochwertige Studien zur Bestätigung ausstehend
Prognose
- Etwa ⅓ der Patient:innen hat nur eine Episode im Leben
- Häufig progredient im Lebensverlauf
- Häufig Phasen mit Spontanremission
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- G50.-: Krankheiten des N. trigeminus [V. Hirnnerv]
- G50.0: Trigeminusneuralgie
- Syndrom des paroxysmalen Gesichtsschmerzes
- Tic douloureux
- G50.1: Atypischer Gesichtsschmerz
- G50.8: Sonstige Krankheiten des N. trigeminus
- G50.9: Krankheit des N. trigeminus, nicht näher bezeichnet
- G50.0: Trigeminusneuralgie
- G53.-*: Krankheiten der Hirnnerven bei anderenorts klassifizierten Krankheiten
- B02.-: Zoster [Herpes zoster]
- B02.2†: Zoster mit Beteiligung anderer Abschnitte des Nervensystems
- Entzündung des Ganglion geniculi nach Zoster (G53.0*)
- Polyneuropathie nach Zoster (G63.0*)
- Trigeminusneuralgie nach Zoster (G53.0*)
- B02.2†: Zoster mit Beteiligung anderer Abschnitte des Nervensystems
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.